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Krankenversichertenkarte


Begriff und Funktion der Krankenversichertenkarte

Die Krankenversichertenkarte ist ein personenbezogenes Dokument, das im deutschen Gesundheitssystem dem Nachweis der Mitgliedschaft in einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung dient. Sie ist für die Inanspruchnahme von Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie für die Abrechnung dieser Leistungen mit den Leistungserbringern, insbesondere Ärzten, Zahnärzten oder Krankenhäusern, unerlässlich.

Seit dem 1. Januar 2014 wird die Krankenversichertenkarte sukzessive durch die elektronische Gesundheitskarte (eGK) ersetzt. Dennoch ist der Begriff in der Rechtsprechung, in Verwaltungsvorgängen und in älteren juristischen Regelwerken weiterhin gebräuchlich und relevant.


Rechtsgrundlagen

Sozialgesetzbuch und rechtliche Einordnung

Die rechtlichen Grundlagen der Krankenversichertenkarte ergeben sich vorwiegend aus dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie aus einschlägigen Verordnungen und Verwaltungsvorschriften. Im § 291 SGB V ist der Anspruch der Versicherten auf eine Versichertenkarte beziehungsweise deren elektronische Nachfolgerin geregelt. Die Ausstellung der (elektronischen) Krankenversichertenkarte ist verpflichtend für alle gesetzlichen Krankenkassen.

Pflicht zur Mitführung und Vorlage

Versicherte sind gemäß § 15 Abs. 2 SGB V verpflichtet, bei Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen ihre Versichertenkarte vorzulegen. Die Pflicht dient dem Zweck, die Leistungsberechtigung zu verifizieren und Missbrauch im Gesundheitswesen zu verhindern. Leistungserbringer sind berechtigt und verpflichtet, die Gültigkeit der Karte zu prüfen.

Datenspeicherung und Datenschutz

Die Krankenversichertenkarte enthält Pflichtdaten wie den Namen, das Geburtsdatum und die Krankenversichertennummer; im Fall der elektronischen Gesundheitskarte kommen weitere Merkmale wie das Lichtbild hinzu. Die Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten unterliegt den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und des Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Entscheidend ist hierbei der Grundsatz der Datenminimierung und Zweckbindung.


Entwicklung zur elektronischen Gesundheitskarte

Historische Entwicklung

Die ursprüngliche Krankenversichertenkarte wurde erstmals 1995 im Zuge der Digitalisierung der Verwaltungsvorgänge eingeführt. Mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) nach § 291a SGB V ab 2014 zielt der Gesetzgeber darauf ab, Funktionalität und Sicherheit zu erhöhen und neue Anwendungen wie das elektronische Rezept oder die elektronische Patientenakte zu ermöglichen.

Unterschied zur elektronischen Gesundheitskarte

Die elektronische Gesundheitskarte unterscheidet sich von der klassischen Krankenversichertenkarte vor allem durch einen integrierten Mikroprozessorchip, erweiterte Datenfelder, erhöhte Sicherheitsanforderungen sowie die Integration von Anwendungen gemäß Telematikinfrastruktur (§ 291a SGB V). Die rechtlichen Anforderungen an Ausstellung, Inhalte, Zugriff und technische Standards sind im SGB V sowie in speziellen Rechtsverordnungen (z. B. Gesundheitskarten-Verordnung) geregelt.


Rechte und Pflichten der Versicherten

Anspruch auf Ausstellung

Jede Person, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflicht-, freiwillig oder familienversichert ist, hat Anspruch auf Ausstellung einer (elektronischen) Krankenversichertenkarte. Die Krankenkassen sind verpflichtet, diese Karten auszustellen und rechtzeitig vor Ablauf der alten Karte eine neue zur Verfügung zu stellen.

Verlust und Missbrauch

Im Fall des Verlustes oder Diebstahls ist die betreffende Krankenkasse umgehend zu informieren. Die Karte wird gesperrt und es erfolgt eine Neuausstellung. Die missbräuchliche Verwendung oder Fälschung der Karte stellt eine strafbewehrte Handlung gemäß Strafgesetzbuch (§§ 263 ff. StGB Betrug, § 267 StGB Urkundenfälschung) dar und kann zivil- sowie strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.


Verpflichtungen der Leistungserbringer

Prüfung und Abrechnung

Leistungserbringer sind gemäß § 291 SGB V verpflichtet, die Versichertenkarte bei erbrachten Leistungen einzulesen und die darauf gespeicherten Daten für die Abrechnung mit der Krankenkasse zu verwenden. Eine fehlerhafte oder missbräuchliche Abrechnung kann zu Regressansprüchen und strafrechtlichen Konsequenzen führen.

Behandlungen ohne Versichertenkarte

Ist es dem Versicherten aus wichtigem Grund nicht möglich, die Karte zum Zeitpunkt der Behandlung vorzulegen (z. B. Notfall), besteht eine Nachweispflicht innerhalb von zehn Tagen (§ 15 Abs. 2 SGB V). Erfolgt keine fristgerechte Vorlage, kann der Leistungserbringer laut § 18 Abs. 4 SGB V die Behandlung privat liquidieren.


Besondere Regelungen und Sonderfälle

Krankenversichertenkarte bei Privatversicherten

Für privat Versicherte existiert keine gesetzlich geregelte Krankenversichertenkarte im Sinne des SGB V. Allerdings geben private Versicherungsunternehmen eigene Karten zur Identifikation und Leistungsabrechnung heraus, die rechtlich nicht denselben Status wie die GKV-Karte besitzen.

Kinder und Jugendliche

Bei Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren wird auf das Lichtbild auf der elektronischen Gesundheitskarte verzichtet (§ 291 Abs. 2 Satz 3 SGB V), Ausnahmen gelten für besondere Personengruppen wie Pflegebedürftige.

Übertragung und Gültigkeit

Die Krankenversichertenkarte ist nicht übertragbar und nur in Verbindung mit der Personengültigkeit verwendbar. Eine Verwendung durch Dritte ist untersagt und kann zu weitreichenden rechtlichen Folgen führen.


Aufbewahrungspflichten und Gültigkeitsdauer

Die Gültigkeitsdauer der Krankenversichertenkarte wird von der Krankenkasse festgelegt und erstreckt sich in der Regel über mehrere Jahre. Nach Ablauf ist die alte Karte zu vernichten und durch eine neue zu ersetzen. Die Aufbewahrung erfolgt im Zuständigkeitsbereich der gesetzlichen Krankenkassen und ist an die jeweiligen Datenschutzbestimmungen gebunden.


Ausblick und zukünftige Entwicklungen

Mit der fortschreitenden Digitalisierung und der Ausweitung der Telematikinfrastruktur werden sich die rechtlichen Anforderungen und Nutzungsmöglichkeiten der elektronischen Gesundheitskarte weiter verändern. Insbesondere werden zusätzliche Anwendungen wie das eRezept, die elektronische Patientenakte oder digitale Identitätsnachweise in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden arbeiten kontinuierlich an der Anpassung der Rechtsgrundlagen, um Datensicherheit und Missbrauchsschutz zu gewährleisten.


Literatur und weiterführende Quellen

  • Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)
  • Gesundheitskarten-Verordnung (GesKartenV)
  • Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
  • Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)
  • Gesetz über die Telematikinfrastruktur im Gesundheitswesen
  • Bundesministerium für Gesundheit: Informationen zur elektronischen Gesundheitskarte

Die Krankenversichertenkarte stellt somit ein integrales Element des deutschen Gesundheitssystems dar. Sie dient als Identitäts- und Berechtigungsnachweis und ist zugleich ein zentrales Instrument zur Sicherstellung der Leistungsabrechnung und des Datenschutzes im Gesundheitswesen. Die umfassende rechtliche Regelung gewährleistet dabei einen hohen Standard an Sicherheit und Rechtssicherheit für Versicherte und Leistungserbringer.

Häufig gestellte Fragen

Was passiert rechtlich, wenn die Krankenversichertenkarte verloren geht?

Beim Verlust der Krankenversichertenkarte (elektronische Gesundheitskarte, eGK) ist die versicherte Person gemäß § 15 Abs. 6 SGB V verpflichtet, den Verlust unverzüglich der eigenen Krankenkasse zu melden. Die Krankenkasse ist daraufhin verpflichtet, die Karte zu sperren und eine neue Karte auszustellen. Rechtlich hat der Verlust der Karte keine Auswirkungen auf den Bestand des Versicherungsschutzes; die versicherte Person bleibt weiterhin vollumfänglich versichert. Sollte die Karte missbräuchlich durch Dritte verwendet werden, trägt die Krankenkasse das Risiko, sofern den Versicherten kein grob fahrlässiges Verhalten oder eine vorsätzliche Unterlassung der Verlustmeldung vorgeworfen werden kann. In medizinischen Notfällen oder bei einer Behandlung ohne Karte kann die Versichertenbescheinigung (§ 15 Abs. 5 SGB V) als Ersatznachweis dienen.

Besteht eine rechtliche Pflicht zur Vorlage der Krankenversichertenkarte beim Arztbesuch?

Nach § 15 Abs. 2 SGB V sind Versicherte verpflichtet, ihre elektronische Gesundheitskarte oder einen anderen Versicherungsnachweis beim Arztbesuch vorzulegen. Der Vertragsarzt ist grundsätzlich berechtigt, die Behandlung zu Beginn nur bei Vorlage der Karte durchzuführen, es sei denn, es handelt sich um einen Notfall oder das Versäumnis ist rechtzeitig und nachvollziehbar nachweisbar (§ 19 BMV-Ä). Eine Behandlung ohne gültigen Nachweis kann dazu führen, dass der Arzt die Behandlung privat abrechnet. Legt der Versicherte die eGK oder einen Ersatznachweis innerhalb von zehn Tagen (§ 18 Abs. 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte) nach, entfällt die private Leistungsabrechnungspflicht rückwirkend.

Welche rechtlichen Konsequenzen hat die unberechtigte Nutzung einer fremden Krankenversichertenkarte?

Die unbefugte Nutzung einer fremden Krankenversichertenkarte stellt einen strafrechtlich relevanten Tatbestand dar. Hierbei handelt es sich regelmäßig um Betrug gemäß § 263 StGB sowie, je nach Ausgestaltung, um den Missbrauch von Ausweispapieren nach § 281 StGB oder Urkundenfälschung nach § 267 StGB. Darüber hinaus kann die Krankenkasse zivilrechtliche Schadensersatzansprüche gegen den unberechtigt Nutzenden geltend machen. Versicherungsrechtlich besteht in solchen Fällen kein Leistungsanspruch für die unberechtigt behandelte Person, und etwaige geleistete Kosten können von der Kasse zurückgefordert werden.

Gibt es gesetzliche Vorgaben zum Datenschutz bei der Krankenversichertenkarte?

Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die elektronische Gesundheitskarte unterliegt strengen datenschutzrechtlichen Vorgaben, insbesondere nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie den spezialgesetzlichen Vorschriften des SGB V, insbesondere §§ 284 ff. SGB V. Die Krankenkassen, Leistungserbringer und IT-Dienstleister sind verpflichtet, sicherzustellen, dass nur befugte Personen Zugriff auf die von der Karte gespeicherten Gesundheitsdaten haben. Der Zugriff auf besonders schützenswerte Daten, wie Notfalldaten oder Medikationspläne, darf nur mit Zustimmung des Versicherten erfolgen (§ 291a SGB V). Die technische und organisatorische Sicherheit der Daten ist laufend zu gewährleisten.

Hat eine abgelaufene Krankenversichertenkarte rechtliche Auswirkungen auf den Leistungsanspruch?

Eine abgelaufene Krankenversichertenkarte (Ende des aufgedruckten Gültigkeitsdatums) beeinträchtigt den nach § 5 SGB V bestehenden gesetzlichen Anspruch auf Krankenversicherungsleistungen nicht. Der Versicherungsschutz bleibt unabhängig vom Ablaufdatum der Karte bestehen. Allerdings kann es im praktischen Behandlungsablauf zu Schwierigkeiten bei der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen kommen, da Vertragsärzte verpflichtet sind, eine gültige eGK einzulesen. Versicherte haben gesetzlichen Anspruch auf Ersatz (§ 15 Abs. 6 SGB V) und sollten umgehend eine neue gültige Karte beantragen, um nachweislich versichert zu bleiben.

Können rechtliche Sanktionen bei wiederholter Nichtvorlage der Krankenversichertenkarte erfolgen?

Wenn ein Versicherter seiner Pflicht zur Vorlage der Krankenversichertenkarte oder eines gültigen Ersatznachweises wiederholt nicht nachkommt (§ 15 Abs. 2 i.V.m. Abs. 5 SGB V), ist der Vertragsarzt nach § 18 Abs. 2 BMV-Ä berechtigt, die medizinischen Leistungen privat abzurechnen. Diese privaten Forderungen können mit Feststellung der Versicherungsfähigkeit innerhalb von zehn Tagen nach Vorlage der eGK oder einer gültigen Bescheinigung von der Krankenkasse übernommen werden; bei wiederholtem nachweislichen Versäumnis ist die dem Patienten auferlegte Nachweispflicht rechtlich durchsetzbar, und eine Übernahme der Behandlungskosten durch die Krankenkasse kann im Einzelfall verweigert werden, außer bei Notversorgung.