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Krankenschein

Begriff und Einordnung des Krankenscheins

Der Begriff „Krankenschein“ wird im deutschsprachigen Raum in zwei Bedeutungen verwendet. Zum einen bezeichnet er historisch einen Nachweis, mit dem Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung ihre Berechtigung zur Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen gegenüber der Praxis belegen. Zum anderen wird „Krankenschein“ umgangssprachlich häufig als Bezeichnung für die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) genutzt, also die ärztliche Bescheinigung darüber, dass eine Person vorübergehend arbeitsunfähig ist. Beide Bedeutungen haben unterschiedliche rechtliche Funktionen und folgen eigenen formalen Anforderungen.

Doppelte Bedeutung des Begriffs

Als Versicherungsnachweis diente der Krankenschein früher der Abrechnung zwischen Arztpraxis und Krankenkasse. In dieser Bedeutung ist er heute durch die elektronische Gesundheitskarte und digitale Verfahren ersetzt. Als Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wiederum erfüllt der „Krankenschein“ die Aufgabe, Arbeitsunfähigkeit gegenüber Arbeitgebern und Sozialleistungsträgern nachzuweisen.

Historische Entwicklung

Der papiergebundene Krankenschein als Behandlungsschein war über Jahrzehnte verbreitet. Mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte und abgestimmten Telematikprozessen wurde der Nachweis digitalisiert. Parallel hat sich bei der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein stufenweiser Übergang zur elektronischen Übermittlung etabliert, wodurch die frühere Papierbescheinigung zunehmend durch digitale Meldungen ersetzt wurde.

Krankenschein als Nachweis der Versicherungsberechtigung

Zweck und Funktion in der gesetzlichen Krankenversicherung

Der Versicherungsnachweis soll sicherstellen, dass zugelassene Leistungserbringende Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen abrechnen können. Er dokumentiert, dass eine Person Mitglied oder mitversichert ist und Anspruch auf bestimmte Leistungen nach dem Sachleistungsprinzip hat. Die Praxis nutzt den Nachweis, um die erbrachten Leistungen gegenüber der zuständigen Krankenkasse abzurechnen.

Heutige Form: elektronische Gesundheitskarte und Ersatzverfahren

Heute wird die Versicherungsberechtigung in der Regel über die elektronische Gesundheitskarte (eGK) nachgewiesen. Kann die Karte nicht vorgelegt werden, kommen Übergangs- oder Ersatzverfahren in Betracht, etwa eine zeitnahe Nachreichung oder ein vorläufiger Nachweis der Versicherungsberechtigung. In besonderen Situationen kann ein papiergebundener Berechtigungsschein oder eine elektronische Bestätigung der Krankenkasse eingesetzt werden.

Datenverarbeitung und Datenschutz

Beim Einlesen der eGK und der Abrechnung werden personenbezogene Daten verarbeitet. Zulässig sind nur Daten, die für Behandlung und Abrechnung erforderlich sind. Zugriffe sind auf die beteiligten Stellen beschränkt. Ärztliche Schweigepflicht, Datensicherheit und Zweckbindung der Informationen sind maßgeblich. Eine weitergehende Nutzung ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig.

Grenzüberschreitende Sachverhalte

Für vorübergehende Aufenthalte in anderen Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums kann die Europäische Krankenversicherungskarte als Nachweis dienen. Bei geplanten Behandlungen und besonderen Konstellationen sind abweichende Nachweise oder Genehmigungen vorgesehen. Die Abrechnung erfolgt dann nach den einschlägigen Koordinierungsmechanismen zwischen den Trägern.

Krankenschein im Sinne der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU)

Beweisfunktion gegenüber Arbeitgebern und Sozialleistungsträgern

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dokumentiert, dass eine Person wegen Krankheit vorübergehend nicht in der Lage ist, die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit auszuüben. Sie hat Beweis- und Nachweisfunktion gegenüber Arbeitgebern sowie gegenüber Krankenkassen und anderen Leistungsträgern, etwa im Rahmen von Entgeltfortzahlung und Krankengeld.

Form, Inhalt und Fristen

Die AU enthält Angaben zur Person, zum Beginn und zur voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit sowie zur Feststellung durch die behandelnde Praxis. Diagnosen werden gegenüber dem Arbeitgeber nicht offengelegt. Es bestehen Fristen für die ärztliche Feststellung und die Übermittlung, die für das ordnungsgemäße Zusammenwirken zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Krankenkasse bedeutsam sind. Eine Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit wird durch Folgebescheinigungen ausgewiesen.

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)

Mit der eAU werden Daten zur Arbeitsunfähigkeit digital von der Praxis an die Krankenkasse übermittelt. Arbeitgeber rufen die für sie benötigten Informationen bei der zuständigen Krankenkasse ab. Der Prozess reduziert Papierflüsse und soll die Verlässlichkeit der Meldungen erhöhen. Für Versicherte besteht weiterhin die Möglichkeit, einen Ausdruck für eigene Unterlagen zu erhalten.

Rückdatierung, Dauer und Folgebescheinigung

Eine Rückdatierung der AU ist nur in engen Grenzen möglich und an strenge Anforderungen geknüpft. Die Dauer richtet sich nach der voraussichtlichen Arbeitsunfähigkeit, wie sie medizinisch eingeschätzt wird. Endet die bescheinigte Dauer ohne Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, ist für den lückenlosen Nachweis eine Folgebescheinigung erforderlich.

Telemedizin und Fernbehandlung

Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine AU nach einer Fernbehandlung ausgestellt werden. Dabei gelten besondere Anforderungen an Anlass, Dauer und Dokumentation. Die Zulässigkeit richtet sich nach den jeweils gültigen fachlichen und berufsrechtlichen Rahmenbedingungen sowie den Vereinbarungen im Versorgungssystem.

Folgen von Falschangaben und Missbrauch

Missbräuchliche Erlangung oder Verwendung einer AU kann arbeits- und sozialrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Unrichtige Bescheinigungen oder Angaben können disziplinarische, zivilrechtliche oder strafrechtliche Folgen haben. Auch Abrechnungsunregelmäßigkeiten gegenüber Krankenkassen können sanktioniert werden.

Beteiligte und Zuständigkeiten

Ärztinnen und Ärzte

Behandelnde Praxen prüfen die Arbeitsunfähigkeit und stellen die Bescheinigung aus. Sie sind für die ordnungsgemäße Dokumentation, die Beachtung berufsrechtlicher Pflichten sowie die Datenübermittlung an die zuständigen Stellen verantwortlich. Bei der Abrechnung gelten die Regelungen des vertragsärztlichen Systems.

Krankenkassen

Krankenkassen empfangen und verarbeiten die eAU-Daten, prüfen Anspruchsvoraussetzungen und sind an Entscheidungen über Leistungen wie Krankengeld beteiligt. Sie verwalten auch Nachweise der Versicherungsberechtigung und geben bei Bedarf Ersatzbestätigungen aus.

Arbeitgeber

Arbeitgeber erhalten im Rahmen der eAU die für sie vorgesehenen Informationen zur Arbeitsunfähigkeit. Sie verwenden diese Daten für Entgeltfortzahlung und Personalprozesse. Diagnosedaten werden ihnen nicht übermittelt. Aufbewahrung und Zugriff erfolgen nach datenschutzrechtlichen Maßgaben.

Kassenärztliche Vereinigungen und Abrechnung

Die Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen erfolgt über Kassenärztliche Vereinigungen. Die Versicherungsberechtigung der Patientinnen und Patienten bildet dabei die Grundlage für die ordnungsgemäße Vergütung. Prüfmechanismen und Dokumentationspflichten dienen der Sicherung der Leistungsabrechnung.

Besondere Konstellationen

Privat Versicherte

Bei privat Versicherten gelten abweichende Nachweise und Abrechnungswege. Statt der eGK werden Versicherungsverträge oder Karten privater Versicherer genutzt. Die AU kann auch für private Versicherungsverhältnisse Bedeutung haben, etwa in Bezug auf Krankentagegeld.

Minderjährige und Vertretung

Bei Minderjährigen sind Vertretungs- und Einwilligungsfragen zu beachten. Die Einsicht in Bescheinigungen und die Weitergabe von Informationen richten sich nach Sorgerechts- und Datenschutzvorgaben sowie dem Wohl des Kindes.

Schwangerschaft und Mutterschutz

Arbeitsunfähigkeit während der Schwangerschaft ist von Beschäftigungsverboten aus Gründen des Mutterschutzes zu unterscheiden. Beide Nachweise erfüllen unterschiedliche Zwecke und haben verschiedene Rechtsfolgen bei Entgeltfortzahlung und Leistungen.

Arbeitslose, Studierende, Selbständige

Für Personen ohne Arbeitgeber, Studierende und Selbständige können abweichende Zuständigkeiten und Leistungsfolgen gelten. Maßgeblich sind die jeweils einschlägigen Träger, etwa Krankenkassen oder andere Stellen, und die dort vorgesehenen Nachweisprozesse.

Aufbewahrung, Einsicht und Vertraulichkeit

Aufbewahrungsfristen

Für medizinische Dokumentationen und abrechnungsrelevante Unterlagen gelten festgelegte Aufbewahrungsfristen. Arbeitgeber, Krankenkassen und Praxen bewahren Daten nur so lange auf, wie dies gesetzlich vorgesehen oder für den jeweiligen Zweck erforderlich ist.

Ärztliche Schweigepflicht und Datenweitergabe

Die Schweigepflicht schützt Gesundheitsdaten vor unbefugter Offenbarung. Weitergaben erfolgen nur, soweit sie für Behandlung, Abrechnung oder die festgelegten Meldewege notwendig sind. Diagnosen werden gegenüber Arbeitgebern nicht ausgewiesen. Zugriffe unterliegen dem Grundsatz der Erforderlichkeit.

Abgrenzungen und verwandte Nachweise

Überweisungsschein

Der Überweisungsschein dient der veranlassten Weiterbehandlung bei anderen Leistungserbringenden, etwa Fachärztinnen und Fachärzten. Er ist von Versicherungsnachweis und AU zu unterscheiden.

Heil- und Hilfsmittelverordnungen

Verordnungen von Heil- und Hilfsmitteln regeln die Inanspruchnahme spezifischer Leistungen, beispielsweise Physiotherapie oder medizinische Hilfsmittel. Sie haben eigene Anforderungen an Form, Inhalt und Genehmigung.

Bescheinigungen für Schule, Kita und Reha

Bescheinigungen gegenüber Bildungseinrichtungen oder Reha-Trägern erfüllen andere Zwecke als die AU. Inhalt, Adressatenkreis und Datenumfang unterscheiden sich dementsprechend.

Häufig gestellte Fragen

Was bedeutet „Krankenschein“ im heutigen Sprachgebrauch?

Heute bezeichnet „Krankenschein“ überwiegend die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. In historischer Bedeutung meint er den Versicherungsnachweis für die Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen, der inzwischen durch die elektronische Gesundheitskarte und digitale Verfahren abgelöst wurde.

Ist der Krankenschein für den Arztbesuch noch erforderlich?

Ein gesonderter papiergebundener Behandlungsschein ist in der Regel nicht mehr erforderlich, da die elektronische Gesundheitskarte als Nachweis dient. In Ausnahmefällen kommen Ersatznachweise oder vorläufige Bestätigungen in Betracht.

Welche rechtliche Bedeutung hat die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?

Die AU hat Beweisfunktion für eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit. Sie ist Grundlage für Ansprüche im Arbeits- und Sozialleistungsbereich, insbesondere für Entgeltfortzahlung und Krankengeld, und strukturiert die Kommunikation zwischen Praxis, Krankenkasse und Arbeitgeber.

Wie funktioniert die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)?

Die eAU wird von der Praxis digital an die zuständige Krankenkasse übermittelt. Arbeitgeber rufen die für sie bestimmten Informationen dort ab. Diagnosen werden nicht an Arbeitgeber übermittelt.

Darf eine Arbeitsunfähigkeit rückdatiert werden?

Eine Rückdatierung ist nur in engen Grenzen zulässig und setzt eine sorgfältige Prüfung der Voraussetzungen voraus. Umfang und Dauer richten sich nach der medizinischen Einschätzung und den geltenden Vorgaben.

Wer erhält welche Informationen aus Krankenschein oder AU?

Medizinische Details verbleiben bei der Praxis und der Krankenkasse. Arbeitgeber erhalten ausschließlich die für die Nachweiszwecke erforderlichen Angaben, nicht jedoch Diagnosen. Der Zugriff ist auf das Notwendige begrenzt und an Datenschutzvorgaben gebunden.

Welche Folgen hat der Missbrauch eines Krankenscheins oder einer AU?

Missbrauch kann arbeits-, disziplinar-, zivil- oder strafrechtliche Konsequenzen haben. Auch Abrechnungsunregelmäßigkeiten können sanktioniert werden. Die Bewertung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und den einschlägigen Regeln.