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Krankenpapiere


Begriff und rechtliche Grundlagen der Krankenpapiere

Krankenpapiere bezeichnen im deutschen Recht alle ärztlichen Bescheinigungen im Zusammenhang mit der Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit, einer stationären Behandlung oder krankheitsbedingten Einschränkungen von Patientinnen und Patienten. Von besonderer Relevanz ist dabei die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die im Volksmund häufig auch als „Krankschreibung“ oder „gelber Schein“ bezeichnet wird. Krankenpapiere dienen als Nachweis für die Arbeitsunfähigkeit gegenüber dem Arbeitgeber und den Sozialversicherungsträgern, insbesondere den Krankenversicherungen. Die rechtliche Einordnung und der Umgang mit Krankenpapieren sind im Sozialgesetzbuch V (SGB V), im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) sowie in einschlägigen Verordnungen geregelt.

Arten und Inhalte von Krankenpapieren

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Die am häufigsten ausgestellte Form von Krankenpapieren ist die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (§ 5 EFZG, § 46 SGB V). Hier bescheinigt eine Ärztin oder ein Arzt, dass eine Person aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes nicht dazu in der Lage ist, ihre berufliche Tätigkeit auszuüben. Die Bescheinigung enthält unter anderem:

  • Namen und Geburtsdatum der Patientin oder des Patienten
  • Name und Anschrift der ausstellenden Praxis
  • Angaben zum Beginn und voraussichtlicher Dauer der Arbeitsunfähigkeit
  • Datum der Ausstellung
  • Angaben zur ärztlichen Schweigepflicht gemäß den Vorgaben
  • bei Bedarf Hinweise auf eine Folgekrankschreibung

Ab 01. Januar 2023 wird die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorwiegend elektronisch (eAU) übermittelt. Die digitale Übertragung erfolgt an die Krankenkassen und in gekürzter Form an den Arbeitgeber.

Krankenhauseinweisungen und stationäre Aufenthaltsbescheinigungen

Neben der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zählen auch Einweisungen für stationäre Behandlungen sowie Bescheinigungen über die Dauer eines Krankenhausaufenthaltes zu den Krankenpapieren. Diese Dokumente sind Grundlage für weitere Leistungen wie Krankengeld oder Übergangsgeld.

Weitere Nachweise und Atteste

Darüber hinaus existieren weitere ärztliche Bescheinigungen, die im Kontext von Krankheit ausgestellt werden, beispielsweise über das Bestehen einer Schwangerschaft mit Beschäftigungsverbot oder spezielle Atteste für Rehabilitationsmaßnahmen. Auch diese können unter dem Oberbegriff Krankenpapiere eingeordnet werden, wenn sie eine Arbeits- oder Erwerbsunfähigkeit ausweisen.

Rechtsgrundlagen und Übermittlungsverfahren

Gesetzliche Regelungen

Die Ausstellung, Übermittlung und Verwendung von Krankenpapieren wird durch verschiedene Gesetze geregelt, insbesondere:

  • Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) – Regelungen zu den Pflichten gegenüber Krankenkassen und zur Anspruchsgrundlage für Krankengeld
  • Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) – Verpflichtungen gegenüber dem Arbeitgeber bei Krankheit
  • Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) – Schutz sensibler Gesundheitsdaten bei Ausstellung und Übermittlung von Krankenpapieren

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)

Seit 2023 ist das Verfahren der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verpflichtend eingeführt. Die behandelnde Praxis übermittelt die AU-Daten digital an die Krankenkasse, welche diese Information wiederum dem Arbeitgeber digital zur Verfügung stellt (§ 109 SGB IV, § 5 EFZG). Patientinnen und Patienten erhalten als Nachweis ein ausgedrucktes Exemplar für die eigenen Unterlagen.

Übergangsregelungen und Besonderheiten

Bei technischen Störungen oder im Ausnahmefall ist weiterhin die Issuierung einer Papierbescheinigung möglich. Bestehende gesetzliche Vorschriften bleiben hierbei weiterhin anwendbar.

Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit Krankenpapieren

Arbeitnehmerpflichten

Arbeitnehmende sind verpflichtet, dem Arbeitgeber bei Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit diese und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen (§ 5 Abs. 1 EFZG). Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss spätestens am vierten Tag der Krankheit vorgelegt werden. Der Arbeitgeber ist allerdings berechtigt, die Vorlage bereits früher zu verlangen.

Arbeitgeberrechte und -pflichten

Arbeitgeber dürfen die Vorlage einer AU-Bescheinigung ohne Angabe von Gründen ab dem ersten Krankheitstag verlangen (§ 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG). Sie sind verpflichtet, die ausgestellten Krankenpapiere vertraulich zu behandeln und den Datenschutz zu beachten.

Rechte und Pflichten gegenüber Krankenkassen

Für den Anspruch auf Krankengeld ist es erforderlich, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung spätestens am siebten Kalendertag nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse zu übermitteln (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V). Die elektronische Übermittlung erfolgt in der Regel durch die Arztpraxis. Verzögerte oder nicht rechtzeitig eingereichte Krankenpapiere können zum Verlust oder zur Kürzung von Ansprüchen auf Lohnfortzahlung oder Krankengeld führen.

Datenschutz und Schweigepflicht

Die Informationen, die in Krankenpapieren enthalten sind, unterliegen einer besonderen ärztlichen Schweigepflicht sowie dem sozialrechtlichen Datenschutz. Arbeitgeber erhalten lediglich eine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit, jedoch keine Informationen zur Diagnose oder zur Erkrankung selbst. Weitergehende medizinische Details sind nur den Sozialversicherungsträgern zugänglich und werden nur mit Einwilligung der betroffenen Person erhoben und verarbeitet.

Aufbewahrungspflichten und Nachweisfunktionen

Krankenpapiere haben eine Nachweisfunktion für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Krankenkassen. Die Aufbewahrungsfristen richten sich nach den gesetzlichen Vorschriften, in der Regel sechs Jahre für Arbeitgeber. Arbeitnehmer sollten ihre eigenen Unterlagen für den Fall von Nachfragen oder Streitigkeiten mehrere Jahre, mindestens jedoch bis zum endgültigen Abschluss etwaiger Leistungsansprüche, aufbewahren.

Sanktionen bei falschen oder verspätet vorgelegten Krankenpapieren

Die bewusste Vorlage unrichtiger Krankenpapiere kann strafrechtliche Konsequenzen gemäß § 279 StGB (Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse) und arbeitsrechtliche Maßnahmen (z.B. Abmahnung, Kündigung) nach sich ziehen. Spätes oder fehlendes Einreichen kann zum Verlust von Entgeltfortzahlungs- oder Krankengeldansprüchen führen.

Zusammenfassung

Krankenpapiere sind essenzielle Dokumente im Arbeits- und Sozialrecht, die zentrale Nachweisfunktionen bei Arbeitsunfähigkeit sowie im Zusammenhang mit Leistungen der Sozialversicherungsträger erfüllen. Ihre Ausstellung, Übermittlung, Nutzung und Aufbewahrung unterliegen klar geregelten rechtlichen Vorgaben. Mit der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wurde die Abwicklung weiter digitalisiert, wobei die Wahrung des Datenschutzes und die Sicherstellung der Rechte aller Beteiligten weiterhin höchste Priorität besitzen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Fristen sind bei der Vorlage von Krankenpapieren beim Arbeitgeber zu beachten?

Arbeitnehmer sind verpflichtet, ihrem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Laut § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) muss spätestens am vierten Tag der Erkrankung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (umgangssprachlich: Krankenschein) vorgelegt werden. Der Arbeitgeber ist jedoch berechtigt, die Vorlage bereits ab dem ersten Tag zu verlangen, sofern dies arbeitsvertraglich, durch eine Betriebsvereinbarung oder per Tarifvertrag so geregelt ist. Kommt der Arbeitnehmer dieser Pflicht nicht nach, kann das zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur Abmahnung oder im Wiederholungsfall auch zur Kündigung führen. Die elektronische Krankmeldung (eAU) wird in vielen Fällen direkt von der Arztpraxis an die Krankenkasse und weiter an den Arbeitgeber übermittelt, dennoch bleibt die Pflicht zur unverzüglichen Information des Arbeitgebers über die Arbeitsunfähigkeit bestehen.

Darf der Arbeitgeber die Diagnose auf dem Krankenschein einsehen oder anfordern?

Nach geltendem Datenschutzrecht und der ärztlichen Schweigepflicht darf der Arbeitgeber keine Informationen über die Diagnose bzw. den Grund der Arbeitsunfähigkeit einsehen oder anfordern. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung enthält lediglich Angaben zum Beginn und zur voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit sowie die Bestätigung, dass eine Krankheit vorliegt. Ein Anspruch des Arbeitgebers auf Offenlegung der Diagnose besteht daher grundsätzlich nicht. Ausnahmen greifen nur in äußerst seltenen Sonderfällen, etwa bei speziellen Gutachten in gerichtlichen Verfahren, wobei auch hierbei strenge datenschutzrechtliche Anforderungen zu beachten sind.

Was passiert, wenn ein Arbeitnehmer Krankmeldungen verspätet oder gar nicht einreicht?

Wird die Krankmeldung nicht fristgerecht beim Arbeitgeber vorgelegt, kann dies arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Fehlt eine rechtzeitige Krankmeldung, entfällt unter Umständen der Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die entsprechenden Tage, da die rechtzeitige Anzeige eine Voraussetzung für die Lohnfortzahlung ist. Arbeitgeber können zudem Abmahnungen oder, bei wiederholtem Fehlverhalten, auch ordentliche Kündigungen aussprechen. Darüber hinaus kann ein fehlender oder verspäteter Zugang der Krankmeldung bei der Krankenkasse Auswirkungen auf eventuelles Krankengeld haben, insbesondere wenn die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach Ablauf der Entgeltfortzahlung eingereicht werden muss.

Welche rechtlichen Besonderheiten gelten für ärztliche Krankmeldungen aus dem Ausland?

Im Falle einer Erkrankung im Ausland ist der Arbeitnehmer verpflichtet, den Arbeitgeber und seine Krankenkasse unverzüglich über die Arbeitsunfähigkeit, deren voraussichtliche Dauer und die Anschrift am Aufenthaltsort zu informieren. Die Krankmeldung muss der zuständigen Krankenkasse spätestens innerhalb von sieben Tagen zugehen (§ 5 Abs. 2 EFZG). Die Bescheinigung darf nicht nur einfach von einem Arzt ausgestellt sein, sondern muss inhaltlich den deutschen Anforderungen entsprechen und nach Möglichkeit in deutscher Sprache oder mit Übersetzung eingereicht werden. Bei verspäteter oder nicht ordnungsgemäßer Vorlage kann auch hier der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ganz oder teilweise entfallen.

Welche rechtlichen Pflichten haben Ärzte im Zusammenhang mit der Ausstellung von Krankenpapieren?

Ärzte sind verpflichtet, bei begründeter Arbeitsunfähigkeit eine entsprechende Bescheinigung nach festgelegten Richtlinien auszustellen. Diese muss die formalen Anforderungen erfüllen und neben Patienten- und Arztangaben ausschließlich den Beginn und ggf. die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit enthalten. Diagnosen dürfen auf dem für den Arbeitgeber bestimmten Teil nicht angegeben werden. Die Ausstellung muss nach bestem Wissen und nach medizinischer Überprüfung erfolgen; ein Gefälligkeitsattest kann berufsrechtliche Konsequenzen für den Arzt und strafrechtliche Folgen (z.B. bei Betrugsverdacht) für Arzt und Patient nach sich ziehen.

Welche rechtlichen Schritte stehen dem Arbeitgeber bei Verdacht auf vorgetäuschte Krankheit offen?

Hegt ein Arbeitgeber den Verdacht, dass eine Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht ist, kann er verschiedene rechtliche Schritte einleiten. Zum einen kann die Krankenkasse beauftragt werden, den Medizinischen Dienst einzuschalten, der die Arbeitsfähigkeit überprüft. Zum anderen kann der Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen oder im Falle eines nachweisbaren Betrugs die fristlose Kündigung aussprechen und möglicherweise Strafanzeige wegen Betrugs stellen. Allerdings genießt die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zunächst einen hohen Beweiswert, der vom Arbeitgeber zu erschüttern ist (z.B. durch konkrete tatsächliche Hinweise auf das Gegenteil).

Gibt es Sonderregelungen für die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)?

Die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) bringt besondere rechtliche Regelungen mit sich. Seit Januar 2023 sind Ärzte verpflichtet, die eAU digital an die Krankenkasse weiterzuleiten, und Arbeitgeber sind verpflichtet, die Daten aktiv bei der Krankenkasse abzurufen. Dennoch bleibt die Verpflichtung für den Arbeitnehmer bestehen, dem Arbeitgeber unverzüglich die Arbeitsunfähigkeit als solche mitzuteilen. Bei technischen Problemen mit dem eAU-Verfahren greift weiterhin die Regelung, dass auf Verlangen des Arbeitgebers eine Bescheinigung in Papierform ausgestellt werden kann, sodass der rechtliche Rahmen für Nachweise der Arbeitsunfähigkeit gewahrt bleibt.