Legal Lexikon

Krankenhilfe


Begriff und rechtliche Einordnung der Krankenhilfe

Die Krankenhilfe ist ein zentraler Begriff des deutschen Sozialrechts, der die Gewährung von Hilfeleistungen bei Erkrankung oder drohender Erkrankung umfasst. Krankenhilfe tritt insbesondere im Kontext der Sozialgesetzbücher (SGB) sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) in Erscheinung. Sie beinhaltet Leistungen zur Behandlung und Heilung von Krankheiten, zur Vorbeugung sowie zur Besserung oder Linderung gesundheitlicher Beschwerden, wenn die Kosten nicht anderweitig abgesichert sind, etwa durch eine gesetzliche oder private Krankenversicherung.

Gesetzliche Grundlagen der Krankenhilfe

Krankenhilfe im Sozialgesetzbuch (SGB)

Krankenhilfe nach SGB XII – Sozialhilfe

Krankenhilfe ist im Rahmen der Sozialhilfe im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) geregelt. Sie stellt eine Leistung der Hilfe zur Gesundheit gemäß §§ 47 ff. SGB XII dar. Anspruchsberechtigt sind Personen, die weder gesetzlich noch privat krankenversichert sind und die Bedürftigkeitsvoraussetzungen der Sozialhilfe erfüllen.

Die Krankenhilfe umfasst gemäß § 48 SGB XII:

  • Vorbeugende Gesundheitshilfe
  • Hilfe bei Krankheit
  • Hilfe zur Familienplanung
  • Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft

Leistungsumfang und -art orientieren sich grundsätzlich an den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, erfolgen aber als Sachleistungen oder in bestimmten Fällen als Kostenübernahme oder Geldleistung.

Abgrenzung zu anderen Sozialleistungen

Die Krankenhilfe nach SGB XII ist von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu unterscheiden. Sie tritt nur ein, wenn keine Pflichtversicherung vorliegt und eine freiwillige Versicherung nicht zustande kam und auch nicht zumutbar ist. Sie unterscheidet sich ebenfalls von Leistungen nach dem dritten Kapitel des SGB V und ähnlichen Regelungen, bei denen regelmäßig eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung vorausgesetzt wird.

Krankenhilfe im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)

Für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ist die Krankenhilfe in den §§ 4 und 6 AsylbLG geregelt. Grundsätzlich beschränkt sich der Leistungsumfang auf die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie auf notwendige ärztliche und zahnärztliche Behandlungen. Darüber hinaus können im Einzelfall weitergehende Leistungen durch Behördenermessen gewährt werden, wenn sie zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich sind.

Weitere gesetzliche Vorschriften

Krankenhilfe kann auch in anderen Rechtsnormen Bedeutung haben, beispielsweise im Kontext des Opferentschädigungsgesetzes (OEG) oder anderer spezifischer Sozialsysteme, in denen Gesundheitsleistungen bei fehlender Absicherung durchgeführt werden.

Anspruchsvoraussetzungen der Krankenhilfe

Bedürftigkeit und fehlende Absicherung

Zentrale Anspruchsvoraussetzung ist das Fehlen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall, insbesondere keine Krankenversicherung nach SGB V, keine private Versicherung und keine Übernahme durch Dritte.

Darüber hinaus muss die Bedürftigkeit gemäß § 19 SGB XII gegeben sein. Das bedeutet, dass dem Hilfesuchenden weder Einkommen noch Vermögen oberhalb der gesetzlich festgelegten Grenzen zur Verfügung stehen.

Antragstellung und Leistungsgewährung

Die Gewährung von Krankenhilfe setzt in der Regel einen Antrag bei der zuständigen Sozialbehörde voraus. Im Notfall kann die Hilfe auch unverzüglich erbracht werden, um akute Gesundheitsgefahren abzuwenden. Die Entscheidung über den Leistungsumfang und die konkrete Ausgestaltung obliegt dem jeweiligen Träger der Sozialhilfe beziehungsweise der Bezirksverwaltungsbehörde.

Leistungsumfang der Krankenhilfe

Inhalt und Umfang der Leistungen

Die Krankenhilfe erstreckt sich insbesondere auf:

  • Ärztliche und zahnärztliche Behandlung
  • Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitteln
  • Krankenhausbehandlung
  • Maßnahmen zur Früherkennung und zur Verhütung von Krankheiten (präventive Maßnahmen)
  • Hilfe zur Rehabilitation

Soweit medizinisch notwendig, können auch Leistungen zur Vermeidung und zum Ausgleich von Behinderungen gewährt werden.

Einschränkungen und Besonderheiten

Der Leistungsumfang kann im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung eingeschränkt oder erweitert sein; im Regelfall wird jedoch der Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung herangezogen. Spezielle Regelungen gelten etwa bei Asylbewerberinnen und Asylbewerbern, bei denen aus migrations- oder asylrechtlichen Gründen Einschränkungen erfolgen.

Finanzierung und Kostenerstattung

Sach- und Geldleistungen

Krankenhilfe wird überwiegend als Sachleistung gewährt, das heißt, die Sozialhilfeträger schließen Verträge mit Ärzten, Krankenhäusern und Apotheken ab. In Ausnahmefällen kann eine Kostenübernahme oder die Erstattung von Auslagen erfolgen, wenn sofortige Hilfe erforderlich ist und keine oder keine rechtzeitige Sachleistung erbracht werden kann.

Beteiligung des Leistungsempfängers

In der Regel besteht für Empfänger von Krankenhilfe keine Zuzahlungspflicht wie in der gesetzlichen Krankenversicherung, sofern das Einkommen und Vermögen unter den maßgeblichen Grenzen liegt. Eigenbeteiligungen können im Einzelfall vorgesehen sein, etwa bei ausschließlicher Versorgung mit Zahnersatz.

Rechtsschutz und Verwaltungsverfahren

Widerspruch und Klage

Gegen ablehnende Entscheidungen über die Krankenhilfe bestehen die Möglichkeiten des Widerspruchsverfahrens sowie der sozialgerichtlichen Klage gemäß den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Im Eilfall kann auch einstweiliger Rechtsschutz beantragt werden, um eine notwendige medizinische Versorgung sicherzustellen.

Datenschutz und Schweigepflicht

Im Rahmen der Krankenhilfe sind die Anforderungen an den Datenschutz und die Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht zu beachten. Die Datenverarbeitung erfolgt ausschließlich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben, insbesondere nach dem Sozialdatenschutzrecht des SGB X.

Bedeutung und aktuelle Herausforderungen

Gesellschaftliche Relevanz

Die Krankenhilfe sichert einen Mindeststandard an medizinischer Versorgung für sozial oder wirtschaftlich benachteiligte Personen in Deutschland. Sie ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Sozialstaatsprinzips und trägt zur Sicherung der Menschenwürde bei.

Herausforderungen und Reformdiskussionen

Zunehmende gesellschaftliche Diversität und Migration, steigende Kosten im Gesundheitssektor und der Zugang zu Regelleistungen stellen die Verwaltungspraxis der Krankenhilfe vor neue Herausforderungen. Insbesondere bei der Versorgung von nicht versicherten Personen und Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG bestehen anhaltende Diskussionen über Bedarfsgerechtigkeit und Ausgestaltung des Leistungskatalogs.

Literatur und Weblinks

Weitergehende Informationen können einschlägigen Kommentaren zum SGB, zum AsylbLG und zu Fachliteratur im Bereich des Sozialrechts entnommen werden. Gesetzestexte sind über das Portal der Gesetze im Internet des Bundesministeriums der Justiz verfügbar.

Häufig gestellte Fragen

Wie wird der Anspruch auf Krankenhilfe im Sozialrecht festgestellt?

Der Anspruch auf Krankenhilfe im Sozialrecht richtet sich grundsätzlich nach den Bestimmungen des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG). Maßgeblich ist stets eine individuelle Bedürftigkeitsprüfung, bei der neben den persönlichen Lebensumständen insbesondere Einkommen und Vermögen berücksichtigt werden (§§ 19 ff., 41 ff., 47 SGB XII; § 1ff. AsylbLG). Personen, die die Voraussetzungen erfüllen und keine vorrangige gesetzliche oder private Krankenversicherung besitzen, können einen Antrag auf Krankenhilfe stellen. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens prüft die zuständige Behörde (z.B. Sozialamt), ob ein sozialhilferechtlicher Bedarf für krankheitsbedingte Leistungen besteht und gewährt bei Vorliegen aller Voraussetzungen entsprechende Leistungen entweder als Sachleistung (über Krankenscheine) oder als Geldleistung. Zusätzlich werden Art und Umfang der Leistung gemäß § 48 SGB XII bedarfsbezogen festgelegt, wobei medizinische Notwendigkeit, Wirtschaftlichkeit und Angemessenheit zu beachten sind. Auch bei Änderungen der Lebensverhältnisse erfolgt eine Überprüfung, da Krankenhilfe stets ein nachrangiges System zu anderen Sozialleistungen bleibt.

Welche Leistungen umfasst die Krankenhilfe nach dem SGB XII?

Die Krankenhilfe nach dem SGB XII orientiert sich im Wesentlichen am Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 48 SGB XII i.V.m. §§ 27 ff. SGB V), ohne jedoch vollumfänglich identisch zu sein. Anspruchsberechtigte erhalten unter anderem ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Versorgung mit Arznei-, Verbands-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, Vorsorgeuntersuchungen, Schutzimpfungen sowie Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten. Rehabilitationsleistungen können in begrenztem Umfang übernommen werden, sofern sie zur Abwendung, Beseitigung oder Milderung einer Krankheit dienen. Zudem beinhaltet die Krankenhilfe Leistungen zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten einschließlich notwendiger Nachbehandlung. Nicht übernommen werden in der Regel Kosten für Komfortleistungen oder medizinisch nicht notwendige Eingriffe. Die Leistungen können als Sach- oder Geldleistungen erbracht werden, wobei die medizinische Notwendigkeit stets individuell geprüft wird, Ausnahmen bedürfen einer besonderen Begründung.

In welchen Fällen besteht ein Ausschluss der Krankenhilfe?

Ein Leistungsausschluss von Krankenhilfe nach dem SGB XII besteht insbesondere dann, wenn vorrangige Leistungssysteme greifen (Subsidiaritätsprinzip, § 2 SGB XII). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Betroffene Mitglied einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung ist, oder im Anwendungsbereich anderer Sozialleistungsträger (z.B. nach dem SGB V, SGB VII oder SGB XI) unterstützt werden kann. Weiterhin besteht z. B. für Personen im Vollzug von Haftstrafen ein Leistungsausschluss; hier obliegt die Versorgung dem Justizvollzug (§ 5 AsylbLG, § 46 SGB XII). Auch bei nicht genehmigten oder medizinisch nicht notwendigen Leistungen und Behandlungen besteht kein Anspruch. Bei vorsätzlicher Herbeiführung des Krankheitszustands kann unter Umständen der Leistungsausschluss oder eine Anspruchskürzung erfolgen.

Wie erfolgt die Übernahme von Kosten für Arznei- und Heilmittel durch die Krankenhilfe?

Die Kostenübernahme für Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmittel erfolgt im sozialhilferechtlichen Kontext unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 70 SGB XII in Verbindung mit § 12 SGB V). Es werden grundsätzlich nur solche Mittel übernommen, die medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich sind sowie innerhalb des von der gesetzlichen Krankenversicherung vorgegebenen Rahmens liegen. Dies schließt beispielsweise rezeptfreie Arzneimittel für Erwachsene grundsätzlich aus, sofern nicht im Einzelfall eine Ausnahmeregelung vorliegt. Die Verordnung muss durch einen approbierten Arzt erfolgen und bei besonderen Heil- und Hilfsmitteln kann eine vorherige Genehmigung durch das Sozialamt erforderlich sein. Nachweise wie ärztliche Rezepte und fachärztliche Bescheinigungen sind der Leistungsbeantragung beizufügen, andernfalls erfolgt keine Kostenübernahme.

Können auch ausländische Staatsangehörige Krankenhilfe erhalten?

Ausländische Staatsangehörige können dem Grunde nach Krankenhilfe nach SGB XII oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, sofern sie sich rechtmäßig in Deutschland aufhalten und keinen anderweitigen Krankenversicherungsschutz besitzen. Der Anspruch richtet sich nach dem Aufenthaltsstatus: Für Asylbewerber und Geduldete gilt das AsylbLG, welches einen beschränkteren Leistungsumfang vorsieht (§ 4 und § 6 AsylbLG). Hier werden lediglich akut behandlungsbedürftige Erkrankungen und Schmerzzustände sowie Schwangerschaft und Geburt abgedeckt. Für andere Ausländergruppen, etwa EU-Bürger, gelten Besonderheiten in Bezug auf aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen und etwaige Ausschlussregelungen, beispielsweise bei fehlendem Aufenthaltsrecht oder Arbeitsunfähigkeit. Einer Prüfung unterliegen insbesondere Dauer und Zweck des Aufenthalts, um Sozialleistungsmissbrauch zu verhindern.

Wie wirkt sich ein Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung auf die Krankenhilfe aus?

Tritt eine leistungsberechtigte Person einer gesetzlichen Krankenversicherung bei oder wird im Rahmen des Versicherungspflichtverhältnisses aufgenommen, endet der Anspruch auf Krankenhilfe nach dem SGB XII (§ 2 SGB XII). Krankenhilferechtliche Leistungen sind subsidiär und werden daher nur solange gewährt, wie eine Absicherung über andere Systeme (z. B. GKV, PKV, Beihilfe) entweder nicht besteht oder nicht möglich ist. Mit Erlöschen der Hilfebedürftigkeit muss die Sozialhilfebehörde die Leistungen einstellen und gegebenenfalls auf bereits geleistete Beträge im Rahmen der Überleitungsvorschriften nach § 93 SGB XII regressieren. Eine doppelte Inanspruchnahme ist rechtlich ausgeschlossen; Leistungen der Krankenhilfe erlöschen mit Abschluss der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Besteht eine Zuzahlungspflicht bei Leistungen der Krankenhilfe?

Für Empfänger von Krankenhilfe nach dem SGB XII sind grundsätzlich Zuzahlungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, Krankenhausaufenthalte und weitere medizinische Leistungen wie sie für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung gelten, nicht vorgeschrieben, sofern dadurch der laufende notwendige Lebensunterhalt gefährdet würde (§ 61 SGB XII). Nach § 62 SGB V geltende Belastungsgrenzen finden in der Regel keine Anwendung, stattdessen können die Sozialhilfeträger auf Antrag Zuzahlungen erlassen oder übernehmen, sofern eine unbillige Härte vorläge. In der Praxis wird auf die finanziellen Ressourcen des Leistungsberechtigten abgestellt und die Zumutbarkeit im Einzelfall geprüft, sodass wirtschaftlich Schwache keine unverhältnismäßigen Belastungen erleiden. Maßgeblich ist eine Entscheidung nach billigem Ermessen durch die zuständige Behörde.