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Krankenhausvertrag

Begriff und Einordnung des Krankenhausvertrags

Der Krankenhausvertrag ist die rechtliche Grundlage für die stationäre Behandlung in einem Krankenhaus. Er regelt das Verhältnis zwischen Patientin oder Patient und Krankenhaus, umfasst die medizinische Behandlung, Pflege, Unterkunft sowie organisatorische Abläufe und die Abrechnung der Leistungen. Der Vertrag entsteht mit der Aufnahme in das Krankenhaus und bildet den Rahmen für Rechte und Pflichten beider Seiten.

Definition

Ein Krankenhausvertrag ist eine umfassende Behandlungs- und Versorgungsvereinbarung. Er beinhaltet die ärztliche und pflegerische Versorgung, die Bereitstellung von Infrastruktur (Zimmer, Diagnostik, Operationssaal, Medizintechnik), die Organisation der Behandlung und die Dokumentation des Behandlungsverlaufs. Je nach Fall können zusätzliche Vereinbarungen (etwa Wahlleistungen) Bestandteil sein.

Vertragsparteien

Vertragspartner sind das Krankenhaus und die Patientin oder der Patient. Die im Krankenhaus tätigen Personen handeln für das Krankenhaus. Zusätzlich können einzelne Leistungen (zum Beispiel besondere ärztliche Wahlleistungen) über gesonderte Vereinbarungen unmittelbar mit behandelnden Personen abgebildet werden.

Rechtsnatur und Abgrenzung

Der Krankenhausvertrag ist ein zivilrechtlicher Behandlungsvertrag mit erweiterten Versorgungsinhalten. Er unterscheidet sich vom rein ambulanten Behandlungsverhältnis durch die Einbindung von Pflege, Unterkunft, Organisation und Infrastruktur. Er kann mündlich, konkludent (durch tatsächliches Handeln) oder schriftlich geschlossen werden; eine Schriftform ist nicht zwingend erforderlich, wird jedoch häufig aus Gründen der Klarheit genutzt.

Zustandekommen und Form

Aufnahme und Behandlungsvereinbarung

Der Vertrag kommt in der Regel mit der Aufnahme zustande, indem das Krankenhaus die Behandlung anbietet und die Patientin oder der Patient diese in Anspruch nimmt. Formulare zur Aufnahme, Datenerhebung und Kostenklärung präzisieren die gegenseitigen Rechte und Pflichten.

Einwilligung und Aufklärung

Medizinische Maßnahmen erfordern eine wirksame Einwilligung der Patientin oder des Patienten. Grundlage ist eine verständliche Aufklärung über Art, Umfang, Risiken, Alternativen und Dringlichkeit. Ohne wirksame Einwilligung sind nicht dringend gebotene Eingriffe unzulässig. Die Einwilligung kann widerrufen werden.

Minderjährige und Vertretung

Bei Minderjährigen oder Personen ohne Entscheidungsfähigkeit erfolgt die Einwilligung durch Sorgeberechtigte oder bevollmächtigte Vertreterinnen oder Vertreter. Der Wille der betroffenen Person ist nach Möglichkeit zu berücksichtigen. Bei widersprüchlichen Erklärungen sind besondere Abwägungen erforderlich.

Notfälle und mutmaßliche Einwilligung

In akuten Notfällen kann eine Behandlung auf Grundlage der mutmaßlichen Einwilligung erfolgen, wenn eine rechtzeitige Einwilligung nicht eingeholt werden kann und die Maßnahme zum Abwenden erheblicher Gesundheitsgefahren notwendig ist.

Inhalte des Krankenhausvertrags

Medizinische Behandlung

Gegenstand ist eine fachgerechte Behandlung nach anerkannten Regeln der Heilkunde, angepasst an den individuellen Gesundheitszustand. Ein bestimmter Erfolg wird nicht zugesichert, wohl aber eine Behandlung nach dem gebotenen Standard.

Pflege und Unterkunft

Der Vertrag umfasst pflegerische Leistungen, Verpflegung und Unterbringung. Qualität, Art der Unterbringung und pflegerischer Umfang richten sich nach medizinischer Notwendigkeit und getroffenen Vereinbarungen.

Wahlleistungen

Zusätzliche Leistungen wie Einbettzimmer, besondere Verpflegung oder eine besondere ärztliche Behandlung können gesondert vereinbart werden. Diese sind freiwillig, kostenpflichtig und bedürfen einer klaren schriftlichen Vereinbarung, die Leistungsinhalt und Entgelt regelt.

Organisation und Koordination

Das Krankenhaus koordiniert Abläufe, stellt Personal und Infrastruktur, organisiert Konsile, Diagnostik und Therapiepfade und trägt die Verantwortung für eine sichere, hygienische und funktionsfähige Betriebsorganisation.

Dokumentation und Informationsrechte

Der Behandlungsverlauf ist vollständig und nachvollziehbar zu dokumentieren. Patientinnen und Patienten haben ein Recht auf Einsicht in die Patientenakte und auf Kopien. Korrekturen erfolgen nachvollziehbar; nachträgliche Änderungen müssen erkennbar bleiben.

Datenschutz und Schweigepflicht

Gesundheitsdaten unterliegen besonderem Schutz. Das Krankenhaus wahrt Vertraulichkeit, verarbeitet Daten nur für Behandlungs- und Abrechnungszwecke und nutzt technische sowie organisatorische Maßnahmen zur Datensicherheit. Weitergaben erfolgen nur im rechtlich zulässigen Rahmen oder auf Grundlage einer Einwilligung.

Kosten und Abrechnung

Gesetzlich Versicherte

Bei gesetzlich Versicherten rechnet das Krankenhaus die Regelleistungen in der Regel direkt mit der Krankenkasse ab. Es können gesetzliche Zuzahlungen anfallen. Für nicht medizinisch notwendige Zusatzleistungen sind gesonderte Entgelte vereinbart.

Privat Versicherte und Selbstzahlende

Privat Versicherte und Selbstzahlende erhalten in der Regel eine Rechnung über die Krankenhausleistungen. Bei bestehenden Tarifen können Kostenübernahmen ganz oder teilweise erfolgen. Wahlleistungen werden gesondert berechnet.

Zuzahlungen und Wahlleistungsentgelte

Zuzahlungen ergeben sich aus gesetzlichen Vorgaben. Wahlleistungsentgelte beruhen auf freiwilligen Vereinbarungen und sind zusätzlich zu den Regelleistungen zu zahlen.

Kostenzusagen, Abtretung, Liquidation

Kostenzusagen, Abtretungserklärungen oder separate Liquidationen einzelner Behandelnder sind möglich, wenn dies vereinbart wurde. Der genaue Abrechnungsweg wird im Aufnahmeprozess festgelegt.

Pflichten der Vertragsparteien

Pflichten des Krankenhauses

Sorgfalt und anerkannte Standards

Das Krankenhaus schuldet eine Behandlung nach anerkannten fachlichen Standards und den Erfordernissen des Einzelfalls.

Organisationspflichten

Dazu gehören eine ausreichende Personalausstattung, klare Zuständigkeiten, funktionierende Abläufe, Aufsicht und Koordination.

Verkehrssicherung und Hygiene

Das Krankenhaus sorgt für sichere Einrichtungen, Infektionsschutz und die Funktionsfähigkeit der Medizintechnik.

Dokumentationspflicht

Diagnosen, Maßnahmen, Aufklärung und Einwilligungen sind vollständig und zeitnah zu dokumentieren.

Aufklärung

Es besteht die Pflicht zu verständlicher, rechtzeitiger und vollständiger Information als Grundlage der Einwilligung.

Pflichten der Patientin oder des Patienten

Mitwirkung und Information

Erforderliche Angaben zum Gesundheitszustand, Vorerkrankungen, Medikamenten, Allergien und bisherigen Behandlungen sind mitzuteilen, damit Risiken erkannt und Maßnahmen geplant werden können.

Zahlung und Unterlagen

Notwendige Nachweise zur Kostenübernahme sind vorzulegen. Vereinbarte Zuzahlungen und Entgelte sind zu entrichten.

Beachtung der Hausordnung

Die Hausordnung und Sicherheitsvorgaben dienen dem geordneten Ablauf und dem Schutz aller Beteiligten.

Haftung und Verantwortlichkeit

Behandlungsfehler und Organisationsverschulden

Haftung kann bei fehlerhafter Behandlung, mangelnder Aufklärung, unzureichender Organisation oder Verstößen gegen Sicherheits- und Hygienepflichten bestehen. Maßstab ist die gebotene Sorgfalt unter Berücksichtigung des jeweiligen Standards.

Auswahl- und Überwachungsverantwortung

Das Krankenhaus trägt Verantwortung für die Auswahl und Überwachung des Personals sowie für angemessene Qualifikation und Supervision.

Produkt- und Gerätebezug

Bei der Nutzung von Medizinprodukten sind sichere Beschaffung, Wartung und Anwendung sicherzustellen. Fehler können unterschiedliche Verantwortlichkeiten berühren.

Beweislast und Dokumentation

Die Dokumentation dient der Nachvollziehbarkeit der Behandlung. Unterlassene oder lückenhafte Dokumentation kann Beweisfragen beeinflussen.

Schadensarten

In Betracht kommen materielle Schäden (zum Beispiel Aufwendungen, Verdienstausfall) und immaterielle Schäden (zum Beispiel Beeinträchtigung von Gesundheit und Wohlbefinden). Der konkrete Umfang richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Verjährung

Ansprüche unterliegen Fristen. Beginn und Dauer hängen vom Kenntnisstand und den Umständen ab. Eine frühzeitige Klärung der maßgeblichen Zeitpunkte ist für die Wahrung von Rechten bedeutsam.

Beendigung, Entlassung und Verlegung

Ordentliche und außerordentliche Beendigung

Der Krankenhausvertrag endet in der Regel mit der Entlassung. Eine vorzeitige Beendigung kommt in Betracht, wenn die Behandlung abgeschlossen ist oder aus gewichtigen Gründen nicht fortgesetzt werden kann. Die Beendigung darf nicht zu unzumutbaren Nachteilen für die Patientin oder den Patienten führen.

Entlassmanagement

Zur Sicherung der weiteren Versorgung koordiniert das Krankenhaus bei Bedarf das Entlassmanagement, zum Beispiel Informationen, Verordnungen, Hilfsmittel oder Anschlussbehandlungen.

Verlegung und Transport

Verlegungen sind möglich, wenn sie medizinisch vertretbar sind und organisatorisch verantwortet werden können. Information und Dokumentenübergabe sind zu gewährleisten.

Aufbewahrung von Unterlagen

Behandlungsunterlagen werden für festgelegte Zeiträume aufbewahrt. Eine spätere Einsicht ist grundsätzlich möglich.

Besondere Konstellationen

Geburtshilfe, Psychiatrie, Rehabilitation

In Bereichen wie Geburtshilfe oder Psychiatrie gelten zusätzliche Anforderungen, etwa an Sicherheit, Begleitpersonen oder besondere Schutzrechte. Stationäre Rehabilitationsmaßnahmen haben teilweise eigene vertragliche Ausgestaltungen.

Forschung und Studien

Teilnahmen an klinischen Studien erfordern gesonderte, freiwillige Einwilligungen mit erweiterten Informationen zu Nutzen, Risiken, Datenschutz und Widerrufsmöglichkeiten.

Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung

Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen sind bei der Behandlung zu berücksichtigen. Das Krankenhaus prüft Verfügbarkeit und Geltung im konkreten Fall.

Grenzüberschreitende Behandlungen

Bei Behandlungen mit Auslandsbezug stellen sich Fragen zu Kostenübernahme, Dokumentation, Sprache und Nachbehandlung. Maßgeblich sind die jeweils einschlägigen Regelungen und Vereinbarungen.

Durchsetzung von Rechten

Einsicht in Behandlungsunterlagen

Patientinnen und Patienten haben grundsätzlich Anspruch auf Einsicht und Kopien ihrer Unterlagen. Die Einsicht kann direkt oder über bevollmächtigte Personen erfolgen.

Ansprechstellen im Krankenhaus

Für Anliegen bestehen interne Stellen wie Aufnahme, Patientenservice, Beschwerdemanagement oder Datenschutzkontakt. Diese unterstützen bei Auskünften und Klärungen.

Außergerichtliche Konfliktlösung

Konflikte können über interne Beschwerdewege, Schlichtungs- oder Gutachterverfahren adressiert werden. Ziel ist eine sachliche Aufklärung des Sachverhalts.

Gerichtliche Klärung

Streitigkeiten können auch gerichtlich geklärt werden. Der konkrete Weg richtet sich nach Art und Umfang des geltend gemachten Anspruchs.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist ein Krankenhausvertrag und was umfasst er?

Der Krankenhausvertrag ist die Vereinbarung zwischen Krankenhaus und Patientin oder Patient über stationäre Behandlung, Pflege, Unterkunft und Organisation. Er umfasst die ärztliche Versorgung, pflegerische Leistungen, die Nutzung der Infrastruktur, Dokumentation und Abrechnung. Zusätzliche Leistungen wie Einbettzimmer oder besondere ärztliche Behandlung können über gesonderte Vereinbarungen einbezogen werden.

Kommt ein Krankenhausvertrag auch ohne Unterschrift zustande?

Ja. Der Vertrag kann durch tatsächliches Handeln zustande kommen, etwa indem das Krankenhaus die Aufnahme und Behandlung übernimmt und die Patientin oder der Patient die Leistungen in Anspruch nimmt. Schriftliche Unterlagen dienen der Klarstellung, sind aber für das Zustandekommen nicht zwingend erforderlich.

Wer ist Vertragspartner: Krankenhaus oder behandelnde Person?

Vertragspartner ist grundsätzlich das Krankenhaus. Die dort tätigen Personen handeln für das Krankenhaus. Für besondere ärztliche Leistungen können zusätzlich gesonderte Vereinbarungen direkt mit der behandelnden Person bestehen, etwa bei besonderen Wahlleistungen.

Welche Rechte bestehen auf Einsicht in die Patientenakte?

Patientinnen und Patienten haben das Recht, Einsicht in ihre Behandlungsunterlagen zu nehmen und Kopien zu erhalten. Die Einsicht dient der Nachvollziehbarkeit der Behandlung und kann auf Wunsch auch durch bevollmächtigte Personen erfolgen. Vertrauliche Rechte Dritter sind dabei zu berücksichtigen.

Wofür haftet das Krankenhaus im Rahmen des Krankenhausvertrags?

Haftung kommt in Betracht bei fehlerhafter Behandlung, unzureichender Aufklärung, Organisationsmängeln oder Verstößen gegen Sicherheits- und Hygienepflichten. Maßgeblich ist, ob die gebotene Sorgfalt nach anerkannten Standards gewahrt wurde. Die Dokumentation spielt bei der Klärung eine wichtige Rolle.

Wie werden Kosten und Zuzahlungen abgewickelt?

Bei gesetzlich Versicherten rechnet das Krankenhaus Regelleistungen in der Regel direkt mit der Krankenkasse ab; gesetzliche Zuzahlungen können anfallen. Privat Versicherte und Selbstzahlende erhalten üblicherweise eine Rechnung. Wahlleistungen werden zusätzlich vereinbart und gesondert berechnet.

Wann endet der Krankenhausvertrag?

Der Vertrag endet in der Regel mit der Entlassung. Eine frühere Beendigung ist möglich, wenn die Behandlung abgeschlossen ist oder gewichtige Gründe vorliegen. Entlassung oder Verlegung müssen medizinisch vertretbar organisiert sein und die weitere Versorgung berücksichtigen.

Wie werden Wahlleistungen rechtlich wirksam vereinbart?

Wahlleistungen erfordern eine klare, gesonderte Vereinbarung, die Leistungsinhalt und Entgelt festhält. Sie sind freiwillig und nicht Teil der medizinisch notwendigen Regelleistungen.