Krankenhausfinanzierung: Rechtliche Grundlagen und Systematik
Die Krankenhausfinanzierung bezeichnet das rechtlich und wirtschaftlich geregelte System zur Sicherstellung der Finanzierung von Betrieb und Investitionen deutscher Krankenhäuser. Sie ist ein zentrales Element des Gesundheitswesens und wird durch eine Vielzahl normativer Vorgaben auf Bundes- und Landesebene geprägt. Ziel ist es, eine flächendeckende, leistungsfähige und qualitativ hochwertige stationäre Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen.
Gesetzliche Grundlagen der Krankenhausfinanzierung
Sozialgesetzbuch V (SGB V)
Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bildet die Grundlage der Gesetzlichen Krankenversicherung und regelt in den §§ 108 ff. SGB V die Zulassung und Vergütung von Krankenhäusern. Die Krankenhausfinanzierung ist dabei eng mit den Systemen der Kostenerstattung und der Krankenhausplanung verzahnt.
Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG)
Das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) aus dem Jahr 1972 ist das zentrale Gesetz für die Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser. Es definiert, dass die Betriebskosten grundsätzlich durch die Kostenträger (u.a. die gesetzlichen oder privaten Krankenversicherungen) getragen werden, während die Investitionsförderung als staatliche Aufgabe verstanden wird.
Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG)
Mit dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) wird die Vergütung der Krankenhausleistungen durch leistungsorientierte Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups – DRG) geregelt. Dieses Gesetz schreibt die Vergütungssystematik vor und bestimmt Details zum Vertragsschluss, zur Rechnungsstellung sowie zur Prüfung von Abrechnungen durch die Kostenträger.
Struktur der Krankenhausfinanzierung
Duale Finanzierung
Das deutsche System der Krankenhausfinanzierung basiert auf dem Grundsatz der sogenannten dualen Finanzierung. Diese unterscheidet zwischen:
- Investitionskosten: Diese werden von den Bundesländern getragen (KHG, § 9 ff.). Zu den Investitionen zählen Neubauten, grundlegende bauliche Sanierungen, größere Instandsetzungen sowie Ausstattung mit medizinisch-technischen Großgeräten.
- Betriebskosten: Für die laufenden Betriebskosten leisten die Kostenträger – insbesondere die Gesetzlichen Krankenversicherungen – Zahlungen gemäß den Vorgaben des KHEntgG (Fallpauschalen).
Krankenhausplanung
Die Krankenhausplanung obliegt den Ländern. Nur Krankenhäuser, die im Krankenhausplan des jeweiligen Bundeslandes aufgenommen sind, erhalten Investitionsfördermittel („Plankrankenhaus“). Im Krankenhausplan eines Landes werden Bedarf, Versorgungsauftrag und Standort der Krankenhäuser festgelegt.
Finanzierung der Investitionskosten
Rechtsgrundlage und Verfahren
Die Investitionskostenfinanzierung erfolgt durch Fördermittel der Länder nach Maßgabe des § 9 KHG. Möglich sind pauschalierte Investitionszuschüsse oder Einzelförderungen für Bau- und Ausstattungsprojekte. Die Verfahren und Höhe der Förderung sind in landesrechtlichen Regelungen konkretisiert.
Pauschalförderung und Einzelförderung
- Pauschalförderung: Regelmäßige, jährlich gewährte Fördermittel, deren Berechnung sich meist an der Bettenzahl, Größe oder Leistungsfähigkeit orientiert.
- Einzelförderung: Projektbezogene Förderung von ausgewählten Großinvestitionen, etwa Neubauten oder umfangreiche Modernisierungen. Antragstellung und Bewilligung erfolgen bei den zuständigen Landesbehörden.
Finanzierung der Betriebskosten
Vergütungssystem nach KHEntgG und DRG
Für die Betriebskosten der Krankenhäuser existiert ein bundesweit einheitliches Vergütungssystem. Grundlage ist die Fallpauschalen-Vergütung nach DRG. Sämtliche abrechenbare Krankenhausleistungen werden anhand einer Klassifikation von Behandlungsfällen vergütet. Die Vergütungssätze werden jährlich durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) ermittelt und von Krankenhäusern und Kostenträgern auf Landesebene vereinbart.
Budgetverhandlungen und Landesbasisfallwert
Jedes Krankenhaus schließt jährlich individuelle Budgetvereinbarungen mit den Verbänden der Kostenträger ab. Grundlage bildet der sogenannte Landesbasisfallwert, der den durchschnittlichen Vergütungswert je Behandlungsfall im jeweiligen Bundesland definiert (§ 10 KHEntgG). Die Gesamthöhe der Erlöse eines Krankenhauses ergibt sich aus den DRG-Punkten multipliziert mit dem Landesbasisfallwert.
Rechtsfragen der Abrechnung und Kontrolle
Die Rechnungsprüfung und das Einfordern von Korrekturen bei fehlerhaften Abrechnungen sind durch den Medizinischen Dienst (MD) zentral geregelt (§ 275c SGB V). Streitigkeiten über die Abrechnungspraxis lösen regelmäßig Rechtsstreitigkeiten vor den Sozialgerichten aus.
Sonderfinanzierungsformen und Ausnahmetatbestände
Hochschulkliniken und Universitätsmedizin
Für Universitätskliniken gelten neben allgemeinen Bestimmungen oftmals besondere landesrechtliche Vorgaben. Sie können zusätzliche Landesmittel für Forschung und Lehre erhalten, die neben den originären Investitions- und Betriebskosten anzusehen sind.
Krankenhausfinanzierung im Kontext von Notfallversorgung und Daseinsvorsorge
Bestimmte Krankenhäuser mit spezialisierter Notfallversorgung oder universaler Daseinsvorsorge erhalten mitunter zusätzliche Fördermittel oder besondere Zuweisungen der Länder, etwa zur Sicherstellung der Versorgung in strukturschwachen Regionen.
Aktuelle Entwicklung und Reformdebatte
Reformen der Krankenhausfinanzierung
Die Krankenhausfinanzierung unterliegt beständigem Wandel. Zentrale Aspekte aktueller und geplanter Reformen sind:
- Reform der Investitionsfinanzierung zur Verbesserung der baulichen Ausstattung
- Weiterentwicklung des DRG-Systems, ggf. durch Einführung alternativer Finanzierungsmodelle (z.B. Vorhaltepauschalen)
- Maßnahmen zur Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit; z.B. Mindestmengenregelungen und Qualitätszuschläge
Kritik am Finanzierungssystem
Aus Sicht verschiedener Akteure werden vor allem Unterfinanzierung der Investitionskosten durch die Länder sowie das vielfältige Nebeneinander von Bundes- und Landesregelungen kritisiert. Dies führt teils zu Modernisierungsstaus und unterschiedlichen Versorgungsniveaus zwischen den Bundesländern.
Weiterführende rechtliche Regelungen
Neben KHG, KHEntgG und SGB V werden die Krankenhausfinanzierung und die damit verbundenen Rechtsfragen durch weitere Gesetze flankiert, darunter:
- Krankenhausstrukturgesetz (KHSG)
- Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG)
- Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG)
- Krankenhausverfahrensverordnung (KHVV)
Fazit
Die Krankenhausfinanzierung in Deutschland ist ein komplexer, rechtlich detailliert geregelter Prozess, der sich aus bundesrechtlichen und landesrechtlichen Vorgaben zusammensetzt. Das duale Finanzierungssystem stellt einen zentralen Baustein der Sicherstellung stationärer Gesundheitsversorgung dar und steht im Mittelpunkt anhaltender Strukturdebatten und Reformbestrebungen. Fortlaufende Anpassungen bleiben sowohl aus rechtlicher als auch aus finanzpolitischer Sicht notwendig, um eine nachhaltige, bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Krankenhauslandschaft zu gewährleisten.
Häufig gestellte Fragen
Wie ist die Krankenhausfinanzierung in Deutschland gesetzlich geregelt?
Die Krankenhausfinanzierung in Deutschland basiert auf einem zweigliedrigen Finanzierungssystem, das im Wesentlichen durch das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), das Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und weitere einschlägige Rechtsnormen bestimmt wird. Nach dem sogenannten „dualen Finanzierungssystem“ tragen die Bundesländer die Kosten für Investitionen, während die laufenden Betriebskosten von den gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen getragen werden. Die Bundesländer sind nach § 9 KHG verpflichtet, Investitionsfördermittel für notwendige Bau- und Ausstattungsmaßnahmen bereitzustellen, wobei hierzu insbesondere die Aufnahme in den jeweiligen Krankenhausplan des Landes erforderlich ist. Die Vergütung der Betriebskosten erfolgt vorwiegend über das nach dem KHEntgG geregelte DRG-System (Diagnosis Related Groups), wobei die Preisvereinbarungen im Rahmen der Budgetverhandlungen nach rechtlichen Vorgaben zwischen Krankenhäusern und Kostenträgern vereinbart werden. Außerdem unterliegen sämtliche Finanzierungsprozesse den Vorschriften des Sozialgesetzbuches (SGB), insbesondere SGB V und SGB IX sowie ergänzenden Verwaltungsvorschriften.
Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Investitionsfinanzierung durch die Bundesländer?
Die Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser durch die Bundesländer ist im Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) detailliert geregelt. Nach §§ 5-10 KHG sind nur solche Krankenhäuser förderfähig, die in den Krankenhausplan des Landes aufgenommen wurden (sog. Plankrankenhäuser). Die Bundesländer entscheiden im Rahmen von Krankenhausplanungen über die Mittelbereitstellung und berücksichtigen dabei die Sicherstellung einer bedarfsgerechten und leistungsfähigen Krankenhausversorgung, wie in § 1 KHG vorgegeben. Die auszureichenden Fördermittel beziehen sich auf notwendige Ausstattungs- und Baumaßnahmen, einschließlich medizinisch-technischer Großgeräte und notwendiger Modernisierungen. Die Vergabe der Mittel erfolgt in diversen Verfahren wie Pauschalförderung oder Einzelförderung, wobei rechtliche Vorgaben wie Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 9 Abs. 2 KHG) sowie ggf. das europäische Beihilferecht beachtet werden müssen. Die Kontrolle der Mittelverwendung unterliegt einer nachgelagerten gesetzlich vorgeschriebenen Prüfung durch die Landesbehörden.
Welche gesetzlichen Grundlagen gelten für die Betriebskostenfinanzierung der Krankenhäuser?
Die Finanzierung der Betriebskosten von Krankenhäusern wird im Wesentlichen durch das Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), aber auch durch das Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) geregelt. Im System der gesetzlichen Krankenversicherung werden die Betriebskosten primär über das DRG-System (Diagnosis Related Groups) abgerechnet, für spezielle Krankenhausleistungen wie Psychiatrie und Psychosomatik gelten besondere Entgeltsysteme nach § 17d KHG und Psych-Entgeltgesetz. Die Vergütung erfolgt auf Basis von Fallpauschalen, Zusatzentgelten und Sonderentgelten, deren Kalkulation bundeseinheitlichen Vorgaben sowie regionalen Budgetverhandlungen unterliegt (vgl. §§ 15 ff. KHEntgG). Die einzelnen Krankenhausentgelte und -budgets werden im Rahmen von Pflegesatzverhandlungen mit den Kostenträgern (Krankenkassen und Beihilfestellen) rechtsverbindlich vereinbart. Gesetzliche Vorschriften sehen hierfür spezifische Schiedsstellenverfahren sowie Möglichkeiten gerichtlicher Überprüfung vor, etwa bei Konflikten über die Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen.
Welche Rolle spielen die Bundesländer bei der Krankenhausfinanzierung aus rechtlicher Sicht?
Bundesländer nehmen im Rahmen der dualen Krankenhausfinanzierung eine zentrale Rolle ein, insbesondere hinsichtlich der Investitionsförderung, die detailliert im Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) geregelt ist. Sie sind nach § 9 KHG gesetzlich verpflichtet, Investitionsmittel bereitzustellen und darüber zu wachen, dass diese sachgerecht, zweckgebunden und wirtschaftlich verwendet werden. Darüber hinaus sind sie für die Aufstellung und Fortschreibung des Landeskrankenhausplans zuständig, der die Grundlage für die Förderfähigkeit von Krankenhäusern bildet. Im Kontext von Neubau-, Umbau- und Sanierungsmaßnahmen setzen die Länder eigene Verwaltungsverfahren um und achten auf die Einhaltung zusätzlicher landesrechtlicher Vorschriften, wie Haushaltsrecht, Vergaberecht oder Bauordnungsrecht. Ferner sind die Länder Adressaten von Bundesgesetzen, die unter bestimmten Voraussetzungen (etwa im Rahmen von Bund-Länder-Programmen) auch zusätzliche Bundesmittel durch Rechtsakte einbeziehen.
Welche rechtlichen Vorgaben gibt es für die Budgetverhandlungen zwischen Krankenhäusern und Kostenträgern?
Die Budgetverhandlungen zwischen den Krankenhäusern und den Kostenträgern (gesetzliche und private Krankenversicherungen sowie Beihilfestellen) sind durch verschiedene Rechtsnormen strukturiert, insbesondere durch das Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und ergänzend durch Vorschriften des Sozialgesetzbuches (§ 18 KHG, § 18 KHEntgG, § 85 SGB V). In diesen Verhandlungen werden das Gesamtbudget sowie leistungsbezogene Einzelvergütungen festgelegt, wobei zahlreiche rechtliche Vorgaben des Vergütungsrechts, des Haushaltsrechts und des Sozialrechts zu beachten sind. Werden die Verhandlungen nicht einvernehmlich abgeschlossen, sieht das Gesetz verbindlich ein Schiedsstellenverfahren vor, dessen Entscheidungen gerichtlicher Nachprüfung offenstehen. Darüber hinaus erstrecken sich rechtliche Anforderungen auf Fragen der Transparenz, Dokumentationspflichten und der Einhaltung von Fristen und Formalien. Spezielle Regelungen bestehen für die Behandlung von Mehr- und Mindererlösen sowie für Leistungsabweichungen.
Welche Anforderungen stellt das europäische Beihilferecht an die Krankenhausfinanzierung in Deutschland?
Das europäische Beihilferecht beansprucht auch für nationale Krankenhausfinanzierungsregelungen Geltung, sofern es sich bei staatlich gewährten finanziellen Zuwendungen um selektive Vorteile handelt, die EU-rechtlich relevante Wettbewerbsverzerrungen zur Folge haben könnten. Nach Art. 107 AEUV sind staatliche Beihilfen grundsätzlich verboten, sofern diese den Wettbewerb verfälschen oder den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen könnten. Die Krankenhausfinanzierung fällt dann unter Ausnahmetatbestände (insb. Art. 106 Abs. 2 AEUV), sofern die Krankenhäuser als Einrichtungen der Daseinsvorsorge (sog. SGEI – Services of General Economic Interest) tätig werden. In diesem Fall ist eine EU-rechtskonforme Ausgestaltung der Finanzierung zu gewährleisten, welche Transparenz, Nachweis der Kostendeckung und Vermeidung von Überkompensationen sicherstellen muss. Deutschland hat sich diesem Schutz durch entsprechende Normierungen im KHG, in Förderbescheiden und über Förderkontrollen angepasst.
Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen zur Kontrolle und Überprüfung der Mittelverwendung in der Krankenhausfinanzierung?
Die Kontrolle und Überprüfung der Verwendung von Finanzmitteln erfolgt auf mehreren rechtlichen Ebenen. Im Bereich der Investitionsfördermittel sind insbesondere die Landesbehörden zur Prüfung und Kontrolle verpflichtet (§ 9 Abs. 6 KHG). Die Krankenhäuser sind verpflichtet, über die Mittelverwendung Nachweis zu führen und Unterlagen bereitzuhalten, die eine sachgerechte Prüfung durch die Behörden ermöglichen. Wird eine unzweckmäßige oder unwirtschaftliche Verwendung festgestellt, bestehen gesetzliche Rückforderungsrechte sowie Möglichkeiten zur Verhängung von Sanktionen. Im Hinblick auf die Betriebskosten sorgen sowohl interne als auch externe Prüfungsmechanismen für Kontrolle: Budgetverhandlungen, Rechnungsprüfungen durch Kostenträger (insbesondere Medizinischer Dienst), sowie Prüfungen durch Sozialgerichte und ggf. landes- oder bundesrechtliche Aufsichtsbehörden. Die Einhaltung sämtlicher rechtlicher Vorgaben unterliegt letztlich auch der gerichtlichen Überprüfung durch die Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit.