Krankenhausfinanzierung: Begriff, Systematik und rechtliche Einordnung
Die Krankenhausfinanzierung bezeichnet die Gesamtheit der Regeln und Verfahren, mit denen Krankenhäuser in Deutschland ihre Investitionen und laufenden Kosten decken. Ziel ist die verlässliche Versorgung der Bevölkerung mit stationären Leistungen. Das System ist historisch gewachsen und kombiniert staatliche Verantwortung für die Infrastruktur mit einer leistungsorientierten Vergütung der Behandlungskosten durch die Kostenträger.
Grundprinzip: Duales Finanzierungssystem
Die Finanzierung beruht im Kern auf zwei Säulen: Die Länder finanzieren die Investitionen in Gebäude und große medizinische Geräte (Investitionskosten). Die laufenden Behandlungskosten (Betriebskosten) werden im Wesentlichen von den gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen getragen. Diese Aufgabenteilung ist prägend für Planung, Steuerung und Kontrolle des Systems.
Rechtsrahmen und Akteure
Staatliche Zuständigkeiten
Der Bund setzt die wesentlichen Rahmenregeln für Vergütung, Qualitätssicherung und Transparenz. Die Länder verantworten die Krankenhausplanung, führen Krankenhaus(rahmen)pläne und entscheiden über die Förderung von Investitionen. Kommunen sind häufig Träger kommunaler Kliniken und wirken an der Daseinsvorsorge mit.
Kostenträger: Gesetzliche und private Krankenversicherung
Die gesetzliche Krankenversicherung verhandelt mit den Krankenhäusern über Budgets und Preise innerhalb eines bundesweit vorgegebenen Vergütungssystems. Die private Krankenversicherung erstattet Leistungen auf Grundlage ihrer Tarife und der jeweils anwendbaren Entgeltordnungen. Beide Bereiche sind in das gemeinsame Qualitäts- und Abrechnungsregime eingebunden.
Trägerformen der Krankenhäuser
Krankenhäuser können öffentlich-rechtlich, freigemeinnützig oder privatwirtschaftlich organisiert sein. Die Trägerform beeinflusst interne Steuerung, Finanzierungsspielräume und steuerliche Aspekte, ändert jedoch nichts an den zentralen rechtlichen Anforderungen an Planung, Qualität und Abrechnung.
Krankenhausplanung und Krankenhausliste
Die Länder steuern die stationäre Versorgung über Krankenhauspläne. Krankenhäuser, die in die jeweilige Landeskrankenhausliste aufgenommen sind, gelten als bedarfsnotwendig. Die Aufnahme ist regelmäßig Voraussetzung für Investitionsförderung und für die umfassende Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung mit den gesetzlichen Kostenträgern.
Finanzierungselemente
Investitionskosten
Investitionen betreffen insbesondere Neubau, Umbau, Sanierung und Großgeräte. Die Länder gewähren Einzelförderungen für größere Maßnahmen sowie pauschale Förderungen zur Erhaltung der Substanz und für kleinere Anschaffungen. Die Vergabe orientiert sich am Krankenhausplan, an Bedarfsnachweisen und an Wirtschaftlichkeits- sowie Qualitätsanforderungen.
Strukturfonds und Sonderprogramme
Zusätzliche Programme fördern Strukturverbesserungen, Konzentrationen von Leistungen, Umwandlungen von Standorten und Digitalisierung. Dazu zählen zeitlich befristete Fonds zur Unterstützung der Krankenhauslandschaft sowie Investitionsprogramme für moderne IT, Cybersicherheit und digitale Anwendungen. Die Mittelvergabe erfolgt in der Regel im Zusammenwirken von Bund und Ländern und knüpft an förderpolitische Ziele an.
Betriebskosten
Die Vergütung stationärer Leistungen erfolgt überwiegend über Fallpauschalen (DRG-System) mit ergänzenden Zuschlägen und Abschlägen. Grundlage sind jährlich vereinbarte Budgets und ein landesweit festgelegter Bewertungsmaßstab, an den die Entgelte eines Krankenhauses gekoppelt sind. Zusätzlich existieren besondere Entgelte, unter anderem für Pflege, teure Spezialleistungen oder vorgehaltene Strukturen der Notfallversorgung.
Besondere Bereiche der Betriebskostenfinanzierung
- Psychiatrie und Psychosomatik: Hier gelten eigenständige Entgeltsysteme mit tagesbezogenen Pauschalen und Strukturvorgaben.
- Notfallversorgung: Zuschläge honorieren die Vorhaltung bestimmter Notfallstrukturen.
- Hochschulmedizin: Lehre und Forschung werden teils gesondert berücksichtigt; der Versorgungsanteil unterliegt dem allgemeinen Vergütungsregime.
- Geburtshilfe und Pädiatrie: Besondere Sicherstellungs- und Qualitätsvorgaben können zu ergänzenden Zuschlägen führen.
Eigenmittel und Drittmittel
Krankenhausträger bringen Eigenmittel ein und nutzen Drittmittel, beispielsweise aus Spenden, Stiftungen oder Forschungsförderung. Diese Finanzierungsquellen ergänzen die staatliche Investitionsförderung und die leistungsbezogene Vergütung, ersetzen sie jedoch nicht.
Vertrags- und Vergütungssystem
Budgetverhandlungen und Mengensteuerung
Krankenhäuser verhandeln jährlich mit den Kostenträgern über Leistungsumfang und Budget. Steuerungsinstrumente begrenzen Mengenausweitungen, gleichen Unter- oder Überleistungen aus und setzen Anreize für bedarfsgerechte Versorgung. Landesweite Gremien koordinieren die Umsetzung und lösen Streitigkeiten in festgelegten Verfahren.
Qualitäts- und Strukturvorgaben als Finanzierungsbedingung
Finanzierung und Teilnahme an der Versorgung sind an Qualitätsvorgaben geknüpft. Dazu zählen Mindestmengen für komplexe Eingriffe, personelle und technische Anforderungen sowie umfassende Dokumentations- und Berichtspflichten. Nichterfüllung kann Vergütungsabschläge, Rückforderungen oder Leistungsausschlüsse nach sich ziehen.
Wahlleistungen und Zuzahlungen
Aufenthalte in Wahlleistungsbereichen (zum Beispiel besondere Unterbringung oder zusätzliche ärztliche Leistungen) sind gesondert zu vergüten. Gesetzlich Versicherte leisten für vollstationäre Aufenthalte eine gesetzlich festgelegte, zeitlich begrenzte Zuzahlung. Diese Zuzahlung fließt nicht in die Krankenhausbudgets ein, sondern ist Bestandteil des Versichertenanteils.
Besondere rechtliche Themen
EU-Beihilfenrecht und Daseinsvorsorge
Krankenhäuser erfüllen Aufgaben der Daseinsvorsorge. Staatliche Förderungen müssen daher mit den Regeln des europäischen Beihilfenrechts vereinbar sein. Üblich ist die Zuweisung eines öffentlichen Auftrags, der den Umfang der Dienstleistungen und die Finanzierungsmechanik transparent macht. Überkompensation ist zu vermeiden; es gelten Dokumentations- und Kontrollpflichten.
Vergaberecht und öffentliche Aufträge
Bei der Beschaffung von Bauleistungen, Geräten oder IT können Krankenhäuser je nach Trägerform und Finanzierungsquelle dem Vergaberecht unterliegen. Maßgeblich sind transparente, diskriminierungsfreie Verfahren, die Wettbewerb sicherstellen. Sonderregeln können für sicherheitsrelevante oder besonders dringliche Beschaffungen greifen.
Steuerrechtliche Aspekte
Krankenhausleistungen der Heilbehandlung sind in weiten Teilen von der Umsatzsteuer befreit. Die steuerliche Behandlung kann sich je nach Trägerform, Art der Leistung und etwaigen Zusatzangeboten unterscheiden. Gemeinnützige Träger unterliegen besonderen Voraussetzungen und Dokumentationspflichten zur Mittelverwendung.
Datenschutz und Abrechnungskontrollen
Die Abrechnung erfordert die Verarbeitung sensibler Gesundheitsdaten. Es gelten strenge Vorgaben zum Datenschutz, zur Datensicherheit und zur Zweckbindung. Abrechnungen werden durch den Medizinischen Dienst oder vergleichbare Stellen geprüft; fehlerhafte Kodierung oder fehlende Strukturvorgaben können zu Rückforderungen führen.
Insolvenzen und Trägerwechsel
Krankenhäuser können insolvent werden. Sanierungs- oder Nachfolgelösungen betreffen regelmäßig den Versorgungsauftrag, der an die Krankenhausplanung des Landes anknüpft. Bei Trägerwechseln sind arbeits-, planungs- und vergaberechtliche Aspekte zu beachten; die Kontinuität der Versorgung steht dabei im Vordergrund.
Aktuelle Entwicklungen und Reformtendenzen
Ambulantisierung und sektorübergreifende Versorgung
Reformen verlagern geeignete Leistungen in den ambulanten Bereich. Neue Vergütungsformen und Kooperationsmodelle sollen Brüche zwischen Sektoren reduzieren und Ressourcen effizienter nutzen.
Strukturreformen: Leistungsgruppen und Vorhaltefinanzierung
Geplant und teilweise eingeführt sind Strukturmodelle, die Leistungsgruppen und verbindliche Strukturmerkmale definieren. Ergänzend dazu wird eine stärkere Vorhaltefinanzierung diskutiert bzw. umgesetzt, um notwendige Kapazitäten unabhängig von Fallzahlen abzusichern. Krankenhäuser werden nach Versorgungsstufen eingeordnet, was Auswirkungen auf Leistungsumfang und Finanzierung haben kann.
Digitalisierung und Investitionsprogramme
Förderprogramme treiben die digitale Infrastruktur, IT-Sicherheit und die Nutzung von Daten für Qualität und Steuerung voran. Fördervoraussetzungen knüpfen an Interoperabilität, Patientensicherheit und nachhaltige Betriebsmodelle.
Pandemiebedingte Sonderfinanzierungen
Sonderregelungen haben in Ausnahmesituationen Ausgleichszahlungen, Freihaltepauschalen und Zuschüsse ermöglicht. Sie waren zeitlich befristet und zielten auf die Sicherung von Kapazitäten und Liquidität. Erfahrungen daraus fließen in künftige Krisenmechanismen ein.
Abgrenzungen
Pflegeeinrichtungen
Stationäre Pflegeeinrichtungen fallen nicht unter die Krankenhausfinanzierung. Sie haben eigene Finanzierungsmechanismen, die Pflegeversicherung und Eigenanteile kombinieren.
Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen
Reha- und Vorsorgekliniken werden nach gesonderten Regelwerken vergütet. Eine Einbeziehung in die Krankenhausplanung erfolgt nur, wenn besondere Versorgungsaufträge bestehen.
Universitätsklinika
Universitätsklinika vereinen Versorgung, Forschung und Lehre. Ihre Finanzierung umfasst zusätzliche Komponenten jenseits der allgemeinen Krankenhausvergütung, insbesondere für Hochschulaufgaben. Der Versorgungsanteil unterliegt gleichwohl den allgemeinen Regeln der Leistungsvergütung und Qualitätssicherung.
Häufig gestellte Fragen
Was bedeutet das duale Finanzierungssystem in der Krankenhausfinanzierung?
Es beschreibt die Trennung zwischen Investitionsfinanzierung durch die Länder und Betriebskostenfinanzierung durch die Krankenversicherungen. Dadurch verbleibt die Verantwortung für die bauliche und technische Infrastruktur beim Staat, während die Behandlungskosten leistungsbezogen vergütet werden.
Wer entscheidet, welches Krankenhaus Investitionsmittel erhält?
Die Länder entscheiden im Rahmen ihrer Krankenhausplanung über die Förderfähigkeit und Priorisierung von Projekten. Grundlage sind der festgestellte Bedarf, strukturelle Ziele, Wirtschaftlichkeit und die Einbindung in den Krankenhausplan.
Wie werden Fallpauschalen festgelegt und angepasst?
Fallpauschalen beruhen auf einer bundesweiten Systematik mit jährlichen Anpassungen. Die Kalkulation orientiert sich an dokumentierten Leistungen und Kosten. Auf Landes- und Krankenhausebene werden Bewertungsmaßstäbe und Budgets verhandelt und auf die jeweilige Einrichtung angewendet.
Können private Krankenhäuser Investitionsförderung erhalten?
Ja. Entscheidend ist die Aufnahme in die Krankenhausplanung des Landes und die Erfüllung der Fördervoraussetzungen. Die Trägerform ist für die grundsätzliche Förderfähigkeit nicht ausschlaggebend.
Welche Bedeutung hat Qualität für die Finanzierung?
Qualitäts- und Strukturvorgaben sind Voraussetzung für die Vergütung bestimmter Leistungen. Mindestmengen, personelle und technische Standards sowie externe Qualitätssicherung beeinflussen die Zulässigkeit von Leistungen und können zu Zuschlägen, Abschlägen oder Leistungsausschlüssen führen.
Welche Rolle spielt das EU-Beihilfenrecht?
Staatliche Unterstützungen müssen mit europäischen Vorgaben vereinbar sein. Die Zuweisung eines öffentlichen Auftrags und transparente Berechnungsmethoden dienen dazu, Überförderungen zu vermeiden und die Finanzierung der Daseinsvorsorge rechtssicher auszugestalten.
Müssen Patientinnen und Patienten im Krankenhaus zuzahlen?
Für vollstationäre Aufenthalte ist eine gesetzlich geregelte, zeitlich beschränkte Zuzahlung vorgesehen, soweit keine Befreiungstatbestände bestehen. Wahlleistungen sind gesondert zu vergüten und fallen nicht unter die reguläre Fallpauschale.
Was geschieht bei Schließung oder Insolvenz eines Krankenhauses?
Bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten kommen Sanierung, Trägerwechsel oder geordnete Schließung in Betracht. Die Aufrechterhaltung der Versorgung wird über die Krankenhausplanung des Landes gesteuert; die Vergütungs- und Vertragsbeziehungen richten sich nach den jeweils getroffenen Übergangsregelungen.