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Krankengymnast

Begriff und heutige Bezeichnung

Der Begriff „Krankengymnast“ bezeichnet die frühere Berufsbezeichnung eines staatlich anerkannten Gesundheitsfachberufs, der heute überwiegend als „Physiotherapeutin“ bzw. „Physiotherapeut“ geführt wird. Beide Bezeichnungen beschreiben denselben Beruf; die Umstellung erfolgte im Zuge einer Modernisierung der Ausbildung und der Tätigkeitsbeschreibung. Personen, die ihre Ausbildung vor der Umstellung absolviert haben, dürfen die frühere Bezeichnung weiterhin führen. In der rechtlichen Kommunikation, in Verträgen und im Abrechnungsverkehr ist jedoch die Bezeichnung „Physiotherapie“ verbreitet.

Berufsbild und Tätigkeitsrahmen

Krankengymnastik (Physiotherapie) umfasst die Planung und Durchführung physikalischer und bewegungstherapeutischer Maßnahmen zur Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit. Der Tätigkeitsrahmen ist staatlich geregelt und definiert die zulässigen Maßnahmen sowie die beruflichen Pflichten in Diagnostik-unterstützender Beobachtung, Behandlung und Verlaufsdokumentation.

Abgrenzung zu verwandten Tätigkeiten

Die Tätigkeit grenzt sich von nicht-approbierten Gesundheits- und Wellnessangeboten ab. Die Führung der Berufsbezeichnung sowie das Ausüben heilkundlicher physiotherapeutischer Tätigkeiten setzen eine staatliche Erlaubnis und eine geregelte Ausbildung voraus. Tätigkeiten wie Fitnesstraining, Wellnessmassagen oder sportpädagogische Angebote dürfen den geschützten Berufsbezug nicht vortäuschen und sind im Gesundheitswesen rechtlich anders eingeordnet.

Rechtlicher Status und Berufszugang

Geschützte Berufsbezeichnung

„Krankengymnast“ bzw. „Physiotherapeutin/Physiotherapeut“ ist eine geschützte Berufsbezeichnung. Ihre Führung ist nur Personen erlaubt, die die staatlich geregelte Ausbildung erfolgreich absolviert und eine behördliche Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung erhalten haben. Unbefugtes Führen kann ordnungsrechtliche Folgen nach sich ziehen.

Ausbildung, staatliche Prüfung und Erlaubnis

Die Ausbildung erfolgt an staatlich anerkannten Schulen, schließt mit einer staatlichen Prüfung ab und führt bei Bestehen zur behördlichen Erlaubnis. Die Ausbildung verbindet theoretische und praktische Inhalte sowie klinische Einsätze. Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn Zuverlässigkeit, gesundheitliche Eignung oder Sprachkenntnisse nicht gegeben sind.

Anerkennung ausländischer Qualifikationen

Abschlüsse aus anderen Staaten können auf Antrag anerkannt werden. Zuständig sind Landesbehörden. Je nach Gleichwertigkeit sind Ausgleichsmaßnahmen wie Anpassungslehrgänge oder Eignungsprüfungen möglich. Für Staatsangehörige aus EU/EWR-Staaten gelten speziell harmonisierte Anerkennungsgrundsätze; für Drittstaatenabschlüsse gelten nationale Prüfmechanismen.

Ausübung des Berufs

Behandlungsvertrag und Einwilligung

Die Behandlung beruht auf einem Behandlungsvertrag zwischen Patientin oder Patient und Praxis oder Einrichtung. Vor Beginn sind Aufklärung und Einwilligung erforderlich. Bei Minderjährigen oder einwilligungsunfähigen Personen ist die Zustimmung der berechtigten Vertretung erforderlich. Änderungen im Behandlungsverlauf bedürfen einer entsprechenden Information.

Verordnung, Direktzugang und sektorale Heilpraktikererlaubnis

Regelmäßig erfolgt die Behandlung auf Grundlage einer ärztlichen oder zahnärztlichen Verordnung. Ohne Verordnung ist die eigenständige Erbringung heilkundlicher physiotherapeutischer Leistungen nur im Rahmen einer gesonderten behördlichen Erlaubnis für den sektoralen Bereich Physiotherapie zulässig. Der Umfang dieser Erlaubnis ist fachlich begrenzt; sie ersetzt keine Vollerlaubnis für andere Heilberufe.

Dokumentation, Schweigepflicht und Datenschutz

Es bestehen umfassende Dokumentationspflichten zu Anamnese, Befunden, Maßnahmen und Verlauf. Die Dokumentation ist vertraulich zu behandeln und vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Patientendaten unterliegen der Schweigepflicht sowie dem Datenschutzrecht. Die Übermittlung von Berichten an verordnende Stellen setzt eine rechtliche Grundlage oder eine Einwilligung voraus. Aufbewahrungsfristen ergeben sich aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben.

Qualität, Hygiene und Medizinprodukte

Praxisbetriebe müssen anerkannte Qualitätsstandards, Hygieneanforderungen und Arbeitsschutzvorgaben einhalten. Bei Einsatz von Medizinprodukten gelten besondere Pflichten zu Instandhaltung, Einweisung, Dokumentation und Meldung von Vorkommnissen.

Vergütung und Abrechnung

Gesetzliche Krankenversicherung

Bei gesetzlich Versicherten richtet sich die Versorgung nach den Vorgaben der gemeinsamen Selbstverwaltung. Leistungen sind an eine gültige Verordnung, vorgegebene Indikationen, Mengen und Fristen gebunden. Für die Abrechnung benötigen Praxen eine Zulassung und halten sich an vertraglich festgelegte Preise, Dokumentations- und Prüfregelungen. Zuzahlungen durch Versicherte sind gesetzlich geregelt und werden von den Praxen ordnungsgemäß vereinnahmt und verbucht.

Private Krankenversicherung, Beihilfe und Selbstzahlende

Die Vergütung gegenüber privaten Kostenträgern beruht auf individuellen Vereinbarungen und erstattungsrechtlichen Vorgaben der Versicherungen oder Beihilfe. Für Selbstzahlende werden Entgelte vertraglich vereinbart. Transparenz über Leistungsinhalt und Entgelt ist rechtlich bedeutsam, insbesondere zur Vermeidung von Streitigkeiten über Erstattungsfähigkeit.

Praxisbetrieb und Zulassungen

Zulassung zur Abrechnung mit gesetzlichen Kassen

Praxen, die mit gesetzlichen Krankenkassen abrechnen, benötigen eine gesonderte Zulassung. Voraussetzungen sind unter anderem qualifikationsbezogene Anforderungen an Personal, räumliche Mindeststandards, Ausstattung sowie Nachweise zur Organisations- und Prozessqualität. Die Zulassung ist antragsgebunden und unterliegt Prüfungen.

Räumliche und organisatorische Anforderungen

Räume müssen die therapeutische Nutzung erlauben, insbesondere hinsichtlich Barrierefreiheit, Hygiene, Arbeitssicherheit und Datenschutz. Organisatorisch sind Termin- und Dokumentationsprozesse, Vertretungsregelungen sowie ein Beschwerdemanagement rechtlich relevant.

Hausbesuche und mobile Leistungen

Hausbesuche sind rechtlich vorgesehen, wenn verordnet oder vertraglich vereinbart. Dabei sind Arbeitsschutz, Transportsicherheit für Arbeitsmittel, Datenschutz in der häuslichen Umgebung sowie besondere Dokumentations- und Abrechnungsregeln zu beachten.

Haftung und Versicherung

Haftungsgrundlagen

Haftung kann sich aus dem Behandlungsvertrag und aus allgemeinen Deliktstatbeständen ergeben. Maßgeblich sind die Einhaltung des fachlichen Standards, ordnungsgemäße Aufklärung und lückenlose Dokumentation. Verstöße können Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld begründen.

Typische Haftungsrisiken

Typisch sind Risiken durch unzureichende Befunderhebung, fehlerhafte Anwendung von Techniken, mangelnde Gerätesicherheit oder Verletzungen der Aufklärungspflicht. Auch Datenschutzverletzungen können haftungs- und aufsichtsrechtliche Folgen haben. In Einrichtungen mit mehreren Behandelnden sind Organisations- und Überwachungspflichten bedeutsam.

Berufsaufsicht, Fortbildung und Berufsethik

Aufsicht und Meldepflichten

Die Berufsausübung unterliegt der staatlichen Aufsicht der Länder. Zuständig sind je nach Standort Landesbehörden, Regierungspräsidien oder Gesundheitsämter. Bestimmte Ereignisse, etwa meldepflichtige Infektionen oder Vorkommnisse mit Medizinprodukten, sind nach den einschlägigen Vorschriften anzuzeigen.

Fortbildungspflichten

Für die Berufsausübung gelten Anforderungen an die fachliche Aktualität. Vertragsrechtliche Regelungen mit Kostenträgern sowie qualitätsbezogene Vorgaben können Fortbildungsumfänge und Nachweise vorsehen. Die Nichtbeachtung kann Einfluss auf Zulassungen und Vergütungen haben.

Werbung und Berufsbezeichnung im Außenauftritt

Werbung muss sachlich, wahrheitsgemäß und nicht irreführend sein. Die Führung der Berufsbezeichnung muss dem tatsächlichen Status entsprechen. Zusätze, die besondere Qualitäten ohne Grundlage suggerieren, sind unzulässig. Preisangaben und Leistungsbeschreibungen unterliegen verbraucherschützenden Vorgaben.

Internationale Aspekte

EU/EWR und Drittstaaten

Innerhalb der EU und des EWR gilt ein vereinfachter Zugang durch gegenseitige Anerkennung. Vorübergehende und gelegentliche Dienstleistungen können besonderen Anzeige- und Nachweispflichten unterliegen. Für Drittstaatenabschlüsse erfolgt eine Gleichwertigkeitsprüfung; je nach Ergebnis sind Ausgleichsmaßnahmen erforderlich. Die Führung der Berufsbezeichnung im Inland setzt stets eine entsprechende Erlaubnis voraus.

Häufig gestellte Fragen

Darf die Berufsbezeichnung „Krankengymnast“ heute noch geführt werden?

Ja. Personen, die die frühere Ausbildung abgeschlossen und eine staatliche Erlaubnis erhalten haben, dürfen die Bezeichnung weiterhin führen. Im Verwaltungs- und Abrechnungsverkehr ist jedoch „Physiotherapeutin“ bzw. „Physiotherapeut“ die gängige Bezeichnung.

Dürfen Krankengymnasten ohne ärztliche Verordnung behandeln?

Regelmäßig erfolgt die Behandlung auf Verordnung. Ohne Verordnung ist eine eigenständige heilkundliche Tätigkeit nur zulässig, wenn eine behördlich erteilte sektorale Erlaubnis für den Bereich Physiotherapie vorliegt. Deren Umfang ist begrenzt und ersetzt keine weitergehende Heilkundebefugnis.

Wer überwacht die Berufsausübung?

Die Aufsicht liegt bei den zuständigen Landesbehörden, häufig Gesundheitsämtern oder Regierungspräsidien. Sie prüfen unter anderem Berufszugang, Praxisbetrieb, Hygiene und die Einhaltung berufsrechtlicher Vorgaben.

Welche Anforderungen gelten für die Abrechnung mit gesetzlichen Krankenkassen?

Erforderlich sind eine Zulassung, die Einhaltung vertraglich vereinbarter Qualitäts- und Ausstattungsstandards, die Abrechnung nach vorgegebenen Preisen sowie die Beachtung von Verordnungsinhalten, Fristen und Dokumentationspflichten.

Welche Pflichten bestehen zur Dokumentation und Aufbewahrung?

Es besteht die Pflicht zur vollständigen, zeitnahen und nachvollziehbaren Dokumentation von Befunden, Maßnahmen und Verlauf. Die Aufbewahrung erfolgt nach gesetzlichen und vertraglichen Fristen, unter Beachtung von Vertraulichkeit und Datenschutz.

Wie ist die Haftung bei Behandlungsfehlern geregelt?

Haftung kann sich aus dem Behandlungsvertrag und aus allgemeinen Deliktsregeln ergeben. Maßgeblich sind der fachliche Standard, ordnungsgemäße Aufklärung und Dokumentation. Bei Verstößen kommen Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche in Betracht.

Wie werden ausländische Abschlüsse anerkannt?

Die Anerkennung erfolgt auf Antrag bei den zuständigen Landesbehörden. Je nach Gleichwertigkeit werden Abschlüsse anerkannt oder es werden Ausgleichsmaßnahmen wie Anpassungslehrgänge oder Eignungsprüfungen verlangt. Für EU/EWR gilt ein erleichtertes Verfahren.

Welche Regeln gelten für Werbung und Praxisbezeichnungen?

Werbung muss sachlich und nicht irreführend sein. Die Berufsbezeichnung ist entsprechend der erteilten Erlaubnis zu führen. Aussagen, die unzulässige Alleinstellungsmerkmale suggerieren, sind zu vermeiden. Preisangaben und Leistungsbeschreibungen unterliegen verbraucherschützenden Vorgaben.