Legal Lexikon

Kraftfahrer


Begriff und rechtliche Grundlagen des Kraftfahrers

Der Begriff Kraftfahrer bezeichnet im deutschen Recht eine Person, die ein Kraftfahrzeug steuert. Je nach rechtlichem Kontext umfasst „Kraftfahrer“ neben berufsmäßigen und gewerblichen Fahrern (z.B. im Güterkraft- oder Personenverkehr) auch jede Person, die fahrend am Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug teilnimmt. Die rechtliche Definition, Rechte, Pflichten und Verantwortlichkeiten sind in verschiedenen Rechtsvorschriften geregelt, insbesondere im Straßenverkehrsrecht, Arbeitsrecht sowie im Sozialrecht.


Definition und Abgrenzung

Begriff im Straßenverkehrsrecht

Nach § 2 Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) ist ein Kraftfahrer eine Person, die ein Kraftfahrzeug – also ein zur Fortbewegung durch Maschinenkraft bestimmtes Landfahrzeug – führt oder lenkt. Die Begriffsbestimmung umfasst sämtliche Kraftfahrzeuge im Sinne der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) und des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), wozu Pkw, Lastkraftwagen (Lkw), Busse und Motorräder zählen, jedoch keine Schienenfahrzeuge.

Berufskraftfahrer und private Kraftfahrer

Gesetzlich wird zwischen berufsmäßig tätigen (Berufskraftfahrern) und privat fahrenden Kraftfahrern unterschieden. Berufskraftfahrer unterliegen weitergehenden Qualifikations-, Arbeitszeit- und Sozialvorschriften, während für private Kraftfahrer primär die allgemeinen Vorschriften zum Führen von Kraftfahrzeugen gelten.


Rechtliche Voraussetzungen und Fahrerlaubnisklassen

Erforderliche Fahrerlaubnis

Das Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Verkehrsraum erfordert gemäß § 2 Abs. 1 StVG eine gültige Fahrerlaubnis der jeweils zutreffenden Klasse. Die Fahrerlaubnisklassen sind in der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) geregelt und umfassen unter anderem:

  • Klasse B (Personenkraftwagen)
  • Klasse C (Lastkraftwagen)
  • Klasse D (Kraftomnibus)

Für spezielle Fahrzeugarten oder Fahrzeugkombinationen (z.B. Anhänger, Gefahrguttransporte) können zusätzliche Qualifikationen oder Erweiterungen erforderlich sein.

Mindestalter und Eignung

Das Mindestalter richtet sich nach der beantragten Fahrerlaubnisklasse (i.d.R. 18 Jahre, bei Berufskraftfahrern zum Teil abweichend). Zudem müssen Kraftfahrer die jeweils geforderte körperliche und geistige Eignung nachweisen (§§ 11 ff. FeV).


Berufskraftfahrer: Besondere Qualifikationsanforderungen

Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz (BKrFQG)

Berufskraftfahrer im Güterkraft- und Personenverkehr benötigen eine spezielle Grundqualifikation und regelmäßige Weiterbildungen nach dem Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz (BKrFQG) sowie der Berufskraftfahrer-Qualifikations-Verordnung (BKrFQV). Die Nachweise werden in der Regel durch das Dokument „Schlüsselzahl 95″ im Führerschein eingetragen.

Inhalte der Qualifikation

  • Straßenverkehrsvorschriften und Verkehrssicherheit
  • Arbeits- und Sozialvorschriften
  • Unfallverhütung und Gesundheitsschutz

Arbeitsrechtliche Vorschriften für Kraftfahrer

Arbeitszeitgesetz und Fahrpersonalverordnung

Die Arbeitszeiten von Kraftfahrern sind besonders geregelt. Nach den Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) sowie der Fahrpersonalverordnung (FPersV) gelten für Kraftfahrer insbesondere:

  • tägliche und wöchentliche Lenkzeiten
  • vorgeschriebene Ruhezeiten
  • Aufzeichnungspflichten (Fahrtenbuch, digitaler Tachograph)

Diese Regelungen dienen der Verkehrssicherheit und dem Gesundheitsschutz.


Haftung und Verantwortung des Kraftfahrers

Verkehrssicherungspflichten

Kraftfahrer haben umfassende Sorgfaltspflichten (§ 1 StVO) sowie Verkehrssicherungspflichten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern. Verstöße können zu Ordnungswidrigkeiten, straßenverkehrsrechtlichen oder sogar strafrechtlichen Konsequenzen führen.

Halter- und Führerhaftung

Neben der persönlichen Verantwortung besteht auch eine Halterhaftung (§ 7 StVG). Kraftfahrer, die nicht zugleich Halter sind, haften bei Schäden im Rahmen ihrer Fahrzeugführung jedoch persönlich, sofern ihnen ein schuldhaftes oder grob fahrlässiges Verhalten nachgewiesen werden kann.

Unfallflucht und strafrechtliche Konsequenzen

Verlässt ein Kraftfahrer nach einem Unfall unerlaubt den Unfallort, liegt der Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 StGB) vor.


Sozialrechtliche Aspekte

Sozialversicherungspflicht

Kraftfahrer in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis sind grundsätzlich versicherungspflichtig in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung (Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung).

Versicherungsschutz bei Arbeitsunfällen

Unfälle während der Ausübung der Tätigkeit als Kraftfahrer gelten in der Regel als Arbeitsunfälle gemäß § 8 Sozialgesetzbuch VII (SGB VII) und begründen Ansprüche gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung.


Pflichten zur Ladungssicherung und Gefahrgutvorschriften

Ladungssicherung

Kraftfahrer sind verpflichtet, die Ladung so zu sichern, dass sie selbst bei plötzlichen Fahrmanövern oder Notbremsungen nicht verrutschen oder umkippen kann (§ 22 StVO). Verstöße werden mit Bußgeldern und Punkten im Fahreignungsregister geahndet.

Gefahrguttransporte

Beim Transport gefährlicher Güter gelten ergänzende Regelungen nach dem Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBefG) und der Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB). Kraftfahrer müssen hierzu eine spezielle Schulung und eine ADR-Bescheinigung absolvieren.


Datenschutz und Kontrollbefugnisse

Kontrollen im Straßenverkehr

Kraftfahrer müssen bei Verkehrskontrollen einen gültigen Führerschein, ggf. Fahrerkarte und alle für die Fahrt erforderlichen Dokumente vorzeigen. Die Polizei sowie bestimmte Behörden sind zur Kontrolle des digitalen Tachographen und der Lenk- und Ruhezeiten berechtigt.

Datenschutzrechtliche Vorschriften

Im Rahmen der Erhebung und Speicherung von Fahrerdaten (z.B. Aufzeichnungen des Fahrtschreibers) finden die Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) Anwendung.


Sanktionen und Ordnungswidrigkeiten

Kraftfahrer, die gegen verkehrsrechtliche oder arbeitszeitrechtliche Vorschriften verstoßen, müssen mit Bußgeldern, Fahrverboten oder Maßnahmen nach dem Fahreignungsregister (FAER) rechnen. Vor allem Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten, Ladungssicherung oder das Fahren ohne erforderliche Qualifikation sind sanktionsbewehrt.


Abgrenzung zu anderen Verkehrsrollen

Nicht als Kraftfahrer gelten Fahrzeugführer von nichtkraftbetriebenen Fahrzeugen (Fahrradfahrer) oder Steuerer von Schienenfahrzeugen. Auch Beifahrer oder Begleiter sind nach dem deutschen Recht keine Kraftfahrer, soweit sie das Fahrzeug nicht aktiv führen.


Literatur und weiterführende Rechtsquellen

  • Straßenverkehrsgesetz (StVG)
  • Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)
  • Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)
  • Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz (BKrFQG)
  • Fahrpersonalverordnung (FPersV)
  • Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBefG)
  • Sozialgesetzbuch (SGB)

Zusammenfassung:
Der Begriff Kraftfahrer ist rechtlich umfassend definiert und mit zahlreichen Pflichten und Verantwortlichkeiten verbunden. Neben der Einhaltung fahrerlaubnisrechtlicher Voraussetzungen und arbeitszeitlicher Vorgaben hat der Kraftfahrer umfassende Haftungsrisiken sowie besondere Sorgfaltspflichten sowohl im Individual- als auch im Sozialrecht zu beachten.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten gelten für Kraftfahrer?

Kraftfahrer im gewerblichen Güter- oder Personenverkehr unterliegen in Deutschland sowie innerhalb der Europäischen Union strengen Vorschriften bezüglich Lenk- und Ruhezeiten. Diese Regelungen sind hauptsächlich in der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 sowie im deutschen Fahrpersonalgesetz (FPersG) und der Fahrpersonalverordnung (FPersV) festgelegt. Täglich darf die Lenkzeit grundsätzlich 9 Stunden nicht überschreiten, zweimal pro Woche ist jedoch eine Verlängerung auf 10 Stunden zulässig. Die wöchentliche Lenkzeit ist auf 56 Stunden begrenzt, während die zweiwöchentliche Lenkzeit 90 Stunden nicht übersteigen darf. Nach spätestens 4,5 Stunden ununterbrochener Lenkzeit ist eine Pause von mindestens 45 Minuten vorgeschrieben, welche in zwei Abschnitte aufgeteilt werden kann (erst mindestens 15, dann mindestens 30 Minuten). Außerdem sind tägliche Ruhezeiten von mindestens 11 Stunden vorgeschrieben, wobei einmal pro Woche die tägliche Ruhezeit auf 9 Stunden verkürzt werden kann. Wochenruhezeiten müssen mindestens 45 Stunden betragen, können aber unter bestimmten Voraussetzungen auf 24 Stunden verkürzt werden, wenn der Ausgleich in den folgenden drei Wochen erfolgt. Verstöße gegen diese Vorschriften können empfindliche Bußgelder und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Was ist beim Führen und Nutzen des digitalen Fahrtenschreibers zu beachten?

Seit dem 1. Mai 2006 ist der digitale Fahrtenschreiber (Tachograph) EU-weit für alle neu zugelassenen Nutzfahrzeuge über 3,5 Tonnen vorgeschrieben. Kraftfahrer sind verpflichtet, die korrekte Bedienung sicherzustellen, ihre Fahrerkarte vor jeder Fahrt einzustecken und alle notwendigen Tätigkeiten (Fahrt, Bereitschaftszeit, Arbeitszeit, Ruhezeit) mittels der entsprechenden Modi zu kennzeichnen. Daten müssen regelmäßig gespeichert werden, und Arbeitgeber sind verpflichtet, diese für mindestens ein Jahr zu archivieren und auf Verlangen den Aufsichtsbehörden vorzulegen. Fahrer sind außerdem verpflichtet, bei Kontrollen Ausdrucke vorzulegen und für die Richtigkeit der aufgezeichneten Daten Sorge zu tragen. Manipulationen am Fahrtenschreiber stellen eine Straftat dar und führen zu Bußgeldern, Fahrverboten sowie ggf. auch zu Freiheitsstrafen.

Wann liegt eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat beim Führen eines Kraftfahrzeugs vor?

Eine Ordnungswidrigkeit liegt beispielsweise bei Überschreitung der zulässigen Lenkzeiten, unzulässiger Verkürzung von Ruhezeiten, falscher oder fehlender Dokumentation mittels Fahrtenbuch oder Fahrtenschreiber sowie beim Fahren ohne gültige Fahrerlaubnis vor. Straftaten im Zusammenhang mit Kraftfahrern können insbesondere bei fahrlässiger oder vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB), Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG), bei Unfallflucht (§ 142 StGB) oder bei tätlichen Angriffen gegen Kontrollpersonen (§ 113 StGB) gegeben sein. Auch die vorsätzliche Manipulation von Fahrtenschreibern kann eine Strafbarkeit nach § 268 StGB („Fälschung technischer Aufzeichnungen“) begründen. Arbeitsrechtlich kann zudem ein Pflichtverstoß abgemahnt oder zur Kündigung führen.

Welche Pflichten bestehen im Hinblick auf Ladungssicherung?

Die rechtlichen Anforderungen zur Ladungssicherung sind in § 22 StVO (Straßenverkehrs-Ordnung), §§ 412 ff. HGB (Handelsgesetzbuch) und VDI 2700 geregelt. Kraftfahrer haben die Pflicht, vor Fahrtantritt und während der Fahrt sicherzustellen, dass die Ladung so verstaut und gesichert ist, dass sie auch bei plötzlichen Fahrmanövern (Bremsen, Ausweichen) nicht verrutschen, umfallen oder herabfallen kann. Die Verantwortung liegt grundsätzlich beim Fahrzeugführer, aber auch beim Verlader und Fahrzeughalter. Bei Verstößen drohen Bußgelder und ggf. auch strafrechtliche Konsequenzen (insbesondere, wenn es zu Verkehrsunfällen kommt). Zudem kann ein Verstoß gegen Vorschriften zur Ladungssicherung versicherungsrechtliche Folgen haben, etwa den Verlust des Versicherungsschutzes.

Welche arbeitsrechtlichen Besonderheiten gelten für Kraftfahrer?

Kraftfahrer unterliegen hinsichtlich ihrer Arbeitszeiten zwar dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG), jedoch mit spezifischen Ausnahmen und Ergänzungen durch das Fahrpersonalgesetz. Beispielsweise zählt die Lenkzeit nicht vollständig als Arbeitszeit. Bereitschaftszeiten müssen teilweise dokumentiert, jedoch nicht alle als Arbeitszeit gewertet werden. Außerdem sind Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeits-, Lenk- und Ruhezeiten zu überwachen und zu dokumentieren. Kraftfahrer genießen zudem einen besonderen arbeitsschutzrechtlichen Status hinsichtlich Nacht- und Schichtarbeit. Kündigungsschutzklagen können bei wiederholten Pflichtverstößen oder schwerwiegenden Verstößen gegen Verkehrsregeln erschwert sein.

Welche Voraussetzungen gelten für das Führen gefährlicher Güter (ADR)?

Für das Führen von Fahrzeugen mit gefährlichen Gütern ist der Besitz einer speziellen ADR-Bescheinigung (gemäß Europäischem Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße) erforderlich. Der Fahrer muss eine entsprechende Schulung nachweisen, in der Inhalte zur sicheren Beförderung, geeigneten Maßnahmen im Gefahrfall sowie Kenntnisse rechtlicher Vorschriften vermittelt werden. Zudem sind regelmäßige Wiederholungsunterweisungen und Prüfungen notwendig. Verstöße führen nicht nur zu Bußgeldern und Fahrverboten, sondern können sich auch auf zivil- und strafrechtliche Haftungsregelungen auswirken.

Welche haftungsrechtlichen Konsequenzen können sich für Kraftfahrer im Schadensfall ergeben?

Kraftfahrer können abhängig von Fahrlässigkeit oder Vorsatz gegenüber Arbeitgebern und Dritten haftbar gemacht werden. Bei „einfacher Fahrlässigkeit“ greift meist der innerbetriebliche Schadensausgleich, weshalb der Arbeitgeber regulär haftet. Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz haftet der Fahrer jedoch vollumfänglich selbst, insbesondere, wenn er Vorschriften missachtet (z.B. Alkoholmissbrauch, grobe Verstöße gegen Lenkzeiten, technische Manipulationen). Unfälle mit Personenschäden können außerdem strafrechtlich verfolgt werden und haben oft zivilrechtliche Schadensersatzforderungen zur Folge. Bei nachgewiesener Sorgfaltspflichtverletzung haftet der Fahrer auch über die private Haftpflichtversicherung hinaus.