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Kostenerstattung in der Krankenversicherung

Begriff und Grundprinzip der Kostenerstattung

Kostenerstattung in der Krankenversicherung bezeichnet ein Abrechnungsmodell, bei dem Versicherte die Rechnung einer Behandlung zunächst selbst erhalten und begleichen und anschließend bei ihrer Krankenversicherung zur Erstattung einreichen. Im Gegensatz dazu steht das Sachleistungs- oder Naturalleistungsprinzip, bei dem die Abrechnung unmittelbar zwischen Leistungserbringer und Krankenversicherung erfolgt. Kostenerstattung kann in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für bestimmte Leistungsbereiche gewählt werden; in der privaten Krankenversicherung (PKV) ist sie regelmäßig das Grundprinzip. Der Umfang der Erstattung richtet sich nach dem vertraglich oder satzungsmäßig geschuldeten Leistungskatalog und den jeweils maßgeblichen Vergütungsregeln, nicht nach der Höhe der vom Behandelnden gestellten Rechnung.

Kostenerstattung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)

Grundmodell und Wahlrecht

In der GKV gilt grundsätzlich das Sachleistungsprinzip. Versicherte können jedoch die Kostenerstattung für einzelne Leistungsbereiche wählen. Typische Bereiche sind beispielsweise die ambulante ärztliche Behandlung, zahnärztliche Leistungen oder Heil- und Hilfsmittel. Die Entscheidung kann sich auf bestimmte Teilbereiche beschränken und gilt dann für alle in diesen Bereichen in Anspruch genommenen Leistungen. Die Wahl der Kostenerstattung begründet eine Bindung für den gewählten Bereich; ein Wechsel zurück zum Sachleistungsprinzip ist möglich, folgt jedoch formalen Vorgaben der Krankenkasse.

Rechtsnatur der Leistungen

Der Erstattungsanspruch in der GKV besteht dem Grunde nach nur für Leistungen, die nach dem GKV-Leistungssystem geschuldet sind. Maßgeblich sind medizinische Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung. Nicht vorgesehene oder über das Maß des Erforderlichen hinausgehende Leistungen können ganz oder teilweise von der Erstattung ausgenommen sein. Bei gewählter Kostenerstattung wird nicht das privatärztliche Honorar ersetzt, sondern der Betrag, der nach den GKV-Maßstäben für die betreffende Leistung vorgesehen ist.

Verfahren und Nachweise

Für die Abrechnung sind aussagekräftige Rechnungen und Nachweise erforderlich. Üblich sind Angaben zu Diagnose, Art, Datum und Umfang der Leistung, zur Person des Leistungserbringers sowie zur Höhe der Vergütung. Die Krankenkasse kann weitere Unterlagen anfordern, etwa Verordnungen, Heil- und Kostenpläne oder Begründungen für aufwendige Maßnahmen. Personenbezogene Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit dies zur Leistungsprüfung erforderlich ist. Für die Einreichung können Fristen gelten; deren Länge ergibt sich aus den satzungsmäßigen oder vertraglichen Regelungen.

Finanzielle Folgen

Bei gewählter Kostenerstattung trägt die GKV die Aufwendungen grundsätzlich nur in der Höhe, in der sie bei Abrechnung über das Sachleistungsprinzip entstanden wären. Unterschiedsbeträge zwischen privatärztlichen Honoraren und GKV-Vergütung können bei der versicherten Person verbleiben. Es können Eigenbeteiligungen, Abschläge oder Verwaltungskosten anfallen. Bestehende gesetzliche Zuzahlungen bleiben unberührt. Familienversicherte Angehörige sind in dem gewählten Bereich ebenfalls an das Kostenerstattungsmodell gebunden, sofern es für sie mitgewählt wurde.

Wechsel und Beendigung

Die Rückkehr vom Kostenerstattungsmodell zum Sachleistungsprinzip ist grundsätzlich möglich und richtet sich nach den formalen Vorgaben der Krankenkasse. Der Wechsel betrifft jeweils den Bereich, für den Kostenerstattung gewählt wurde. Eine parallele Inanspruchnahme von Sachleistung und Kostenerstattung im selben Bereich ist ausgeschlossen.

Kostenerstattung in der privaten Krankenversicherung (PKV)

Grundprinzip

In der PKV ist die Kostenerstattung das Regelsystem. Versicherte schließen einen Versicherungsvertrag mit festgelegtem Leistungsumfang. Sie erhalten nach Behandlung eine Rechnung, reichen diese bei der Versicherung ein und erhalten Erstattung im Rahmen ihres Tarifs. Die Behandlung erfolgt häufig auf Basis der privatärztlichen Gebührenordnungen für ärztliche und zahnärztliche Leistungen.

Leistungsumfang und Grenzen

Erstattet werden die im Vertrag vereinbarten Leistungen. Voraussetzungen sind in der Regel medizinische Notwendigkeit, Angemessenheit und die Einhaltung tariflicher Bedingungen. Tarife können Leistungsbegrenzungen, Höchstsätze, Wartezeiten, Ausschlüsse, Selbstbehalte oder Erstattungsobergrenzen vorsehen. Für neue oder besondere Behandlungsmethoden können zusätzliche Voraussetzungen wie Begründungen oder vorherige Leistungszusagen bestehen.

Abrechnung, Prüfung und Fristen

Die Erstattung setzt die Vorlage prüffähiger Rechnungen voraus. Diese müssen üblicherweise Leistungsziffern, Steigerungsfaktoren, Diagnosen, Leistungsdatum, Behandlerangaben und Entgelt ausweisen. Die Versicherung kann ärztliche Begründungen, Befundberichte oder Verordnungen anfordern. Fristen zur Einreichung können im Vertrag oder in den Versicherungsbedingungen geregelt sein. Digitale Einreichung ist vielfach möglich; Originale können nachgefordert werden.

Direktabrechnung und Abtretung

In Einzelfällen ist eine Direktabrechnung zwischen Leistungserbringer und Versicherung möglich, etwa über Abrechnungsdienstleister oder aufgrund einer Abtretung der Erstattungsansprüche. Eine Abtretung setzt die Abtretbarkeit der Ansprüche und eine entsprechende Erklärung voraus. Bei Direktabrechnung bleibt die Prüfung des Leistungsanspruchs unberührt; etwaige Selbstbehalte oder nicht gedeckte Leistungen können der versicherten Person in Rechnung gestellt werden.

Besondere Konstellationen

Auslandsbehandlung und grenzüberschreitende Versorgung

Bei Behandlungen im Ausland unterscheidet sich die Erstattung je nach Art der Versicherung, Art der Behandlung (geplant oder ungeplant) und territorialem Geltungsbereich des Vertrags. Häufig sind Kosten bis zur Höhe der im Inland vergleichbaren Leistungen erstattungsfähig. Erforderlich können Nachweise zur medizinischen Notwendigkeit, Übersetzungen und Angaben zum Wechselkurs sein. Für geplante Behandlungen im Ausland kann eine vorherige Leistungszusage verlangt werden.

Kollision mit anderen Leistungsträgern

Tragen mehrere Träger potenziell dieselben Kosten (zum Beispiel Unfallversicherung, Beihilfe, Pflegeversicherung oder Rehabilitationsträger), greifen Koordinationsregeln. Sie regeln Rangfolge, Umfang und Anrechnung der Leistungen. Doppelabrechnungen sind ausgeschlossen; Erstattungsansprüche können auf leistende Träger übergehen, soweit diese Aufwendungen übernommen haben.

Selbstbehalt, Beitragsrückerstattung und Kostenerstattung

In der PKV können Selbstbehalte vertraglich vereinbart sein. Sie mindern die Erstattung um den vereinbarten Betrag. Beitragsrückerstattungen können davon abhängig sein, dass innerhalb eines Abrechnungszeitraums keine oder nur bestimmte Rechnungen eingereicht wurden. Die Regeln ergeben sich aus dem individuellen Tarif.

Rechte und Pflichten der Versicherten

Informations- und Mitwirkungspflichten

Versicherte sind zur Mitwirkung bei der Leistungsprüfung verpflichtet. Dazu zählen die wahrheitsgemäße Angabe relevanter Tatsachen, die Vorlage prüffähiger Unterlagen und die Duldung medizinischer Prüfungen im erforderlichen Umfang. Gesundheitsdaten unterliegen dem Schutz der Vertraulichkeit; ihre Verarbeitung ist auf den Leistungszweck beschränkt.

Wirtschaftlichkeitsprinzip und Zumutbarkeit

Erstattungsfähige Leistungen müssen erforderlich und wirtschaftlich sein. Aufwendungen, die in keinem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Behandlungserfolg stehen, können der Höhe nach begrenzt oder ausgeschlossen sein. Versicherungen können Prüfungen zur Angemessenheit der Vergütung und zur Notwendigkeit einzelner Maßnahmen vornehmen.

Widerspruchs- und Prüfverfahren

Bei Leistungsablehnungen oder Kürzungen ergeht eine Begründung. Es besteht die Möglichkeit, die Entscheidung überprüfen zu lassen. Dafür stehen interne Prüfungen und formalisierte Rechtsbehelfswege zur Verfügung. Angaben zu Fristen und Verfahren ergeben sich aus Satzungen, Vertragsbedingungen und den Hinweisen im Bescheid.

Abgrenzung zu anderen Abrechnungsformen

Sachleistungsprinzip

Beim Sachleistungsprinzip erbringt die Krankenkasse die geschuldete Leistung durch direkte Abrechnung mit dem Leistungserbringer. Versicherte zeigen ihren Leistungsanspruch nach den hierfür vorgesehenen Verfahren nach. Eigenbeteiligungen sind nur vorgesehen, soweit sie geregelt sind.

Kostenerstattung versus Pauschal- und Selektivverträge

Neben Kostenerstattung und Sachleistung existieren Pauschal- oder Selektivverträge mit besonderen Versorgungsformen. Sie regeln Versorgung und Vergütung abweichend vom Standard. Kostenerstattung bezieht sich demgegenüber auf die Erstattung konkreter Rechnungsbeträge innerhalb des maßgeblichen Leistungssystems.

Häufig gestellte Fragen zur Kostenerstattung in der Krankenversicherung

Was bedeutet Kostenerstattung im Unterschied zum Sachleistungsprinzip?

Bei der Kostenerstattung erhalten Versicherte die Rechnung selbst und fordern Erstattung bis zur Höhe der gedeckten Leistungen. Beim Sachleistungsprinzip rechnet der Behandelnde direkt mit der Krankenversicherung ab; Versicherte erhalten die Leistung ohne Vorleistung, abgesehen von vorgesehenen Zuzahlungen.

In welchen Bereichen der GKV kann Kostenerstattung gewählt werden?

Die Wahl ist für einzelne Leistungsbereiche möglich, etwa für ambulante ärztliche Versorgung, zahnärztliche Behandlungen oder Heil- und Hilfsmittel. Der genaue Umfang ergibt sich aus den Regelungen der jeweiligen Krankenkasse und gilt für den jeweils gewählten Bereich.

Wer trägt Mehrkosten gegenüber privatärztlichen Honoraren in der GKV?

Bei gewählter Kostenerstattung erstattet die Krankenkasse grundsätzlich nur den Betrag, der nach GKV-Maßstäben für die Leistung vorgesehen ist. Mehrkosten durch höhere privatärztliche Vergütungen können von der versicherten Person zu tragen sein.

Gibt es Fristen für die Einreichung von Rechnungen?

Es können Fristen gelten. Deren Dauer ergibt sich aus Satzungen in der GKV oder vertraglichen Bedingungen in der PKV. Fristen beginnen in der Regel mit Zugang der Rechnung oder mit Abschluss der Behandlung.

Kann die Entscheidung zur Kostenerstattung in der GKV rückgängig gemacht werden?

Ein Wechsel zurück zum Sachleistungsprinzip ist grundsätzlich möglich. Der Ablauf richtet sich nach den formalen Vorgaben der Krankenkasse und betrifft jeweils den gewählten Leistungsbereich.

Welche Anforderungen müssen Rechnungen erfüllen?

Erforderlich sind üblicherweise Angaben zu Diagnose, Art und Datum der Leistung, zum Leistungserbringer, zu Leistungsziffern und Vergütung. Bei umfangreichen Maßnahmen können zusätzliche Unterlagen wie Verordnungen oder Heil- und Kostenpläne verlangt werden.

Wie wirken Selbstbehalte und Beitragsrückerstattungen in der PKV zusammen?

Selbstbehalte mindern die Erstattung um den vereinbarten Betrag. Beitragsrückerstattungen können davon abhängen, ob in einem Abrechnungszeitraum Leistungen in Anspruch genommen oder Rechnungen eingereicht wurden. Maßgeblich sind die Tarifbedingungen.