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Kostenerstattung in der Krankenversicherung


Kostenerstattung in der Krankenversicherung

Die Kostenerstattung in der Krankenversicherung bezeichnet ein alternatives Abrechnungsverfahren zu dem in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vorherrschenden Sachleistungsprinzip. Versicherte haben hierbei die Möglichkeit, anfallende Behandlungskosten zunächst selbst zu begleichen und sich diese anschließend von ihrer Krankenkasse erstatten zu lassen. Die Kostenerstattung spielt sowohl in der gesetzlichen als auch in der privaten Krankenversicherung (PKV) eine bedeutende Rolle, wobei die rechtlichen Grundlagen, Voraussetzungen und Auswirkungen differenziert zu betrachten sind.


Rechtsgrundlagen und gesetzliche Regelungen

Kostenerstattungsverfahren in der GKV

Die gesetzliche Regelung zur Kostenerstattung ergibt sich insbesondere aus § 13 Abs. 2 bis 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Danach können Versicherte anstelle der Sach- oder Dienstleistungen die Kostenerstattung wählen. Eine schriftliche Erklärung gegenüber der Krankenkasse ist hierfür erforderlich. Der Umfang der Kostenerstattung erstreckt sich dabei auf sämtliche Leistungen, welche von der GKV übernommen werden. Der Anspruch auf Kostenerstattung ist jedoch an verschiedene Voraussetzungen und Rechtsfolgen gekoppelt.

Wahlrecht und Einschränkungen

Versicherte der GKV können gemäß § 13 Abs. 2 SGB V jederzeit und für einzelne Leistungsbereiche das Kostenerstattungsverfahren wählen. Die Erklärung ist für mindestens ein Kalendervierteljahr bindend. Allerdings schließt das Wahlrecht unter anderem Leistungen aus, für die es speziell zugelassene Leistungserbringer gibt, bei denen das Sachleistungsprinzip gilt.

Rechtsfolgen für Versicherte und Leistungserbringer

Mit der Wahl der Kostenerstattung sind für Versicherte in der GKV erhebliche Folgen verbunden. Sie treten in eine direkte Rechtsbeziehung mit dem Leistungserbringer und haften unmittelbar für die Kosten. Die Kostenerstattung erfolgt lediglich in Höhe der sogenannten Vertragssätze; Differenzen, etwa zu Privathonoraren der Ärzte, muss der Versicherte selbst tragen (§ 13 Abs. 2 Satz 4 SGB V). Die abrechnungsrelevanten Besonderheiten führen regelmäßig dazu, dass Versicherte aus eigener Tasche Zuzahlungen zu leisten haben.


Kostenerstattung in der Privaten Krankenversicherung (PKV)

Das Kostenerstattungsprinzip bildet den zentralen Abrechnungsmodus der PKV. Versicherungsnehmer schließen eigenständige Verträge mit privaten Versicherungsgesellschaften, wobei sie Rechnungen über ärztliche Behandlungen zunächst begleichen und anschließend zur Erstattung einreichen.

Vertragliche Grundlagen und Leistungsumfang

In der PKV richten sich die Ansprüche auf Kostenerstattung unmittelbar nach den vereinbarten Versicherungsverträgen sowie nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB). Entscheidende rechtliche Grundlage stellt das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) dar. Der Umfang der Erstattungsleistung hängt von den gewählten Tarifbedingungen und den vertraglich festgelegten Selbstbehalten oder Leistungsausschlüssen ab.

Erstattungsfähige Kosten

Die PKV erstattet Rechnungen für medizinisch notwendige Heilbehandlungen gemäß den Bedingungen des versicherten Tarifs. Nicht in jedem Fall sind sämtliche Kosten in voller Höhe erstattungsfähig, insbesondere wenn Rechnungen das medizinisch Notwendige übersteigen oder die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) beziehungsweise Zahnärzte (GOZ) überschritten wird.


Abgrenzung: Sachleistungsprinzip und Kostenerstattung

Sachleistungsprinzip in der GKV

Das Sachleistungsprinzip bildet den Regelfall in der GKV. Versicherte erhalten medizinische Leistungen direkt über die Krankenkasse mit Abrechnung zwischen Leistungserbringer und Kasse. Die Kostenerstattung hingegen verlangt eine aktive Eigenbeteiligung der Versicherten und unterbricht das unmittelbare Abrechnungsverhältnis zwischen Kasse und Leistungserbringern.

Vorteile und Nachteile der Kostenerstattung

Vorteile:

  • Erhöhte Wahlfreiheit der Versicherten
  • Möglichkeit, frei gewählte Leistungserbringer in Anspruch zu nehmen

Nachteile:

  • Erstattet werden nur die vertraglichen Sätze oder gesetzlichen Höchstsätze
  • Höherer administrativer Aufwand
  • Residuales Kostenrisiko bei nicht erstattungsfähigen Leistungen oder Differenzbeträgen

Verfahrensablauf und Besonderheiten

Beantragung und Nachweis

Um Kostenerstattung zu erhalten, müssen Versicherte die Behandlungskosten zunächst selbst begleichen und anschließend die entsprechenden Nachweise (wie Originalrechnungen) bei der Krankenkasse oder beim Versicherungsunternehmen einreichen. Die Kassen prüfen die Anspruchsgrundlagen, insbesondere im Hinblick auf Notwendigkeit, Wirtschaftlichkeit und die tarifbezogene Leistungspflicht.

Streitfälle und Rechtsschutz

Kommt es zu Differenzen über die Erstattungsfähigkeit bestimmter Leistungen, besteht für gesetzlich Versicherte die Möglichkeit, den Rechtsweg zu den Sozialgerichten zu beschreiten. Für privat Versicherte ist regelmäßig der Zivilrechtsweg einschlägig. Die gerichtliche Überprüfung bezieht sich sowohl auf die medizinische Notwendigkeit als auch auf etwaige Begrenzungen durch den Versicherungsvertrag oder die AVB.


Besondere Konstellationen

Kostenerstattung bei Auslandsbehandlung

Gesetzlich Versicherte können unter bestimmten Voraussetzungen auch im Ausland im Kostenerstattungsverfahren Leistungen erhalten (§ 13 Abs. 4, Abs. 6 SGB V). Voraussetzung ist häufig eine vorherige Genehmigung der Krankenkasse, insbesondere bei geplanten Behandlungen im EU-Ausland.

Kostenerstattungsoption für einzelne Leistungsbereiche

Die GKV ermöglicht die Wahl des Kostenerstattungsverfahrens nicht nur pauschal, sondern auch für bestimmte Sektoren wie ärztliche Behandlung, Zahnarztleistungen, stationäre Versorgung oder Arzneimittelversorgung. Die Erklärung hierzu muss konkret gegenüber der Krankenkasse abgegeben werden.


Fazit und Bedeutung in der Praxis

Die Kostenerstattung in der Krankenversicherung bietet Versicherten die Möglichkeit einer alternativen Abrechnung gegenüber dem starren Sachleistungsprinzip, führt jedoch zu einem erhöhten administrativen Aufwand und einem potentiellen finanziellen Eigenrisiko. Während sie in der privaten Krankenversicherung das Standardmodell darstellt, bleibt sie im System der gesetzlichen Krankenversicherung eine optionale Ausnahme, deren rechtliche Rahmenbedingungen und praktische Auswirkungen differenziert zu betrachten sind. Die Kenntnis der gesetzlichen Vorschriften, vertraglichen Einschränkungen und Kostenrisiken ist unerlässlich, um fundierte Entscheidungen zur Wahl des Abrechnungsmodus zu treffen.

Häufig gestellte Fragen

In welchen Fällen besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Kostenerstattung bei der Krankenversicherung?

Ein gesetzlicher Anspruch auf Kostenerstattung in der Krankenversicherung besteht insbesondere in Ausnahmefällen, in denen der Versicherte entweder die Sachleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht in Anspruch nehmen konnte oder bestimmte Voraussetzungen für die Erstattung erfüllt sind. Nach § 13 Abs. 3 SGB V kann die Krankenkasse verpflichtet sein, die Kosten für eine selbst beschaffte Leistung zu übernehmen, wenn diese Leistung eigentlich Bestandteil des Leistungskatalogs der Krankenversicherung ist und die rechtzeitige Beschaffung oder Genehmigung durch die Krankenkasse nicht erfolgt ist und dem Versicherten dadurch wesentliche Nachteile erwachsen. Voraussetzung ist stets, dass die betreffende Behandlung medizinisch notwendig und zweckmäßig war. Ebenfalls muss die Leistung von einem zugelassenen Leistungserbringer durchgeführt worden sein. In Notfällen kann ein Anspruch auch bestehen, wenn die nächsterreichbare zugelassene Einrichtung nicht erreichbar war, zum Beispiel bei Auslandsaufenthalten. Weiterhin gibt es Sonderregelungen für Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs. 2 SGB V, wenn sich der Versicherte ausdrücklich nach vorheriger schriftlicher Erklärung gegenüber der Krankenkasse dafür entscheidet, anstelle von Sachleistungen das Kostenerstattungsprinzip zu wählen. Die genaue Ausgestaltung unterliegt jedoch strengen formalen Anforderungen, und meist werden nicht die vollen Kosten, sondern lediglich die erstattungsfähigen Vertragssätze übernommen.

Gibt es Fristen, die bei der Beantragung der Kostenerstattung einzuhalten sind?

Für die Beantragung der Kostenerstattung bei der gesetzlichen Krankenversicherung müssen grundsätzlich bestimmte Fristen eingehalten werden. Wer die Erstattung von Kosten für selbst beschaffte medizinische Leistungen begehrt, sollte den Antrag so bald wie möglich nach Abschluss der Behandlung beziehungsweise nach Erhalt der Rechnung stellen. Es gibt zwar keine explizite gesetzliche Frist im SGB V, aber nach allgemeinem Verwaltungsrecht gelten Verjährungsfristen, üblicherweise drei Jahre nach dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 45 SGB I, § 195 BGB). Bei Überschreitungen dieser Frist läuft der Versicherte Gefahr, dass die Erstattungsforderung verjährt. Darüber hinaus kann die Satzung der jeweiligen Krankenkasse individuelle Fristen vorsehen. Es empfiehlt sich daher, die Rechnungen und hierzu gehörigen Belege zeitnah und vollständig einzureichen, um Nachteile bei der Kostenerstattung zu vermeiden.

Welche Unterlagen müssen der Krankenkasse für eine erfolgreiche Kostenerstattung eingereicht werden?

Für die Beantragung einer Kostenerstattung verlangt die Krankenkasse bestimmte Unterlagen, um den Anspruch prüfen zu können. Zwingend erforderlich sind die Originalrechnungen der Ärzte, Kliniken oder sonstigen Leistungserbringer, die sowohl die Leistungsinhalte als auch deren Kosten detailliert aufführen. Neben diesen Rechnungen ist ein Zahlungsnachweis vorzulegen, der belegt, dass der Versicherte die Beträge tatsächlich selbst vorgestreckt hat. Je nach Einzelfall kann die Krankenkasse zudem eine ärztliche Verordnung oder eine Bescheinigung zur medizinischen Notwendigkeit der Maßnahme verlangen. Bei intensiv zu prüfenden Leistungen kann ein ärztlicher Bericht erforderlich werden, aus dem sich Indikation, Verlauf und Notwendigkeit der Behandlung ergeben. Bei einer Behandlung im Ausland sollten zusätzlich Übersetzungen der Rechnungsdokumente und gegebenenfalls Nachweise über die generelle Anerkennung der Behandlung in Deutschland eingereicht werden. Die Krankenkasse prüft anhand dieser Unterlagen, ob ein Anspruch im rechtlichen Sinne besteht.

Wie wird der Erstattungsbetrag gesetzlich berechnet, und was ist im Hinblick auf Mehrkosten zu beachten?

Die Höhe des Erstattungsbetrags richtet sich nach den im jeweiligen Bereich geltenden Vertragssätzen und Höchstbeträgen, wie sie in der gesetzlichen Krankenversicherung vorgesehen sind. Auch wenn der Versicherte tatsächlich höhere Kosten bezahlt hat, ist die Erstattung gesetzlich gemäß § 13 SGB V grundsätzlich auf den Betrag begrenzt, den die Krankenkasse auch bei üblicher Inanspruchnahme eines Vertragspartners übernommen hätte. Private Mehrkosten, die nicht als erstattungsfähig gelten, wie etwa privatärztliche Honorare oder nicht verordnungsfähige Medikamente, bleiben in der Regel zu Lasten des Versicherten. Darüber hinaus kann ein Verwaltungskostenabschlag erhoben werden, meist in Höhe von 5 bis 10 Prozent des Erstattungsbetrags, mindestens jedoch 5 Euro pro Rechnung, sofern das Kostenerstattungswahlrecht nach § 13 Abs. 2 SGB V genutzt wurde. Kosten, die über die gesetzliche Regelversorgung hinausgehen (z. B. Chefarztbehandlungen, Wahlleistungen), sind ebenfalls nicht erstattungsfähig. Die Berechnung des Erstattungsbetrags erfolgt strikt nach der jeweiligen Gebührenordnung (EBM, DRG etc.) beziehungsweise dem Vertragspartnerstatus der Leistungserbringer.

Welche rechtlichen Schritte sind möglich, wenn die Kostenerstattung abgelehnt wird?

Lehnt die Krankenkasse einen Antrag auf Kostenerstattung ab oder erstattet nur einen Teil der geltend gemachten Kosten, hat der Versicherte das Recht, Widerspruch einzulegen. Die Ablehnung erfolgt in der Regel mittels eines schriftlichen Bescheids, der eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten muss. Der Widerspruch ist binnen eines Monats nach Zugang schriftlich oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse einzulegen. Besteht nach dem Widerspruchsverfahren weiterhin Uneinigkeit, kann der Versicherte Klage vor dem Sozialgericht erheben (Sozialgerichtsbarkeit nach SGG). Ein Eilverfahren (einstweiliger Rechtsschutz) vor dem Sozialgericht ist möglich, wenn die Nichtgewährung der Kostenerstattung erhebliche gesundheitliche Risiken oder unzumutbare Nachteile nach sich ziehen würde. Es empfiehlt sich stets, sämtliche Unterlagen, ärztliche Atteste und Korrespondenz für die Durchsetzung des Anspruchs bereit zu halten.

Inwieweit gelten im Ausland besondere rechtliche Bestimmungen für die Kostenerstattung?

Bei Behandlung im Ausland unterscheidet das Recht zwischen kurzfristigen Auslandsaufenthalten innerhalb der Europäischen Union sowie in Staaten mit bzw. ohne Sozialversicherungsabkommen. Nach den §§ 13, 16 und 18 SGB V und der EU-Verordnung 883/2004 werden im Rahmen der sogenannten Europäische Krankenversicherungskarte (EHIC) nur Leistungen übernommen, die nach den Rechtsvorschriften des Aufenthaltslandes notwendig sind. Für geplante Behandlungen im EU-Ausland muss in der Regel eine vorherige Genehmigung durch die Krankenkasse erfolgen. Die Kostenerstattung erfolgt dann grundsätzlich bis zur Höhe der Kosten, die auch bei einer Behandlung in Deutschland angefallen wären. In Nicht-EU-Staaten ohne Sozialversicherungsabkommen besteht nur in akuten Notfällen ein Anspruch auf Erstattung, und auch hier sind die erstattungsfähigen Kosten meist stark limitiert. Die Geltendmachung erfolgt unter den gleichen Nachweispflichten wie im Inland, es sei denn, durch gesonderte Abkommen wurden andere Regeln getroffen.

Sind die Ansprüche auf Kostenerstattung vererblich?

Ansprüche auf Kostenerstattung aus der gesetzlichen Krankenversicherung sind grundsätzlich vererblich, da es sich um vermögenswerte Rechtspositionen im Sinne des § 1922 BGB (Gesamtrechtsnachfolge) handelt. Stirbt der Versicherte, bevor die Kostenerstattung ausgezahlt wird, können die Erben den Anspruch im Nachlass geltend machen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Anspruch bereits entstanden ist, also die zugrundeliegende Behandlung abgeschlossen und die damit verbundenen Rechnungen vorgelegt worden sind. Die rechtlichen Nachfolger müssen gegenüber der Krankenversicherung ihre Berechtigung nachweisen, z. B. durch einen Erbschein oder ein notarielles Testamentsvollstreckerzeugnis. Der Erstattungsanspruch erlischt nicht durch den Tod des Versicherten, unterliegt aber wie andere Ansprüche den allgemeinen Verjährungsfristen.