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Kosmetische Mittel

Kosmetische Mittel: Begriff, Einordnung und rechtlicher Rahmen

Kosmetische Mittel sind Stoffe oder Gemische, die dazu bestimmt sind, mit den äußeren Teilen des menschlichen Körpers (Haut, Haare, Nägel, Lippen, äußere Intimbereiche) oder mit den Zähnen und der Mundschleimhaut in Berührung zu kommen. Ihr Zweck ist die Reinigung, Parfümierung, Veränderung des Aussehens, der Schutz, die Pflege oder die Beeinflussung des Körpergeruchs. Im Mittelpunkt steht stets eine äußerliche, nicht-medizinische Wirkung ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Hauptwirkung.

Beispiele für kosmetische Mittel sind Seifen, Shampoos, Gesichtscremes, Deodorants, Lippenstifte, Parfums, Sonnencremes, Haarfärbemittel, Zahnpasten und Mundspüllösungen. Nicht als kosmetische Mittel gelten unter anderem Tätowiermittel und Permanent-Make-up, Produkte zur Injektion oder Inhalation sowie Erzeugnisse mit überwiegender Zweckbestimmung der Krankheitsbehandlung.

Abgrenzung zu anderen Produktkategorien

  • Arzneimittel: Bestimmt zur Behandlung oder Linderung von Krankheiten oder mit pharmakologischer, immunologischer oder metabolischer Hauptwirkung. Grenzfälle entstehen insbesondere bei Anti-Schuppen-Produkten, starken Anti-Akne-Wirkungen oder therapeutischen Zahnaufhellern.
  • Biozid-Produkte: Bestimmt zur Bekämpfung schädlicher Organismen (z. B. Insektenschutzmittel, Desinfektionsmittel). Deodorants sind kosmetische Mittel; Insektenabwehrmittel sind Biozide.
  • Medizinprodukte: Produkte mit medizinischer Zweckbestimmung, die primär physikalisch wirken (z. B. bestimmte Zahnpflegeprodukte mit medizinischer Funktion). Die Zweckbestimmung und die beanspruchte Wirkung sind maßgeblich.
  • Lebensmittel: Produkte zum Verzehr, etwa Mundsprays mit Nährstofffunktion, fallen nicht unter kosmetische Mittel.
  • Detergenzien und Reinigungsmittel für Gegenstände: Reinigen Gegenstände oder Oberflächen, nicht den Körper; sie sind keine kosmetischen Mittel.

Rechtsrahmen und Grundprinzipien

Das europäische Kosmetikrecht ist vollständig harmonisiert. Es gewährleistet ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und den freien Warenverkehr im Binnenmarkt. Zentrale Grundsätze sind die Sicherheit des Produkts, transparente Information, verantwortliche Marktteilnahme und wirksame Marktüberwachung.

Verantwortliche Person und Marktakteure

  • Hersteller: Entwickelt und produziert das kosmetische Mittel. Ist in der Regel die verantwortliche Person, sofern nicht eine andere Person benannt wird.
  • Importeur: Bringt ein Produkt aus einem Drittstaat in den EU-Markt und übernimmt die Rolle der verantwortlichen Person, sofern diese außerhalb der EU sitzt.
  • Händler: Sichert Lagerung, Transport, Rückverfolgbarkeit und die Einhaltung der Kennzeichnungs- und Sprachvorgaben. Bei Änderungen an Produkt oder Etikett können Händler selbst zum Hersteller werden.
  • Verantwortliche Person: Trägt die Hauptverantwortung für Sicherheit, Konformität, Meldungen, Produktunterlagen, Kennzeichnung und Korrekturmaßnahmen.

Gute Herstellungspraxis

Für die Herstellung kosmetischer Mittel gilt die Einhaltung anerkannter Standards der guten Herstellungspraxis. Ziel ist eine gleichbleibende Produktqualität, beherrschte Prozesse und dokumentierte Abläufe.

Tierprüfungen

Für kosmetische Mittel gilt in der EU ein umfassendes System von Verboten in Bezug auf Tierversuche für Produkte und bestimmte Inhaltsstoffe sowie Beschränkungen für das Inverkehrbringen entsprechend getesteter Erzeugnisse. Der Schutzzweck besteht im Tierschutz bei gleichzeitiger Wahrung der Produktsicherheit.

Sicherheitsbewertung und Produktunterlagen

Sicherheitsbericht und Produktinformationsakte

Vor dem Inverkehrbringen ist eine Sicherheitsbewertung erforderlich. Sie wird in einem Sicherheitsbericht dokumentiert und bildet zusammen mit Formulierungsangaben, Herstellungsdaten, Nachweisen für Wirkaussagen und weiteren Unterlagen die Produktinformationsakte. Diese Akte ist an der Anschrift der verantwortlichen Person vorzuhalten und den zuständigen Behörden auf Verlangen zugänglich zu machen.

Meldungen und Überwachung

Kosmetische Mittel werden vor dem Inverkehrbringen in eine zentrale europäische Meldedatenbank übermittelt. Dies dient der behördlichen Überwachung sowie der Information von Giftinformationszentren. Schwere unerwünschte Wirkungen sind meldepflichtig. Behörden überwachen den Markt, können Proben nehmen, Unterlagen anfordern und bei Risiken Maßnahmen bis hin zum Rückruf anordnen.

Inhaltsstoffe und besondere Stoffgruppen

Verbote, Beschränkungen, Positivlisten

Das Kosmetikrecht unterscheidet verbotene Stoffe, eingeschränkt zulässige Stoffe sowie bestimmte Kategorien mit Positivlisten, etwa für Konservierungsstoffe, UV-Filter und Farbstoffe. Für Stoffe mit potenziell besorgniserregenden Eigenschaften gelten strenge Prüf- und Bewertungsmaßstäbe. Änderungen ergeben sich regelmäßig aus neuen wissenschaftlichen Bewertungen.

Allergene und Duftstoffe

Bestimmte Duftstoffe, die bekanntermaßen Allergien auslösen können, unterliegen besonderen Kennzeichnungsvorgaben. Ziel ist Transparenz, um informierte Entscheidungen zu ermöglichen. Parfümkompositionen werden in der Zutatenliste als Parfum/Aroma bezeichnet; spezielle deklarationspflichtige Komponenten werden zusätzlich einzeln aufgeführt.

Nanomaterialien

Für in Nanogröße verwendete Stoffe gelten zusätzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten. Nanomaterialien werden auf der Zutatenliste gesondert kenntlich gemacht; für einzelne Kategorien sind besondere Bewertungsanforderungen vorgesehen.

Produkte mit erhöhtem Risikoprofil

Einige Produktgruppen wie Haarfärbemittel, Hautaufheller, Zahnaufheller oder chemische Peelings unterliegen besonderen Beschränkungen und Sicherheitsanforderungen. Sonnenprodukte enthalten zugelassene UV-Filter und müssen die Produktsicherheit auch unter typischer Anwendung belegen können.

Kennzeichnung, Werbung und Produktpräsentation

Pflichtangaben auf der Verpackung

  • Name oder Firma und Anschrift der verantwortlichen Person
  • Nenninhalt zum Zeitpunkt der Abfüllung
  • Mindesthaltbarkeitsdatum oder Symbol für die Verwendungsdauer nach dem Öffnen
  • Besondere Vorsichtsmaßnahmen und Anwendungshinweise, falls erforderlich
  • Chargen- oder Referenznummer zur Rückverfolgbarkeit
  • Produktfunktion, sofern nicht aus der Aufmachung ersichtlich
  • Liste der Bestandteile (INCI), absteigend nach Gehalt, mit besonderen Regeln für Duft- und Aromastoffe
  • Ursprungsland bei Importen aus Drittstaaten
  • Sprachvorgaben entsprechend dem jeweiligen Mitgliedstaat des Vertriebs

Werbeaussagen und Darstellung

Werbeaussagen müssen zutreffend, belegbar und fair sein. Sie dürfen nicht irreführen, keine Eigenschaften suggerieren, die das Produkt nicht besitzt, und müssen es den Adressaten ermöglichen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Aussagen, die eine krankheitsbezogene Behandlung nahelegen, sind unzulässig, da dies die Abgrenzung zum Arzneimittel berührt.

Online- und Fernabsatz

Im Fernabsatz müssen wesentliche Informationen vor Vertragsabschluss verfügbar sein, insbesondere Pflichtangaben und die Liste der Bestandteile. Die Verantwortung der Marktakteure für Konformität, Rückverfolgbarkeit und Meldungen gilt unabhängig von der Vertriebsform.

Inverkehrbringen, Vertrieb und Rückverfolgbarkeit

Import und Export

Bei Einfuhr aus Drittstaaten müssen Produkte vor dem Inverkehrbringen den europäischen Anforderungen vollständig entsprechen. Die verantwortliche Person mit Sitz in der EU gewährleistet Konformität und meldet das Produkt. Rückverfolgbarkeit entlang der Lieferkette ist sicherzustellen.

Marktüberwachung, Maßnahmen und Sanktionen

Behörden können bei vermuteten Risiken oder formalen Mängeln Maßnahmen anordnen, etwa Warnhinweise, Vertriebsbeschränkungen, Rücknahmen oder Rückrufe. Verstöße können mit Bußgeldern und weiteren Sanktionen geahndet werden. Die Maßnahmen richten sich nach Schwere, Umfang und Risiko.

Dienstleistungen und Anwendungsbereich

Behandlungen in Studios oder Salons (z. B. kosmetische Anwendungen, Friseurdienstleistungen) sind Dienstleistungen. Die dabei verwendeten Produkte sind kosmetische Mittel, sofern sie die Zweckbestimmung erfüllen. Tätowierungen, Piercings, Laseranwendungen oder medizinische Behandlungen fallen nicht unter kosmetische Mittel; dort gelten andere Regelungen.

Verbraucherinformation und Rechte

Das Kosmetikrecht verlangt transparente Information über Identität, Zusammensetzung, Funktion und sichere Verwendung. Angaben müssen klar und lesbar sein. Meldungen zu gesundheitlichen Beschwerden im Zusammenhang mit kosmetischen Mitteln werden im Rahmen der Marktüberwachung berücksichtigt und können Sicherheitsmaßnahmen auslösen.

Häufig gestellte Fragen

Was gilt rechtlich als kosmetisches Mittel?

Kosmetische Mittel sind Produkte zur äußerlichen Anwendung am Körper oder in der Mundhöhle, die der Reinigung, Pflege, dem Schutz, der Parfümierung, der Erhaltung eines guten Zustands oder der Veränderung des Aussehens dienen. Entscheidend ist die nicht-medizinische Zweckbestimmung ohne pharmakologische Hauptwirkung.

Wodurch grenzt sich ein kosmetisches Mittel von einem Arzneimittel ab?

Ein kosmetisches Mittel dient der Pflege und dem Erscheinungsbild; ein Arzneimittel zielt auf die Behandlung oder Verhütung von Krankheiten oder entfaltet seine Hauptwirkung pharmakologisch, immunologisch oder metabolisch. Maßgeblich sind Zweckbestimmung und beanspruchte Wirkung.

Welche Pflichtangaben müssen auf der Verpackung stehen?

Erforderlich sind unter anderem Name und Anschrift der verantwortlichen Person, Nenninhalt, Haltbarkeits- bzw. Verwendungsdauer, besondere Vorsichtsmaßnahmen, Chargenangabe, Funktionsbezeichnung sowie die Zutatenliste in INCI. Bei Importen ist das Ursprungsland zu nennen, und die Sprache muss zum Vertriebsland passen.

Dürfen Tierversuche für kosmetische Mittel verwendet werden?

Im EU-Rechtsrahmen bestehen Verbote für Tierversuche an kosmetischen Mitteln und bestimmte Inhaltsstoffe sowie Beschränkungen für das Inverkehrbringen entsprechend getesteter Produkte. Die Regelungen zielen auf Tierschutz bei gleichzeitiger Gewährleistung der Produktsicherheit.

Wie werden Inhaltsstoffe rechtlich geregelt?

Es gibt verbotene und eingeschränkt zulässige Stoffe sowie Positivlisten für bestimmte Kategorien wie Konservierungsstoffe, UV-Filter und Farbstoffe. Allergene Duftstoffe unterliegen besonderen Kennzeichnungen; Nanomaterialien werden gesondert adressiert.

Welche Besonderheiten gelten beim Online-Verkauf?

Die gleichen Anforderungen wie im stationären Handel gelten. Pflichtinformationen, besonders die Zutatenliste und Sicherheitshinweise, müssen vor Vertragsabschluss verfügbar sein. Verantwortlichkeiten der Marktakteure bleiben unverändert.

Wer ist für die Sicherheit eines kosmetischen Mittels verantwortlich?

Die verantwortliche Person, in der Regel der Hersteller oder Importeur mit Sitz in der EU, trägt die Hauptverantwortung für Sicherheit, Konformität, Meldungen, Kennzeichnung und die Bereithaltung der Produktunterlagen.

Wie wird mit starken Nebenwirkungen umgegangen?

Schwere unerwünschte Wirkungen sind meldepflichtig. Die Meldungen fließen in die Marktüberwachung ein und können Prüfungen, Risikobewertungen und behördliche Maßnahmen bis hin zu Vertriebsbeschränkungen oder Rückrufen auslösen.