Begriff und rechtliche Einordnung von Kosmetischen Mitteln
Kosmetische Mittel sind im deutschen sowie europäischen Recht umfassend geregelt und unterliegen spezifischen Anforderungen bezüglich Herstellung, Vermarktung, Kennzeichnung und Überwachung. Der Begriff „kosmetische Mittel“ bezeichnet gemäß den Rechtsvorschriften Stoffe oder Gemische, die dazu bestimmt sind, äußerlich mit den Teilen des menschlichen Körpers (Haut, Haare, Nägel, Lippen, äußere Intimbereiche), den Zähnen oder der Mundschleimhaut in Berührung zu kommen, ausschließlich oder überwiegend zum Zweck der Reinigung, Parfümierung, Veränderung des Aussehens, des Schutzes, der Erhaltung in gutem Zustand oder zur Beeinflussung des Körpergeruchs.
Definition im Recht
Der Begriff wird vorrangig durch die Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel (Kosmetikverordnung) definiert, die seit dem 11. Juli 2013 unmittelbar in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union anwendbar ist. Nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Kosmetikverordnung versteht man unter einem kosmetischen Mittel „eine Substanz oder ein Gemisch, das dazu bestimmt ist, mit den äußeren Teilen des menschlichen Körpers […] oder mit den Zähnen und der Mundschleimhaut ausschließlich oder überwiegend zur Reinigung, Parfümierung, zum Schutz, zur Erhaltung in gutem Zustand, zur Veränderung des Aussehens oder zur Beeinflussung des Körpergeruchs in Berührung gebracht zu werden“.
Grenzfälle, wie etwa die Einordnung von Produkten mit therapeutischer oder präventiver Wirkung, sind rechtlich differenziert zu beurteilen und können zu einer Einordnung als Arzneimittel, Medizinprodukte oder Biozidprodukte führen, falls der hauptsächliche Verwendungszweck nicht unter die Definition der kosmetischen Mittel fällt.
Rechtliche Grundlagen für Kosmetische Mittel
Europäische und nationale Vorschriften
Die wichtigste Rechtsgrundlage bildet die EU-Kosmetikverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1223/2009), ergänzt durch nationale Durchführungsvorschriften wie das deutsche Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) sowie die Kosmetik-Verordnung (KMV) in ihrer jeweils aktuellen Fassung.
Darüber hinaus existieren zahlreiche europäische Normen und Richtlinien zur Produktsicherheit, Verbraucherinformation und Marktkontrolle. Die Einhaltung dieser Vorschriften ist verbindlich und wird durch die zuständigen Behörden überwacht.
Abgrenzung zu anderen Produktgruppen
Eine besondere Herausforderung stellt die Abgrenzung kosmetischer Mittel von Arzneimitteln (§ 2 AMG), Medizinprodukten und Biozidprodukten dar. Die rechtliche Einordnung findet dabei anhand des Hauptzwecks, der Zusammensetzung, der Anwendungsart und der Aufmachung des Produkts statt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) bieten hierzu regelmäßig Leitlinien und Interpretationshilfen an.
Anforderungen an kosmetische Mittel
Sicherheitsbewertung und Dokumentation
Bevor ein kosmetisches Mittel in den Verkehr gebracht werden darf, ist eine umfassende Sicherheitsbewertung (Artikel 10 Kosmetikverordnung) durchzuführen. Hierzu zählt das Erstellen eines Sicherheitsberichts, der die toxikologische Unbedenklichkeit des Produkts anhand der Inhaltsstoffe, der Expositionsbedingungen und der Produkteigenschaften prüft. Die verantwortliche Person (siehe Artikel 4 und 5 Kosmetikverordnung) ist verpflichtet, die Einhaltung sämtlicher rechtlicher Vorgaben sicherzustellen und die Produktinformationsdatei (PID) stets aktuell und jederzeit zugänglich bereitzuhalten.
Inhaltsstoffe und Verbote
Bestimmte Stoffe sind für die Verwendung in kosmetischen Mitteln ausdrücklich verboten oder nur unter Einhaltung genauer Konzentrationsgrenzen und Anwendungsbereiche erlaubt. Dies regeln insbesondere die Anhänge II bis VI der EU-Kosmetikverordnung. Die Liste der verbotenen Stoffe ist abschließend, wohingegen für zugelassene Farb-, Konservierungs- und UV-Filterstoffe Positivlisten existieren.
Der Einsatz bestimmter Stoffe, wie etwa Nanomaterialien oder potenziell endokriner Disruptoren, ist mit besonderen Kennzeichnungs- und Sicherheitsanforderungen verbunden.
Kennzeichnungspflichten
Kosmetische Mittel unterliegen umfangreichen Kennzeichnungsvorschriften (Artikel 19 Kosmetikverordnung). Dazu zählen die vollständige Liste aller Inhaltsstoffe (INCI-Nomenklatur), Mindesthaltbarkeitsdatum oder das Period After Opening-Symbol (PAO), Name und Anschrift der verantwortlichen Person, Chargen- bzw. Losnummer, Funktionen des Produkts sowie besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung.
Verantwortliche Person
Jedes kosmetische Mittel muss über eine verantwortliche Person verfügen, die für die Einhaltung aller gesetzlichen Anforderungen vom Inverkehrbringen bis zur Überwachung der Produktqualität zuständig ist (Artikel 4 Kosmetikverordnung). Diese kann ein Hersteller, Importeur oder Vertreiber mit Sitz in der EU sein.
Gute Herstellungspraxis (GMP)
Die Herstellung kosmetischer Mittel hat im Einklang mit der Guten Herstellungspraxis nach ISO 22716 zu erfolgen. Dies garantiert standardisierte Herstellungsprozesse und trägt zur gleichbleibenden Produktqualität und Konsumentensicherheit bei.
Überwachung, Marktaufsicht und Sanktionen
Marktüberwachung
Kosmetische Mittel unterliegen einer kontinuierlichen Marktüberwachung durch die zuständigen Behörden, insbesondere den Landesbehörden für Gesundheit und Verbraucherschutz. Die Behörden führen stichprobenartige Kontrollen, Laboranalysen und Überprüfungen der Produktinformationsdateien durch.
Sanktionen bei Verstößen
Bei Verstößen gegen die Vorschriften über kosmetische Mittel, wie mangelnder Produktsicherheit, Pflichtverletzungen bei der Kennzeichnung oder Verwendung verbotener Inhaltsstoffe, bestehen umfangreiche Maßnahmen bis hin zu Rückrufen, Vertriebsverboten und Ordnungswidrigkeitenverfahren (§ 58 LFGB). In schwerwiegenden Fällen drohen weitere rechtliche Konsequenzen bis hin zu strafrechtlichen Sanktionen.
Zusammenfassung
Kosmetische Mittel sind umfassend und detailliert durch europäisches und nationales Recht reguliert. Ziel ist der Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Gewährleistung eines transparenten, fairen Wettbewerbs. Alle Akteure entlang der Lieferkette sind zur Einhaltung der zahlreichen Anforderungen verpflichtet, wobei insbesondere die korrekte Einordnung, Sicherheit, Kennzeichnung und Überwachung von zentraler Bedeutung sind. Ein bewusster und rechtssicherer Umgang mit kosmetischen Mitteln ist daher unerlässlich für Hersteller, Inverkehrbringer und Händler.
Häufig gestellte Fragen
Darf ein kosmetisches Mittel in der EU ohne Notifizierung verkauft werden?
Kosmetische Mittel dürfen in der Europäischen Union gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 nicht ohne eine vorherige Notifizierung in Verkehr gebracht werden. Diese Notifizierung erfolgt über das Cosmetic Products Notification Portal (CPNP) der Europäischen Kommission. Der verantwortliche Inhaber, häufig der Hersteller oder Importeur, ist verpflichtet, vor dem Inverkehrbringen umfassende Daten zum Produkt, etwa zur Zusammensetzung, verantwortlichen Person, Herkunftsland sowie spezielle Warnhinweise, einzureichen. Durch diese Registrierung soll u.a. eine effektivere Marktüberwachung und Rückverfolgung gewährleistet werden. Ohne eine erfolgreiche Notifizierung drohen rechtliche Konsequenzen, wie Vertriebsverbote, Rückrufmaßnahmen und empfindliche Bußgelder. Auch aus zivilrechtlicher Sicht kann der Vertrieb nicht-notifizierter Kosmetika Ansprüche wegen Verstößen gegen Marktverhaltensregeln begründen.
Welche rechtlichen Vorgaben gibt es für die Kennzeichnung von Kosmetika?
Kosmetische Mittel sind in der EU strengen Anforderungen hinsichtlich ihrer Kennzeichnung unterworfen. Gemäß Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 muss die Kennzeichnung auf dem Behältnis und, falls vorhanden, auf der äußeren Verpackung lesbar, sichtbar und dauerhaft angebracht sein. Erforderliche Angaben umfassen unter anderem: Name und Anschrift der verantwortlichen Person, Nenninhalt, Verwendungszweck (sofern dieser nicht aus der Aufmachung ersichtlich ist), eine Liste der Bestandteile (INCI-Deklaration), besondere Vorsichtsmaßnahmen sowie – falls erforderlich – das Mindesthaltbarkeitsdatum oder das Symbol der Nach-Öffnung-Haltbarkeit. Verstöße gegen die Kennzeichnungspflichten können Abmahnungen, Bußgelder, ein Vertriebsstopp und Produkthaftungsansprüche nach sich ziehen.
Wann gilt ein Produkt rechtlich als kosmetisches Mittel?
Für die rechtliche Klassifizierung als kosmetisches Mittel ist die Definition nach Artikel 2 Abs. 1 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 maßgeblich. Ein Produkt gilt dann als kosmetisches Mittel, wenn es ausschließlich oder überwiegend dazu bestimmt ist, äußerlich mit Teilen des menschlichen Körpers (Haut, Haare, Nägel, Lippen, äußere Intimbereiche, Zähne, Mundschleimhaut) in Kontakt gebracht zu werden, um diese zu reinigen, zu parfümieren, ihr Aussehen zu verändern, sie zu schützen, zu erhalten oder Körpergeruch zu beeinflussen. Produkte, die pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkweisen entfalten oder primär der Vorbeugung oder Behandlung von Krankheiten dienen, fallen stattdessen unter das Arzneimittelgesetz oder andere Rechtsbereiche. Die Abgrenzung ist besonders bei „Grenzprodukten“ entscheidend und erfolgt in Zweifelsfällen durch Behörden oder Gerichte.
Welche Anforderungen bestehen an die Sicherheitsbewertung von Kosmetika?
Vor dem Inverkehrbringen muss für jedes kosmetische Mittel eine Sicherheitsbewertung nach Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 erstellt werden. Diese Beurteilung muss von einer sachkundigen Person mit entsprechender Qualifikation im Bereich Toxikologie, Pharmakologie oder vergleichbarer Fachrichtungen erfolgen. Die Sicherheitsbewertung gliedert sich in eine Sicherheitsinformationen-Sammlung und die Bewertung selbst (Sicherheitsbericht). Berücksichtigt werden u.a. toxikologische Daten der Inhaltsstoffe, Verwendungszweck, Expositionsmuster, Zielgruppe (z.B. Kinder, Schwangere), Wechselwirkungen von Inhaltsstoffen und mögliche Risiken. Verstöße gegen diese Pflicht können schwerwiegende zivil- und strafrechtliche Folgen haben, vor allem bei Personenschäden.
Dürfen Werbeaussagen für Kosmetika uneingeschränkt getroffen werden?
Werbeaussagen für kosmetische Mittel unterliegen in der EU strengen rechtlichen Vorgaben. Nach Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 sowie der Verordnung (EU) Nr. 655/2013 sind Werbung und Kennzeichnung irreführende Angaben verboten. Aussagen müssen wahr, belegbar und dürfen nicht den Eindruck eines Arzneimittels oder einer therapeutischen Wirkung vermitteln. Beispielsweise sind Heilaussagen, wie „behandelt Ekzeme“ oder „wirkt gegen Akne“, im Kosmetikbereich unzulässig und werden als unlautere Werbung betrachtet. Darüber hinaus können bei Verstößen wettbewerbsrechtliche Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche, Abmahnungen sowie Bußgelder folgen. Unternehmen müssen bei jeder Aussage die wissenschaftliche Nachweisbarkeit erbringen können.
Wer ist für die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben bei kosmetischen Mitteln verantwortlich?
Die sogenannte „verantwortliche Person“ trägt die Hauptverantwortung für die Einhaltung aller anwendbaren Rechtsvorschriften bezüglich kosmetischer Mittel. Diese Verantwortlichkeit umfasst sowohl die Einhaltung der Sicherheitsanforderungen, Kennzeichnung, Notifizierung, Werbeverbote als auch die Implementierung von Rückverfolgungs- und Rückrufmechanismen in der Lieferkette. Die verantwortliche Person kann Hersteller, Importeur oder ein in der EU ansässiger Dritter sein. Im Streitfall wird sie von den Behörden als Ansprechpartner herangezogen und haftet bei Verstößen zivil-, ordnungswidrigkeiten- und strafrechtlich.
Welche Anforderungen gelten hinsichtlich der Rückverfolgbarkeit kosmetischer Mittel?
Die Rückverfolgbarkeit kosmetischer Mittel ist nach Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 sicherzustellen. Hersteller, Importeure und Distributoren müssen identifizieren können, an wen sie kosmetische Mittel geliefert haben und von wem sie diese erhalten haben. Die entsprechenden Informationen sind für einen Zeitraum von mindestens drei Jahren nach dem letzten Herstellen oder Inverkehrbringen vorzuhalten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass im Fall von Risiken für die menschliche Gesundheit ein schneller Rückruf oder eine gezielte Information erfolgen kann. Verstöße gegen diese Vorgaben können erhebliche rechtliche Konsequenzen bis hin zum Entzug der Vertriebsberechtigung haben.
Welche Sanktionen drohen bei Verstößen gegen das Kosmetikrecht?
Verstöße gegen das europäische oder nationale Kosmetikrecht können weitreichende Sanktionen zur Folge haben. Je nach Schwere des Verstoßes drohen dem verantwortlichen Unternehmen oder der verantwortlichen Person ordnungsrechtliche Maßnahmen wie Vertriebsverbote, Rückrufanordnungen, Bußgelder und im Extremfall sogar strafrechtliche Verfolgung. Zudem können Mitbewerber zivilrechtliche Ansprüche wie Unterlassung, Beseitigung oder Schadensersatz geltend machen. Auch ein Imageschaden oder der Verlust der Zulassung als verantwortliche Person kann die Folge sein. Die Einhaltung aller anwendbaren Rechtsvorschriften ist daher für alle Wirtschaftsbeteiligten essentiell.