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Konzernbetriebsrat

Konzernbetriebsrat: Begriff, Funktion und Einordnung

Der Konzernbetriebsrat ist das zentrale Arbeitnehmervertretungsgremium auf Ebene eines Konzerns. Er bündelt Themen, die mehrere oder alle Unternehmen eines Konzerns betreffen, und schafft einen Rahmen für einheitliche Regelungen und abgestimmte Prozesse gegenüber der Konzernleitung. Ziel ist es, konzernweit vergleichbare Arbeitsbedingungen zu gestalten, Informationsflüsse zu strukturieren und Mitwirkungsrechte auf der höchsten Unternehmensgruppe zu verankern.

Ein Konzern entsteht, wenn mehrere rechtlich selbständige Unternehmen unter einer einheitlichen Leitung zusammengefasst sind. Der Konzernbetriebsrat ergänzt die bereits auf Betriebs- und Unternehmensebene bestehenden Gremien (Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat) und ist auf Angelegenheiten ausgerichtet, die über eine einzelne Gesellschaft hinausreichen.

Entstehung und Einrichtung

Voraussetzungen im Konzern

Voraussetzung ist ein Konzern mit mehreren rechtlich selbständigen Unternehmen, in denen Arbeitnehmervertretungen bestehen. Der Konzernbetriebsrat ist ein freiwillig errichtetes Gremium der Arbeitnehmerseite; er setzt eine hinreichende organisatorische Struktur im Konzern voraus, damit konzernweite Themen sinnvoll behandelt werden können.

Initiierung und Beschlussfassung zur Errichtung

Die Errichtung erfolgt durch Beschlüsse mehrerer Gesamtbetriebsräte der konzernangehörigen Unternehmen. Besteht in einer Konzerngesellschaft kein Gesamtbetriebsrat, kann ersatzweise der dortige Betriebsrat beteiligt werden. Mit den Errichtungsbeschlüssen wird zugleich festgelegt, welche Gremien Delegierte entsenden. Die Konzernleitung ist nicht Errichtungsorgan; sie ist spätere Verhandlungspartnerin.

Konstituierung und Amtszeit

Nach der Errichtung tritt der Konzernbetriebsrat zu einer konstituierenden Sitzung zusammen, wählt Vorsitz und Stellvertretung und kann eine Geschäftsordnung beschließen. Die Amtszeit knüpft an die Amtszeiten der entsendenden Gremien an; mit Neuwahlen in den Unternehmen verändert sich die Zusammensetzung des Konzernbetriebsrats. Das Gremium besteht fort, solange seine Errichtungsgrundlagen gegeben sind.

Zusammensetzung und Organisation

Entsendung und Mitgliedschaft

Mitglieder des Konzernbetriebsrats werden durch die Gesamtbetriebsräte der Konzernunternehmen entsandt. Entsandte Personen müssen in der Regel Mitglieder der jeweiligen Arbeitnehmervertretung sein. Die Anzahl der Sitze orientiert sich an den Größenverhältnissen im Konzern; die genaue Zuweisung wird im Rahmen der Errichtung und Geschäftsordnung festgelegt. Ersatzmitglieder sichern die Arbeitsfähigkeit bei Verhinderungen.

Vorsitz, Geschäftsführung und Beschlüsse

Der Konzernbetriebsrat wählt aus seiner Mitte einen Vorsitz und eine Stellvertretung. Sitzungen werden ordnungsgemäß einberufen; Beschlüsse werden mit Mehrheit gefasst. Eine Geschäftsordnung kann Abläufe, Ausschussbildung, Protokollführung und Beschlussverfahren präzisieren. Für bestimmte Themen können ständige oder ad-hoc-Ausschüsse gebildet werden.

Kosten, Schulung und Geheimhaltung

Die für die Tätigkeit des Konzernbetriebsrats erforderlichen Sachmittel, Schulungen und Aufwendungen sind zu ermöglichen. Mitglieder unterliegen der Vertraulichkeit hinsichtlich als geheimhaltungsbedürftig gekennzeichneter Informationen, insbesondere zu Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen sowie personenbezogenen Daten. Der Schutz vor Benachteiligung aufgrund der Gremientätigkeit ist gewährleistet.

Zuständigkeit und Aufgaben

Originäre Zuständigkeit

Der Konzernbetriebsrat ist zuständig für Angelegenheiten, die den Konzern oder mehrere seiner Unternehmen betreffen und nicht wirksam durch eine einzelne Konzerngesellschaft geregelt werden können. Typische Beispiele sind konzernweite IT-Systeme, standardisierte Personalprozesse, gemeinsame Vergütungs- oder Arbeitszeitrahmen, konzernübergreifende Qualifizierungsprogramme sowie vereinheitlichte Compliance- oder Datenschutzstandards mit Auswirkungen auf die Belegschaften mehrerer Gesellschaften.

Subsidiäre Zuständigkeit

Eine Zuständigkeit kann sich außerdem ergeben, wenn aufgrund der Struktur des Konzerns auf Ebene einzelner Unternehmen keine wirksame Regelung möglich ist oder dortige Gremien fehlen. In solchen Fällen dient der Konzernbetriebsrat als koordinierende Ebene, um einheitliche und tragfähige Lösungen im Gesamtinteresse der Belegschaften zu ermöglichen.

Abgrenzung zu anderen Gremien

Der Betriebsrat ist für Angelegenheiten eines einzelnen Betriebs zuständig, der Gesamtbetriebsrat für unternehmensweite Themen. Der Konzernbetriebsrat greift erst ein, wenn der Regelungsgegenstand mehrere Unternehmen berührt. Vom Europäischen Betriebsrat unterscheidet er sich dadurch, dass letzterer die unternehmensübergreifende Information und Anhörung in grenzüberschreitenden Sachverhalten innerhalb der Europäischen Union bündelt, während der Konzernbetriebsrat innerstaatlich mit verbindlichen Regelungsinstrumenten arbeitet.

Konzernbetriebsvereinbarung

Abschluss und Form

Der Konzernbetriebsrat kann mit der Konzernleitung Konzernbetriebsvereinbarungen schließen. Diese werden schriftlich vereinbart und von den zuständigen Vertretungen unterzeichnet. Sie dienen der verbindlichen, konzernweit einheitlichen Regelung von Arbeitsbedingungen und betrieblichen Prozessen, soweit der Gegenstand der Mitwirkung zugänglich ist.

Geltung und Rangverhältnis

Konzernbetriebsvereinbarungen gelten in den erfassten Unternehmen des Konzerns. Sie stehen in einem abgestuften Verhältnis zu anderen Regelungsquellen: Tarifverträge haben Vorrang. Im Verhältnis zu Gesamtbetriebs- und Betriebsvereinbarungen gelten das Spezialitäts- und das Günstigkeitsprinzip. Kollidierende Regelungen sind nach ihrem Anwendungsbereich und ihrer inhaltlichen Spezialisierung auszulegen; günstigere Bestimmungen für Beschäftigte bleiben unberührt.

Nachwirkung und Beendigung

Endet eine Konzernbetriebsvereinbarung, können ihre normativen Regelungen nachwirken, bis sie durch eine neue Abmachung ersetzt werden, sofern der Gegenstand weiterhin regelungsfähig ist. Beendigungsgründe sind insbesondere Aufhebung, Kündigung oder der Wegfall der Voraussetzungen auf Konzern- oder Unternehmensebene.

Zusammenarbeit mit der Konzernleitung

Informations- und Beratungsprozesse

Die Zusammenarbeit erfolgt mit der Konzernleitung beziehungsweise der Leitung des herrschenden Unternehmens. Informations- und Beratungsrechte zielen auf frühzeitige Einbindung bei konzernweiten Projekten. Dies betrifft beispielsweise Restrukturierungen, Digitalisierungsprojekte, Shared-Services, zentrale Personalinstrumente oder die Einführung konzernweiter technischer Einrichtungen.

Einigungsstelle auf Konzernebene

Für nicht einvernehmlich lösbare Mitbestimmungsfragen kann eine Einigungsstelle auf Konzernebene gebildet werden. Sie ist ein neutrales Schlichtungsorgan mit der Aufgabe, Meinungsverschiedenheiten zu klären und verbindliche Sprüche zu fassen, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist.

Besondere Konstellationen

Gleichordnungskonzerne und Unterordnungskonzerne

Der Konzernbetriebsrat kann in Konzernformen mit einheitlicher Leitung eingerichtet werden, unabhängig davon, ob eine Konzernspitze herrschend ist (Unterordnungskonzern) oder mehrere Unternehmen gleichgeordnet unter einer gemeinsamen Leitung stehen (Gleichordnungskonzern). Entscheidend ist die übergreifende Führungsstruktur, die konzernweite Regelungen erforderlich machen kann.

Internationale Konzerne und Verhältnis zum Europäischen Betriebsrat

In international tätigen Konzernen kann neben dem Konzernbetriebsrat ein Europäischer Betriebsrat bestehen. Der Europäische Betriebsrat befasst sich mit grenzüberschreitenden Angelegenheiten innerhalb der Europäischen Union, vor allem in Form von Information und Anhörung. Der Konzernbetriebsrat konzentriert sich auf innerstaatliche, verbindliche Regelungen. Beide Gremien agieren komplementär.

Umstrukturierungen im Konzern

Fusionen, Spaltungen, Ausgliederungen oder der Verkauf von Konzerngesellschaften können die Zuständigkeit und Zusammensetzung des Konzernbetriebsrats beeinflussen. Bei der Neuzuordnung von Unternehmen ist zu klären, welche Gremien künftig zuständig sind und wie bereits bestehende Vereinbarungen fortgelten. Übergänge werden regelmäßig durch Beschlüsse der beteiligten Arbeitnehmervertretungen und entsprechende Anpassungen der Gremienorganisation begleitet.

Häufig gestellte Fragen

Wann ist der Konzernbetriebsrat zuständig?

Immer dann, wenn eine Angelegenheit mehrere Unternehmen eines Konzerns betrifft und nicht sinnvoll auf Ebene eines einzelnen Unternehmens gelöst werden kann. Er ist nicht zuständig, wenn ausschließlich ein einzelner Betrieb oder nur ein Unternehmen betroffen ist und dort eine wirksame Regelung möglich ist.

Wie wird ein Konzernbetriebsrat errichtet?

Durch Errichtungsbeschlüsse mehrerer Gesamtbetriebsräte konzernangehöriger Unternehmen. Besteht in einer Gesellschaft kein Gesamtbetriebsrat, kann der dortige Betriebsrat die Entsendung übernehmen. Mit den Beschlüssen wird auch die Entsendung der Mitglieder festgelegt.

Wer gehört dem Konzernbetriebsrat an?

Delegierte aus den Gesamtbetriebsräten der Konzerngesellschaften, in der Regel Mitglieder dieser Gremien. Die Verteilung der Sitze orientiert sich an den Größenverhältnissen im Konzern; Ersatzmitglieder gewährleisten die Kontinuität der Arbeit.

Welche Wirkung hat eine Konzernbetriebsvereinbarung?

Sie gilt verbindlich in den erfassten Konzerngesellschaften und gestaltet dort Arbeitsbedingungen und betriebliche Prozesse. Tarifverträge gehen vor. Im Verhältnis zu Gesamtbetriebs- oder Betriebsvereinbarungen gelten das Spezialitäts- und Günstigkeitsprinzip.

Kann es gleichzeitig Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat und Konzernbetriebsrat geben?

Ja. Die Gremien bestehen nebeneinander und sind je nach Ebene zuständig: Betrieb, Unternehmen, Konzern. Zuständigkeiten schließen einander nicht aus, sondern sind abgestuft.

Was passiert bei Umstrukturierungen im Konzern?

Die Zuständigkeiten können sich verlagern. Die Zusammensetzung des Konzernbetriebsrats wird angepasst, wenn Unternehmen den Konzern verlassen oder hinzukommen. Bestehende Vereinbarungen gelten fort, soweit ihr Anwendungsbereich betroffen ist und keine entgegenstehende Regelung getroffen wird.

Worin unterscheidet sich der Konzernbetriebsrat vom Europäischen Betriebsrat?

Der Konzernbetriebsrat regelt innerstaatliche, konzernweite Angelegenheiten mit verbindlichen Vereinbarungen. Der Europäische Betriebsrat dient der Information und Anhörung zu grenzüberschreitenden Themen innerhalb der Europäischen Union.

Kann ein Konzernbetriebsrat wieder aufgelöst werden?

Ja. Fällt die Grundlage für seine Existenz weg oder heben die beteiligten Gremien die Errichtungsbeschlüsse auf, kann der Konzernbetriebsrat enden. Laufende Vereinbarungen wirken nach den allgemeinen Grundsätzen weiter, bis sie ersetzt oder aufgehoben werden.