Konventionalscheidung: Begriff, Bedeutung und Einordnung
Die Konventionalscheidung ist eine Form der Ehescheidung, bei der beide Ehegatten die Scheidung gemeinsam beantragen und sich über die Scheidungsfolgen einig sind. Sie wird häufig auch als einvernehmliche Scheidung bezeichnet. Der Begriff ist vor allem in der Schweiz gebräuchlich; in Liechtenstein wird er ebenfalls verwendet. In Österreich und Deutschland ist die inhaltlich vergleichbare Form unter der Bezeichnung einvernehmliche Scheidung bekannt. Kerngedanke ist, Konflikte zu reduzieren, den Entscheid über die Trennung eigenverantwortlich zu gestalten und die rechtlichen Folgen in einer Vereinbarung (Scheidungskonvention) zu regeln, die der gerichtlichen Überprüfung und Genehmigung unterliegt.
Voraussetzungen
Einigkeit über Scheidung und Scheidungsfolgen
Voraussetzung ist die gemeinsame Willensbildung beider Ehegatten, die Ehe aufzulösen, sowie eine Einigung über die wesentlichen Scheidungsfolgen. Diese werden in einer Scheidungskonvention festgehalten. Möglich ist auch eine teilweise Einigung; in diesem Fall entscheidet das Gericht über die offenen Punkte.
Freiwilligkeit und Überlegtheit
Die Erklärungen der Ehegatten müssen freiwillig, informiert und wohlüberlegt abgegeben werden. Das Gericht achtet darauf, dass keine unzulässigen Drucksituationen vorliegen und beide Seiten die Tragweite ihrer Vereinbarung verstehen.
Besonderheiten bei gemeinsamen Kindern
Regelungen zu elterlicher Sorge, Betreuung, persönlichem Verkehr und Unterhalt müssen dem Wohl des Kindes entsprechen. Kinder werden alters- und reifeangemessen angehört, sofern dies angezeigt ist.
Regionale Unterschiede
In der Schweiz ist bei umfassender Einigung keine Trennungsfrist erforderlich. In anderen Ländern können Mindesttrennzeiten oder formale Zusatzvoraussetzungen bestehen. Unabhängig davon bleibt die gerichtliche Kontrolle zentraler Bestandteil.
Verfahren und Ablauf
Einleitung des Verfahrens
Das Verfahren beginnt in der Regel mit einem gemeinsamen Antrag und der Einreichung der Scheidungskonvention. Zuständig ist das sachlich und örtlich zuständige Gericht am Wohnsitz oder nach den anwendbaren Zuständigkeitsregeln.
Persönliche Anhörung
Das Gericht hört beide Ehegatten persönlich an. Dabei prüft es Freiwilligkeit, Verständlichkeit und Angemessenheit der Vereinbarung. Bei Bedarf kann eine Bedenkzeit eingeräumt werden.
Prüfung und Genehmigung
Die Scheidungskonvention wird inhaltlich geprüft. Sie wird genehmigt, wenn sie ausgewogen ist und keine offensichtlich unhaltbaren Regelungen enthält. Kindesbelange unterliegen einer besonders strengen Überprüfung am Maßstab des Kindeswohls.
Entscheid und Rechtskraft
Mit Genehmigung der Vereinbarung erlässt das Gericht den Scheidungsentscheid. Nach Eintritt der Rechtskraft werden Zivilstandsregister und weitere Register angepasst, soweit vorgesehen.
Inhalte der Scheidungskonvention
Kinderbelange
Zu regeln sind elterliche Sorge, Obhut und Betreuungsmodell, der persönliche Verkehr (Umgang), Unterhalt und Informationsrechte. Vereinbarungen müssen praktikabel, klar formuliert und am Kindeswohl ausgerichtet sein.
Unterhalt zwischen den Ehegatten
Vereinbarungen bestimmen, ob und in welcher Höhe nachehelicher Unterhalt geschuldet ist, für welche Dauer und unter welchen Anpassungsvoraussetzungen. Maßgeblich sind Bedarf, Leistungsfähigkeit und die Aufgabenverteilung während der Ehe.
Vermögensaufteilung
Die güterrechtliche Auseinandersetzung umfasst die Zuordnung von Vermögenswerten und Schulden, die Aufteilung von Ersparnissen, Immobilien- und Unternehmensbeteiligungen sowie Regelungen zu Hausrat und Nutzungsrechten, etwa an der Ehewohnung.
Vorsorge und Renten
Ansprüche aus beruflicher und privater Vorsorge (bzw. Pensionen) werden nach den anwendbaren Regeln aufgeteilt oder ausgeglichen. Die Vereinbarung enthält häufig konkrete Anordnungen zum Vollzug und zu allfälligen Zahlungsströmen.
Name, Dokumente und weitere Wirkungen
Zu klären ist die künftige Namensführung. Möglich sind zudem Abreden zu Versicherungen, Begünstigungen, Vollmachten, steuerlichen Koordinationsfragen und Modalitäten des Vollzugs (Fristen, Sicherheiten, Nachweise).
Rechte des Kindes und staatliche Kontrolle
Kindesinteressen haben Vorrang. Das Gericht prüft Betreuungsmodelle, Umgangsregelungen und Unterhalt. Es kann Schutzmaßnahmen treffen, wenn Anhaltspunkte für Gefährdungen bestehen. Eine kindgerechte Anhörung unterstützt eine sachgerechte Beurteilung.
Internationale Aspekte
Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten stellen sich Fragen der Zuständigkeit, des anwendbaren Rechts, der Anerkennung und Vollstreckung im Ausland. Internationale Übereinkünfte und nationale Regeln bestimmen, in welchem Staat geschieden werden kann und wie eine Konventionalscheidung im Ausland Wirkung entfaltet. Sorgerechts- und Unterhaltsfragen können eigenen Anerkennungs- und Vollstreckungsmechanismen unterliegen.
Kosten und Dauer
Die Konventionalscheidung ist regelmäßig weniger zeit- und kostenintensiv als eine streitige Scheidung. Die Gesamtdauer hängt vom Umfang der zu klärenden Themen, der Vollständigkeit der Unterlagen, eventuell nötigen Auskünften (etwa zu Vorsorgeansprüchen) und der Auslastung des Gerichts ab. Häufig ist der Abschluss innerhalb weniger Monate möglich.
Abänderung, Anfechtung und Vollzug
Anfechtung
Genehmigte Vereinbarungen können in engen Grenzen angefochten werden, etwa bei Willensmängeln oder offensichtlicher Unangemessenheit. Die gerichtliche Prüfung dient dazu, solche Risiken bereits im Verfahren zu minimieren.
Abänderung
Regelungen zu Kindern und Unterhalt sind bei wesentlichen Veränderungen der Verhältnisse abänderbar. Vermögensrechtliche Abreden sind grundsätzlich verbindlich; Ausnahmen kommen bei erheblichen Störungen der Geschäftsgrundlagen in Betracht.
Vollzug
Die Konvention sollte klar regeln, wie und bis wann Zahlungen erfolgen, welche Nachweise zu erbringen sind und wie Übertragungen und Austräge (etwa bei Vorsorgeeinrichtungen, Konten, Registereinträgen) umgesetzt werden.
Abgrenzungen
Trennungsvereinbarung
Sie betrifft die Zeit des Getrenntlebens ohne Auflösung der Ehe. Die Konventionalscheidung zielt dagegen auf die endgültige Auflösung der Ehe.
Mediation und Vergleich
Mediation ist ein freiwilliges Verfahren zur Konfliktlösung. Ergebnisse können in eine Scheidungskonvention münden. Der gerichtliche Vergleich ist eine gerichtlich protokollierte Einigung und erfüllt ähnliche Funktionen wie eine Konvention.
Chancen und Risiken
Chancen
Hohe Planbarkeit, schnelleres Verfahren, geringere Eskalation und erhöhte Akzeptanz der Lösungen. Kindesbelange lassen sich passgenau und alltagstauglich ausgestalten.
Risiken
Asymmetrien in Information und Verhandlungsmacht können zu unausgewogenen Ergebnissen führen. Spätere Anpassungen sind in vermögensrechtlichen Punkten nur eingeschränkt möglich; die gerichtliche Kontrolle wirkt hier ausgleichend.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet Konventionalscheidung konkret?
Sie bezeichnet die einvernehmliche Auflösung der Ehe auf gemeinsamen Antrag mit einer schriftlichen Vereinbarung über alle wesentlichen Scheidungsfolgen. Diese Vereinbarung wird vom Gericht geprüft und genehmigt, bevor die Scheidung ausgesprochen wird.
Welche Rolle spielt die Scheidungskonvention und was muss sie enthalten?
Die Scheidungskonvention ist das Herzstück der Konventionalscheidung. Sie regelt Kinderbelange, Unterhalt, Vermögensaufteilung, Vorsorgeausgleich, Wohnsituation, Schulden, Name und organisatorische Vollzugsfragen. Die Inhalte müssen klar, durchführbar und ausgewogen sein.
Muss ein Gericht die Einigung dennoch prüfen?
Ja. Das Gericht überprüft Freiwilligkeit, Verständlichkeit und Angemessenheit der Vereinbarung. Kindesbelange unterliegen einer besonders strengen Kontrolle am Maßstab des Kindeswohls.
Wie werden Vorsorge- oder Pensionsansprüche behandelt?
Ansprüche aus beruflicher und privater Altersvorsorge werden nach den einschlägigen Regeln ausgeglichen oder aufgeteilt. Die Konvention enthält üblicherweise konkrete Vollzugsanordnungen, etwa zu Überweisungen oder Teilungen.
Welche Regelungen sind bei gemeinsamen Kindern erforderlich?
Erforderlich sind Absprachen zu elterlicher Sorge, Obhut und Betreuungsmodell, persönlichem Verkehr sowie zum Kindesunterhalt. Maßgeblich ist stets das Kindeswohl; Kinder können altersgerecht angehört werden.
Kann eine genehmigte Vereinbarung später geändert werden?
Regelungen zu Kindern und laufendem Unterhalt können bei wesentlicher Veränderung der Verhältnisse angepasst werden. Vermögensrechtliche Vereinbarungen sind grundsätzlich bindend und nur ausnahmsweise abänderbar.
Wird eine Konventionalscheidung im Ausland anerkannt?
Die Anerkennung richtet sich nach internationalen Übereinkünften und nationalen Regeln des jeweiligen Staates. Häufig werden Scheidungsurteile anerkannt; eigenständige Anerkennungsfragen können sich für Sorgerechts- und Unterhaltsregelungen ergeben.