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Konventionalscheidung


Begriff und Definition der Konventionalscheidung

Die Konventionalscheidung ist ein Begriff des Familienrechts, der das Verfahren einer einvernehmlichen Auflösung einer Ehe beschreibt. Bei der Konventionalscheidung erklären beide Ehegatten gemeinsam und übereinstimmend ihren Scheidungswillen und einigen sich in zentralen Scheidungsfolgen wie der Vermögensaufteilung, dem Unterhalt und der elterlichen Sorge. Durch die Konventionalscheidung soll eine streitige, deutlich aufwendigere Scheidung vermieden und das gerichtliche Verfahren beschleunigt werden. Die Konventionalscheidung ist vor allem aus den rechtlichen Systemen der Schweiz und Liechtenstein bekannt; sie unterscheidet sich damit von der sogenannten streitigen Scheidung.

Rechtsgrundlagen der Konventionalscheidung

Schweiz

Die Regelungen zur Konventionalscheidung finden sich im schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB), insbesondere in den Artikeln 111 ff. ZGB. Der Gesetzgeber sieht zwei Arten der Konventionalscheidung vor:

  1. Scheidung auf gemeinsames Begehren (Art. 111 ZGB): Beide Ehegatten reichen gemeinsam ein Scheidungsbegehren ein.
  2. Einvernehmliche Regelung der Scheidungsfolgen: Die Ehegatten legen gemeinsam eine umfassende Vereinbarung über die Auflösung ihrer Ehe und deren rechtliche Konsequenzen vor.

Liechtenstein

Auch das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) von Liechtenstein kennt ähnliche Regelungen, die sich in ihrer Ausgestaltung an das schweizerische Modell anlehnen.

Voraussetzungen der Konventionalscheidung

Gemeinsamer Antrag

Zentral für die Konventionalscheidung ist der gemeinsame Antrag der Ehegatten beim zuständigen Gericht. Beide Parteien müssen ihren Scheidungswillen klar und eindeutig bekunden. Das Gericht prüft, ob beide Ehegatten den Antrag aus freien Stücken und ohne Zwang gestellt haben.

Scheidungskonvention

Bei der Konventionalscheidung müssen die Ehegatten dem Gericht eine sogenannte Scheidungskonvention vorlegen. In dieser schriftlichen Vereinbarung regeln sie die Scheidungsfolgen entweder vollständig oder, falls noch nicht alle Fragen geklärt sind, jedenfalls die grundsätzlichen Rahmenbedingungen. Typische Regelungsinhalte:

  • Aufteilung des ehelichen Vermögens
  • Ehegattenunterhalt (nachehelicher Unterhalt)
  • Kindesunterhalt und elterliche Sorge (Sorgerecht sowie Obhut)
  • Zuteilung der ehelichen Wohnung

Das Gericht prüft jede solche Konvention auf ihre Rechtmäßigkeit, Billigkeit und die Einhaltung des Kindeswohls.

Mindestanforderungen

Das Gericht stellt sicher, dass die Vereinbarungen der Eheleute die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllen und keine Partei grob benachteiligt wird. Vereinbarungen zum Kindeswohl können nicht abschließend geregelt werden, da das Gericht immer die Interessen minderjähriger Kinder vorrangig zu berücksichtigen hat.

Ablauf des Scheidungsverfahrens bei Konventionalscheidung

Einreichung des Scheidungsbegehrens

Das Verfahren beginnt mit dem gemeinsamen Einreichen des Scheidungsbegehrens und der Konvention beim zuständigen Gericht. Hierbei müssen in der Schweiz zumindest zwei Monate seit der Einreichung vergehen, bevor eine gerichtliche Anhörung stattfindet.

Gerichtliche Anhörung

Das Gericht lädt die Ehegatten üblicherweise zu einer persönlichen Anhörung vor. In dieser werden die Parteien über die rechtlichen Konsequenzen der Scheidung aufgeklärt, und das Gericht vergewissert sich, dass keine Willensmängel (Drohung, Zwang, Irrtum) vorliegen.

Überprüfung der Konvention

Das Gericht prüft die Vereinbarungen eingehend. Insbesondere im Hinblick auf das Kindeswohl kann es Anpassungen oder Ergänzungen verlangen oder die Genehmigung der Konvention versagen.

Scheidungsurteil

Im Falle der Zustimmung erlässt das Gericht das Scheidungsurteil und genehmigt die Konvention. Das Urteil markiert den rechtlichen Abschluss der Ehe und regelt die Folgen rechtskräftig.

Rechtsfolgen der Konventionalscheidung

Vollständige Auflösung der Ehe

Mit Rechtskraft des Scheidungsurteils ist die Ehe rechtlich aufgelöst. Die ehemaligen Ehegatten werden in den Stand der Ledigkeit versetzt.

Wirkung der Scheidungskonvention

Die in der Konvention getroffenen Vereinbarungen entfalten unmittelbare Wirkung. Verstößt eine Partei gegen die getroffenen Regelungen, kann die Gegenpartei deren Einhaltung gegebenenfalls gerichtlich durchsetzen.

Schutz von Minderjährigen

Besondere Bedeutung kommt den Regelungen über das Sorgerecht und den Kindesunterhalt zu. Das zuständige Gericht ist verpflichtet, jede Regelung am Wohl des Kindes zu messen und dieses – nötigenfalls – gegenüber anderweitigen Absprachen der Eltern durchzusetzen.

Besonderheiten und Unterschiede zur streitigen Scheidung

Die Konventionalscheidung unterscheidet sich von der streitigen Scheidung, bei der die Ehegatten sich nicht auf die Scheidungsfolgen einigen können. In einem solchen Fall entscheidet das Gericht nach umfassender Beweisaufnahme und Anhörung.

Hauptvorteile der Konventionalscheidung im Überblick:

  • Zeiteinsparung aufgrund kurzer Verfahrensdauer
  • Kostenvorteil durch Vermeidung langwieriger gerichtlicher Auseinandersetzungen
  • Verminderung emotionaler Belastung für die Ehegatten und gemeinsame Kinder
  • Unmittelbare Regelung wesentlicher Aspekte durch die Beteiligten

Internationaler Vergleich

Die Konventionalscheidung ist in vergleichbarer Form auch in verschiedenen anderen Rechtsordnungen bekannt, insbesondere auch im österreichischen Familienrecht, das die einvernehmliche Scheidung (§ 55a EheG) regelt. In Deutschland existiert die sogenannte einvernehmliche Scheidung, welche ähnliche Voraussetzungen aufweist, obgleich der Begriff „Konventionalscheidung“ im deutschen Recht unüblich ist.

Literatur und weiterführende Hinweise

Umfassende Informationen zur Konventionalscheidung finden sich in den Kommentaren zum Zivilgesetzbuch der Schweiz sowie fachspezifischen Handbüchern zum internationalen Familienrecht. Auch die offiziellen Webseiten der jeweiligen Justizministerien bieten regelmäßig aktualisierte Leitfäden zum Ablauf sowie zur Ausgestaltung von Scheidungskonventionen.


Hinweis: Dieser Beitrag dient der umfassenden fachlichen Information im Rahmen eines Rechtslexikons und erhebt keinen Anspruch auf vollständige Berücksichtigung einzelner Sonderfälle oder Detailregelungen in spezifischen Einzelfällen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen für eine Konventionalscheidung vorliegen?

Für eine Konventionalscheidung müssen beide Ehegatten einvernehmlich die Auflösung der Ehe beantragen. Es ist erforderlich, dass zwischen den Parteien vollständige Einigkeit über alle Scheidungsfolgen besteht. Dazu gehören insbesondere die Fragen des nachehelichen Unterhalts, der Zuteilung der ehelichen Wohnung, der Vermögensaufteilung, des Sorgerechts und der Betreuung gemeinsamer Kinder sowie der eventuell vorhandenen Schuldenverteilung. Die Einigung muss in einer Vereinbarung (Scheidungskonvention) schriftlich festgehalten werden, welche mit dem gemeinsamen Scheidungsbegehren beim zuständigen Gericht eingereicht wird. Darüber hinaus verlangt das Gericht im Rahmen der Genehmigung der Vereinbarung eine gerichtliche Anhörung beider Ehegatten, um sicherzustellen, dass die Vereinbarung freiwillig, unter Kenntnis aller Umstände und ohne unzulässigen Druck geschlossen wurde. Ferner muss das gerichtliche Wohlverhaltensgebot insbesondere im Hinblick auf die Kinder und unterhaltsberechtigte Personen beachtet werden. Das Gericht prüft abschließend, ob die Konvention rechtskonform und nicht offensichtlich unangemessen ist.

Können Ehegatten nach einer Konventionalscheidung noch Ansprüche geltend machen?

Nach Rechtskraft der Konventionalscheidung und sofern die Parteien in der Scheidungskonvention ausdrücklich auf weitergehende Ansprüche verzichten, bestehen grundsätzlich keine weiteren gegenseitigen Ansprüche aus dem ehelichen Verhältnis. Lediglich Ansprüche, die aus zwingenden gesetzlichen Vorschriften resultieren, wie Unterhaltspflichten gegenüber gemeinsamen Kindern, bleiben unabhängig von der Vereinbarung bestehen und können nicht wirksam ausgeschlossen werden. Soweit bestimmte Rechte in der Konvention nicht abschließend geregelt oder bewusst vorbehalten wurden, besteht die Möglichkeit, diese Ansprüche nachträglich geltend zu machen, sofern keine Verwirkung oder Verjährung eingetreten ist. Besonders bei vermögensrechtlichen Fragestellungen ist daher die genaue Formulierung der Konvention von zentraler Bedeutung.

Muss das Gericht den Inhalt der Scheidungskonvention in jedem Fall genehmigen?

Nein, das Gericht ist nicht verpflichtet, den Inhalt der Scheidungskonvention ungeprüft zu genehmigen. Es ist vielmehr dazu verpflichtet, die Einigung der Ehegatten umfassend zu überprüfen. Dabei steht im Fokus, ob die Vereinbarung mit dem Gesetz, namentlich dem Schutz besonders schutzbedürftiger Parteien (beispielsweise minderjährige Kinder oder wirtschaftlich unterlegene Ehegatten), vereinbar ist, nicht sittenwidrig oder offensichtlich unangemessen ist und auf einer freien Willensentschliessung der Parteien beruht. Das Gericht wird Vereinbarungen, die den gesetzlichen Mindestanforderungen nicht genügen oder grob benachteiligend sind, abändern oder die Genehmigung verweigern. Insbesondere bleibt das Kindesinteresse nach schweizerischem Recht dem richterlichen Prüfungsrecht vorbehalten.

Welche Rolle spielt die Scheidungskonvention bei einer Konventionalscheidung?

Die Scheidungskonvention ist das zentrale Element einer Konventionalscheidung. Sie hält die abschließenden Regelungen aller Scheidungsfolgen fest und dokumentiert die Einigkeit der Ehegatten. Die schriftliche Vereinbarung wird gemeinsam mit dem Scheidungsbegehren beim Gericht eingereicht. Inhaltlich umfasst sie insbesondere die vermögensrechtliche Auseinandersetzung (wie Güterrecht und Vermögensaufteilung), Regelungen zu Unterhaltsansprüchen, Bestimmungen bezüglich der Zuteilung der ehelichen Wohnung, Einigung über Vorsorgeleistungen, das Sorgerecht und den Kinderunterhalt. Die Konvention muss klar, verständlich und vollständig formuliert sein. Das Gericht überprüft und genehmigt die Scheidungskonvention nach rechtlichen Kriterien. Ohne eine gültige und genehmigte Scheidungskonvention ist eine Konventionalscheidung nicht möglich.

Wie lange dauert das Verfahren der Konventionalscheidung in der Regel?

Die Dauer des Verfahrens hängt maßgeblich davon ab, wie umfassend und sorgfältig die Scheidungskonvention vorbereitet wurde und ob das Gericht weitere Abklärungen für erforderlich hält. In der Praxis kann ein Konventionalscheidungsverfahren in der Schweiz, sofern alle Unterlagen vollständig und korrekt vorliegen und keine besonderen Streitfragen existieren, schon in wenigen Wochen bis wenigen Monaten abgeschlossen sein. Die gerichtliche Anhörung wird innerhalb üblicher Fristen angesetzt, wobei örtliche Unterschiede im Gerichtsablauf und der Auslastung bestehen. Verzögerungen ergeben sich typischerweise dann, wenn Ergänzungen oder Präzisierungen zur Konvention nachgefordert werden müssen oder gerichtliche Nachfragen zu bestimmten Aspekten notwendig werden.

Welche Kosten entstehen im Rahmen einer Konventionalscheidung?

Die Kosten einer Konventionalscheidung setzen sich im Wesentlichen aus den Gerichtskosten und den Kosten für die Erarbeitung der Scheidungskonvention zusammen. Die Höhe der Gerichtskosten variiert je nach Kanton und Umfang des Verfahrens. Hinzu kommen gegebenenfalls Anwaltskosten, insbesondere falls sich die Ehegatten anwaltlich vertreten lassen oder einen gemeinsamen Scheidungsanwalt mit der Ausarbeitung der Konvention beauftragen. Da bei der Konventionalscheidung im Normalfall kein aufwendiger Streitprozess geführt wird, sind die Kosten im Vergleich zur strittigen Scheidung deutlich geringer. Finanzielle Unterstützung ist durch staatliche unentgeltliche Rechtspflege möglich, sofern die Ehegatten die Prozesskosten nicht selbst tragen können und die Erfolgsaussicht gegeben ist.