Legal Lexikon

Kontopfändung


Begriff und Wesen der Kontopfändung

Die Kontopfändung ist eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme im deutschen Recht, bei der Gläubiger durch gerichtlichen Beschluss Zugriff auf Guthaben eines Schuldners auf dessen Bankkonten (vor allem Girokonten und Sparkonten) erhalten. Sie dient der zwangsweisen Durchsetzung von Geldforderungen, wenn der Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht freiwillig nachkommt.


Rechtsgrundlagen der Kontopfändung

Gesetzliche Grundlagen

Die Kontopfändung ist im achten Buch der Zivilprozessordnung (ZPO), insbesondere in den §§ 828 ff. und §§ 850k ZPO, geregelt. Weitere relevante Vorschriften finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie im Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz (PkoFoG).

Beteiligte Parteien

Bei einer Kontopfändung sind typischerweise drei Parteien beteiligt:

  • Gläubiger: Die Partei, die einen vollstreckbaren Titel gegen den Schuldner erwirkt hat (z.B. ein gerichtliches Urteil).
  • Schuldner: Die durch die titulierte Forderung verpflichtete Person, deren Kontoguthaben gepfändet wird.
  • Drittschuldner: Das Kreditinstitut, bei dem das gepfändete Konto geführt wird.

Ablauf einer Kontopfändung

Voraussetzungen der Kontopfändung

Bevor eine Kontopfändung durchgeführt werden kann, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Ein vollstreckbarer Titel muss vorliegen (z. B. Urteil, Vollstreckungsbescheid).
  • Durch den Gläubiger muss ein Vollstreckungsantrag gestellt werden.
  • Das zuständige Vollstreckungsgericht muss einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) erlassen.

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist das zentrale Instrument der Kontopfändung. Mit dem PfÜB wird das Kontoguthaben in Höhe der Forderung gepfändet und anschließend dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen.

Zustellung des Beschlusses

Der PfÜB muss sowohl dem Drittschuldner (also der Bank) als auch dem Schuldner zugestellt werden. Erst nach Zustellung an das Kreditinstitut entsteht die Pfändungswirkung, wodurch das Kontoguthaben des Schuldners bis zur Höhe der Forderung eingefroren wird.


Wirkungen der Kontopfändung

Rechte und Pflichten der Bank

Die Bank als Drittschuldner ist ab Zugang des PfÜB verpflichtet, sämtliche Auszahlungen vom gepfändeten Konto zu unterlassen, soweit diese die gepfändete Forderung betreffen. Die Bank muss den Gläubiger innerhalb von zwei Wochen darüber informieren, ob und inwieweit sie zur Zahlung in der Lage ist (§ 840 ZPO).

Auswirkungen für den Schuldner

Aufgrund der Kontopfändung kann der Schuldner nicht mehr frei über sein Kontoguthaben verfügen. Kontobewegungen wie Überweisungen, Daueraufträge oder Lastschriften werden nur noch im Rahmen der zulässigen Freibeträge bzw. mit Zustimmung des Gläubigers ausgeführt.


Pfändungsschutz und das Pfändungsschutzkonto (P-Konto)

Einführung des P-Kontos

Seit dem 1. Juli 2010 gibt es das sogenannte Pfändungsschutzkonto (P-Konto) (§ 850k ZPO). Jeder Inhaber eines Girokontos hat einen Rechtsanspruch auf Umwandlung seines Kontos in ein P-Konto. Das P-Konto schützt bestimmte Guthabenbeträge vor der Pfändung.

Höhe des Pfändungsfreibetrags

Der unpfändbare Grundbetrag wird jährlich angepasst. Stand 2024 beträgt er 1.410,00 Euro monatlich. Der Freibetrag kann sich erhöhen, wenn Unterhaltspflichten gegenüber weiteren Personen bestehen (§ 850k Abs. 2 und 3 ZPO).

Funktionsweise des P-Kontos

Auf dem P-Konto bleiben Einnahmen bis zur Höhe des Freibetrags auch bei einer Kontopfändung verfügbar. Übersteigt das Guthaben diesen Freibetrag, wird der darüber hinausgehende Betrag durch die Bank an den Gläubiger abgeführt.


Besondere Aspekte und Problemfälle

Mehrfachpfändung und Rangfolge

Sind mehrere Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vorhanden, bestimmt das Datum des frühesten Beschlusses die Rangfolge der Gläubiger. Auszahlungen erfolgen entsprechend der Pfändungsreihenfolge, wobei Priorität dem Gläubiger zusteht, der zuerst gepfändet hat.

Unpfändbare Einkommensbestandteile

Bestimmte Einkommensarten (wie z. B. Sozialleistungen oder Kindergeld) sind gemäß §§ 850 ff. ZPO nur bedingt oder gar nicht pfändbar. Auch diese Schutzvorschriften werden im Rahmen des P-Kontos berücksichtigt.

Rechtsmittel

Gegen die Kontopfändung kann der Schuldner Rechtsmittel einlegen, zum Beispiel durch Widerspruch gemäß § 766 ZPO (Vollstreckungserinnerung) oder durch Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung.


Beendigung der Kontopfändung

Eine Kontopfändung erlischt, wenn:

  • Die Forderung vollständig beglichen ist.
  • Der Gläubiger die Pfändung zurücknimmt.
  • Das Vollstreckungsgericht die Pfändung aufhebt (z. B. nach erfolgreichem Rechtsmittel).

Das Kreditinstitut muss anschließend das Konto des Schuldners wieder freigeben.


Internationale Aspekte der Kontopfändung

Die Kontopfändung bezieht sich grundsätzlich auf Konten, die innerhalb Deutschlands geführt werden. Die Pfändung ausländischer Konten ist eingeschränkt und richtet sich nach internationalen und nationalen Vollstreckungsvorschriften und gegenseitigen Anerkennungsregelungen. Innerhalb der Europäischen Union existiert seit 2017 eine europäische Kontenpfändungsverordnung (EuKoPfVO), die länderübergreifende Maßnahmen innerhalb der EU ermöglicht.


Bedeutung und praktische Relevanz

Die Kontopfändung ist eines der effektivsten Vollstreckungsinstrumente zur Realisierung von Geldforderungen. Für Gläubiger bietet sie eine vergleichsweise schnelle Möglichkeit, offene Ansprüche durchzusetzen. Für Schuldner ist die Kenntnis des Schutzes durch das P-Konto von essenzieller Bedeutung, um existenzsichernde Beträge trotz laufender Vollstreckung zu bewahren.


Quellenangaben:

  • Zivilprozessordnung (ZPO), §§ 828 ff., § 850k
  • Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz (PkoFoG)
  • Europäische Kontenpfändungsverordnung (EuKoPfVO)

Hinweis: Dieser Artikel bietet einen detaillierten Überblick zum Thema Kontopfändung im deutschen Recht und dient ausschließlich der Information. Für konkrete Handlungsempfehlungen empfiehlt sich die individuelle rechtliche Prüfung.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine Kontopfändung vorliegen?

Für eine Kontopfändung ist ein vollstreckbarer Titel erforderlich, etwa ein gerichtliches Urteil, ein Vollstreckungsbescheid oder ein anderer vollstreckbarer Schuldtitel nach § 704 ZPO (Zivilprozessordnung). Darüber hinaus muss der Gläubiger einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beim zuständigen Vollstreckungsgericht beantragen. Das Gericht prüft die Zulässigkeit des Antrags und stellt im Falle positiver Entscheidung dem Kreditinstitut sowie dem Schuldner den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu. Erst mit Zustellung dieses Beschlusses wird das Konto des Schuldners faktisch und rechtlich gepfändet. Die Bank ist ab diesem Zeitpunkt zur Sperrung des Kontos im Rahmen der gepfändeten Forderung verpflichtet und darf nur noch Zahlungen leisten bzw. Auszahlungen genehmigen, die mit dem Pfändungsschutz nach § 850k ZPO vereinbar sind. Das Kreditinstitut haftet bei pflichtwidriger Auszahlung gegenüber dem Gläubiger. Zudem muss die Pfändung konkret angegeben, die gepfändete Forderung (z.B. das Girokonto) benannt und der Schuldner zweifelsfrei identifiziert sein.

Welche Rechte hat der Schuldner nach Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses?

Nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses kann der Schuldner das sogenannte Pfändungsschutzkonto (P-Konto) einrichten oder ein bestehendes Girokonto in ein P-Konto umwandeln lassen (§ 850k Absatz 7 ZPO). Dies ist jederzeit möglich und die Bank muss der Umwandlung binnen vier Geschäftstagen zustimmen. Mit einem P-Konto ist zumindest ein gesetzlicher Freibetrag vor der vollständigen Pfändung geschützt (Stand 2024: 1.410 EUR pro Kalendermonat). Weitere Freibeträge, z.B. für unterhaltspflichtige Personen oder Kindergeld, können auf Antrag beim Vollstreckungsgericht bzw. über eine Bescheinigung durch bestimmte Stellen (Sozialamt, Anwälte, Schuldnerberatung) geltend gemacht werden. Dem Schuldner steht zudem das Recht zu, gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss rechtlich vorzugehen, etwa mittels Erinnerung oder Beschwerde, sofern formale oder materielle Fehler des Beschlusses vorliegen.

Wie ist der Ablauf einer Kontopfändung aus rechtlicher Sicht?

Der Ablauf beginnt mit dem erfolgreichen Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens oder eines anderen geeigneten Titelerwerbs durch den Gläubiger. Danach beantragt der Gläubiger beim Vollstreckungsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen das Konto des Schuldners. Nach Prüfung ergeht ein Beschluss, der dem Geldinstitut und dem Schuldner förmlich zugestellt wird. Ab diesem Zeitpunkt erfolgt eine sogenannte Drittschuldnererklärung durch das Kreditinstitut, in der es die gepfändete Forderung bestätigt und ggf. vorhandene weitere Ansprüche mitteilt (§ 840 ZPO). Der gepfändete Betrag wird von der Bank blockiert bzw. gesperrt, steht nicht mehr zur Verfügung des Schuldners und wird nach Ablauf einer etwaigen Widerspruchsfrist an den Gläubiger überwiesen. In der Praxis besteht jedoch die Möglichkeit, dass der Schuldner zuvor noch Pfändungsschutz beantragt oder das Konto umwandeln lässt.

Welche Rolle spielt das Kreditinstitut im Rahmen der Kontopfändung?

Das Kreditinstitut ist der sogenannte Drittschuldner, da es als Schuldner der Geldforderung des Kontoinhabers zugleich dem Gläubiger des gepfändeten Anspruchs verpflichtet wird. Nach Zugang des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hat das Institut unverzüglich alle Auszahlungen und Verfügungen bis zur Höhe der gepfändeten Forderung zu unterbinden (§ 829 ZPO). Es ist dazu verpflichtet, dem Vollstreckungsgericht bzw. dem Gläubiger eine Drittschuldnererklärung abzugeben, in welcher der aktuelle Kontostand, weitere Kontoinformationen sowie mögliche Gegenrechte dargelegt werden. Kommt das Kreditinstitut diesen Verpflichtungen nicht nach oder veranlasst es dennoch Auszahlungen, haftet es unter Umständen dem Gläubiger gegenüber für den verursachten Schaden (§ 840 ZPO). Das Institut darf den Schuldner jedoch weiterhin über den Stand der Pfändung und etwaige Pfändungsschutzmöglichkeiten informieren.

Welche Möglichkeiten hat der Schuldner, sich gegen eine Kontopfändung rechtlich zu wehren?

Der Schuldner hat mehrere rechtliche Möglichkeiten, gegen eine Kontopfändung vorzugehen. Innerhalb der Vollstreckung ist die Rechtsbehelfsmöglichkeit der Erinnerung (§ 766 ZPO) gegeben, z.B. bei formalen Fehlern des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses oder bei der Überschreitung des titulierten Betrags. Ferner kann er im Falle von materiell-rechtlichen Einwänden (z.B. bereits erfolgter Zahlung) Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO erheben. Zusätzlich können Dritte, die einen Anspruch auf das gepfändete Guthaben haben, eine Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO erheben. Soweit besondere Härten oder Verstöße gegen das Sozialrecht vorliegen (z.B. Verstoß gegen das Existenzminimum), ist über das zuständige Vollstreckungsgericht ein Antrag auf weitergehenden Pfändungsschutz möglich. Alle Anträge sind möglichst binnen gesetzlicher Fristen einzubringen, um nachteilige Folgen, wie Auszahlung an den Gläubiger, zu vermeiden.

Sind alle Kontoguthaben in voller Höhe pfändbar?

Nein, nicht das gesamte Kontoguthaben ist pfändbar. Das deutsche Recht sieht mit dem Pfändungsschutzkonto einen Basisschutz für das Existenzminimum vor (§ 850k ZPO). Hierbei bleibt monatlich zumindest ein gesetzlich festgelegter Freibetrag unpfändbar. Darüber hinaus kann auf Antrag zusätzliche Pfändungsfreistellung gewährt werden, beispielsweise für Unterhaltspflichten, Kindergeld oder einmalige Sozialleistungen. Unpfändbar sind in der Regel auch bestimmte zweckgebundene Sozialleistungen sowie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (§ 54 SGB I), sofern sie als solche auf dem Konto eindeutig identifizierbar sind. Die Verantwortung, diese Unpfändbarkeit nachzuweisen und beantragen zu lassen, obliegt dem Schuldner in eigenem Interesse.

Wird die Kontopfändung automatisch auf andere Konten übertragen?

Nein, eine Kontopfändung gilt immer nur für das konkret im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bezeichnete Konto beim genannten Kreditinstitut. Andere Konten desselben Schuldners – auch bei derselben Bank – bleiben bis zu einer weiteren expliziten Pfändung von der Vollstreckung ausgenommen. Ein Gläubiger muss für zusätzlich zu pfändende Konten jeweils einen neuen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragen. Ebenso kann eine Pfändungsmaßnahme nicht auf Gemeinschaftskonten anderer natürlicher Personen oder auf Firmenkonten ausgedehnt werden, sofern sie nicht ebenfalls ausdrücklich tituliert und gepfändet werden.