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Komplementär

Begriff und Stellung des Komplementärs

Kerndefinition

Komplementär bezeichnet den persönlich haftenden Gesellschafter in bestimmten Personengesellschaften. Er führt die Geschäfte, vertritt die Gesellschaft nach außen und haftet für deren Verbindlichkeiten grundsätzlich unbeschränkt, also mit dem Gesellschafts- und regelmäßig auch mit dem Privatvermögen. Der Begriff ist vor allem in der Kommanditgesellschaft (KG) und der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) gebräuchlich.

Abgrenzung zum Kommanditisten

Dem Komplementär steht der Kommanditist gegenüber. Kommanditisten sind typischerweise kapitalbeteiligte Mitgesellschafter, deren Haftung auf eine vereinbarte Einlage begrenzt ist. Sie nehmen an der Geschäftsführung grundsätzlich nicht teil. Der Komplementär steuert hingegen die laufenden Geschäfte, trifft Entscheidungen und trägt das volle wirtschaftliche Risiko.

Rechtliche Rolle in verschiedenen Gesellschaftsformen

Kommanditgesellschaft (KG)

Leitung und Vertretung

In der KG obliegt die Geschäftsführung den Komplementären. Sie sind befugt, gewöhnliche Geschäfte eigenständig vorzunehmen. Die Vertretungsmacht nach außen kann als Einzel- oder Gesamtvertretung ausgestaltet werden und ist im Handelsregister ersichtlich. Kommanditisten sind von der Geschäftsführung in der Regel ausgeschlossen, können aber Kontroll- und Informationsrechte haben.

Haftung und Außenverhältnis

Komplementäre haften gegenüber Gläubigern der KG unbeschränkt, unmittelbar und gesamtschuldnerisch. Forderungen können daher auch direkt gegen den Komplementär geltend gemacht werden. Vereinbarungen im Innenverhältnis ändern am Schutz der Gläubiger nichts; sie wirken vorrangig zwischen den Gesellschaftern.

Innenverhältnis und Kontrollmechanismen

Im Innenverhältnis bestimmt der Gesellschaftsvertrag Zuständigkeiten, Beschlussfassungen und Grenzen der Geschäftsführungsbefugnis. Außergewöhnliche Geschäfte können an Zustimmungserfordernisse geknüpft sein. Bei Pflichtverletzungen kommen interne Ausgleichs- und Ersatzpflichten in Betracht.

GmbH & Co. KG

Haftungsverschiebung und Besonderheiten

Bei der GmbH & Co. KG ist nicht eine natürliche Person, sondern eine Kapitalgesellschaft (regelmäßig eine GmbH) Komplementärin. Die unbeschränkte Haftung konzentriert sich damit auf die GmbH; deren Haftung ist wiederum auf das GmbH-Vermögen begrenzt. Für Gläubiger bleibt die Komplementärstellung bestehen, nur das Haftungssubjekt ist eine Kapitalgesellschaft.

Organstellung und Weisungsrechte

Die Geschäftsführung der KG wird durch die Komplementär-GmbH ausgeübt, vertreten durch deren Geschäftsleitung. Weisungs- und Mitbestimmungsrechte der übrigen Gesellschafter richten sich nach dem Gesellschaftsvertrag der KG und der Satzung der Komplementär-GmbH. So entstehen zwei Ebenen: die Personengesellschaft und die Komplementärkapitalgesellschaft.

Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA)

Leitungsbefugnisse und Verhältnis zu Hauptversammlung und Aufsichtsrat

In der KGaA nimmt der Komplementär die Leitungsfunktion wahr. Die Aktionärsversammlung hat weniger Einfluss als in einer Aktiengesellschaft; zentrale Leitungsentscheidungen liegen beim Komplementär. Ein Aufsichtsrat besteht, seine Kompetenzen sind jedoch durch die Struktur der KGaA geprägt.

Haftung und Kapitalstruktur

Der Komplementär haftet persönlich, während das übrige Kapital in Aktien zerlegt ist und die Aktionäre grundsätzlich nur mit ihrer Einlage beteiligt sind. Diese Kombination aus persönlicher Haftung und kapitalmarktorientierter Finanzierung ist charakteristisch für die KGaA.

Haftung und Risiko

Umfang der Haftung

Die Haftung des Komplementärs erstreckt sich umfassend auf die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Gläubiger können sich an das gesamte Vermögen des Komplementärs halten. Interne Haftungsbeschränkungen wirken gegenüber Dritten nicht, es sei denn, die Rechtsformgestaltung bewirkt eine Verschiebung auf eine haftungsbeschränkte Komplementärin (etwa bei der GmbH & Co. KG).

Nachhaftung und Ausscheiden

Beim Ausscheiden eines Komplementärs bleibt eine zeitlich begrenzte Nachhaftung für bereits begründete Verbindlichkeiten bestehen. Die Dauer und die Anknüpfung an die Eintragung von Veränderungen im Handelsregister sind typische Elemente dieser Nachwirkung.

Haftung für vor der Eintragung begründete Verbindlichkeiten

Vor der Registereintragung können bereits im Namen der Gesellschaft eingegangene Verpflichtungen bestehen. Für diese haften die handelnden Personen und die später entstehende Gesellschaft regelmäßig mit. Der Komplementär trägt hier ein besonderes Risiko.

Geschäftsführung und Vertretungsmacht

Alltägliche Geschäfte vs. außergewöhnliche Maßnahmen

Zum laufenden Geschäft gehören übliche, wiederkehrende Maßnahmen. Außergewöhnliche Geschäfte, etwa grundlegende Strukturveränderungen, können an besondere Zustimmungserfordernisse gebunden sein. Der Gesellschaftsvertrag legt fest, was als außergewöhnlich gilt und welche Mehrheitserfordernisse bestehen.

Einzel- und Gesamtvertretung, Prokura und Handlungsvollmacht

Die Vertretungsmacht kann als Einzelvertretung des Komplementärs oder als Gesamtvertretung mehrerer Komplementäre vorgesehen werden. Zusätzlich können Prokura oder Handlungsvollmachten erteilt werden. Umfang und Grenzen sind Dritten gegenüber maßgeblich, soweit sie im Handelsregister verlautbart oder aus dem Vollmachtsumfang erkennbar sind.

Wettbewerbsverbot und Treuepflicht

Komplementäre unterliegen regelmäßig einem Wettbewerbsverbot und umfassenden Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft. Dazu zählen die Pflicht, Gesellschaftsinteressen zu wahren, Interessenkonflikte offenzulegen und Chancen, die unmittelbar die Gesellschaft betreffen, nicht ohne Zustimmung für eigene Zwecke zu nutzen. Vertragsstrafen oder Schadensersatzansprüche können bei Verstößen vereinbart oder ausgelöst werden.

Ein- und Austritt, Nachfolge und Übertragung

Aufnahme neuer Komplementäre

Die Aufnahme eines weiteren Komplementärs erfordert in der Regel einen Gesellschafterbeschluss und eine Anpassung des Gesellschaftsvertrags. Die Eintragung im Handelsregister ist notwendig, damit die neue Vertretungslage nach außen wirkt.

Übertragung des Anteils und Zustimmungserfordernisse

Die Übertragung der Stellung als Komplementär hängt vom Gesellschaftsvertrag ab und ist häufig zustimmungs- oder formgebunden. Neben der schuldrechtlichen Abrede ist die Registeranmeldung maßgeblich, damit die Änderung im Außenverhältnis Geltung erlangt.

Tod, Insolvenz, Kündigung

Der Tod oder die Insolvenz eines Komplementärs sowie die Kündigung der Gesellschaft können Fortsetzungsklauseln auslösen oder zur Auflösung führen. Der Gesellschaftsvertrag regelt typischerweise, ob und wie die Gesellschaft fortgesetzt wird, etwa durch Eintritt von Erben, Nachfolgern oder verbleibenden Gesellschaftern.

Gewinn, Verlust und Vergütungen

Gewinnverteilung

Die Verteilung von Gewinn und Verlust richtet sich nach dem Gesellschaftsvertrag. Üblich sind Regelungen, die sowohl Kapitalanteile als auch Arbeitsleistungen berücksichtigen. Ohne abweichende Abreden gelten allgemeine Grundsätze der Personengesellschaften.

Vergütungen für Tätigkeiten und deren Einordnung

Ein Komplementär kann für seine Tätigkeit eine gesonderte Vergütung erhalten, etwa in Form einer Geschäftsführungsvergütung, eines Haftungsentgelts oder einer Tätigkeitsvergütung. Solche Vergütungen sind vom Gewinnanteil abzugrenzen und können besondere rechtliche und steuerliche Folgen haben.

Entnahmen und Kapitalkonto

Private Entnahmen aus der Gesellschaft und die Führung von Kapitalkonten werden vertraglich geregelt. Sie beeinflussen die wirtschaftliche Stellung des Komplementärs und können im Innenverhältnis Ausgleichspflichten auslösen.

Register- und Offenlegungspflichten

Handelsregistereintragung

Die Komplementäre und ihre Vertretungsbefugnisse sind im Handelsregister einzutragen. Änderungen, etwa beim Eintritt oder Ausscheiden, müssen angemeldet werden. Erst mit Eintragung entfalten viele Tatsachen ihre volle Wirkung im Außenverhältnis.

Firma, Zeichnungsregelungen, Bekanntmachungen

Die Firma der Gesellschaft, die Zeichnungsregelungen und bestimmte Strukturänderungen sind offenzulegen. Dritte dürfen sich auf die Registerlage verlassen, was die Rechtssicherheit im Geschäftsverkehr stärkt.

Rechnungslegung und Publizität

Je nach Größe und Rechtsform bestehen Pflichten zur Buchführung und gegebenenfalls zur Offenlegung von Jahresabschlüssen. In Konzernstrukturen oder bei kapitalmarktnahen Formen wie der KGaA gelten erweiterte Publizitätsanforderungen.

Steuerliche Grundzüge im Überblick

Mitunternehmerstellung und Besteuerung der Anteile

Komplementäre sind in einer KG regelmäßig Mitunternehmer. Gewinne und Verluste werden grundsätzlich den Gesellschaftern zugerechnet. Die steuerliche Behandlung unterscheidet zwischen Gewinnanteilen und Sondervergütungen, die für Tätigkeiten oder Überlassungen gezahlt werden.

Besondere Konstellationen bei der GmbH & Co. KG

Bei der GmbH & Co. KG beeinflusst die Doppelstruktur aus Personengesellschaft und Kapitalgesellschaft die steuerliche Einordnung von Vergütungen an die Komplementär-GmbH. Zudem sind gewerbesteuerliche Aspekte und die Behandlung von Haftungsvergütungen bedeutsam.

Beendigung und Umwandlung

Auflösung der Gesellschaft und Abwicklung

Die Gesellschaft kann durch Beschluss, Zeitablauf, Kündigung oder weitere im Vertrag definierte Ereignisse aufgelöst werden. Es folgt die Abwicklung, in der Vermögenswerte verwertet, Schulden beglichen und verbleibende Guthaben verteilt werden. Komplementäre führen regelmäßig die Liquidation.

Formwechsel und Verschmelzung

Ein Formwechsel in eine andere Rechtsform oder eine Verschmelzung mit einem anderen Unternehmen ist möglich, wenn die gesetzlichen Vorgaben und vertraglichen Regelungen eingehalten werden. Dabei kann sich die Stellung des Komplementärs grundlegend verändern oder entfallen.

Internationale Bezüge

Entsprechungen in anderen Rechtsordnungen

In vielen Ländern existiert ein funktionales Pendant zum Komplementär, etwa der General Partner in einer Limited Partnership. Der Kern bleibt die persönliche Haftung und Leitungsbefugnis, während die übrigen Partner eine beschränkte Haftung tragen.

Grenzüberschreitende Aspekte

Bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten sind Registervorgaben, Anerkennung von Rechtsformen, Haftungsreichweite und steuerliche Zuordnung zu beachten. Die Einbindung einer haftungsbeschränkten Komplementärgesellschaft wird oft genutzt, um Risiken zu strukturieren.

Häufig gestellte Fragen

Was unterscheidet einen Komplementär von einem Kommanditisten?

Der Komplementär führt die Geschäfte und haftet unbeschränkt, während der Kommanditist in der Regel nicht geschäftsführend tätig ist und seine Haftung auf die vereinbarte Einlage begrenzt ist. Beide wirken als Gesellschafter zusammen, jedoch mit deutlich unterschiedlichen Rechten und Pflichten.

Haftet der Komplementär mit seinem Privatvermögen?

In der klassischen KG haftet der Komplementär grundsätzlich unbeschränkt, also auch mit seinem Privatvermögen. Bei Gestaltungen wie der GmbH & Co. KG trifft die persönliche Haftung die Komplementär-GmbH, deren Haftung auf deren Gesellschaftsvermögen begrenzt ist.

Kann eine GmbH Komplementär sein?

Ja. Bei der GmbH & Co. KG übernimmt eine GmbH die Rolle des Komplementärs. So bleiben Leitung und Vertretung bei der Komplementärin, während die persönliche Haftung auf die GmbH verlagert wird.

Welche Aufgaben hat der Komplementär in der KGaA?

Der Komplementär leitet die KGaA und vertritt sie nach außen. Die Hauptversammlung der Aktionäre hat weniger Einfluss auf die Geschäftsführung als bei einer Aktiengesellschaft, ein Aufsichtsrat besteht mit den für die KGaA typischen Kompetenzen.

Wie wird ein neuer Komplementär in die Gesellschaft aufgenommen?

Die Aufnahme erfolgt durch Änderung des Gesellschaftsvertrags und einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss. Die neue Vertretungslage ist zum Handelsregister anzumelden, damit sie im Außenverhältnis Wirkung entfaltet.

Was passiert mit der Haftung nach dem Ausscheiden eines Komplementärs?

Es besteht eine zeitlich begrenzte Nachhaftung für Verbindlichkeiten, die vor dem Ausscheiden entstanden sind. Maßgeblich sind vertragliche Regelungen und die Eintragung der Veränderung im Handelsregister.

Darf ein Komplementär Konkurrenzgeschäfte betreiben?

Regelmäßig gilt ein Wettbewerbsverbot. Komplementäre müssen die Interessen der Gesellschaft wahren. Konkurrenzhandlungen können vertragliche Folgen wie Schadensersatz oder Vertragsstrafen auslösen.

Wer vertritt die KG nach außen?

Die Vertretung nimmt der oder die Komplementäre wahr. Ob Einzel- oder Gesamtvertretung besteht, ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag und der Handelsregistereintragung. Ergänzend können Prokuristen oder Bevollmächtigte handeln.