Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Verwaltungsrecht»Kommunalwahlrecht

Kommunalwahlrecht


Begriff und Grundlagen des Kommunalwahlrechts

Das Kommunalwahlrecht bezeichnet die rechtlichen Regelungen und Vorschriften, unter denen die Bevölkerung einer Gemeinde, Stadt oder eines Landkreises die Mitglieder der kommunalen Vertretungsorgane, oftmals den Gemeinderat oder Kreistag, sowie vielfach auch den/die Bürgermeister/in, wählt. Es handelt sich um eine spezifische Ausprägung des Wahlrechts auf der lokalen Ebene und ist maßgeblich durch bundes- und landesrechtliche Bestimmungen geprägt.

Das Kommunalwahlrecht gewährleistet die demokratische Legitimation der kommunalen Selbstverwaltung und trägt zur politischen Gestaltung und Willensbildung auf lokaler Ebene bei. Innerhalb Deutschlands ist das Kommunalwahlrecht nicht bundeseinheitlich geregelt, sondern fällt in die Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer.


Rechtsquellen des Kommunalwahlrechts

Verfassungsrechtliche Grundlagen

Das Kommunalwahlrecht ist in Artikel 28 Absatz 1 Grundgesetz (GG) verankert, wonach die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den Grundsätzen des demokratischen Rechtsstaats entsprechen muss. Dazu zählt insbesondere, dass die Vertretungskörperschaften auf allen Ebenen in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt werden.

Weiterführende Grundlagen ergeben sich durch die einschlägigen Landesverfassungen und Kommunalwahlgesetze der einzelnen Bundesländer, die Rechte und Pflichten der Wahlberechtigten und Kandidierenden normieren.

Landesgesetzliche Ausgestaltung

Die konkrete Ausgestaltung, Durchführung und Organisation der Kommunalwahlen ist Aufgabe der Länder und findet ihren Niederschlag in den jeweiligen Kommunalwahlgesetzen (z. B. Kommunalwahlgesetz Nordrhein-Westfalen, Kommunalwahlordnung Bayern).

Die Landesgesetze regeln insbesondere:

  • Wahlverfahren und Wahlsysteme
  • Wahlorgane und Zuständigkeiten
  • Anforderungen an Kandidierende
  • Wahlprüfung und Rechtsschutzmöglichkeiten

Wesentliche Elemente des Kommunalwahlrechts

Wahlberechtigung und Wählbarkeit

Wahlberechtigung

Wahlberechtigt bei Kommunalwahlen sind gemäß den jeweiligen Landesgesetzen meist alle Bürgerinnen und Bürger, die:

  • das 16. Lebensjahr vollendet haben (in manchen Bundesländern abweichend)
  • ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der entsprechenden Gemeinde haben
  • nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sind

Seit dem Inkrafttreten des Maastricht-Vertrages 1992 steht das Kommunalwahlrecht im Rahmen der Unionsbürgerschaft gemäß Art. 20 Abs. 2 AEUV auch EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern mit Einwohnersitz in Deutschland zu.

Wählbarkeit

Kandidieren (Wählbarkeit) für ein kommunales Mandat kann ebenfalls, wer die Wahlberechtigung besitzt, wobei zusätzliche Anforderungen durch Landesrecht geregelt sind, darunter bestimmte Fristen des Wohnsitzes oder das Erreichen eines Mindestalters.

Ausschluss vom Wahlrecht

Vom Kommunalwahlrecht ausgeschlossen sind Personen, denen das Wahlrecht aufgrund strafgerichtlicher Verurteilungen oder durch richterliche Entscheidung entzogen wurde. Die Bedingungen hierzu sind restriktiv und durch die jeweiligen Ländergesetze präzise bestimmt.


Wahlsysteme und Wahlverfahren bei Kommunalwahlen

Wahlsysteme

In Deutschland sind für Kommunalwahlen verschiedene Wahlsysteme im Einsatz. Häufig zu finden sind:

  • Verhältniswahl: Parteien und Wählergruppen erhalten Sitze im Verhältnis zu den abgegebenen Stimmen.
  • Personenwahl: Wählerinnen und Wähler geben Stimmen direkt für Kandidierende ab.
  • Kumulieren und Panaschieren: In vielen Ländern ist es möglich, Stimmen zu bündeln (kumulieren) oder auf verschiedene Kandidierende und Listen zu verteilen (panaschieren).

Die jeweilige Ausgestaltung hängt vom Bundesland ab. Die Direktwahl der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister erfolgt meist als Mehrheitswahl.

Wahlverfahren

Das Wahlverfahren wird durch die Kommunalwahlgesetze und Kommunalwahlordnungen der Länder detailliert geregelt und umfasst insbesondere:

  • Bildung und Aufgaben der Wahlorgane (Wahlausschuss, Wahlleiter/in)
  • Einreichung und Zulassung von Wahlvorschlägen
  • Stimmabgabe (Urnenwahl, Briefwahl)
  • Feststellung des Wahlergebnisses
  • Veröffentlichung und Mitteilung der Wahlergebnisse

Rechtsschutz und Wahlprüfung

Die Rechtmäßigkeit der Kommunalwahlen kann durch Einspruchsverfahren überprüft werden. Die Einlegung eines Wahleinspruchs ist nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschriften möglich. In der Regel entscheidet über Einwendungen zunächst der Wahlprüfungsausschuss der betreffenden Gebietskörperschaft, anschließend kann meist der Verwaltungsrechtsweg beschritten werden.

Nach erfolgreichem Wahleinspruch kann das Wahlergebnis berichtigt oder die Wahl ganz oder teilweise für ungültig erklärt werden.


Bedeutung und Funktion des Kommunalwahlrechts

Das Kommunalwahlrecht bildet das Fundament für die demokratische Teilhabe und Mitbestimmung in den Gemeinden und Landkreisen und ist somit elementarer Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung. Durch die regelmäßigen Wahlen werden die politischen Kräfteverhältnisse in den Kommunen bestimmt und politische Verantwortlichkeit geschaffen.

Kommunalwahlrecht für EU-Bürger und Integration europäischer Regelungen

EU-Bürgerinnen und EU-Bürger mit Wohnsitz in Deutschland sind gemäß EU-Recht aktiv und passiv kommunal wahlberechtigt. Diese Regelung schafft eine zusätzliche Dimension des kommunalen Wahlrechts und trägt zur Integration und Mitgestaltung europäischer Mitbürger bei lokalen Entscheidungen bei.


Unterschiede zum allgemeinen Wahlrecht

Wesentliche Unterschiede zum Wahlrecht auf Landes- oder Bundesebene bestehen einerseits in der Gesetzgebungskompetenz (ausschließlich Landesrecht), andererseits in der Beteiligung von Unionsbürgerinnen und -bürgern. Darüber hinaus sind die Wahlsysteme und -verfahren teils flexibler ausgestaltet.


Weiterführende Regelungen und Entwicklungen

Das Kommunalwahlrecht unterliegt laufenden Anpassungen, etwa bezüglich des Wahlalters, der elektronischen Wahlunterstützung oder des Wahlrechts für dauerhaft in Deutschland lebende Drittstaatsangehörige. Die jeweiligen Entwicklungen hängen maßgeblich vom politischen Diskurs und verfassungsrechtlichen Vorgaben der Länder ab.


Literatur und Weblinks

  • Kommunalwahlgesetze und Kommunalwahlordnungen der Bundesländer
  • Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 28
  • Richtlinie 94/80/EG des Rates vom 19. Dezember 1994 über das Wahlrecht und das passive Wahlrecht bei den Kommunalwahlen für Angehörige der Union in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen

Dieser Artikel liefert eine umfassende und differenzierte Übersicht zum Begriff Kommunalwahlrecht und behandelt dessen rechtliche Dimensionen, Ausgestaltung und Bedeutung in Deutschland.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist bei Kommunalwahlen in Deutschland wahlberechtigt?

Das Wahlrecht bei Kommunalwahlen richtet sich in Deutschland grundsätzlich nach bestimmten gesetzlichen Vorgaben, die sich aus den Kommunalwahlgesetzen der Bundesländer ergeben. Wahlberechtigt sind in der Regel alle Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG, die am Wahltag das 16. Lebensjahr (in manchen Bundesländern das 18. Lebensjahr) vollendet haben und seit mindestens drei Monaten im Wahlgebiet mit Hauptwohnsitz gemeldet sind. Hinzu kommt, dass aufgrund europarechtlicher Vorgaben auch Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, die in Deutschland ihren Wohnsitz haben, unter denselben Voraussetzungen wahlberechtigt sind. Ausgeschlossen vom Wahlrecht sind hingegen Personen, denen aufgrund einer strafgerichtlichen Entscheidung das Wahlrecht aberkannt wurde oder die wegen einer psychischen Krankheit oder einer Behinderung unter Betreuung in allen Angelegenheiten stehen.

Welche Gesetze regeln das Kommunalwahlrecht in Deutschland?

Das Kommunalwahlrecht ist Länderangelegenheit und wird in den jeweiligen Kommunalwahlgesetzen der Bundesländer geregelt, z.B. dem Kommunalwahlgesetz Nordrhein-Westfalen (KWahlG NRW) oder dem Kommunalwahlgesetz Baden-Württemberg (KomWG BW). Diese Gesetze konkretisieren für das jeweilige Land die Ausgestaltung des aktiven und passiven Wahlrechts, das Wahlverfahren, die Wählbarkeit und die Durchführungsmodalitäten der Wahl. Ergänzend gelten die Kommunalwahlordnungen (KWahlO), die verfahrensrechtliche und organisatorische Details wie Fristen, Einreichung von Wahlvorschlägen und die Auszählung regeln. Außerdem sind allgemeine Wahlrechtsgrundsätze aus dem Grundgesetz und dem jeweiligen Landeswahlgesetz zu beachten.

Welche Vorschriften gelten für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger bei Kommunalwahlen?

EU-Bürgerinnen und EU-Bürger genießen gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 3 GG i.V.m. der Richtlinie 94/80/EG ein eigenes Kommunalwahlrecht in Deutschland, sofern sie ihren gewöhnlichen Wohnsitz in einer deutschen Gemeinde nachweisen können. Sie besitzen ein aktives und in den meisten Bundesländern auch ein passives Wahlrecht, sind also wahlberechtigt und können sich zur Wahl stellen, unterliegen aber denselben Melde- und Aufenthaltsauflagen wie deutsche Staatsangehörige. Für die Teilnahme müssen sie auf Antrag in das Wählerverzeichnis aufgenommen werden, wenn sie nicht automatisch erfasst werden, und dürfen in dem Herkunftsstaat nicht von der Wahl ausgeschlossen worden sein. Die Teilnahme an der Wahl unterliegt auch hier den spezifischen Fristen und Vorgaben des jeweiligen Landesrechts.

Unter welchen Umständen kann das Wahlrecht bei Kommunalwahlen entzogen werden?

Der Entzug des Wahlrechts ist nur unter den engen Voraussetzungen zulässig, die der Gesetzgeber in den jeweiligen Kommunalwahlgesetzen bestimmt hat. Maßgeblich ist vor allem § 45 StGB, nach dem Gerichte bei schweren Straftaten als Nebenfolge die Aberkennung des Wahlrechts anordnen können. Darüber hinaus führt auch eine umfassende gerichtliche Betreuung in allen Angelegenheiten zu einem Ausschluss vom Wahlrecht, sofern dies gesetzlich ausdrücklich normiert ist (siehe zuletzt BVerfG, Beschluss vom 29.01.2019 – 2 BvC 62/14, zur Verfassungswidrigkeit solcher Regelungen). Ferner können bestimmte Aufenthaltsbestimmungen, wie ein fehlender Wohnsitz oder ein Wegzug vor Ablauf der erforderlichen Frist, zum Verlust der Wahlberechtigung führen.

Welche Anforderungen gelten für die Aufstellung von Wahlvorschlägen?

Die Aufstellung von Wahlvorschlägen unterliegt formellen und materiellen Anforderungen, die detailliert in den Kommunalwahlgesetzen und -ordnungen der Bundesländer geregelt sind. Wahlvorschläge dürfen in der Regel von Parteien, Wählergruppen oder Einzelbewerberinnen und -bewerbern eingereicht werden. Sie sind fristgerecht und in vorgeschriebener Form (oft schriftlich und mit Unterschriftenlisten) bei der zuständigen Gemeindebehörde einzureichen. Die Anzahl der Unterstützungsunterschriften variiert je nach Größe der Kommune und Art des Wahlvorschlags. Wahlvorschläge müssen zudem personenbezogene Angaben, Erklärungen zur Wählbarkeit und im Fall von Parteien, den Nachweis über deren Parteistatus enthalten. Die formelle Prüfung übernimmt der zuständige Wahlausschuss, der unzulässige oder fehlerhafte Wahlvorschläge zurückweisen kann.

Gibt es Vorgaben zum Wahlverfahren und wie wird die Stimmabgabe durchgeführt?

Das Wahlverfahren bei Kommunalwahlen unterscheidet sich abhängig vom Bundesland. Meistens wird das Wahlsystem der personalisierten Verhältniswahl angewendet; hierbei können die Wählenden sowohl für Parteien als auch für einzelne Personen Stimmen abgeben („Kumulieren“ und „Panaschieren“). Die Stimmabgabe erfolgt grundsätzlich geheim und persönlich im Wahllokal oder per Briefwahl. Für die Briefwahl gelten besondere Vorschriften bezüglich der Beantragung, Ausstellung des Wahlscheins und Sicherstellung der geheimen Wahl. Die Auszählung richtet sich nach den Vorgaben der jeweiligen Kommunalwahlordnung, wobei die Stimmzettel sorgfältig auf Gültigkeit geprüft werden. Für die Mandatszuweisung kommen verschiedene Sitzzuteilungsverfahren zur Anwendung, etwa das Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren oder das D’Hondt-Verfahren.

Welche Regelungen bestehen für die Überprüfung und Anfechtung von Kommunalwahlergebnissen?

Wahlergebnisse der Kommunalwahlen können durch das Rechtsmittel des Wahleinspruchs überprüft werden. Die Einzelheiten regeln die Kommunalwahlgesetze und -ordnungen des jeweiligen Bundeslandes. Grundsätzlich können Wahlberechtigte oder Wahlvorschlagsträger innerhalb einer bestimmten Frist (meist zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses) schriftlich Einspruch bei der zuständigen Gemeinde- oder Kreisverwaltung einlegen. Der Wahlausschuss prüft den Einspruch und entscheidet darüber; gegen diese Entscheidung ist eine Klage vor dem Verwaltungsgericht möglich. Anfechtungsgründe sind zumeist Verstöße gegen Wahlrechtsgrundsätze, Wahlfälschung, unzulässige Zurückweisung von Wahlvorschlägen oder erhebliche Fehler bei der Stimmauszählung. Das Wahlprüfungsverfahren ist dabei streng formal geregelt, um die Rechtssicherheit der gewählten Gremien zu gewährleisten.