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Kommunalwahlen


Begriff und Bedeutung der Kommunalwahlen

Kommunalwahlen sind Wahlen, bei denen die Mitglieder kommunaler Vertretungskörperschaften sowie in vielen Fällen die leitenden Amtsträger von Gemeinden, Städten und Landkreisen innerhalb eines staatlichen Gemeinwesens gewählt werden. Sie stellen einen grundlegenden Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung in demokratischen Rechtsstaaten dar. Kommunalwahlen dienen der demokratischen Legitimation der Organe der Selbstverwaltung und tragen wesentlich zur politischen Beteiligung auf lokaler Ebene bei.

Rechtsgrundlagen der Kommunalwahlen

Verfassungsrechtliche Grundlagen

Das Recht auf kommunale Selbstverwaltung ist in Deutschland in Artikel 28 Absatz 2 des Grundgesetzes (GG) verankert. Daraus ergibt sich das Recht der Gemeinden und Landkreise, die Grundlagen ihrer Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze durch Wahlen und Abstimmungen zu gestalten. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben gewährleisten insbesondere die Allzuständigkeit der Kommunen, das Recht auf eigene Finanzmittel sowie die demokratische Legitimation durch Wahlen.

Landesrechtliche Bestimmungen

Die konkrete Ausgestaltung der Kommunalwahlen erfolgt in der Bundesrepublik Deutschland durch die Landesgesetzgeber. Einzelheiten regeln die jeweiligen Kommunalwahlgesetze (z.B. das Kommunalwahlgesetz NRW, das Bayerische Kommunalwahlgesetz etc.) und die dazugehörigen Ausführungsverordnungen. Diese enthalten detaillierte Regelungen zu Wahlsystem, Wahlterminen, Stimmabgabe, Wählbarkeit und weiteren Modalitäten. Da die Organisation von Kommunalwahlen Ländersache ist, existieren Unterschiede zwischen den Bundesländern im Hinblick auf das Wahlsystem (z. B. Verhältniswahlrecht, Mehrheitswahlrecht oder eine Kombination).

Kommunales Wahlrecht

Das kommunale Wahlrecht umfasst das Recht, an Kommunalwahlen teilzunehmen (aktives Wahlrecht) sowie in ein kommunales Amt gewählt zu werden (passives Wahlrecht). Die Voraussetzungen für das kommunale Wahlrecht orientieren sich primär am Wohnsitz und der Staatsangehörigkeit. Das Mindestalter ist in den meisten Bundesländern identisch mit dem Wahlalter zu anderen politischen Ebenen, wobei einige Länder das aktive Wahlrecht ab 16 Jahren zulassen.

Stimmrecht und Wahlverfahren

Die genaue Ausgestaltung des Stimmrechts unterscheidet sich landesrechtlich. In vielen Bundesländern können Wähler ihre Stimmen kumulieren (Mehrfachstimmen für eine Kandidatin/einen Kandidaten) oder panaschieren (Stimmen auf verschiedene Listen oder Parteien verteilen). Die Sitzverteilung erfolgt in den meisten Fällen nach dem Prinzip der Verhältniswahl, in einigen Bereichen oder kleineren Gemeinden auch nach Mehrheitswahlrecht.

Europäische Rechtsgrundlagen

Durch Richtlinie 94/80/EG des Rates der Europäischen Union erhalten Unionsbürgerinnen und Unionsbürger in allen Mitgliedstaaten das Recht, bei Kommunalwahlen zu wählen und gewählt zu werden, sofern sie in der entsprechenden Gemeinde ihren gewöhnlichen Wohnsitz haben. Diese Bestimmungen wurden durch das Kommunale Wahlrecht der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger in das jeweilige Landesrecht integriert.

Wahlorgane und Wahlaufsicht

Wahlleitungen und Wahlausschüsse

Die Durchführung von Kommunalwahlen obliegt in der Regel unabhängigen Wahlleitungen und Wahlausschüssen. Die Wahlbehörden werden auf kommunaler Ebene eingesetzt und gewährleisten die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Wahl. Sie nehmen Wahleinsprüche entgegen, prüfen die Rechtmäßigkeit der Wahl und nehmen die Feststellung des Wahlergebnisses vor.

Wahlprüfung und Rechtsmittel

Gegen die Gültigkeit kommunaler Wahlen können Wahlprüfungsbeschwerden erhoben werden. Die Kommunalwahlgesetze der Länder regeln das Verfahren, die Fristen und die zuständigen Instanzen. In der Regel entscheidet der örtliche Wahlausschuss in erster Instanz, im weiteren Verlauf kann das zuständige Verwaltungsgericht angerufen werden. Zentrale Gründe für Einsprüche sind Verstöße gegen das Wahlrecht, beispielsweise Fehler bei der Stimmabgabe, der Stimmenauszählung oder unzulässige Beeinflussung des Wahlverfahrens.

Wahlberechtigung und Wählbarkeit

Aktives Wahlrecht

Das aktive Wahlrecht steht grundsätzlich allen Einwohnerinnen und Einwohnern einer Kommune zu, die

  • eine bestimmte Altersgrenze erreicht haben (häufig 16 oder 18 Jahre),
  • Deutsche oder Unionsbürger sind,
  • mindestens seit mehreren Wochen oder Monaten mit Hauptwohnsitz in der jeweiligen Gemeinde gemeldet sind und
  • nicht aufgrund rechtlicher Vorgaben von der Wahl ausgeschlossen sind (z. B. durch eine gerichtliche Entscheidung im Falle bestimmter Straftaten).

Passives Wahlrecht

Die passive Wahlberechtigung, also das Recht, sich bei Kommunalwahlen zur Wahl zu stellen, erfordert in den meisten Bundesländern das Erreichen der Volljährigkeit, also das 18. Lebensjahr. Auch für Unionsbürger besteht das passive Wahlrecht, sofern weitere Voraussetzungen – beispielsweise die erforderliche Zeit des Wohnsitzes – erfüllt sind. Bestimmte rechtliche Ausschlussgründe, beispielsweise ein Verlust der Wählbarkeit auf Grund strafrechtlicher Verurteilung, sind abschließend im Landesrecht aufgeführt.

Wahlverfahren und Wahlsysteme

Verhältniswahl und Mehrheitswahl

In den meisten Bundesländern werden Kommunalvertretungen nach dem Grundsatz der Verhältniswahl gewählt. Dabei werden die Sitze proportional zu den auf die Listen entfallenden Stimmen verteilt. In einigen Regionen kommt die Mehrheitswahl zur Anwendung, insbesondere bei Bürgermeisterwahlen oder in kleineren Gemeinden, bei denen einzelne Kandidierende ohne Listenplazierung gewählt werden können.

Besonderheiten der Stimmenabgabe

Häufig können mehrere Stimmen vergeben werden, das sogenannte Kumulieren erlaubt es, mehrere Stimmen an eine Person zu geben. Panaschieren gestattet es, Stimmen auf Kandidierende verschiedener Listen zu verteilen. Die Wahlordnung regelt die genaue Zuweisung und Auszählung der Stimmen sowie die Schwellenwerte und das Zuteilungsverfahren.

Briefwahl und Wahlräume

Die Stimmabgabe ist sowohl persönlich im Wahllokal als auch per Briefwahl möglich. Das Briefwahlverfahren ist durch landesrechtliche Kommunalwahlordnungen geregelt und dient der Erleichterung der Wahlteilnahme auch für mobilitätseingeschränkte oder abwesende Personen.

Wahlarten im kommunalen Bereich

Direktwahlen

Je nach Bundesland finden neben der Wahl der kommunalen Vertretungsorgane auch Direktwahlen statt, etwa für das Amt der Bürgermeisterin/des Bürgermeisters oder des Landrats. Bei Direktwahlen kommt häufig die Mehrheitswahl, teils mit Stichwahl im zweiten Wahlgang, zur Anwendung.

Verhältniswahlen zur Vertretungskörperschaft

Die Wahl der Mitglieder von Stadt-, Gemeinde- und Kreisräten erfolgt in aller Regel nach dem Verhältniswahlrecht, um eine möglichst repräsentative Abbildung des Wählerwillens zu gewährleisten. Sperrklauseln, beispielsweise eine Drei- oder Fünf-Prozent-Hürde, sind seltener und meist nur in größeren Kommunen vorgesehen.

Rechtliche Bedeutung und Auswirkungen von Kommunalwahlen

Legitimation und Selbstverwaltung

Kommunalwahlen sichern die demokratische Legitimation der kommunalen Selbstverwaltungsorgane. Die rechtmäßige Bildung der Vertretungsorgane ist für die Gültigkeit sämtlicher Beschlüsse und das Funktionieren der Kommunalverwaltung elementar.

Änderungen durch Urteile und Reformen

Verschiedene Urteile, insbesondere des Bundesverfassungsgerichts und der Landesverfassungsgerichte, haben die rechtlichen Rahmenbedingungen der Kommunalwahlen mitgeprägt, insbesondere hinsichtlich der Chancengleichheit der Parteien, des Wahlrechtsausschlusses und der Ausgestaltung der Stimmrechtsmodalitäten.

Rechtsfolgen von Wahlrechtsverstößen

Wahlrechtsverstöße können die Wahlanfechtung und – im Extremfall – die Ungültigkeit der Wahl nach sich ziehen. Die jeweiligen Gemeindeverfassungen und Kommunalwahlgesetze bestimmen die rechtlichen Folgen und das Prozedere der Neuwahlen.

Literatur und weiterführende Normen

  • Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG), Art. 28 Abs. 2
  • Kommunalwahlgesetze (KommWG) der Bundesländer
  • Kommunalwahlordnungen der Bundesländer
  • Richtlinie 94/80/EG des Rates der Europäischen Union
  • Bundes- und Landesverfassung
  • einschlägige Rechtsprechung (z. B. BVerfG, VerfGH der Länder)

Dieser umfangreiche Überblick zu den rechtlichen Grundlagen und Verfahren der Kommunalwahlen dient zur Einordnung und zum Verständnis des kommunalen Wahlrechts im Kontext des deutschen Rechtssystems und seiner bedeutenden Stellung innerhalb der demokratischen Grundordnung.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist nach deutschem Recht bei Kommunalwahlen wahlberechtigt?

Das Wahlrecht bei Kommunalwahlen ist in Deutschland im jeweiligen Kommunalwahlgesetz der Bundesländer geregelt und unterscheidet sich daher in Details von Bundesland zu Bundesland. Grundsätzlich gilt jedoch, dass alle Deutschen im Sinne von Artikel 116 Abs. 1 Grundgesetz, die das Mindestalter erreicht haben (meist 16 oder 18 Jahre), sowie seit dem Maastricht-Vertrag auch Unionsbürger anderer EU-Staaten, die in der jeweiligen Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben, das aktive Wahlrecht besitzen. Voraussetzung ist weiter, dass sie nicht aufgrund eines Gerichtsurteils vom Wahlrecht ausgeschlossen wurden. Zudem ist meist ein Bestimmter Mindestaufenthalt in der Kommune erforderlich (z.B. drei Monate vor dem Wahltag). Das aktive Wahlrecht umfasst das Recht, zu wählen, während das passive Wahlrecht, also gewählt zu werden, teils noch anderen Voraussetzungen und Altersgrenzen unterliegen kann. Details wie die Dauer des erforderlichen Hauptwohnsitzes oder Altersgrenzen sind in den jeweiligen Landeswahlgesetzen konkret ausformuliert.

Welche Gesetze regeln die Durchführung von Kommunalwahlen?

Die Durchführung von Kommunalwahlen wird in erster Linie durch die Kommunalwahlgesetze und Kommunalwahlordnungen der einzelnen Bundesländer geregelt. Daneben sind auch Grundrechte, insbesondere das Gleichheits- und das Wahlrechtsgrundsatz aus Artikel 28 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim), zu beachten. Für technische Einzelheiten der Wahl, wie die Bestellung und Zusammensetzung von Wahlausschüssen, Einreichung von Wahlvorschlägen, Stimmabgabe oder die Ermittlung des Wahlergebnisses, treffen die Bundesländer spezifische Regelungen; meist sind diese in einer eigenen Kommunalwahlordnung (KWO) zusammengefasst. In Streitfällen werden die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und die jeweiligen Regelungen zur Wahlprüfung relevant.

Welche Fristen sind bei der Einreichung von Wahlvorschlägen zu beachten?

Jede kommunale Wahlordnung sieht für die Einreichung von Wahlvorschlägen verschiedene Fristen vor. Diese werden durch die Anordnung der Wahl (Wahlausschreibung) ausgelöst. Wahlvorschläge müssen innerhalb einer gesetzlich festgelegten Frist beim zuständigen Wahlleiter eingereicht werden. Die Frist beträgt meist mehrere Wochen und endet oft um 18 Uhr am 69. oder 48. Tag vor dem Wahltag (variiert nach Bundesland). Die genaue Frist wird in der Wahlausschreibung bekanntgegeben. Verspätet eingereichte Wahlvorschläge werden zwingend zurückgewiesen. Zusätzlich können für die Beseitigung von Mängeln noch kurze Nachbesserungsfristen bestehen. Wahlvorschläge von Parteien, Wählergruppen oder Einzelbewerbern müssen mit Unterstützungsunterschriften versehen und bestimmte Formalanforderungen einhalten, die im Detail im jeweiligen Kommunalwahlgesetz und der Kommunalwahlordnung geregelt sind.

Wie werden Wahlanfechtungen rechtlich behandelt?

Die Wahlanfechtung ist das zentrale Rechtsmittel, um die Rechtmäßigkeit einer Kommunalwahl überprüfen zu lassen. Das Verfahren ist im jeweiligen Kommunalwahlgesetz und -ordnung des Landes geregelt. Gegen eine Wahl kann innerhalb einer gesetzlich festgelegten Frist (meist zwei Wochen nach Feststellung des Wahlergebnisses) schriftlich Einspruch eingelegt werden, sofern Wahlfehler geltend gemacht werden, die das Wahlergebnis beeinflusst haben könnten. Zuständig für die Entscheidung über Wahlanfechtungen ist zunächst meist der Gemeindewahlausschuss oder ein entsprechendes Gremium. Gegen dessen Entscheidung kann innerhalb einer weiteren Frist Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden. Die Wahlanfechtung hat grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung, das heißt, die gewählten Organe nehmen ihre Arbeit auf, bis ein Gericht eine andere Entscheidung trifft. Kommt ein Gericht zu dem Schluss, dass die Wahlfehler erheblich waren, kann es die Wahl insgesamt oder in Teilen wiederholen lassen.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten für die Wahlwerbung?

Wahlwerbung unterliegt bei Kommunalwahlen neben allgemeinen Gesetzen (wie Strafgesetzbuch, Ordnungswidrigkeitenrecht oder dem Versammlungsrecht) insbesondere den Grundsätzen der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung der Parteien nach Art. 21 GG sowie einschlägigen Landesvorschriften. Öffentliche Flächen für Wahlwerbung (z.B. Plakatierung) müssen neutral und diskriminierungsfrei nach objektiven Kriterien vergeben werden. Das Anbringen von Wahlplakaten ist regelmäßig erlaubnispflichtig und unterliegt kommunalen Satzungen sowie speziellen zeitlichen und örtlichen Beschränkungen. Unzulässig sind irreführende, beleidigende oder volksverhetzende Inhalte. Verstöße können sowohl verwaltungsrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Welche rechtlichen Vorgaben gibt es zur Stimmauszählung und Ergebnisfeststellung?

Die Stimmauszählung bei Kommunalwahlen ist detailliert in der jeweiligen Kommunalwahlordnung geregelt. Die Auszählung beginnt unmittelbar nach Abschluss der Wahlhandlung. Sie muss öffentlich und durch die Wahlvorstände erfolgen, wobei das Wahlgeheimnis zu wahren ist. Alle Aspekte der Auszählung (z.B. Gültigkeit von Stimmen, Behandlung ungültiger oder mehrfach gekennzeichneter Stimmzettel) sind gesetzlich weitgehend normiert, Fehler können zu einer Wahlanfechtung führen. Nach Auszählung wird das Ergebnis vom Wahlvorstand festgestellt und an die zuständigen Gemeindewahlleiter übermittelt, die die vorläufigen und später die endgültigen amtlichen Ergebnisse bekanntgeben. Rechtsfehler in diesem Prozess können, sofern sie mandatsrelevant sind, zur Wiederholung der Wahl führen.

Unter welchen Voraussetzungen können Kandidaten von der Wahl ausgeschlossen werden?

Kandidaten können nach den jeweiligen Kommunalwahlgesetzen ausgeschlossen werden, wenn sie die gesetzlichen Voraussetzungen für das passive Wahlrecht nicht erfüllen. Dazu zählen zum Beispiel fehlende Staatsangehörigkeit, nicht ausreichender Hauptwohnsitz in der betreffenden Gemeinde oder dauerhafter Verlust der Wählbarkeit aufgrund strafrechtlicher Verurteilungen. Außerdem werden Kandidaten zurückgewiesen, deren Wahlvorschläge formale Fehler aufweisen (z.B. fehlende Unterstützungsunterschriften, versäumte Fristen) oder wenn der Wahlvorschlag gegen zwingende Vorschriften der Wahlgesetze verstößt. Der Ausschluss erfolgt in einem formellen Verfahren durch den zuständigen Wahlausschuss, gegen diese Entscheidung kann meist nach Maßgabe des Verwaltungsrechts Einspruch eingelegt werden.