Kommissionsvertrag: Begriff, Funktion und rechtliche Einordnung
Ein Kommissionsvertrag ist eine Vereinbarung, bei der eine Person oder ein Unternehmen (Kommissionär) Waren oder Wertpapiere in eigenem Namen, aber für Rechnung eines anderen (Kommittent) an- oder verkauft. Der Kommissionär tritt nach außen als Vertragspartner gegenüber Dritten auf, während die wirtschaftlichen Folgen – Gewinn, Verlust, Kosten und Erlöse – dem Kommittenten zugeordnet werden. Das Modell verbindet kaufmännische Flexibilität mit einer klaren Trennung zwischen Außenauftritt und wirtschaftlicher Zuordnung.
Beteiligte und Rollen
Der Kommittent ist die wirtschaftlich berechtigte Person an der Ware oder dem Erlös. Er erteilt Weisungen, trägt in der Regel das Preis- und Marktrisiko und erhält den wirtschaftlichen Nutzen des Geschäfts. Der Kommissionär führt das Geschäft im eigenen Namen aus, schließt die Verträge mit Dritten, verwahrt die Ware und rechnet mit dem Kommittenten ab. Zwischen Kommissionär und Drittem entsteht ein eigener Vertrag; das Innenverhältnis zwischen Kommissionär und Kommittent regelt die Ausführung, Vergütung und Abrechnung.
Typische Anwendungsbereiche
Kommissionsverträge finden sich häufig im Groß- und Einzelhandel, im Kunst- und Luxusgüterhandel, im Fahrzeug- und Maschinenhandel, bei Auktionsgeschäften sowie bei Wertpapieren. Moderne Ausprägungen ergeben sich zudem im E‑Commerce, etwa wenn ein Dienstleister Waren im eigenen Namen über Marktplätze veräußert, die Rechnung jedoch dem Auftraggeber zugeordnet wird.
Abgrenzung zu ähnlichen Vertragsformen
Vom Maklervertrag unterscheidet sich die Kommission durch den Vertragsschluss im eigenen Namen: Der Kommissionär wird selbst Vertragspartei gegenüber dem Dritten, während der Makler nur vermittelt. Gegenüber dem Handelsvertreter ist kennzeichnend, dass der Kommissionär nicht fortlaufend Geschäfte im Namen eines Unternehmers vermittelt, sondern selbst abschließt. Die Konsignation (Lieferung auf Lager des Abnehmers mit Eigentumsvorbehalt bis zur Entnahme) ist ebenfalls abzugrenzen, da dort der Abnehmer im eigenen Namen verkauft. Treuhandmodelle weisen Überschneidungen auf, unterscheiden sich jedoch regelmäßig in Zweck und Bindung der Rechtsmacht.
Vertragsinhalt und Struktur
Hauptpflichten der Parteien
Pflichten des Kommissionärs
Der Kommissionär hat das übertragene Geschäft sorgfältig auszuführen, vereinbarte Preis- und Qualitätsvorgaben zu beachten, den Dritten zu wählen und zu kontrahieren, die Ware fachgerecht zu verwahren, den Erlös entgegenzunehmen, alle Vorteile (z. B. Rabatte, Skonti) herauszugeben und über das Geschäft vollständig abzurechnen. Er informiert den Kommittenten über wesentliche Umstände und beachtet dessen Weisungen, soweit diese vereinbart oder üblich sind.
Pflichten des Kommittenten
Der Kommittent stellt die Ware bereit oder ermöglicht den Erwerb, erteilt Weisungen im vereinbarten Rahmen, vergütet die Kommissionsleistung (Kommission/Provision), erstattet notwendige Auslagen und übernimmt regelmäßig das Preis- und Absatzrisiko. Er nimmt Abrechnungen an und sorgt für die Entgegennahme von Erlösen oder die Übernahme der erworbenen Gegenstände.
Vergütung und Kosten
Die Vergütung des Kommissionärs besteht regelmäßig in einer prozentualen Kommission bezogen auf Kaufpreis oder Warenwert. Hinzu treten Auslagenersatz (z. B. Transport, Lagerung, Versicherung, Gebühren) und gegebenenfalls ein besonderes Entgelt für die Übernahme eines zusätzlichen Zahlungsrisikos (Delkredere). Rabattvorteile aus dem Drittgeschäft werden grundsätzlich dem Kommittenten gutgebracht.
Weisungsrecht und Entscheidungsspielräume
Der Kommittent kann Preisgrenzen, Qualitätsanforderungen, Auswahlkriterien für Käufer oder Verkäufer sowie Fristen vorgeben. Innerhalb dieser Vorgaben besitzt der Kommissionär einen kaufmännisch geprägten Ermessensspielraum. Offenlegungen gegenüber dem Dritten sind möglich, aber nicht zwingend: Bei offener Kommission nennt der Kommissionär den Kommittenten, bei verdeckter Kommission bleibt dieser nach außen ungenannt.
Eigentum, Gefahr und wirtschaftliches Risiko
Bei Verkaufskommission verbleibt das wirtschaftliche Eigentum an der Ware bis zum Verkauf regelmäßig beim Kommittenten; der Kommissionär verwahrt und veräußert. Beim Abschluss mit dem Dritten erwirbt und übereignet der Kommissionär im Außenverhältnis, ordnet die wirtschaftlichen Folgen aber dem Kommittenten zu. Das Preis- und Absatzrisiko trägt typischerweise der Kommittent; der Kommissionär trägt die Sorgfalts- und Obhutsrisiken in seinem Verantwortungsbereich. Das Zahlungsrisiko des Dritten trifft grundsätzlich den Kommittenten, sofern nicht eine besondere Risikoübernahme (Delkredere) vereinbart wurde.
Durchführung des Kommissionsgeschäfts
Einkaufskommission und Verkaufskommission
Bei der Einkaufskommission beschafft der Kommissionär Waren oder Wertpapiere für den Kommittenten und übergibt diese nach Erwerb. Bei der Verkaufskommission veräußert der Kommissionär Waren des Kommittenten und kehrt den Erlös aus. In beiden Fällen bleibt die wirtschaftliche Zuordnung identisch: Der Kommissionär handelt im eigenen Namen, rechnet aber für fremde Rechnung ab.
Abwicklung mit dem Dritten
Der Kommissionär schließt den Kaufvertrag mit dem Dritten, nimmt Lieferung oder Zahlung entgegen und erfüllt die Gegenleistung. Er sorgt für geeignete Dokumentation, übernimmt die Übergabe oder Versendung und wahrt die Rechte aus dem Drittvertrag. Gegenüber dem Kommittenten besteht Informations- und Rechenschaftspflicht über alle wesentlichen Schritte.
Abrechnung und Herausgabe
Nach Abschluss des Geschäfts rechnet der Kommissionär zeitnah ab. Er weist Kaufpreise, Erlöse, Rabatte, Auslagen, Steuern und die Kommission aus. Er hat erworbene Gegenstände, Ersatzansprüche und Erlöse herauszugeben. Bei Verkaufskommission sind nicht verkaufte Waren nach Beendigung zurückzugeben, soweit nichts Abweichendes vereinbart ist.
Sicherungsrechte und Haftung
Zurückbehaltungs- und Pfandrechte
Zur Sicherung eigener fälliger Ansprüche aus dem Kommissionsverhältnis – etwa auf Vergütung und Auslagenersatz – kann dem Kommissionär ein Zurückbehaltungsrecht an Ware und Erlösen zustehen. Häufig ist zudem ein Pfandrecht an dem Kommissionsgut und den daraus entstehenden Forderungen vorgesehen, sei es kraft Gesetzes oder vertraglich vereinbart.
Haftung gegenüber Kommittent und Dritten
Der Kommissionär haftet dem Kommittenten für sorgfältige Ausführung, ordnungsgemäße Verwahrung, richtige Abrechnung und die Beachtung von Weisungen. Gegenüber dem Dritten haftet der Kommissionär aus dem von ihm geschlossenen Vertrag als eigene Vertragspartei. Eine Übernahme des Bonitätsrisikos des Dritten (Delkredere) bedarf einer besonderen Vereinbarung und ist regelmäßig zusätzlich vergütet.
Gewährleistung und Mängel
Bei Mängeln der verkauften oder gekauften Ware setzt die Zuordnung an: Der Kommissionär macht im Außenverhältnis vertragliche Rechte gegenüber dem Dritten geltend; die wirtschaftlichen Ergebnisse werden dem Kommittenten zugeordnet. Im Innenverhältnis richtet sich die Verantwortlichkeit nach den getroffenen Vereinbarungen und der Einhaltung von Sorgfalts- und Informationspflichten.
Beendigung und Störungen
Beendigungsgründe
Ein Kommissionsvertrag endet regelmäßig durch Erfüllung, Zeitablauf bei befristeten Verträgen oder Kündigung, soweit diese vorgesehen ist. Bei Geschäftsgrundlagenstörungen, Unmöglichkeit oder erheblicher Pflichtverletzung können vertraglich geregelte Beendigungsrechte bestehen. Nach Beendigung bestehen Abrechnungs-, Herausgabe- und Rückgabepflichten.
Insolvenznahe Konstellationen
Gerät der Kommissionär in eine Krise, bleibt die wirtschaftliche Zuordnung des Kommissionsguts zum Kommittenten bedeutsam. In der Praxis treten Herausgabeansprüche an nicht veräußerten Waren und Ansprüche auf Auskehr des Erlöses in den Vordergrund; Sicherungsrechte des Kommissionärs an Ware oder Erlös können fortwirken. Bei Insolvenz des Kommittenten stehen Abrechnungs- und Herausgabepflichten gegen etwaige Einreden des Kommissionärs, insbesondere wegen Vergütung und Auslagenersatz.
Dokumentation und typische Regelungsinhalte
Beschreibung des Kommissionsguts
Üblich sind präzise Angaben zu Art, Menge, Qualität, Zustand, Kennzeichnung, Verpackung, Transport und Lagerung, um die ordnungsgemäße Ausführung und Abrechnung zu ermöglichen.
Preisrahmen und Konditionen
Vereinbart werden Mindest- oder Höchstpreise, Verhandlungsspielräume, Rabatte, Zahlungs- und Lieferbedingungen sowie der Umgang mit Skonti, Boni und Nebenkosten. Eine Möglichkeit ist die Vereinbarung, dass der Kommissionär bei Abweichungen vom Preisrahmen besondere Informationspflichten erfüllt.
Vergütung, Auslagen und Delkredere
Regelungen betreffen die Kommissionshöhe, Fälligkeit, Auslagenersatz, Abzüge, Abrechnungstermine sowie eine etwaige Übernahme des Zahlungsrisikos des Dritten gegen gesondertes Entgelt.
Haftung, Verwahrung und Sicherheiten
Vereinbart werden Obhutspflichten, die Behandlung von Beschädigungen oder Verlust, Versicherungen, Nachweise sowie Zurückbehaltungs- und Pfandrechte an Ware und Erlös zur Sicherung offener Ansprüche.
Laufzeit, Kündigung und Rückführung der Ware
Geregelt werden Laufzeit, ordentliche oder außerordentliche Kündigungsrechte, Fristen, die Rücknahme nicht veräußerter Ware und die Abwicklung offener Drittgeschäfte bei Vertragsende.
Besonderheiten im grenzüberschreitenden Kontext
Bei internationalen Konstellationen ist die genaue Einordnung des Vertrags, das anwendbare Recht und die Zuständigkeit entscheidend. Unterschiede in Rechtsordnungen können die Ausgestaltung von Eigentumsübergang, Sicherungsrechten und Haftung beeinflussen. Klarheit schafft eine eindeutige Rechtswahl, abgestimmt mit logistischen und handelsüblichen Regelwerken.
Häufig gestellte Fragen
Worin liegt der zentrale Unterschied zwischen Kommissionsvertrag und Makler- beziehungsweise Handelsvertretervertrag?
Der Kommissionär schließt das Geschäft im eigenen Namen ab und wird Vertragspartner des Dritten, rechnet aber wirtschaftlich mit dem Kommittenten ab. Makler und Handelsvertreter schließen typischerweise nicht im eigenen Namen ab, sondern vermitteln oder vertreten, sodass der Auftraggeber direkt Vertragspartner des Dritten wird.
Wer trägt das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Käufers?
Ohne besondere Vereinbarung liegt das Zahlungsrisiko grundsätzlich beim Kommittenten, da die wirtschaftlichen Folgen des Geschäfts ihm zugeordnet sind. Übernimmt der Kommissionär gegen gesondertes Entgelt das Bonitätsrisiko des Dritten, handelt es sich um eine Delkredereabrede.
Bleibt der Kommittent Eigentümer der Ware bis zum Verkauf?
Regelmäßig verbleibt die wirtschaftliche Zuordnung der Ware beim Kommittenten, bis der Kommissionär sie im Außenverhältnis an den Käufer übereignet. Der Kommissionär hat die Ware zu verwahren und die wirtschaftlichen Ergebnisse des Verkaufs dem Kommittenten zuzuordnen.
Muss der Kommissionär den Namen des Kommittenten gegenüber dem Käufer offenlegen?
Eine Offenlegung ist nicht zwingend. Bei offener Kommission kann der Kommissionär den Kommittenten benennen; bei verdeckter Kommission bleibt dieser gegenüber dem Dritten ungenannt. In beiden Fällen bleibt der Kommissionär Vertragspartner des Dritten.
Wie wird die Vergütung des Kommissionärs typischerweise ausgestaltet?
Üblich ist eine prozentuale Kommission bezogen auf den Kaufpreis oder Warenwert, ergänzt um den Ersatz notwendiger Auslagen. Für die Übernahme eines zusätzlichen Zahlungsrisikos kann ein gesondertes Entgelt vereinbart werden.
Welche Sicherungsrechte hat der Kommissionär an Ware und Erlösen?
Zur Sicherung offener Ansprüche auf Vergütung und Auslagenersatz kann dem Kommissionär ein Zurückbehaltungsrecht und regelmäßig auch ein Pfandrecht an der Kommissionsware sowie am daraus erzielten Erlös zustehen. Umfang und Rangfolge ergeben sich aus Vereinbarung und gesetzlichen Vorgaben.
Welche Pflichten zur Abrechnung bestehen?
Der Kommissionär hat über jedes Kommissionsgeschäft vollständig und zeitnah abzurechnen. Die Abrechnung umfasst Erlös, Rabatte, Skonti, Kosten, Steuern, die Kommission sowie die Herausgabe von Ware, Ersatzansprüchen oder Kaufpreiszahlungen an den Kommittenten.