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Kohlendioxid-Speicherung


Begriff und Grundlagen der Kohlendioxid-Speicherung

Die Kohlendioxid-Speicherung (CO₂-Speicherung, englisch Carbon Capture and Storage – CCS) bezeichnet technische und rechtliche Verfahren zur Abscheidung, zum Transport und zur dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid (CO₂) aus industriellen Prozessen in geologischen Formationen. Ziel der Kohlendioxid-Speicherung ist die Minderung des atmosphärischen CO₂-Gehalts zur Einhaltung klimapolitischer Zielsetzungen. Der Begriff umfasst das Sammeln, Befördern und Endlagern von CO₂, wobei insbesondere rechtliche Regelungen maßgeblich für die Zulässigkeit und Durchführung der Speicherung sind.


Rechtliche Grundlagen der Kohlendioxid-Speicherung in Deutschland

Nationale Gesetzgebung

Im Zentrum der nationalen Regelungen steht das Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG). Das KSpG regelt die Voraussetzungen für die Erprobung, Genehmigung und den Betrieb von Anlagen zur Speicherung von CO₂ in tiefen geologischen Formationen. Darüber hinaus finden zusätzliche Bestimmungen aus dem Bergrecht, dem Umweltrecht sowie dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) Anwendung.

Wesentliche Regelungsinhalte des KSpG:

  • Definition zulässiger Speichervorhaben
  • Anforderungen an die Standortauswahl
  • Zulassungsverfahren
  • Überwachung, Nachsorge und Haftung
  • Umgang mit Rücknahme, Stilllegung und Langzeitüberwachung

Das KSpG setzt die europäische Richtlinie 2009/31/EG über die geologische Speicherung von Kohlendioxid in nationales Recht um. Die Speicherung von CO₂ ist nach KSpG aufgrund der Schutzgüter Boden, Wasser und menschliche Gesundheit sowie des hohen Gefährdungspotenzials grundsätzlich nur zu Forschungs- und Demonstrationszwecken zulässig. Eine dauerhafte industrielle Nutzung bleibt bislang rechtlich beschränkt.

Länderkompetenzen

Die Umsetzung und Zuständigkeit zur Genehmigung von CO₂-Endlagerprojekten liegt bei den Bundesländern. Diese entscheiden durch Rechtsverordnung, ob und in welchem Umfang Speichersuchräume zur Verfügung stehen. Einzelne Bundesländer können die CO₂-Speicherung vollständig oder in Teilen untersagen.


Europarechtliche Vorgaben und internationale Rahmenbedingungen

EU-Richtlinien und internationale Verträge

Bedingt durch die transnationale Bedeutung des Klimaschutzes unterliegt die CO₂-Speicherung einem engen Geflecht europarechtlicher Vorgaben. Die Richtlinie 2009/31/EG regelt Mindestanforderungen an:

  • Auswahl, Genehmigung und Überwachung von Speicherstätten
  • Verantwortungsträgerschaft und Übergaberoutinen nach Beendigung der Einlagerung
  • Anforderungen an Transport- und Zuführungsinfrastruktur

Die Speicherung in Meeresgewässern unterliegt darüber hinaus weiteren völkerrechtlichen Regelungen, insbesondere dem London-Protokoll und der Convention for the Protection of the Marine Environment of the North-East Atlantic (OSPAR-Konvention). Diese untersagen oder beschränken die Abfallentsorgung, einschließlich der CO₂-Verbringung, in Meeresgebiete.


Zulassungsverfahren und Genehmigungsanforderungen

Genehmigungspflichten und Umweltverträglichkeitsprüfung

Gemäß § 4 KSpG bedarf jede unterirdische CO₂-Speicherung einer behördlichen Genehmigung. Voraussetzung bildet eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) gemäß UVPG. Hierbei werden Umweltauswirkungen wie Bodenveränderungen, Wassergefährdung, potenzielle seismische Aktivitäten und Risiken eines Austritts von CO₂ bewertet.

Zudem greift die Störfallverordnung (12. BImSchV), die Anforderungen an Notfallpläne und Sicherheitsmanagementsysteme stellt. Die Genehmigung erfolgt im Regelfall befristet und unter Auflagen zur Risikominimierung und öffentlichen Beteiligung.

Haftung, Nachsorge und Langzeitverantwortung

Ein bedeutender Aspekt der rechtlichen Regulierung ist die Langzeitverantwortung. Während des Betriebes haftet der Anlagenbetreiber für etwaige Umwelteinwirkungen und Schäden. Nach der Betriebsphase wird die Verantwortung unter klaren Bedingungen (z. B. nachweislich sicherer Einschluss) auf die zuständige Behörde (meist staatlich) übertragen.

Der Betreiber muss Rücklagen für Nachsorge und Monitoring bilden und haftet weiterhin für etwaige Schadensfälle, sofern Pflichtverletzungen nachweisbar sind. Diese Regelungen sollen insbesondere die öffentliche Hand vor unkalkulierbaren Kosten schützen.


Öffentliches Recht, Beteiligungs- und Klagerechte

Öffentlichkeitsbeteiligung und Rechtsschutz

Die Verwirklichung von CO₂-Speicherprojekten erfordert die Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß den Vorgaben der Aarhus-Konvention und des UVPG. Betroffene Bürger, Umweltverbände und Kommunen erhalten Einsichtsrechte und Möglichkeiten zur Stellungnahme im Rahmen des Genehmigungsverfahrens.

Klagerechte ergeben sich sowohl aus dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz als auch aus allgemeinen Verwaltungsgerichtsordnungen. Hieraus folgt eine gerichtliche Überprüfbarkeit aller wesentlichen Verfahrensschritte.


Weitere Rechtsgebiete und Problematiken

Verhältnis zu anderen Gesetzen und Interessenskonflikte

Die CO₂-Speicherung berührt eine Vielzahl angrenzender Regelungsbereiche. Insbesondere die Belange des Grundwasser- und Naturschutzes (§ 47 WHG, BNatSchG) sowie des privaten Eigentums und der Bodenschätze (Berggesetz, BBergG) sind zu beachten. Interessenskonflikte können etwa in Bezug auf konkurrierende Flächennutzungen (etwa Trinkwasserförderung oder Rohstoffabbau) entstehen und bedürfen rechtlicher Abwägung.

Datensicherheit und Informationspflichten

Das Monitoring und die Dokumentation der CO₂-Speicherung verpflichten Betreiber zur Offenlegung relevanter Daten an Behörden und die Öffentlichkeit. Der Datenschutz spielt eine Rolle bei sensiblen geologischen und technischen Informationen.


Fazit zur Rechtslage der Kohlendioxid-Speicherung

Die rechtliche Behandlung der Kohlendioxid-Speicherung ist in Deutschland und Europa von hohen regulatorischen Anforderungen und einer starken öffentlich-rechtlichen Kontrolle geprägt. Die gesetzlichen Vorgaben dienen dem Schutz der Umwelt und Gesundheit und sollen sicherstellen, dass Risiken umfassend evaluiert, minimiert und langfristig bewältigt werden können. Sowohl die nationale als auch internationale Gesetzgebung unterliegen fortlaufenden Anpassungen infolge technischer Entwicklungen, gesellschaftlicher Akzeptanz und europäischer sowie globaler Klimaschutzziele. Insgesamt steht die breite kommerzielle Anwendung der CO₂-Speicherung weiterhin unter strengen rechtlichen und politischen Vorbehalten.

Häufig gestellte Fragen

Welche Genehmigungen sind für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur Kohlendioxid-Speicherung erforderlich?

Für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur Kohlendioxid-Speicherung – auch als CCS-Anlagen (Carbon Capture and Storage) bezeichnet – ist eine Vielzahl öffentlich-rechtlicher Genehmigungen erforderlich. Zentral ist hierbei die Genehmigung nach dem Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG), welches die Anforderungen an Planung, Bau, Betrieb und Stilllegung solcher Anlagen regelt. Hinzu kommen weitere Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), Umweltverträglichkeitsprüfungen gemäß UVPG sowie ggf. bergrechtliche Zulassungen im Sinne des Bundesberggesetzes (BBergG), sofern unterirdische Speicherstätten betroffen sind. Ebenfalls ist regelmäßig eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich, wenn Einwirkungen auf das Grundwasser nicht ausgeschlossen werden können. Diese verschiedenen Verfahren sind zum Teil miteinander verzahnt (z. B. Konzentrationswirkung der Hauptgenehmigung), müssen aber jeweils einzeln geprüft und beantragt werden. Im Einzelfall können auch kommunale Bau- und Planungsrechte sowie weitere Länderregelungen eine Rolle spielen.

Welche Haftungsregelungen gelten im Zusammenhang mit der Kohlendioxid-Speicherung?

Haftungsfragen sind ein zentrales Thema im rechtlichen Kontext der Kohlendioxid-Speicherung, da etwaige Umweltschäden oder Risiken für Gesundheit und Eigentum berücksichtigt werden müssen. Nach dem KSpG trägt zunächst der Anlagenbetreiber während Betrieb und Nachsorgephase die volle Verantwortung für eventuelle Schäden, die durch die Speicherung hervorgerufen werden, insbesondere für Leckagen oder Auswirkungen auf Boden und Wasser. Nach Abschluss der Nachsorgezeit kann die Haftung unter bestimmten Voraussetzungen und nach einem aufwendigen Übergabeverfahren auf den Staat übergehen. Dabei ist nachzuweisen, dass die Speicherstätte langfristig sicher ist und keine Gefahr einer Freisetzung besteht. Weitere Haftungsregelungen ergeben sich auch aus allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB; etwa Deliktsrecht) oder dem Umwelthaftungsgesetz (UmweltHG). Besonders relevant ist hierbei die Beweislastverteilung sowie die mögliche Pflicht, Versicherung oder andere finanzielle Sicherheiten nachzuweisen.

Welche Regelungen bestehen bezüglich der Überwachung und Kontrolle von Kohlendioxid-Speicherstätten?

Die Überwachung und Kontrolle von Kohlendioxid-Speicherstätten ist gesetzlich umfangreich normiert. Bereits in der Planungsphase muss ein detailliertes Überwachungskonzept, das sogenannten „Monitoring“, vorgelegt werden. Während des Betriebs sind Betreiber verpflichtet, laufend Daten über Druck, Temperatur und Zusammensetzung im Speicher sowie über mögliche Veränderungen im Deckgebirge zu erheben. Entsprechende Berichte sind regelmäßig der zuständigen Behörde vorzulegen. Darüber hinaus sieht das KSpG behördliche Inspektionsrechte vor, die unangekündigte Kontrollen und Überprüfungen ermöglichen. Im Falle von Störungen oder Unregelmäßigkeiten sind zudem unverzüglich Meldungen an die Überwachungsbehörde zu machen. Nach Stilllegung gilt auch für einen gewissen Zeitraum eine Monitoring- und Nachsorgepflicht, die verbindlich im Genehmigungsbescheid festgelegt wird.

Wie werden Eigentumsrechte und Mitspracherechte Dritter bei der Kohlendioxid-Speicherung behandelt?

Im Zusammenhang mit CCS-Projekten ist das Eigentumsrecht an Grundstücken und Lagerstätten von zentraler Bedeutung. Das Recht zur Nutzung unterirdischer Speicherstätten wird in der Regel als bergrechtliches Nutzungsrecht nach dem BBergG geregelt und ist von den Eigentumsrechten des Grundeigentümers zu unterscheiden. Eigentümer und Nutzungsberechtigte angrenzender Flächen haben insbesondere im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und nachbarrechtlicher Vorschriften ein Anhörungsrecht. Darüber hinaus sind Interessen, etwa von Landwirten, Wasserrechtlerinnen oder Anwohnern, im Planfeststellungs- bzw. Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen. Bei substantiellen Beeinträchtigungen kommen Entschädigungsansprüche nach allgemeinem Zivilrecht oder spezialgesetzlichen Vorschriften in Betracht. Ferner sind gegebenenfalls die betroffenen Gemeinden am Verfahren zu beteiligen.

Welche Anforderungen bestehen hinsichtlich der Langzeitsicherheit und Nachsorge von Kohlendioxid-Speicherstätten?

Das deutsche Kohlendioxid-Speicherungsgesetz schreibt vor, dass vor Inbetriebnahme der Speicherstätte ein Nachsorgeplan vorzulegen ist, der detailliert beschreibt, wie die Sicherheit der Anlage nach Beendigung der aktiven Einlagerung gewährleistet wird. Betreiber sind verpflichtet, auch nach der Schließung der Speicherstätte über einen vorgeschriebenen Zeitraum hinweg – in der Regel mehrere Jahrzehnte – Monitoring, Wartung und Instandhaltung der Anlage sicherzustellen. Erst nach Nachweis der dauerhaften Integrität der Lagerstätte kann formal ein Antrag auf Haftungsübergang an den Staat gestellt werden. Die Vorschriften umfassen ferner Regelungen zur Stilllegung, zur fortgesetzten Umweltdokumentation und zur eventuellen Sanierung bei Störungen. Die Behörden überprüfen im Rahmen eigener Kontrollen fortlaufend die Einhaltung der Nachsorgeanforderungen.

Gibt es spezielle Vorschriften hinsichtlich des grenzüberschreitenden Transports oder der Speicherung von Kohlendioxid?

Ja, der grenzüberschreitende Transport und die Speicherung von Kohlendioxid unterliegen besonderen Anforderungen, da nicht nur nationales Recht greift, sondern auch internationale und europäische Vorgaben, beispielsweise aus der London-Konvention und EU-Richtlinie 2009/31/EG über die geologische Speicherung von CO₂. Während der innereuropäische Transport von Kohlendioxid zur Speicherung im Rahmen des europäischen Emissionshandels und der Speicherungsrichtlinie grundsätzlich zulässig ist, bedarf jeder Export oder Import einer gesonderten behördlichen Genehmigung und gegebenenfalls Zustimmung der empfangenden Staaten. Das KSpG setzt diese internationalen Vorgaben in nationales Recht um und verpflichtet Betreiber, Herkunft, Menge und Zielort des zu speichernden Kohlendioxids detailliert zu dokumentieren sowie etwaige grenzüberschreitende Umweltwirkungen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung darzulegen.

Welche Bedeutung kommt der Öffentlichkeitsbeteiligung beim Genehmigungsverfahren zu?

Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist ein wesentlicher Bestandteil des Genehmigungsverfahrens für Kohlendioxidspeicherprojekte. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung werden relevante Behörden, Träger öffentlicher Belange und die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig einbezogen. Die Genehmigungsunterlagen sind öffentlich auszulegen, Einwendungen können in festgelegten Fristen eingebracht werden. Die Behörde ist verpflichtet, diese Einwände angemessen zu würdigen und im Genehmigungsbescheid darauf einzugehen. Im Fall besonders erheblicher Umweltauswirkungen oder bei Betroffenheit von Natura-2000-Gebieten können zusätzliche Anhörungen und Beteiligungsverfahren erforderlich sein. Die Einbindung trägt dazu bei, Transparenz zu schaffen und die Akzeptanz von CCS-Projekten zu erhöhen.