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know-how-Vereinbarung


Know-how-Vereinbarung

Eine Know-how-Vereinbarung bezeichnet einen schuldrechtlichen Vertrag, durch den mindestens eine Vertragspartei berechtigt wird, vertrauliche Informationen, technisches Wissen oder Geschäftsgeheimnisse (sogenanntes Know-how) anderer Parteien zu nutzen oder weiterzugeben. Know-how-Vereinbarungen dienen insbesondere dem Schutz von nicht patentierten technischen Erkenntnissen, gewerblichen Methoden, betriebswirtschaftlichen Abläufen oder geheimhaltungsbedürftigen Entwicklungen vor unbefugtem Zugriff und unberechtigter Verwendung.

Begriffsbestimmung und Abgrenzung

Know-how-Definition

Unter Know-how versteht man technisches, wirtschaftliches oder organisatorisches Wissen, das nicht allgemein zugänglich oder leicht erfassbar ist. Es handelt sich um praktische Kenntnisse, Fertigkeiten, Erfahrungen oder Daten, die für Dritte nicht ohne Weiteres beschaffbar und in ihrem wirtschaftlichen Wert schutzwürdig sind. Know-how unterscheidet sich von Erfindungen, die durch Patente geschützt sind, dadurch, dass dieses Wissen in der Regel keinen formalen Schutzrechtsstatus genießt.

Abgrenzung zu anderen Vertrags- und Schutzformen

Know-how-Vereinbarungen sind abzugrenzen von Lizenzverträgen über gewerbliche Schutzrechte (Patente, Marken, Design), Geheimhaltungsvereinbarungen (NDA) und Technologietransferverträgen. Während bei Lizenzverträgen klar definierte Schutzrechte übertragen oder deren Nutzung gestattet wird, regelt eine Know-how-Vereinbarung insbesondere den Umgang mit geheimen, nicht rechtsformgebundenen Informationen.

Rechtliche Grundlagen der Know-how-Vereinbarung

Vertragstyp und Einordnung

Die Know-how-Vereinbarung ist gesetzlich nicht explizit geregelt und wird regelmäßig als Mischvertrag eingeordnet. Sie enthält Elemente aus Dienst-, Werk- und Mietverträgen, mitunter auch Elemente des Kauf- oder Lizenzvertragsrechts. Maßgebliche materielle Bestimmungen ergeben sich in Deutschland insbesondere aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), wobei dispositives Vertragsrecht Anwendung findet, sofern keine spezialgesetzlichen Regelungen einschlägig sind.

Schutz von Know-how

Der rechtliche Schutz von Know-how stützt sich seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) auf europarechtlicher Grundlage (EU-Richtlinie 2016/943). Darüber hinaus können allgemeine zivilrechtliche, strafrechtliche und wettbewerbsrechtliche Vorschriften schützend wirken, wie etwa §§ 823, 826 BGB sowie das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

Vertragliche Regelungsinhalte

Hauptpflichten

Zentrale Inhalte einer Know-how-Vereinbarung sind die Überlassung und Nutzung von Know-how sowie das Verbot der Weitergabe an Dritte. Die Vereinbarung kann auch Herstellung, Einbau, Verarbeitung oder Verwertung des Know-hows im eigenen Betrieb oder in Produkten umfassen.

Nebenpflichten

Zu den klassischen Nebenpflichten gehören:

  • Geheimhaltungspflichten: Die empfangende Partei verpflichtet sich zum Schutz und zur vertraulichen Behandlung des übergebenen Wissens.
  • Sorgfalts- und Sicherheitsmaßnahmen: Verpflichtung, technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz vor Datenverlust oder unberechtigtem Zugriff zu treffen.
  • Rückgabe oder Vernichtung: Herausgabe aller Unterlagen bei Vertragsende oder dokumentierte Vernichtung.

Vergütungsregelungen

Know-how-Vereinbarungen sehen häufig eine angemessene Vergütung vor, die je nach wirtschaftlichem Wert, Umfang des Know-hows und Nutzungsintensität ausgestaltet ist. Möglich sind Einmalzahlungen, laufende Nutzungsentgelte (Royalties) oder erfolgsabhängige Modelle.

Laufzeit, Kündigung und Beendigung

Die Laufzeit kann befristet oder unbefristet vereinbart werden. Für die Beendigung sind oft spezielle Klauseln vorgesehen, die den Umgang mit dem Know-how nach Vertragsende (etwa Rückgabepflichten, fortgeltende Geheimhaltung, Wettbewerbsverbote) regeln.

Rechtliche Vorgaben und Schranken

Schranken des Kartellrechts

Europäisches und deutsches Kartellrecht schränkt die Vertragsfreiheit bei Know-how-Vereinbarungen ein. Besonders relevant sind Art. 101 AEUV und § 1 GWB, die wettbewerbsbeschränkende Abreden untersagen. Gruppenfreistellungsverordnungen, insbesondere die Vertikal-GVO und die Technologietransfer-GVO, setzen zulässige Rahmenbedingungen für solche Vereinbarungen.

Arbeitnehmererfindungen und Drittbezug

Ist Know-how durch Arbeitnehmererfindungen entstanden, ist das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen zu beachten; Rechte am Know-how können hier von der dienstgebenden Partei geltend gemacht werden. Im Fall, dass Know-how von Dritten stammt, ist zu prüfen, ob Rechte und Pflichten zum Weitervertrieb oder zur Nutzung bestehen.

Ausländische Rechtsordnungen und internationales Know-how

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten sind Kollisionsnormen und etwaige Exportkontroll- sowie Embargoregelungen zu berücksichtigen. Internationale Know-how-Vereinbarungen bedürfen der präzisen Rechtswahl und Gerichtsstandvereinbarung.

Folgen von Vertragsverstößen

Schadensersatz und Unterlassung

Verstößt die empfangende Partei gegen die Regelungen der Know-how-Vereinbarung, etwa durch unbefugte Weitergabe oder Nutzung, ergeben sich Ansprüche auf Schadensersatz, Unterlassung und gegebenenfalls Herausgabe des durch die Verletzung Erlangten.

Strafrechts- und Wettbewerbsrechtliche Konsequenzen

Unberechtigte Nutzung oder Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen kann einen Verstoß gegen das UWG (§§ 17-19) oder strafrechtliche Normen nach § 23 GeschGehG verursachen. In der Praxis drohen zivilrechtliche und strafrechtliche Sanktionen.

Gestaltungshinweise und Praxistipps

Schriftform und Dokumentation

Aus Gründen der Beweisbarkeit und Klarheit wird dringend geraten, Know-how-Vereinbarungen schriftlich abzufassen und genaue Definitionen des zu schützenden Wissens zu dokumentieren, etwa durch Anlagen, Zeichnungen, technische Dokumentationen und Spezifikationen.

Vertraulichkeitsstufen

Regelmäßig empfiehlt sich die Differenzierung von Vertraulichkeitsstufen, insbesondere wenn der Empfänger bereits im Besitz vergleichbarer Informationen ist oder Know-how öffentlich wird.

Rückschau und Aktualisierung

Know-how entwickelt sich häufig weiter. Verträge sollten daher Anpassungs- und Aktualisierungsmöglichkeiten vorsehen, um bei technischen Fortschritten oder neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen flexibel reagieren zu können.


Zusammenfassung:
Die Know-how-Vereinbarung stellt ein wesentliches Instrument zum Schutz und zur kontrollierten Nutzung technischen oder betriebswirtschaftlichen Wissens dar, das keinen Schutz durch eingetragene Rechte genießt. Ihre rechtskonforme und sorgfältige Gestaltung ist insbesondere im Hinblick auf den Schutzumfang, den Umgang mit vertraulichen Informationen sowie die Beachtung kartellrechtlicher und datenschutzrechtlicher Anforderungen unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Anforderungen müssen an eine Know-how-Vereinbarung gestellt werden?

Eine Know-how-Vereinbarung muss bestimmten rechtlichen Anforderungen genügen, um wirksam und durchsetzbar zu sein. Zunächst muss die Vereinbarung die Parteien und das konkret betroffene Know-how eindeutig identifizieren. Insbesondere sollte klar geregelt werden, welche konkreten Informationen als Know-how geschützt sind und wie diese Informationen übergeben oder genutzt werden dürfen. Weiterhin ist auf die Formvorschriften zu achten: In der Regel ist keine Schriftform zwingend, sie wird jedoch dringend empfohlen, um Beweiszwecken zu dienen. Die Vereinbarung sollte zudem den Umfang und die Dauer der Verpflichtung zur Geheimhaltung definieren, einschließlich konkreter Regelungen zu Ausnahmen (etwa bei rechtlicher Offenbarungspflicht oder Bekanntwerden durch Dritte). Schließlich sollten auch Rechtsfolgen bei Verstößen klar festgelegt werden, einschließlich Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchen. In grenzüberschreitenden Fällen ist es zusätzlich empfehlenswert, eine Rechtswahl- sowie Gerichtsstandsvereinbarung zu treffen.

Wie lange ist die Vertraulichkeit des Know-how rechtlich bindend?

Die Dauer der Vertraulichkeitsverpflichtung richtet sich grundsätzlich nach der Vereinbarung der Parteien und dem Schutzinteresse des Know-how-Inhabers. Grundsätzlich kann die Pflicht zur Geheimhaltung sowohl befristet als auch unbefristet vereinbart werden. Rechtlich anerkannt sind befristete Vereinbarungen, insbesondere im geschäftlichen Kontext, wobei die Dauer angemessen sein muss und nicht gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) oder das Kartellrecht verstoßen darf. Unbefristete Verpflichtungen können problematisch sein, wenn sie zu einer unangemessenen Einschränkung der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit führen. Bei ehemaligen Mitarbeitern oder Vertragspartnern sind unbefristete Verpflichtungen einer strengen Inhaltskontrolle unterzogen. Darüber hinaus erlischt der Schutz automatisch, wenn das Know-how allgemein bekannt wird (Public Domain).

Welche Rechtsfolgen hat ein Verstoß gegen eine Know-how-Vereinbarung?

Ein Verstoß gegen die Know-how-Vereinbarung löst regelmäßig vertragliche Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche aus. Der geschädigte Rechteinhaber kann verlangen, dass die widerrechtliche Nutzung oder Offenlegung umgehend eingestellt wird. Zusätzlich besteht Anspruch auf Ersatz des daraus entstandenen Schadens, wobei nach deutschem Recht grundsätzlich der tatsächlich entstandene Schaden nach § 249 BGB ersetzt wird. In manchen Fällen wird zur Schadensberechnung auf die Lizenzanalogie abgestellt. Setzt der Verletzer das Know-how weiterhin rechtswidrig ein, kann ein gerichtliches Verfahren mit einer einstweiligen Verfügung eingeleitet werden. Darüber hinaus können empfindliche Vertragsstrafen vereinbart werden, um der Vereinbarung Nachdruck zu verleihen. In besonders schweren Fällen, etwa wenn der Verrat des Know-how einen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisverrat nach §§ 17 ff. UWG darstellt, kann zusätzlich eine strafrechtliche Verfolgung drohen.

Wie wird der Schutzumfang des Know-how rechtlich abgegrenzt?

Der rechtliche Schutzumfang in einer Know-how-Vereinbarung bestimmt sich maßgeblich nach dem vertraglich umrissenen Gegenstand des Know-how sowie etwaigen gesetzlichen Einschränkungen. Know-how im Sinne solcher Vereinbarungen bezieht sich auf geheimes, nicht allgemein zugängliches und wirtschaftlich bedeutsames Wissen. Im Vertrag muss so konkret wie möglich dargelegt werden, welche Informationen als schützenswert gelten, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Gesetzlich sind insbesondere Informationen ausgenommen, die ohnehin öffentlich bekannt oder allgemein zugänglich sind. Auch selbstständig entwickelte, gleiche oder ähnliche Informationen durch den Vertragspartner sind in aller Regel vom Schutz ausgenommen. Die Reichweite der Schutzpflichten kann sich zudem nach dem wirtschaftlichen Interesse des Wissensgebers und unter Berücksichtigung kartellrechtlicher Grenzen orientieren.

Welche Besonderheiten gelten bei Know-how-Vereinbarungen im internationalen Kontext?

Im internationalen Kontext sind Know-how-Vereinbarungen einer erhöhten rechtlichen Komplexität ausgesetzt. Insbesondere ist auf die Auswahl des anwendbaren Rechts (Rechtswahlklausel) und des Gerichtsstandes zu achten, um Streitigkeiten effizient zu lösen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass unterschiedliche Länder teils sehr abweichende Anforderungen an den Schutz von Geschäftsgeheimnissen und Know-how stellen, etwa im Hinblick auf die Registrierungspflichten oder den Umgang mit Angestellten. Weiterhin ist auf die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen im Ausland zu achten; in manchen Ländern sind Vertragsstrafeversprechen oder spezifische Geheimhaltungsklauseln nicht in gleichem Umfang durchsetzbar wie im deutschen Recht. Globe-spanning Unternehmen sollten Compliance-Maßnahmen einführen, um internationalen Verpflichtungen und örtlichen Rechtsvorschriften Rechnung zu tragen.

Können im Rahmen einer Know-how-Vereinbarung auch weitere Rechte (wie Lizenzen oder Nutzungsrechte) wirksam eingeräumt werden?

Im Rahmen einer Know-how-Vereinbarung können neben der reinen Geheimhaltungsverpflichtung auch Lizenzen oder Nutzungsrechte am überlassenen Know-how eingeräumt werden. Für die Wirksamkeit dieser Rechte muss die Vereinbarung präzise definieren, in welchem Umfang das Know-how genutzt werden darf, ob eine exklusive oder nicht-exklusive Nutzung gestattet ist und ob das Recht zur Weitergabe an Dritte besteht. Weiterhin sollten vertragliche Vorgaben zu räumlichen, zeitlichen und inhaltlichen Grenzen der Nutzung vereinbart werden. Lizenzgebühren, Mitwirkungspflichten und die Rückgabe bzw. Vernichtung der erhaltenen Informationen nach Ende der Vertragslaufzeit sind ebenso detailliert zu regeln. Beachten Sie, dass Know-how als solches nicht registrierbar und nur durch vertragliche Regelungen absicherbar ist, weshalb die Vertragsgestaltung besondere Sorgfalt erfordert.