Know-how-Vereinbarung: Begriff, Zweck und rechtliche Einordnung
Eine know-how-Vereinbarung ist ein Vertrag, der vertrauliches, nicht allgemein bekanntes Wissen zwischen Parteien absichert und regelt, in welchem Rahmen dieses Wissen überlassen, genutzt oder gemeinsam weiterentwickelt werden darf. Der Begriff „Know-how“ umfasst praktische Kenntnisse, Verfahren, Methoden, Rezepturen, Fertigungstechniken, Abläufe, Kalkulationen, Algorithmen, Trainingsinhalte oder Marktinformationen, die wirtschaftlichen Wert besitzen, weil sie nicht ohne Weiteres zugänglich oder offensichtlich sind. Know-how wird häufig im Rahmen von Kooperationen, Lieferbeziehungen, Entwicklungsprojekten oder Technologietransfers ausgetauscht.
Der Kern einer know-how-Vereinbarung ist die Kombination aus Nutzungsrechten und Vertraulichkeit: Das Know-how soll dem Empfänger den vertraglich erlaubten Nutzen ermöglichen, gleichzeitig aber vor unbefugter Weitergabe und unzulässiger Nutzung geschützt sein. Der Vertrag dient damit sowohl der Wertschöpfung als auch dem Erhalt der Geheimhaltung.
Rechtliche Einordnung und Schutzgegenstand
Know-how als schutzfähige Information
Know-how ist regelmäßig eine Sammlung von Informationen mit technischem oder kaufmännischem Bezug. Rechtlich relevant wird es, wenn es geheimhaltungsbedürftig ist, einen wirtschaftlichen Wert hat und der Inhaber angemessene Maßnahmen zu dessen Schutz ergreift. Die know-how-Vereinbarung ist ein wesentliches Element solcher Schutzmaßnahmen und konkretisiert Zugriffs- und Nutzungsrechte.
Abgrenzung zu anderen Schutzinstrumenten
Anders als Patente oder Gebrauchsmuster setzt Know-how keinen formalen Eintrag voraus; es bleibt durch Geheimhaltung werthaltig. Urheberrechte können an Unterlagen oder Software bestehen, schützen aber nicht das zugrundeliegende Wissen als solches. Geschäftsgeheimnisse sind ein übergreifendes Schutzregime für vertrauliche Informationen; die know-how-Vereinbarung ist ein typisches Instrument, um die dafür erforderlichen organisatorischen und vertraglichen Maßnahmen festzulegen.
Vertragsarten und Konstellationen
Know-how kann in verschiedenen Vertragsformen geregelt sein: als reine Geheimhaltungsvereinbarung (NDA), als Know-how-Lizenz (Einräumung konkreter Nutzungsrechte), als Technologietransferabrede innerhalb eines Entwicklungs- oder Fertigungsvertrags oder als Regelung in Konsortial- und Kooperationsverträgen. Inhalt und Tiefe der Regelungen variieren nach Branche, Projektrahmen und Risikoprofil.
Typische Inhalte einer know-how-Vereinbarung
Definition und Beschreibung des Know-hows
Der Vertrag enthält üblicherweise eine möglichst genaue Beschreibung des Know-hows, dessen Herkunft und Form (z. B. Dokumente, Zeichnungen, Datensätze, mündliche Erläuterungen). Häufig werden Anlagen mit beispielhaften Unterlagen, Kategorisierungen nach Geheimhaltungsstufen oder Kennzeichnungsregeln verwendet, um Abgrenzungen zu erleichtern.
Rechteübertragung und Nutzungsrechte
Zu klären ist, ob das Know-how nur zur Einsicht überlassen oder zur Nutzung lizenziert wird, ob eine Unterlizenzierung gestattet ist und ob die Nutzung auf bestimmte Zwecke, Produkte, Märkte oder Stückzahlen beschränkt ist. Regelungen zu Exklusivität und Wettbewerbsbezug bestimmen, ob auch Dritte dasselbe Know-how erhalten dürfen.
Vertraulichkeit und Geheimhaltungspflichten
Die Parteien legen fest, wie Informationen zu kennzeichnen sind, wer Zugriff erhält, in welcher Weise sie gespeichert und gesichert werden und wie mit mündlich offenbartem Wissen umzugehen ist. Typisch sind Ausnahmen für bereits bekannte, öffentlich zugängliche oder unabhängig entwickelte Informationen.
Vergütung und Gegenleistungen
Die Überlassung von Know-how kann vergütet sein, etwa durch Einmalzahlungen, laufende Entgelte, umsatzbezogene Komponenten oder Gegenleistungen wie Entwicklungsergebnisse. Der Vertrag beschreibt, welche Leistungen die Vergütung abdeckt und wie Zahlungen bemessen und abgerechnet werden.
Laufzeit, Gebiet und Exklusivität
Wesentlich sind Bestimmungen zur Vertragsdauer, zu Verlängerungsmechanismen und zur räumlichen Geltung. Exklusivitätsabreden beeinflussen Marktverhalten und werden im Lichte des Wettbewerbsrechts betrachtet. Die Geheimhaltungspflicht kann über die Vertragslaufzeit hinaus fortwirken, solange ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse besteht.
Compliance, Exportkontrolle und Zugangsbeschränkungen
Know-how kann restriktionsrelevant sein, etwa bei sicherheitskritischen Technologien oder Sanktionsregimen. Vertragsklauseln stellen klar, dass nur rechtlich zulässige Transfers erfolgen und dass erforderliche Genehmigungen oder Beschränkungen zu beachten sind. Interne Zugangsbeschränkungen und Schulungsstandards unterstützen die Rechtssicherheit.
Umgang mit Weiterentwicklungen und Feedback
Häufig entstehen im Projektverlauf neue Erkenntnisse. Die Vereinbarung regelt, wem Verbesserungen, Modifikationen oder abgeleitete Ergebnisse zuzuordnen sind und welche Nutzungsrechte daran bestehen. Ebenso werden Rückmeldungen, Testdaten und Fehlerberichte eingeordnet.
Subunternehmer und Mitarbeiterbindung
Sofern Subunternehmer oder verbundene Unternehmen eingebunden sind, bedarf es klarer Regeln zur Weitergabe von Know-how, zu Unterverträgen und zur Verantwortlichkeit. Für Mitarbeiterzugriffe werden „Need-to-know“-Prinzipien und Verschwiegenheitspflichten beschrieben.
Auditrechte, Dokumentation und Sicherheitsmaßnahmen
Zur Überprüfung der Vertragstreue können Besichtigungs- oder Auskunftsrechte vereinbart werden. Dokumentationspflichten und Mindeststandards der Informationssicherheit (z. B. Zugriffsprotokolle, Verschlüsselung, physische Sicherung) konkretisieren das Schutzniveau.
Beendigung, Rückgabe und Vernichtung
Bei Vertragsende wird geregelt, wie Unterlagen und Datenträger zurückzugeben oder zu löschen sind und in welchem Umfang Kopien aufbewahrt werden dürfen, etwa zu Nachweiszwecken. Fortgeltungsklauseln für Vertraulichkeit sind üblich.
Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen
Bei Verstößen kommen Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung, Auskunft, Herausgabe von Gewinnen, Schadensersatz und pauschalierte Vertragsstrafen in Betracht. Vertragsmechanismen können einstweilige Sicherungen und Kooperationspflichten zur Schadensbegrenzung vorsehen.
Grenzen und Risiken
Wettbewerbs- und kartellrechtliche Aspekte
Know-how-Abreden dürfen den Wettbewerb nicht unangemessen beschränken. Klauseln zu Exklusivität, Kundenschutz, Preisabsprachen oder Marktabgrenzung werden an wettbewerbsrechtlichen Maßstäben gemessen. Erforderlich ist eine sachgerechte, verhältnismäßige Ausgestaltung im Verhältnis zum Schutzinteresse.
Öffentliche Auflagen und Sicherheitsrecht
Bei internationalem Technologietransfer können Genehmigungs- und Sanktionsregime relevant sein. Verträge tragen dem Rechnung, indem sie unzulässige Weitergaben ausschließen und konforme Prozesse festlegen.
Datenschutz
Enthält das Know-how personenbezogene Informationen, greifen datenschutzrechtliche Vorgaben. Die Vereinbarung grenzt typischerweise personenbezogene und nicht personenbezogene Daten, Nutzungszwecke und Zugriffskreise ab.
Insolvenz und Eigentum an Know-how
In Krisensituationen stellt sich die Frage, wem das Know-how und abgeleitete Ergebnisse zugeordnet sind, wie Zugriffe fortgeführt werden und ob vertragliche Rechte fortbestehen. Präzise Definitionen zu Eigentum, Lizenzen und Escrow-Mechanismen schaffen Klarheit über die Zuordnung.
Nachweis und Beweislast
Im Streitfall ist oft zu klären, ob Informationen tatsächlich geheim, ausreichend beschrieben und angemessen geschützt waren. Sorgfältige Dokumentation, Kennzeichnung und Versionierung unterstützen die Beweisführung.
Internationale und sektorale Besonderheiten
Grenzüberschreitende Verträge
Bei internationalem Austausch sind Rechtswahl, Gerichtsstand, Sprache, Export- und Steuerthemen zu regeln. Abweichende Schutzniveaus für Geschäftsgeheimnisse können vertraglich adressiert werden, um konsistente Standards sicherzustellen.
Branchenbezogene Eigenheiten
In regulierten Sektoren wie Pharma, Medizintechnik, Luftfahrt oder Sicherheitstechnik gelten erhöhte Dokumentations- und Nachweisanforderungen. In der Software- und Halbleiterindustrie stehen Quellcode, Designs, Toolchains und Prozessrezepte im Vordergrund, häufig in Verbindung mit komplexen Lizenzlandschaften.
Open-Source-Bezüge
Kommt Know-how mit quelloffenen Komponenten in Berührung, sind Interferenzen zwischen Geheimhaltung und Offenlegungspflichten zu berücksichtigen. Vertragswerke grenzen die jeweiligen Sphären, Lizenzpflichten und Offenlegungstiefen voneinander ab.
Abgrenzung zu verwandten Vertragstypen
Geheimhaltungsvereinbarung (NDA)
Die NDA sichert primär Vertraulichkeit; Nutzungsrechte werden, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt eingeräumt. Eine know-how-Vereinbarung geht darüber hinaus und regelt Nutzung, Vergütung und häufig auch Weiterentwicklungen.
Technologietransfer- und Lizenzvertrag
Lizenzverträge übertragen umfassende Nutzungsrechte an Technologie, Software oder Patenten. Know-how-Klauseln sind dort integrierter Bestandteil, um nicht veröffentlichte Kenntnisse abzusichern und nutzbar zu machen.
Dienstleistungs- und Beratungsvertrag
Hier stehen Leistungen im Vordergrund. Know-how-Bestimmungen definieren, welche vorbestehenden Informationen eingebracht werden, wem Ergebnisse zustehen und wie Vertraulichkeit gewährleistet wird.
Arbeits- und Forschungskooperationsverträge
In Beschäftigungs- und Forschungsbeziehungen legen Klauseln fest, wie internes Know-how geschützt, genutzt und bei Beendigung der Zusammenarbeit behandelt wird.
Entstehung, Beweis und Dokumentation des Know-hows
Identifikation und Beschreibung
Eine klare, nachvollziehbare Beschreibung des Know-hows, seiner Herkunft und seines Werts erleichtert Schutz und Durchsetzung. Typisch sind Verzeichnisse, Referenzbeispiele und Prozessbeschreibungen.
Kennzeichnung und Zugangskontrolle
Markierungen, abgestufte Geheimhaltungslevel, Rollen- und Rechtekonzepte sowie physische und digitale Sicherungen sind vertraglich abbildbar und unterstützen die Einhaltung.
Schulungen und interne Regeln
Verständliche interne Richtlinien, Verhaltensregeln und Sensibilisierungen tragen dazu bei, dass Know-how angemessen behandelt wird und vertragliche Pflichten eingehalten werden.
Durchsetzung und Streitbeilegung
Unterlassung und Beseitigung
Bei drohenden oder eingetretenen Verstößen kommen Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung in Betracht. Ziel ist die schnelle Eindämmung weiterer Offenlegung oder Nutzung.
Schadensersatz, Vertragsstrafen und Auskunft
Zur Kompensation können Schadensersatzforderungen, pauschalierte Vertragsstrafen und Auskunfts- sowie Rechnungslegungspflichten vereinbart sein, um den Umfang einer Verletzung zu ermitteln.
Alternative Streitbeilegung
Schiedsverfahren, Mediation oder mehrstufige Eskalationsmechanismen ermöglichen eine vertrauliche und oft zügige Klärung, was im Umfeld sensibler Informationen bedeutsam ist.
Häufig gestellte Fragen
Was unterscheidet eine know-how-Vereinbarung von einer reinen Geheimhaltungsvereinbarung?
Die know-how-Vereinbarung kombiniert Vertraulichkeit mit konkreten Nutzungsrechten und oft Vergütungs- und Entwicklungsregeln. Eine reine Geheimhaltungsvereinbarung beschränkt sich auf den Schutz vor Offenlegung und unbefugter Nutzung, ohne eine weitergehende Nutzung zu erlauben.
Kann Know-how auch ohne formalen Schutz wirksam gesichert werden?
Ja. Know-how wird primär durch Geheimhaltung und angemessene Schutzmaßnahmen gesichert. Der vertragliche Rahmen legt fest, wie Informationen behandelt werden und welche Konsequenzen ein Verstoß hat, ohne dass ein Registereintrag erforderlich wäre.
Ist Exklusivität in know-how-Vereinbarungen zulässig?
Exklusivitätsklauseln sind grundsätzlich möglich, unterliegen aber wettbewerbsrechtlichen Grenzen. Entscheidend ist, dass die Beschränkung sachlich begründet und verhältnismäßig ausgestaltet ist.
Wie lange darf eine Vertraulichkeitspflicht dauern?
Die Dauer orientiert sich am fortbestehenden Schutz- und Geheimhaltungsinteresse. Solange Information wirtschaftlichen Wert aus ihrer Nicht-Offenkundigkeit schöpft und angemessen geschützt wird, kann eine Vertraulichkeitspflicht fortgelten, auch über das Vertragsende hinaus.
Welche Folgen hat die Verletzung einer know-how-Vereinbarung?
Mögliche Folgen sind Unterlassung, Beseitigung, Auskunft, Herausgabe von Vorteilen, Schadensersatz und vertraglich vereinbarte Vertragsstrafen. Ziel ist, die Rechtsposition des Inhabers zu sichern und Nachteile auszugleichen.
Gelten die Pflichten auch für Mitarbeiter und Subunternehmer?
Verträge binden regelmäßig auch eingeschaltete Personen und Unternehmen ein. Dazu werden Zugriffsgrenzen, Weitergaberegeln und entsprechende Bindungen in Unterlagen und Unterverträgen festgelegt.
Wie werden grenzüberschreitende Know-how-Transfers geregelt?
Maßgeblich sind Regelungen zu Rechtswahl, Gerichtsstand, Sprache sowie etwaige Export- und Sanktionsanforderungen. Zusätzlich können einheitliche Sicherheitsstandards und Prüfmechanismen vereinbart werden, um ein konsistentes Schutzniveau sicherzustellen.