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Knappschaft


Begriff und rechtlicher Rahmen der Knappschaft

Die Knappschaft ist eine besondere Form der Sozialversicherung in Deutschland, die aus den historischen Wurzeln der bergmännischen Selbsthilfeorganisationen hervorgegangen ist. Sie stellt eine der ältesten deutschen Sozialabsicherungen dar und ist rechtlich von anderen gesetzlichen Versicherungssystemen abgegrenzt. Die Knappschaft übernimmt heute Aufgaben in der Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sowie in der Unfallversicherung spezifisch für den Bergbau und montanindustrielle Bereiche.

Historische Entwicklung und rechtliche Einordnung

Die Ursprünge der Knappschaft reichen bis ins Mittelalter zurück, als Bergleute eigene Hinweis-, Unterstützungs- und Versicherungssysteme gründeten, um Risiken des gefährlichen Berufsalltags abzufedern. Gesetzlich wurde das System der Knappschaft durch die Einführung der ersten staatlichen Sozialgesetze im 19. Jahrhundert kodifiziert. Heute unterliegt die Knappschaft verschiedenen spezifischen Gesetzen sowie allgemeinen Regelungen der Sozialgesetzgebung.

Gesetzliche Grundlagen

Die zentrale rechtliche Struktur der Knappschaft finden sich insbesondere im Sozialgesetzbuch (SGB):

  • SGB VI (gesetzliche Rentenversicherung): Besondere Regelungen zur Rentenversicherung für Beschäftigte im Bergbau (§§ 134 ff.)
  • SGB V (gesetzliche Krankenversicherung): Sonderbestimmungen zur Krankenversicherung der bei den Knappschaften versicherten Personengruppen (§ 172 Abs. 1 SGB V)
  • SGB VII (gesetzliche Unfallversicherung): Unfallversicherungsschutz für Arbeitnehmer im Bergbau mit Ausgestaltung durch die Knappschaft-Bahn-See
  • SGB IV und SGB X: Allgemeine Vorschriften über Organisation und Verwaltung der Knappschaft

Ferner regeln spezielle Rechtsverordnungen und Satzungen der Knappschaftskassen weitere Einzelheiten.

Aufgabenbereiche und Organisationsform

Versicherungsträger

Die Knappschaft ist heute als besondere Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung organisiert. Der bundesweit zuständige Träger ist die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (DRV KBS). Sie übernimmt die Verwaltung der Versicherungen sowie die Auszahlung der Leistungen für die betreuten Versichertengruppen.

Versicherungsarten im Überblick

Krankenkasse der Knappschaft

Die Knappschaft betreibt eine eigenständige bundesweite Krankenkasse, die KNAPPSCHAFT, welche historische und heutige Mitglieder des Bergbaus, deren Angehörige sowie weitere Beschäftigte nach § 4 Abs. 2 SGB VI versichert.

Rentenversicherung der Knappschaft

Die Rentenversicherung für Bergleute (früher Knappschaftliche Rentenversicherung) unterscheidet sich insbesondere durch zusätzliche Sparten wie die sogenannten „Knappschaftsrenten“ und spezifische Wartezeiten oder Anrechnungszeiten, die den besonderen Risiken und Beanspruchungen des Bergbaus Rechnung tragen.

Unfall- und Pflegeversicherung der Knappschaft

Im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung agiert die Knappschaft mit Blick auf die bergbaulichen Gefahren als besonderer Unfallversicherungsträger neben den Berufsgenossenschaften. Darüber hinaus werden Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung bereitgehalten.

Versicherter Personenkreis und Pflichtversicherung

Der versicherte Personenkreis ist im SGB und in satzungsrechtlichen Vorgaben definiert. Hauptsächlich umfasst dieser:

  • Arbeitnehmer im aktiven sowie früheren Bergbau und Montanberufen
  • Beamte und Angestellte der Knappschaftsverwaltung
  • Bestimmte Angehörige sowie Hinterbliebene von Bergleuten
  • In Ausnahmefällen auch freiwillige Mitglieder

Die Zugehörigkeit zur Knappschaft kann verpflichtend oder freiwillig sein und richtet sich nach Tätigkeitsbereich, bisheriger Versicherungshistorie und gesetzlicher Regelungen.

Versicherungsrechtliche Besonderheiten

  • Höhere Beitragsbemessungsgrenzen: Wegen des gesteigerten Risikos im Bergbau gelten für knapppschaftlich Versicherte oft andere Beitragssätze und Bemessungsgrenzen (§ 174 SGB VI).
  • Zusätzliche Rentenarten: Spezifisch für Bergleute existieren Rentenarten wie die „Knappschaftsausgleichsleistung“.
  • Erweiterte Wartezeiten- und Anrechnungsregelungen: Für die Leistungsgewährung gelten besondere Regelungen hinsichtlich der erforderlichen Zeiten der Beschäftigung im Bergbau.

Organe und Selbstverwaltung der Knappschaft

Die Leitung und Kontrolle der Knappschaft obliegt demokratisch gewählten Organen, die sich aus Versicherten, Rentnern und Arbeitgebern zusammensetzen. Das wichtigste Gremium ist die Vertreterversammlung; daneben bestehen ein Vorstand und weitere Ausschüsse.

Zentrale rechtliche Grundlage ist die Selbstverwaltung nach Maßgabe des SGB IV und SGB X, die eine eigenverantwortliche Wahrnehmung der Aufgaben in engem gesetzlichen Rahmen gewährleistet.

Aufsicht und Kontrolle

Die Knappschaft unterliegt der Rechtsaufsicht durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Das Ministerium prüft insbesondere die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse und das Verwaltungshandeln.

Besondere Rechte und Pflichten der Versicherten

Versicherte der Knappschaft haben insbesondere folgende Rechte:

  • Anspruch auf sämtliche Leistungen der jeweiligen Versicherungssparte (z. B. Kranken- und Rentenleistungen, Rehabilitation, Unfall-Leistungen)
  • Recht auf Beteiligung an Wahlen der Selbstverwaltungsorgane

Dem stehen aber auch spezifische Pflichten gegenüber, etwa:

  • Beitragspflicht nach besonderem Tarif- und Bemessungssystem
  • Mitwirkungspflichten im Leistungs- und Verwaltungsverfahren (z. B. Mitteilung von Änderungen)

Rechtsmittel und Prozesse

Gegen Verwaltungsakte der Knappschaft bestehen die üblichen sozialrechtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten, insbesondere Widerspruch und Klage vor den Sozialgerichten. Näheres regeln das SGB X (Verwaltungsverfahren) sowie die Sozialgerichtsbarkeit nach SGG.

Bedeutung und aktuelle Entwicklungen

Die Knappschaft spielt weiterhin eine wichtige Rolle im deutschen Sozialversicherungssystem, obwohl der klassische Bergbau in Deutschland stark rückläufig ist. Sie steht ebenso für den Erhalt historischer Absicherungsmechanismen und für die Anpassung an neue Herausforderungen montanindustrieller Berufe sowie die Betreuung weiterer versicherungspflichtiger Gruppen.

Literatur und Quellen

  • Sozialgesetzbuch (SGB) I-X, insbesondere SGB IV, V, VI, VII, X
  • Knappschaftssatzungen und Statuten
  • Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See
  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): Leitfäden zu versicherungsrechtlichen Aspekten
  • Historische Werke zur Sozialversicherung in Deutschland

Dieser Artikel bietet einen umfassenden und detaillierten Einblick in alle rechtlichen Aspekte der Knappschaft im Kontext des deutschen Sozialversicherungsrechts und dient als fundierte Informationsquelle für das Rechtslexikon.

Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt der Beitritt zur Knappschaft für Arbeitgeber und Arbeitnehmer rechtlich?

Der Beitritt zur Knappschaft unterliegt allgemein den Vorschriften des Vierten Sozialgesetzbuches (SGB IV) und insbesondere den Regelungen der Knappschaftsversicherungen. Arbeitgeber, die bestimmte Betriebe oder Aufgabenbereiche (insbesondere im Bereich Bergbau, Bahnbau sowie in zugehörigen Branchen wie Seilbahnen und Hafenbetrieb) betreiben, sind verpflichtet, ihre dort beschäftigten Arbeitnehmer bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (DRV KBS), vormals als Knappschaft bezeichnet, anzumelden. Die Anmeldung erfolgt grundsätzlich elektronisch durch den Arbeitgeber, der die Daten seiner Mitarbeitenden einschließlich Beschäftigungsbeginn, -dauer und Entgelt an die jeweilige Einzugsstelle übermittelt. Arbeitnehmer werden rechtlich automatisch dann in der Knappschaft versichert, sofern die für diese Versicherung maßgeblichen Branchenzugehörigkeiten gegeben sind und keine Ausschlussgründe vorliegen. Eine bewusste Wahl oder Freiwilligkeit der Versicherung besteht meist nicht, abgesehen von Sonderfällen, die im jeweiligen Versicherungsgesetz geregelt sind. Es gelten jeweils die Vorgaben der §§ 133 ff. SGB VI sowie der maßgebenden Verordnungen. Für den Arbeitgeber ergeben sich Melde- und Beitragspflichten nach § 28a SGB IV, deren Nichtbeachtung rechtliche Folgen in Form von Bußgeldern oder Säumniszuschlägen nach sich zieht.

Welche rechtlichen Besonderheiten gelten für die Beitragserhebung bei der Knappschaft?

Die Beitragserhebung bei der Knappschaft ist in mehrfacher Hinsicht rechtlich besonders geregelt. Zum einen gelten abweichende Beitragssätze gegenüber der allgemeinen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung (siehe § 156 SGB VI für die Rentenversicherung der knappschaftlichen Beschäftigten). Der Beitragssatz zur knappschaftlichen Rentenversicherung war in der Vergangenheit regelmäßig höher als der allgemeine Satz, da das Leistungsniveau wie auch die Gefährdungsstruktur des Bergbaus und verwandter Industrien darüber abgedeckt werden mussten. Ferner erfolgt die Beitragserhebung durch die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Einzugsstelle, welche die Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung für die betroffenen Beschäftigten aus einer Hand erhebt (§ 28i SGB IV). Arbeitgeber müssen innerhalb der gesetzlichen Fristen (grundsätzlich monatlich, spätestens bis zum drittletzten Bankarbeitstag des Monats) die Beiträge abführen. Bei verspäteter Zahlung greifen Sanktionen gemäß § 24 SGB IV, insbesondere Säumniszuschläge. Im Streitfall über Beitragspflichten oder deren Höhe ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet (§ 51 SGG).

Welche besondere Rechtsstellung haben Versicherte der Knappschaft hinsichtlich Leistungsansprüchen?

Versicherte der Knappschaft genießen einige spezifische Rechte und Ansprüche, die sich aus den speziellen Sozialgesetzbüchern (insbesondere SGB VI für die Rentenversicherung, SGB V für die Krankenversicherung der Knappschaft, sogenannte „Knappschaftliche Krankenversicherung“) sowie den Zusatzordnungen und historischen Regelungen ergeben. Zum Beispiel sind die Ansprüche auf Erwerbsminderungsrenten, Hinterbliebenenleistungen sowie auf die knappschaftsspezifischen Leistungen bei Berufskrankheiten oder Arbeitsunfällen häufig in Spezialvorschriften festgelegt. Die Höhe der Leistungen kann von derjenigen der allgemeinen gesetzlichen Renten- oder Krankenversicherung abweichen, da zusätzliche oder differenzierte Risikoprämien berücksichtigt werden. Besondere Bedeutung kommt den Regelungen zum Berufsschutz, zu Rehabilitationsleistungen und den Regelungen beim Eintritt einer Berufskrankheit (spezifisch für Bergbau- und Hafenarbeiter) zu. Die Rechtsstellung sieht dabei teilweise ein bevorzugtes oder besonders ausgestaltetes Leistungsniveau vor (siehe §§ 134, 138 SGB VI), andererseits unterliegen auch die Versicherten der Knappschaft den allgemeinen Obliegenheiten zur Mitwirkung und wahrheitsgemäßen Angaben (§§ 60 ff. SGB I).

Wie ist das Verhältnis zwischen der Knappschaft und anderen Sozialversicherungsträgern rechtlich geregelt?

Das Verhältnis der Knappschaft zu anderen Sozialversicherungsträgern ist durch eine Vielzahl von Abgrenzungsregelungen geregelt, um Zuständigkeitsüberschneidungen und Doppelversicherungen zu vermeiden. Nach § 129 SGB VI besteht eine spezielle Zuordnungspflicht: Arbeitnehmer, die in einem Betrieb beschäftigt sind, für den zwingend die knappschaftlichen Vorschriften anzuwenden sind, werden ausschließlich über die Knappschaft versichert – eine parallele Versicherung in der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung findet nicht statt. Sollte es zu einem Zuständigkeitswechsel (z.B. aufgrund eines Wechsels des Wirtschaftszweigs oder durch Unternehmensumstrukturierungen) kommen, sieht das Gesetz vor, dass die Versicherungsverhältnisse entsprechend angepasst werden (§ 130 SGB VI). Meldeverfahren und Beitragsabführung werden jeweils an die zuständige Einzugsstelle delegiert. Im Falle von Meinungsverschiedenheiten über die zuständige Versicherung ist ein förmliches Feststellungsverfahren vorgesehen (§§ 7a SGB IV), bei dem die betroffenen Parteien einen Statusfeststellungsantrag stellen können und gegen die getroffene Entscheidung der Sozialversicherungsträger Rechtsmittel nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig sind.

Welche rechtlichen Vorgaben gibt es für die Beendigung der knappschaftlichen Versicherungspflicht?

Die Beendigung der knappschaftlichen Versicherungspflicht richtet sich nach den gesetzlichen Vorgaben des SGB VI und der damit verbundenen Spezialgesetze. Die Versicherungspflicht in der Knappschaft endet grundsätzlich mit dem Ausscheiden aus einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis im knappschaftlichen Geltungsbereich, d.h. mit Ende der Tätigkeit in einem Betrieb, der den knappschaftlichen Versicherungsregeln unterliegt (§ 133 SGB VI). Darüber hinaus kann die Versicherungspflicht durch eine Statusänderung (beispielsweise durch den Wechsel in einen nicht dem knappschaftlichen Bereich zugehörigen Betrieb), durch Erreichen der maßgeblichen Altersgrenze oder durch Tod des Versicherten erlöschen. Auch die Befreiung von der Versicherungspflicht ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich (etwa auf Antrag und unter Nachweis einer anderweitigen Absicherung gemäß § 6 SGB VI), wobei dies jeweils einer ausdrücklichen Zustimmung bzw. Bescheidung durch die Knappschaft oder die DRV KBS bedarf. Zu beachten ist, dass mit Beendigung der Versicherungspflicht auch die Ansprüche auf knappschaftsspezifische Leistungen in Zukunft entfallen oder in allgemeine Regelungen der gesetzlichen Versicherung übergehen können, wobei erworbene Anwartschaften erhalten bleiben, sofern gesetzliche Übertragungsregelungen greifen (z.B. Portabilität der Rentenansprüche, § 121 SGB VI).

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen zur Überprüfung oder Anfechtung von Entscheidungen der Knappschaft?

Gegen Entscheidungen der Knappschaft oder der DRV KBS, insbesondere solche, die Beitragsforderungen, Leistungsansprüche oder versicherungsrechtliche Statusfeststellungen betreffen, sind die allgemeinen Vorschriften des Sozialverwaltungsverfahrensgesetzes (SGB X) und des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) anwendbar. Rechtsbehelfe wie Widerspruch (§ 84 SGG), Klage (§ 87 SGG) und gegebenenfalls Berufung oder Revision können eingelegt werden. Der Widerspruch ist fristgemäß (grundsätzlich innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheides) bei der jeweiligen Einzugsstelle (Dienststelle der Knappschaft) einzulegen. Falls der Widerspruch zurückgewiesen wird, kann Klage vor dem örtlich zuständigen Sozialgericht erhoben werden; auch Eilrechtsschutz ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich (§ 86b SGG). Die Überprüfungs- und Anfechtungsmöglichkeiten bestehen sowohl hinsichtlich formaler Fehler (fehlende Anhörung, Verfahrensfehler) als auch bei materiell-rechtlichen Beanstandungen (z.B. fehlerhafte Zuordnung zur Knappschaft, falsche Beitragsberechnung, unberechtigte Leistungsverweigerung). Die jeweiligen Verfahrensregeln sehen eine umfassende gerichtliche Kontrolle vor, sowohl im Tatsachen- als auch im Rechtszug.