Begriff und Definition der Klimaanpassung
Klimaanpassung bezeichnet alle Maßnahmen, Strategien und Prozesse, die darauf abzielen, die nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels zu verringern und die positiven Effekte zu nutzen. Im rechtlichen Kontext umfasst der Begriff sämtliche rechtliche Rahmenbedingungen, Verpflichtungen und Instrumente, die für die Anpassung an klimatische Veränderungen auf internationaler, europäischer sowie nationaler Ebene relevant sind.
Klimaanpassung unterscheidet sich von der Klimaschutzpolitik, bei der es um die Vermeidung von Treibhausgasen und die Begrenzung der globalen Erwärmung geht. Anpassungsrecht steuert hingegen die Reaktionen auf bereits eintretende oder künftig erwartete Klimaänderungen.
Rechtsrahmen der Klimaanpassung
Internationales Klimaanpassungsrecht
Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC)
Die 1992 verabschiedete Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen bildet das Fundament des internationalen Klimaanpassungsrechts. Sie verpflichtet die Vertragsstaaten dazu, nationale und, soweit möglich, regionale Programme zur Anpassung an den Klimawandel zu entwickeln und umzusetzen.
Pariser Abkommen (2015)
Das Pariser Übereinkommen, das 2016 in Kraft trat, stellt einen Meilenstein in der internationalen Klimapolitik dar. Im Mittelpunkt steht das Ziel, „die Widerstandsfähigkeit und die Anpassungsfähigkeit gegenüber den nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels zu steigern“ (Art. 7). Es verpflichtet die Vertragsparteien, nationale Anpassungspläne zu entwickeln, regelmäßig zu aktualisieren und über deren Umsetzung Bericht zu erstatten.
Sendai-Rahmenwerk für Katastrophenvorsorge
Das Sendai-Rahmenwerk (2015-2030) ist ein völkerrechtlich relevantes Übereinkommen, das Prävention und Resilienz gegenüber Naturkatastrophen, einschließlich klimabedingter Risiken, betont und Anpassungsmaßnahmen adressiert.
Europäisches Klimaanpassungsrecht
EU-Klimaanpassungsstrategie
Die Europäische Union verfolgt eine umfassende Anpassungsstrategie, die seit 2013 besteht und 2021 aktualisiert wurde. Ziel ist es, die Widerstandsfähigkeit gegen Klimarisiken in den Mitgliedstaaten zu stärken. Die Strategie verlangt, dass die Mitgliedstaaten eigene nationale Anpassungspläne erarbeiten, um die Vulnerabilität gegenüber Klimafolgen zu verringern.
Rechtliche Instrumente der EU
- Verordnungen und Richtlinien: Vorschriften wie die Hochwasserrisikomanagementrichtlinie (2007/60/EG) oder die EU-Taxonomie-Verordnung für nachhaltige Finanzierungen nehmen Bezug auf Klimaanpassung.
- Förderprogramme: Über die Struktur- und Investitionsfonds sowie das LIFE-Programm werden Anpassungsmaßnahmen finanziell unterstützt.
Deutsches Klimaanpassungsrecht
Gesetzliche Grundlagen in Deutschland
Das Bundesklimaschutzgesetz (KSG) misst der Anpassung an den Klimawandel eine bedeutende Rolle bei. Gemäß § 13 KSG ist die Bundesregierung verpflichtet, regelmäßig eine Anpassungsstrategie und einen Fortschrittsbericht vorzulegen.
Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS)
Die Nationale Anpassungsstrategie wurde 2008 beschlossen. Sie beinhaltet Zielsetzungen, Handlungsfelder und Maßnahmenbündel zur Minderung klimabedingter Risiken in Sektoren wie Gesundheit, Wasserwirtschaft, Landwirtschaft, Städtebau und Katastrophenschutz.
Weitere relevante Gesetze und Verordnungen
Anpassungsrecht findet sich darüber hinaus unter anderem in:
- Wasserhaushaltsgesetz (WHG), das Maßnahmen zur Sicherung der Wasserressourcen beinhaltet,
- Baugesetzbuch (BauGB) mit Regelungen zur Berücksichtigung klimatischer Belange in der Bauleitplanung,
- Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) bezüglich der Ressourcenerhaltung im Zuge des Klimawandels,
- Raumordnungsgesetz (ROG) mit Vorgaben zu Klimaanpassung in der Raumordnung.
Instrumente der Klimaanpassung im Recht
Planungspflichten und Strategien
Nationale Anpassungspläne
Sowohl nach internationalem als auch europäischem Recht sind Staaten verpflichtet, Aktionspläne zur Klimaanpassung vorzulegen. Auf nationaler Ebene erfolgt die Umsetzung durch Programme wie die Deutsche Anpassungsstrategie und die Fortschreibung konkreter Maßnahmenpläne.
Berücksichtigung in Planung und Genehmigung
Die Einbeziehung klimatischer Anpassungserfordernisse ist Teil der Bauleitplanung (§ 1a Abs. 5 BauGB) und hat Einfluss auf Umweltverträglichkeitsprüfungen und Flächennutzungspläne.
Genehmigungs- und Bewilligungsvorbehalte
Anpassungsmaßnahmen betreffen oft genehmigungspflichtige Vorhaben. Hierzu zählen etwa Deichbauprojekte, Gewässerausbaumaßnahmen oder städtische Begrünungsinitiativen. Die Behörden sind verpflichtet, die Klimaanpassung bei der Erteilung von Genehmigungen zu berücksichtigen.
Förderinstrumente
Zur Erreichung der Klimaanpassungsziele stehen staatliche Förderinstrumente zur Verfügung, etwa im Rahmen der KfW-Programme für klimaangepasste Infrastruktur oder über EU-Fördermittel.
Regulierungs- und Sanktionsmechanismen
Rechtsvorschriften bestimmen Anforderungen an Anpassungsmaßnahmen und sehen Sanktionen bei Nichtbefolgung vor. Dies betrifft insbesondere wasserrechtliche Pflichten, baurechtliche Vorgaben und Anforderungen an die Katastrophenschutzvorsorge.
Besonderheiten und Herausforderungen im Klimaanpassungsrecht
Pflichtenkreise und Haftungsfragen
Anpassungsrecht schafft Handlungspflichten für staatliche Stellen, Unternehmen und Private. Die haftungsrechtliche Dimension betrifft die Frage, ob und inwieweit bei unterlassener Klimavorsorge Amtshaftungsansprüche oder zivilrechtliche Ansprüche wegen Vernachlässigung von Schutzpflichten bestehen.
Konkurrenten von Schutzgütern
Klimaanpassungsrechtliche Vorgaben sind im Rahmen der Abwägung mit anderen Rechtsgütern, wie Naturschutz, Eigentumsrecht oder Wirtschaftsfreiheit, in Einklang zu bringen. Insbesondere in der Raumordnung und im Baurecht können Zielkonflikte auftreten, die einer rechtlichen Bewertung und Lösung bedürfen.
Dynamik und Aktualisierungspflichten
Klimaanpassung ist ein dynamisches Rechtsgebiet, das fortlaufend auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse und risikobasierte Bewertungen reagieren muss. Daraus ergeben sich rechtliche Pflichten zur Aktualisierung von Plänen, Regelwerken und Maßnahmen.
Zusammenfassung und Ausblick
Klimaanpassung ist ein eigenständiger, vielschichtiger Rechtsbegriff, der international, europäisch und national fest verankert ist. Seine rechtliche Ausgestaltung umfasst Pflichten zur Entwicklung und Umsetzung von Anpassungsstrategien, Integrationsanforderungen in Planungs- und Genehmigungsverfahren, Förderanreize und Sanktionsmechanismen sowie wichtige Haftungsfragen. Aufgrund zunehmend erlebbarer Klimarisiken gewinnt die Rechtsentwicklung im Bereich Klimaanpassung weiter an Bedeutung und erfordert eine kontinuierliche Fortentwicklung des Normbestands und der Rechtsprechung.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Verpflichtungen bestehen für Kommunen im Bereich der Klimaanpassung?
Kommunen in Deutschland sind rechtlich verpflichtet, im Rahmen ihrer Planungshoheit Belange des Klimaschutzes und der Klimaanpassung zu berücksichtigen. Dies ergibt sich vorrangig aus dem Baugesetzbuch (BauGB), insbesondere aus § 1a Abs. 5, der die Berücksichtigung der Klimaanpassung und des Klimaschutzes in der Bauleitplanung vorschreibt. Die Kommunen müssen beispielsweise in Flächennutzungs- und Bebauungsplänen sowohl Risiken durch Extremwetterlagen (wie Hochwasser, Hitze oder Starkregen) als auch Maßnahmen zur Risikominderung einplanen. Darüber hinaus ergeben sich Verpflichtungen aus Landesgesetzen wie Klimaschutzgesetzen (z. B. Klimaanpassungsgesetze oder Klimaschutzgesetze auf Länderebene), die teilweise spezifische Maßnahmen oder Strategien für Gebiete mit erhöhtem Anpassungsbedarf fordern. Im Umwelt- und Naturschutzrecht, insbesondere durch die europäische Wasserrahmenrichtlinie und nationale Gesetze wie das Wasserhaushaltsgesetz, werden ebenfalls Maßnahmen zur Anpassung an veränderte klimatische Bedingungen verlangt, beispielsweise durch Berücksichtigung des natürlichen Wasserrückhalts. Die Umsetzung dieser rechtlichen Vorgaben ist zudem an bestehende Vorgaben zur Bürgerbeteiligung sowie Umweltprüfung gekoppelt, sodass Kommunen auch entsprechende Prüfungen und Beteiligungsverfahren durchführen müssen.
Können bestehende Bauleitpläne aufgrund von Klimaanpassung nachträglich geändert werden?
Ja, bestehende Bauleitpläne können aufgrund neuer Anforderungen der Klimaanpassung geändert werden. Das BauGB sieht für die Änderung und Anpassung von Flächennutzungsplänen (§ 5 BauGB) und Bebauungsplänen (§ 13 ff. BauGB) verbindliche Änderungsverfahren vor. Dies ist insbesondere relevant, wenn neue Erkenntnisse über klimabedingte Risiken (z. B. Überschwemmungsgefahr, Hitzeinseln) vorliegen oder gesetzliche Vorgaben (z. B. neue Landesvorgaben) eine Anpassung erfordern. Bei der Änderung ist das gesetzliche Verfahren einzuhalten, das Umweltprüfung, Beteiligung der Öffentlichkeit und Abwägung der öffentlichen und privaten Belange voraussetzt. Darüber hinaus gibt es Erleichterungen für Anpassungen, die auf Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit auf Grund klimatischer Risiken abzielen. Grundstückseigentümer können keine Entschädigung verlangen, wenn der Plan zum Schutz vor Klimarisiken geändert wird, sofern keine Enteignung vorliegt. Entsprechende Änderungen sollten jedoch gut begründet und transparent dokumentiert werden.
Welche Haftungsrisiken bestehen für Unternehmen bei Nichtbeachtung der rechtlichen Anforderungen zur Klimaanpassung?
Unternehmen, insbesondere Betreiber sogenannter kritischer Infrastrukturen (wie Energieversorgung, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung), aber auch Eigentümer und Betreiber von Industrieanlagen, sind nach verschiedenen rechtlichen Vorgaben verpflichtet, Maßnahmen zur Klimaanpassung zu ergreifen. Dies ergibt sich aus sektoralen Spezialgesetzen wie dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG), Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), den entsprechenden Landesgesetzen sowie unter Umständen aus öffentlich-rechtlichen Satzungen. Werden diese Anforderungen missachtet, können Unternehmen haftbar gemacht werden, etwa nach den Grundsätzen der Staatshaftung oder deliktischen Haftung (§ 823 BGB), wenn Dritten durch unterlassene Maßnahmen Schäden entstehen, die bei Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben vermeidbar gewesen wären. Darüber hinaus drohen ordnungsrechtliche Sanktionen bis hin zu Bußgeldern, wenn beispielsweise wasserrechtliche Auflagen bei Hochwasserrisiken nicht berücksichtigt wurden. Die genaue Haftungslage ist dabei stets einzelfallabhängig und kann sowohl straf- als auch zivilrechtliche Konsequenzen haben.
Bestehen rechtliche Anreize für private Grundstückseigentümer, klimaanpassende Maßnahmen zu ergreifen?
Ja, sowohl über direkte gesetzliche Vorgaben als auch über Förderinstrumente bestehen zahlreiche rechtliche Anreize für private Grundstückseigentümer. Beispielsweise können Kommunen nach § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB im Bebauungsplan Maßnahmen zur Begrünung, Versickerung und Rückhaltung von Regenwasser festlegen, die das Ziel der Klimaanpassung unterstützen. Für die Umsetzung solcher Maßnahmen können die Kommunen Beiträge oder Gebühren erheben oder im Rahmen von Förderprogrammen Anreize zur freiwilligen Umsetzung schaffen. Regelungen zur Begrünung von Dächern und Fassaden werden häufig durch Satzungen auf kommunaler Ebene vorgeschrieben oder als Voraussetzung für Baugenehmigungen festgesetzt. Ergänzt wird dies durch finanzielle Förderprogramme des Bundes und der Länder, welche die Umsetzung privater Klimaanpassungsmaßnahmen unterstützen. Ferner gewährt beispielsweise das Wasserhaushaltsgesetz weitreichende Rechte (aber auch Pflichten) bei der nicht ordnungsgemäßen Ableitung von Niederschlagswasser, sodass Grundstückseigentümer in bestimmten Regionen Maßnahmen zur lokalen Versickerung treffen müssen.
Gibt es rechtliche Vorgaben für Unternehmen zur Erstellung von Klimarisikoanalysen?
Im Rahmen der Sorgfaltspflichten und Compliance-Anforderungen sind Unternehmen zunehmend verpflichtet, Klimarisikoanalysen durchzuführen. Dies betrifft insbesondere Unternehmen, die dem Anwendungsbereich des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) unterliegen oder kapitalmarktorientierte Unternehmen gemäß der EU-Taxonomie-Verordnung und der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Diese Unternehmen müssen nicht nur Nachhaltigkeits- und Klimaschutzaspekte dokumentieren, sondern auch spezifische Risiken durch den Klimawandel und damit verbundene Anpassungsmaßnahmen offenlegen. Hierzu zählen physische Risiken (z. B. durch Extremwetterereignisse, Überflutungen, Hitze), aber auch regulatorische Risiken, die sich aus sich ändernden gesetzlichen Anforderungen ergeben. Eine sorgfältige Risikoanalyse ist Voraussetzung für eine rechtskonforme Berichterstattung und die Einhaltung branchenspezifischer Standards sowie Versicherungsanforderungen.
Welche rechtlichen Instrumente gibt es zur Durchsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen auf privatem Grund?
Die wichtigste Grundlage zur Durchsetzung klimaanpassender Maßnahmen auf privatem Grund sind öffentlich-rechtliche Vorschriften und darauf basierende kommunale Satzungen. So können Kommunen nach § 9 BauGB Festsetzungen zum Umgang mit Regenwasser, zur Begrünung oder zum Schutz vor Überflutungen treffen. Ebenfalls können Auflagen in Baugenehmigungen oder Auflagen nach landesrechtlichen Vorschriften zur Gefahrenabwehr erteilt werden, etwa die Anordnung einer Retentionsfläche oder eines Gründachs. Nach dem Wasserhaushaltsgesetz und den Landeswassergesetzen bestehen zudem Handlungspflichten für Anlieger, etwa zur Duldung von wasserwirtschaftlichen Maßnahmen (z. B. Deichbau, Rückhaltebecken) und zur eigenständigen Gefahrenabwehr. Werden solche Verpflichtungen nicht eingehalten, drohen Zwangsmaßnahmen, Bußgelder und ggf. Schadensersatzforderungen.
Wie werden Klimaanpassungsmaßnahmen im deutschen Umweltrecht berücksichtigt?
Im deutschen Umweltrecht nimmt die Klimaanpassung eine zunehmend zentrale Rolle ein. Aktuell werden Vorgaben zur Berücksichtigung klimatischer Risiken und Anpassungsbedarfe im Rahmen von Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) sowie bei der Ausweisung und Planung spezifischer Schutzgebiete und der Landschaftsplanung verbindlich vorgegeben. Die einschlägigen EU-Richtlinien (wie die Wasserrahmenrichtlinie und die Hochwasserrisikomanagementrichtlinie) sowie das nationale Wasserhaushaltsgesetz fordern eine explizite Integration von Klimawandelfolgen in die Planung und Bewertung von Vorhaben. Auch im Immissionsschutzrecht werden Klimaanpassungsaspekte in der Genehmigungspraxis zunehmend mitberücksichtigt – etwa hinsichtlich Anlagenstandorts, Kühlung und Wasserversorgung in Hitzeperioden oder der Sicherstellung der Anlagenstabilität bei extremen Wetterereignissen. Neben diesen Regelungen gibt es verschiedene Förderprogramme und Empfehlungen (z. B. der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel – DAS), die das Ziel der stärkeren Integration von Klimaanpassung in die behördliche Praxis weiter fördern sollen.