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Kirchensteuer

Begriff und rechtliche Einordnung der Kirchensteuer

Die Kirchensteuer ist eine öffentlich-rechtliche Abgabe, die von bestimmten Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in Deutschland erhoben wird. Voraussetzung ist der Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts sowie ein eigener Erhebungsbeschluss der jeweiligen Gemeinschaft. Die Abgabe dient der Finanzierung der religiösen, sozialen und kulturellen Aufgaben dieser Gemeinschaften und wird überwiegend mit staatlicher Unterstützung verwaltet und eingezogen.

Wesen und Zweck

Die Kirchensteuer knüpft rechtlich an die Mitgliedschaft in einer steuererhebenden Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft an. Sie ermöglicht eine eigenständige Finanzierung innergemeinschaftlicher Aufgaben. Dazu gehören typischerweise Seelsorge, Bildungsarbeit, Wohlfahrts- und Sozialdienste, Denkmalpflege sowie Verwaltungsaufgaben.

Rechtlicher Rahmen

Die Erhebung der Kirchensteuer ist verfassungsrechtlich ermöglicht und in Deutschland seit langem institutionell verankert. Der Staat und die Religionsgemeinschaften arbeiten im Rahmen eines kooperativen Systems zusammen: Die Religionsgemeinschaft entscheidet, ob und in welcher Form Kirchensteuer erhoben wird; staatliche Stellen unterstützen die praktische Durchführung, insbesondere bei der Festsetzung und dem Einzug.

Steuerliche Einordnung

Die Kirchensteuer ist eine eigene Abgabeart, die häufig an die festgesetzte Einkommen- oder Lohnsteuer anknüpft. Sie wird in der Einkommensteuer grundsätzlich als abzugsfähige Ausgabe berücksichtigt. Daneben existieren ergänzende Formen wie Kirchgeldregelungen, die je nach Landeskirche und Bundesland unterschiedlich gestaltet sein können.

Mitgliedschaft und Steuerpflicht

Kirchensteuerpflichtig sind grundlegend Personen, die Mitglied einer steuererhebenden Körperschaft des öffentlichen Rechts sind und die persönlichen Voraussetzungen für die Besteuerung in Deutschland erfüllen. Die Einzelheiten richten sich nach den Regelungen der jeweiligen Religionsgemeinschaft sowie dem anwendbaren Landesrecht.

Begründung und Beendigung der Mitgliedschaft

Die Mitgliedschaft entsteht nach den inneren Regeln der jeweiligen Religionsgemeinschaft, häufig durch Aufnahme oder Taufe. Sie endet durch eine wirksam erklärte Beendigung der Mitgliedschaft. Der Zeitpunkt, ab dem die Steuerpflicht endet, richtet sich nach den jeweils maßgeblichen landesrechtlichen Bestimmungen und internen Regelungen der Gemeinschaften.

Beginn und Umfang der Steuerpflicht

Die Kirchensteuerpflicht knüpft in der Regel an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet eines Bundeslandes an, in dem die betreffende Religionsgemeinschaft steuererhebend tätig ist. Umfang und Bemessung folgen der jeweils geltenden Erhebungsordnung. Minderjährige können Mitglied sein; eine Belastung mit Kirchensteuer setzt jedoch voraus, dass eine hiervon erfasste Steuerbemessungsgrundlage vorliegt.

Territorialprinzip und Umzüge

Die Höhe und Ausgestaltung der Kirchensteuer sind in den Bundesländern unterschiedlich. Bei einem Wohnsitzwechsel innerhalb Deutschlands werden die für das neue Bundesland maßgeblichen Regelungen anwendbar. Die Erhebung erfolgt ab dem Zeitpunkt, zu dem die steuerlichen Merkmale im neuen Bundesland wirksam werden.

Bemessung und Erhebung

Bemessungsgrundlagen

Die Kirchensteuer wird häufig als prozentualer Zuschlag auf die festgesetzte Einkommen- oder Lohnsteuer erhoben. Für Kapitalerträge kann ein automatischer Einbehalt über das Kapitalertragsteuerverfahren erfolgen, sofern ein entsprechendes Kirchensteuerabzugsmerkmal vorliegt. Daneben können in einzelnen Konstellationen besondere Kirchgeldformen zur Anwendung kommen.

Tarife und regionale Unterschiede

In den meisten Bundesländern beträgt die Kirchensteuer 9 Prozent der festgesetzten Einkommen- oder Lohnsteuer; in Bayern und Baden-Württemberg liegt der Satz regelmäßig bei 8 Prozent. Einige Religionsgemeinschaften sehen ergänzende Regelungen vor, beispielsweise Härtefall- oder Kappungsmodelle, deren Ausgestaltung sich regional unterscheiden kann.

Erhebungswege

Die Erhebung erfolgt im Lohnsteuerabzugsverfahren über den Arbeitgeber, im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung durch die Finanzverwaltung oder – bei Kapitalerträgen – automatisiert über Kreditinstitute. Alternativ oder ergänzend kann die Erhebung in bestimmten Bereichen unmittelbar durch kirchliche Steuerstellen erfolgen. Für die staatliche Unterstützung im Einzug werden Verwaltungskosten erstattet.

Datenschutz und Religionsmerkmal

Für den Lohnsteuerabzug werden elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale verwendet, die ein religionsbezogenes Merkmal enthalten können. Kreditinstitute greifen für den Kirchensteuerabzug auf Kapitalerträge auf ein spezielles Abzugsmerkmal zurück. Die Verarbeitung dieser Angaben ist zweckgebunden und unterliegt den geltenden Datenschutzbestimmungen. Es existieren Verfahren, die den automatischen Kapitalertragseinbehalt vermeiden und eine spätere Veranlagung vorsehen.

Besondere Fallgestaltungen

Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft

Bei gemeinsamer Veranlagung können die Kirchensteuerfolgen komplex sein, insbesondere bei konfessionsverschiedenen Ehen. In einigen Kirchen und Bundesländern existiert das besondere Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe. Es dient der Beteiligung des Haushalts am Kirchenbeitrag, wenn die kirchenzugehörige Person keine oder nur geringe eigene Einkünfte erzielt. Die konkrete Ausgestaltung variiert regional.

Auslandsbezug

Bei Aufenthalten oder Beschäftigungen mit Auslandsbezug kommt es darauf an, ob in Deutschland eine steuerliche Anknüpfung besteht und ob die Religionsgemeinschaft am Wohnsitz steuererhebend tätig ist. In Grenzgängersituationen und bei zeitweiliger Auslandstätigkeit gelten besondere Zuweisungs- und Zuständigkeitsregelungen.

Körperschaftsstatus und Vielfalt der Gemeinschaften

Kirchensteuer erheben nur solche Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt sind und einen Erhebungsbeschluss gefasst haben. Nicht alle Gemeinschaften verfügen über diesen Status oder machen von der Möglichkeit Gebrauch.

Verwaltung, Festsetzung und Rechtsbehelfe

Zuständigkeiten

Je nach Bundesland sind für Festsetzung und Erhebung staatliche Finanzbehörden, kommunale Kassen oder kirchliche Steuerstellen zuständig. Die organisatorische Zuordnung ergibt sich aus den landesrechtlichen Regelungen sowie aus Verwaltungsvereinbarungen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften.

Bescheide und Verfahren

Die Kirchensteuer wird durch Steuerabzug, Festsetzung in der Einkommensteuerveranlagung oder durch eigenständige Kirchensteuerbescheide erhoben. Bei Kapitalerträgen kann der Abzug an der Quelle die Steuer abgelten. In anderen Fällen erfolgt eine Veranlagung. Fristen und Formvorschriften richten sich nach den allgemeinen steuerlichen Verfahrensregeln sowie den kirchlichen Erhebungsordnungen.

Rechtsbehelfe

Gegen Kirchensteuerfestsetzungen stehen Rechtsbehelfe nach den allgemeinen Grundsätzen des Steuerverfahrens offen. Zuständig ist die in dem jeweiligen Bescheid benannte Stelle. Maßgeblich sind die geltenden Fristen und Formerfordernisse des Verwaltungs- und Steuerverfahrens.

Vollstreckung und Verjährung

Nicht entrichtete Kirchensteuer kann nach den allgemeinen Regeln beigetrieben werden. Es gelten die im Steuerwesen üblichen Bestimmungen zu Fälligkeit, Säumnis, Stundung, Vollstreckung und Verjährung, soweit die einschlägigen Erhebungsordnungen sowie Landesregelungen darauf verweisen.

Verwendung der Kirchensteuer

Finanzierung kirchlicher Aufgaben

Die Einnahmen sind für Aufgaben der jeweiligen Religionsgemeinschaft bestimmt. Dazu zählen regelmäßig die Finanzierung von Gemeinden, Einrichtungen der Bildung und Sozialarbeit, der Erhalt kirchlicher Gebäude sowie die Unterstützung von Diensten in Seelsorge und Beratung.

Haushaltsautonomie und Rechenschaft

Die Mittelverwendung liegt in der Verantwortung der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Rahmen ihrer Haushaltsordnungen. Öffentlichkeit und Mitglieder werden in unterschiedlicher Form über Haushalte und Jahresabschlüsse informiert.

Häufig gestellte Fragen zur Kirchensteuer

Wer ist kirchensteuerpflichtig?

Kirchensteuerpflichtig ist grundsätzlich, wer Mitglied einer steuererhebenden Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft ist und in Deutschland steuerlich anknüpft, etwa durch Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt. Die genaue Ausgestaltung richtet sich nach den Erhebungsordnungen der Gemeinschaften und den landesrechtlichen Regelungen.

Wie wird die Kirchensteuer berechnet?

Üblich ist ein prozentualer Zuschlag auf die festgesetzte Einkommen- oder Lohnsteuer. In den meisten Bundesländern beträgt der Satz 9 Prozent, in Bayern und Baden-Württemberg 8 Prozent. Bei Kapitalerträgen kann ein automatischer Abzug erfolgen, sofern ein entsprechendes Merkmal vorliegt. Ergänzende Regelungen wie Kappungen oder Kirchgeld können je nach Gemeinschaft und Bundesland hinzukommen.

Welche Rolle hat der Staat bei der Erhebung?

Der Staat unterstützt die Erhebung organisatorisch, insbesondere über Finanzämter, Arbeitgeber und Kreditinstitute. Er handelt dabei im Rahmen gesetzlicher Zuständigkeiten und Verwaltungsvereinbarungen. Für diese Tätigkeit erhält er eine Verwaltungskostenvergütung. Entscheidungen über Mitgliedschaft und Erhebungsmodalitäten trifft die Religionsgemeinschaft.

Welche Daten werden für die Erhebung verarbeitet?

Für den Lohnsteuerabzug werden elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale verwendet, die auch ein religionsbezogenes Merkmal enthalten können. Banken nutzen für Kapitalerträge ein spezielles Kirchensteuerabzugsmerkmal. Die Verarbeitung ist zweckgebunden und unterliegt den geltenden Datenschutzvorgaben.

Wie endet die Kirchensteuerpflicht und ab wann wirkt ein Austritt?

Die Kirchensteuerpflicht endet mit der wirksamen Beendigung der Mitgliedschaft. Ab welchem Zeitpunkt dies steuerlich berücksichtigt wird, richtet sich nach den maßgeblichen landesrechtlichen und kirchlichen Regelungen. Eine rückwirkende Befreiung ist regelmäßig ausgeschlossen.

Erheben alle Religionsgemeinschaften Kirchensteuer?

Nein. Kirchensteuer erheben nur Gemeinschaften, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt sind und sich für die Erhebung entschieden haben. Es gibt Religionsgemeinschaften ohne diesen Status oder ohne Erhebungsbeschluss.

Was ist das besondere Kirchgeld und wie unterscheidet es sich von der regulären Kirchensteuer?

Das besondere Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe ist eine eigenständige Form kirchlicher Abgabe. Es wird in bestimmten Konstellationen erhoben, wenn ein Ehegatte Mitglied der Kirche ist und der andere nicht, und die kirchenzugehörige Person keine oder nur geringe eigene Einkünfte erzielt. Es ergänzt die reguläre Kirchensteuer und ist regional unterschiedlich ausgestaltet.