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Kirchenbaulast


Begriff und Rechtsgrundlagen der Kirchenbaulast

Die Kirchenbaulast bezeichnet im deutschen Recht die Verpflichtung bestimmter Personen, Körperschaften oder sonstiger Rechtsträger, für die Errichtung, Unterhaltung und Instandsetzung von kirchlichen Bauwerken – insbesondere von Kirchengebäuden – aufzukommen. Sie stellt eine klassische öffentlich-rechtliche Last dar, die oftmals historische Ursprünge hat und sich aus einer Vielzahl rechtlicher Quellen speisen kann. Im Folgenden werden die Entstehung, die rechtlichen Grundlagen, die betroffenen Objekte sowie die heute noch bestehenden Regelungen detailliert erörtert.


Entstehung und historische Entwicklung

Die Kirchenbaulast hat ihre Wurzeln in der mittelalterlichen Rechtsordnung, als der kirchliche und der staatliche Bereich noch stark miteinander verwoben waren. Ursprünglich resultierte die Verpflichtung, Kirchengebäude zu errichten und zu erhalten, aus kirchlichen und weltlichen Hoheitsrechten, insbesondere aus dem Patronatsrecht, dem Grundherrschaftsrecht sowie aus landesherrlichen oder gemeindlichen Verpflichtungen.

Mit der Reformation, der Säkularisation und der Einführung moderner Staatsstrukturen wurden vielerorts Zuständigkeiten, Verhältnisse und Besitzverhältnisse neu geordnet, was zu einer Vielzahl von lokalen und regionalen Besonderheiten im Bereich der Kirchenbaulast führte. Das geltende Recht knüpft häufig an diese alten Rechtsverhältnisse an und entwickelt sie weiter.


Rechtsquellen und Arten der Kirchenbaulast

Kirchenbaulast als öffentlich-rechtliche Verpflichtung

Die Kirchenbaulast ist überwiegend eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die durch Gesetz, Vertrag oder aufgrund gewohnheitsrechtlicher Titel entstehen kann. Typischerweise wird sie als Real- oder Duldungslast ausgestaltet, die mit einem Grundstück verbunden sein kann und deren Übernahme durch den Eigentümer erfolgt.

Gesetzliche Grundlagen

Bestimmte gesetzliche Regelungen, etwa im Preußischen Allgemeinen Landrecht, in einzelnen Landesgesetzen oder in den Kirchenbaulastengesetzen einzelner Bundesländer, bilden heute die maßgeblichen Rechtsquellen. Insbesondere nach Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 2 der Weimarer Reichsverfassung bleiben die auf Gesetz, Vertrag oder besondere Rechtstitel gegründeten Verpflichtungen zur Leistung von Kirchenbaulasten weiterhin in Kraft.

Rechtshistorische Titel

Die Baulast kann auch auf historischen Patronatsrechten, Lehensrechten, Grundherrschaften oder ehemals staatlichen Stiftungen beruhen. In diesen Fällen ergibt sich der Umfang der Baulast oft aus lokalen Statuten, Urkunden oder durch richterliche Feststellung.

Vertragliche Übernahme

Infolge von Privatisierungen und Umstrukturierungen, etwa durch die Auflösung von Klöstern oder Stiftungen sowie im Zuge der Säkularisation, wurden Kirchenbaulasten vielfach durch spezielle Verträge auf neue Träger übertragen.


Arten der Kirchenbaulast

In der Praxis wird unterschieden zwischen der sogenannten großen und kleinen Kirchenbaulast:

  • Große Kirchenbaulast: Verpflichtung zur Errichtung, Unterhaltung und Ausstattung des gesamten Kirchengebäudes einschließlich der zugehörigen Gebäude (z. B. Pfarrhaus)
  • Kleine Kirchenbaulast: Verpflichtung zur Instandhaltung und Unterhaltung, ohne Neubauverpflichtung; oft beschränkt auf das Kirchengebäude selbst und nicht auf Nebengebäude

Kreis der Baulastträger

Die Trägerschaft der Kirchenbaulast kann unterschiedlichen Rechtsträgern zufallen:

Staat und Kommunen

In vielen Fällen sind Städte, Gemeinden oder Landkreise aufgrund historischer oder gesetzlicher Verpflichtungen Träger der Kirchenbaulast, insbesondere wenn das Kirchenbauwerk im öffentlichen Interesse errichtet oder unterhalten wurde oder wird.

Private Eigentümer

Auch private Grundstückseigentümer, insbesondere Erben ehemaliger Patronatsherren oder Besitzer von Grundstücken, auf denen die Baulast ruht, können verpflichtet sein, die Kirchenbaulast zu tragen.

Kirchen und kirchliche Körperschaften

Nicht zuletzt sind es auch die jeweiligen Kirchengemeinden oder Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts selbst, die aus Recht oder Vertrag in Anspruch genommen werden können.


Umfang und Durchsetzung der Kirchenbaulast

Inhalt und Reichweite

Die Verbindlichkeit der Kirchenbaulast erstreckt sich je nach Titel und Ausgestaltung auf

  • Errichtung, Erweiterung und grundhafte Sanierung des Kirchenbaus
  • Laufende Wartung und Instandhaltung
  • Schutzmaßnahmen gegen Naturereignisse
  • Teilweise auch Mitwirkung bei der Ausstattung des Gotteshauses

Die genauen Pflichten ergeben sich aus dem jeweiligen Rechtstitel (Gesetz, Vertrag, Gewohnheit) und sind häufig Gegenstand gerichtlicher Klärung.

Durchsetzung und Streitigkeiten

Kommt der Baulastverpflichtete seinen Pflichten nicht nach, kann die berechtigte Kirche, Gemeinde oder deren Vertretung die Erfüllung der Baulast notfalls auch gerichtlich durchsetzen. Die Ausgestaltung orientiert sich dabei nach Verwaltungsrecht sowie Zivilrecht, sofern die Kirchenbaulast nicht ausschließlich öffentlich-rechtlich ist.


Besonderheiten und Wegfall der Kirchenbaulast

Erlöschen der Verpflichtung

Die Kirchenbaulast kann erlöschen, wenn

  • der Rechtsgrund wegfällt (zum Beispiel die Kirche abgerissen wird)
  • einvernehmliche Ablösung erfolgt (insbesondere durch Zahlung eines Ablösebetrags)
  • die rechtlichen Voraussetzungen entfallen (zum Beispiel Verzicht durch die berechtigte Kirche)

Ablösung der Kirchenbaulast

Insbesondere im Zuge der kommunalen Haushaltskonsolidierung und im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen besteht die Möglichkeit, Kirchenbaulasten gegen eine einmalige Zahlung oder durch Übertragung bestimmter wirtschaftlicher Werte abzulösen. Hierzu bestehen in manchen Bundesländern gesetzliche Regelungen.


Bedeutung in der Gegenwart

Die Kirchenbaulast hat auch heute noch praktische Bedeutung, insbesondere bei Kirchengebäuden, die unter Denkmalschutz stehen oder in kleineren Kommunen, wo der Träger nicht notwendigerweise die Kirchengemeinde selbst ist. Sensibilisierung und transparente Regelungen sind vor allem dort erforderlich, wo die Verpflichtungen unklar oder umstritten sind.


Literatur und Weblinks


Mit diesem Artikel werden alle wesentlichen Aspekte des Themas Kirchenbaulast beleuchtet und umfassende Informationen für das Verständnis dieser öffentlich-rechtlichen Verpflichtung bereitgestellt.

Häufig gestellte Fragen

Wer trägt die Verpflichtung zur Kirchenbaulast und wie wird diese rechtlich begründet?

Die Kirchenbaulast ist eine im deutschen Recht historisch gewachsene Verpflichtung zur Unterhaltung, Instandhaltung und gegebenenfalls Wiedererrichtung kirchlicher Gebäude, insbesondere der Pfarrkirchen. Träger der Kirchenbaulast kann aus rechtlicher Sicht die Kirchengemeinde, die politische Gemeinde (kommunale Körperschaften), der Staat, ein Kirchenpatron (Patronat) oder – seltener – eine Privatperson sein. Die Entstehung der Kirchenbaulast beruht oftmals auf Rechtsgrundlagen des Staatskirchenrechts, auf historischen Verträgen (insbesondere Konkordate, Staatskirchenverträge), aber auch auf Landes- oder Bundesgesetzen sowie auf Erb- und Schenkungsverträgen aus vorstaatlicher Zeit. Die konkrete Zuordnung der Baulast wird häufig im Bau- oder Grundbuch oder in speziellen Kirchenlastenverzeichnissen dokumentiert und kann aus Gewohnheitsrecht oder Rechtsvorgängerschaft fortbestehen. Die Kirchenbaulast bleibt auch dann erhalten, wenn die Verpflichtung zur Unterhaltung im Zuge historischer Umwälzungen (wie der Säkularisation) auf kommunale oder staatliche Träger übergegangen ist und ist damit ein wichtiges Element des deutschen Staatskirchenrechts.

Wie kann eine bestehende Kirchenbaulast rechtlich aufgehoben oder übertragen werden?

Die Aufhebung oder Übertragung einer bestehenden Kirchenbaulast unterliegt strengen rechtlichen Anforderungen und ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Einvernehmliche Regelungen zwischen der bisherigen baulasttragenden Körperschaft und der Kirche bedürfen in der Regel einer öffentlichen Urkunde und müssen häufig von einer übergeordneten kirchlichen oder staatlichen Behörde genehmigt werden. Eine vollständige Aufhebung kann in einigen Bundesländern nur durch Gesetz erfolgen, insbesondere wenn die Baulast auf historischen, staatskirchenrechtlichen Vereinbarungen (z. B. aus dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803) beruht. Die Übertragung auf Dritte ist rechtlich möglich, setzt aber voraus, dass der neue Träger rechtsfähig ist und die Zustimmung der Kirche vorliegt. Im Falle öffentlicher Körperschaften muss oft der zuständige Landtag zustimmen. Privatpersonen können nur dann Träger werden, wenn dies rechtsgeschäftlich klar geregelt und im Grundbuch gesichert ist. Über beabsichtigte Änderungen ist regelmäßig die zuständige Stelle des Denkmalschutzes zu informieren.

Welche rechtlichen Ansprüche entstehen für Kirchen, wenn die Baulast nicht erfüllt wird?

Wird die Kirchenbaulast von dem hierzu Verpflichteten nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt, hat die jeweilige Kirche als begünstigte Institution einen zivilrechtlichen Anspruch auf Erfüllung der Baulast. Dies kann im Wege der Klage auf Vornahme von Instandhaltungs- oder Reparaturmaßnahmen vor dem zuständigen Gericht geltend gemacht werden. Teilweise besteht auch die Möglichkeit des Ersatzvornahmerechts: Die Kirche darf dann auf Kosten des Baulastträgers die erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Darüber hinaus kann unter Umständen Schadensersatz verlangt werden, insbesondere wenn durch die Nichterfüllung der Baulast Schäden an der Bausubstanz oder Gefahren für die öffentliche Sicherheit entstehen. Die jeweiligen Ansprüche verjähren nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften, wobei abweichende Fristen durch einschlägige Spezialgesetze oder Verträge bestimmt werden können.

Welche Rolle spielt das staatliche Denkmalschutzrecht bei der Kirchenbaulast?

Das Denkmalschutzrecht der Bundesländer hat einen erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung und Wahrnehmung der Kirchenbaulast. Auch wenn die Kirchenbaulast grundsätzlich zivilrechtlicher Natur ist, treffen Baulastträger bezüglich denkmalgeschützter Kirchengebäude weitergehende öffentlich-rechtliche Pflichten. Vor allem bauliche Veränderungen, Restaurierungen oder Sanierungen an Kulturdenkmälern erfordern eine denkmalrechtliche Genehmigung, deren Erteilung davon abhängt, dass nach den anerkannten Regeln des Denkmalschutzes vorgegangen wird. Der Denkmalschutz kann auch dazu verpflichten, Instandsetzungsarbeiten vorzunehmen, selbst wenn diese über das übliche Maß der Unterhaltung hinausgehen. Außerdem können im Einzelfall öffentliche Fördermittel beantragt werden. Ein Verstoß gegen den Denkmalschutz kann zu Bußgeldern oder weiteren gesetzlichen Maßnahmen führen, unabhängig davon, wer konkret baulastverpflichtet ist.

Wie ist die Kostenverteilung bei der Kirchenbaulast rechtlich geregelt?

Die Kostenverteilung bestimmt sich primär nach den Regelungen, die der jeweiligen Kirchenbaulast zugrunde liegen. Ist die Baulast im Grundbuch, in Kirchenlastenverzeichnissen oder durch Verträge eindeutig zugeordnet, so trägt ausschließlich der Baulastträger alle Kosten für Unterhaltung, Instandsetzung und gegebenenfalls Wiedererrichtung der baulichen Substanz sowie der zur Kirche gehörenden Gebäude (z. B. Pfarrhof, Sakristei, Friedhofsmauer). In komplexen Fällen – etwa bei mehreren Baulastträgern oder gemischt genutzten Gebäudeteilen – kann eine anteilige Kostenbeteiligung vorgesehen sein, die sich nach dem Nutzungsumfang oder vertraglichen Regelungen richtet. Streitigkeiten über die Kostenaufteilung werden notfalls vor dem Zivilgericht entschieden. Öffentliche Zuschüsse (Denkmalschutz, kommunale Förderungen, Kirchensteuer) mindern nur den vom Träger beizutragenden Betrag, befreien aber in der Regel nicht von der grundsätzlichen Pflicht zur Kostenübernahme.

Ist die Kirchenbaulast im Grundbuch eingetragen und welche rechtlichen Folgen hat dies?

Die Kirchenbaulast kann im Grundbuch als Baulast oder als sogenannte „Dienstbarkeit“ (insbesondere als Reallast gemäß §§ 1105 ff. BGB) eingetragen werden. Dies ist jedoch nicht zwingend der Fall. Eine Eintragung hat die rechtliche Folge, dass die Verpflichtung zur Unterhaltung des Kirchengebäudes mit dem Eigentum an der betroffenen Immobilie verbunden ist und auch bei Eigentumswechsel auf den Rechtsnachfolger übergeht. Fehlt eine Eintragung, bleibt die Baulast dennoch rechtsverbindlich, sobald sie sich aus historischen Verträgen, öffentlichen Registern (z. B. Kirchenlastenverzeichnissen) oder gesetzlich festgelegten Zuständigkeiten ergibt. Die Eintragung erleichtert jedoch die Durchsetzung der Ansprüche und gibt Rechtssicherheit für alle Parteien. Mögliche Lasten und Verpflichtungen werden damit transparent und sind bei den Eigentumsverhältnissen zu berücksichtigen.

Welche Besonderheiten gelten für kommunale oder staatliche Träger der Kirchenbaulast?

Kommunale oder staatliche Träger der Kirchenbaulast unterliegen besonderen rechtlichen und verwaltungsrechtlichen Bedingungen. Ihre Pflichten ergeben sich meist aus historischen Rechtsakten, Säkularisationsfolgen oder aus Staatskirchenverträgen. Kommunen und Länder sind dabei an die Grundsätze der Haushaltsführung, die Mitwirkung der Vertretungskörperschaften (z. B. Gemeinderat, Landtag) und das Verwaltungsrecht gebunden. Die Finanzierung erfolgt aus öffentlichen Mitteln; eine Sonderstellung besteht hinsichtlich der Genehmigungspflicht von Maßnahmen und der Informationspflicht gegenüber der übergeordneten Aufsicht. Im Falle von Meinungsverschiedenheiten zwischen Kirche und Kommune regelt das Verwaltungsrecht das Verfahren, wobei eine Einigung in der Regel außergerichtlich angestrebt werden sollte. Staatliche Beihilfen unterliegen zudem europarechtlichen Schranken (Beihilferecht). Die Verpflichtung zur Baulast bleibt jedoch eine dauerhafte öffentliche Aufgabe, sofern keine abweichenden gesetzlichen Regelungen oder Ablösungsverträge getroffen wurden.