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Kindesvermögen


Begriff und rechtliche Einordnung des Kindesvermögens

Der Begriff Kindesvermögen bezeichnet im deutschen Recht das Vermögen, das einer minderjährigen Person – also einem Kind unter 18 Jahren – zusteht. Dieses Vermögen genießt einen besonderen gesetzlichen Schutz und unterliegt spezifischen Regelungen hinsichtlich Verwaltung, Verfügung und Haftung. Das Kindesvermögen ist nicht mit dem Familienvermögen oder dem Vermögen der Eltern identisch, sondern rechtlich selbstständig und ausschließlich dem Kind zugeordnet.

Der Schutz und die Verwaltung des Kindesvermögens sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt, insbesondere in den §§ 1626 ff. BGB (elterliche Sorge) und den §§ 1638 ff. BGB (Vermögenssorge). Die Vorschriften dienen dem Zweck, das Vermögen des Kindes vor unsachgemäßer oder eigennütziger Verwendung zu bewahren und die Interessen des minderjährigen Vermögensinhabers effektiv sicherzustellen.


Vermögenserwerb durch Kinder

Kinder können durch verschiedene Rechtsgeschäfte oder Ereignisse Vermögen erwerben. Zu den wichtigsten Erwerbsquellen zählen:

  • Schenkungen und Erbschaften: Minderjährige können durch Schenkung oder als Erben Vermögen erhalten. Für die Annahme einer Erbschaft oder einer größeren Schenkung kann die Zustimmung des Familiengerichts erforderlich sein (§ 1643 BGB).
  • Eigene Erwerbstätigkeit: Minderjährige ab sieben Jahren sind nach § 110 BGB unter bestimmten Voraussetzungen rechtsfähig und können kleinere Verträge (wie z. B. Taschengeldgeschäfte) abschließen, wodurch sie Geld oder andere Vermögenswerte erlangen können.
  • Staatliche Leistungen: Auch staatliche Zuwendungen wie Kindergeld, BAföG und andere Fördermittel können Teil des Kindesvermögens werden.
  • Schadenersatzleistungen: Schadensersatzansprüche, beispielsweise aus einem Unfall, die dem Kind zustehen, sind dem Kindesvermögen zuzuordnen.

Verwaltung des Kindesvermögens

Umfang und Grenzen der Vermögenssorge

Im Rahmen der elterlichen Sorge sind die Eltern verpflichtet, das Vermögen des Kindes ordnungsgemäß zu verwalten (§ 1626 Abs. 2, § 1638 ff. BGB). Die Vermögenssorge umfasst insbesondere folgende Aufgaben:

  • Erhaltung und Mehrung des Vermögens
  • Ordnungsgemäße Buchführung und Vermögensübersicht
  • Ertragsnutzung im maßvollen Rahmen zugunsten des Kindes

Eltern haben stets im besten Interesse des Kindes zu handeln. Eine Verwendung des Kindesvermögens zu eigenen Gunsten ist generell ausgeschlossen.

Vermögensverwaltungspflichten der Eltern

Die Eltern sind verpflichtet, das Kind über die Verwaltung seines Vermögens angemessen zu informieren, sobald es seinem Entwicklungsstand nach möglich ist. Sie unterliegen außerdem einer sogenannten Mischungsverbot: Das Kindesvermögen muss grundsätzlich getrennt von eigenem Vermögen geführt werden. Eine Vermischung kann zu Schadensersatzansprüchen gegen die Eltern führen.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Verwaltung größerer Vermögenswerte wie Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Darlehen und Wertpapieren. Für die Veräußerung oder Belastung dieser Gegenstände ist gemäß § 1643 BGB in Verbindung mit §§ 1821, 1822 BGB regelmäßig die Genehmigung des Familiengerichts einzuholen.


Verfügungsbeschränkungen und gerichtliche Genehmigung

Gerichtliche Genehmigungspflichten

Bestimmte Geschäfte, die das Kindesvermögen betreffen, dürfen von den Eltern nur mit Genehmigung des Familiengerichts vorgenommen werden. Zu den genehmigungspflichtigen Geschäften zählen unter anderem:

  • Veräußerung oder Belastung von Grundstücken des Kindes
  • Aufnahme von Krediten für das Kind
  • Verzicht auf Forderungen des Kindes
  • Abschluss, Änderung oder Kündigung bestimmter Verträge (z. B. Miet- oder Arbeitsverträge, sofern sie das Kindesvermögen wesentlich betreffen)

Das Gericht prüft, ob das beabsichtigte Geschäft dem Wohl des Kindes entspricht. Ohne gerichtliche Zustimmung ist ein solches Geschäft grundsätzlich unwirksam.


Sonderfälle der Vermögensverwaltung

Eigenständige Verwaltung durch das Kind

Ab dem vollendeten 18. Lebensjahr ist das Kind voll geschäftsfähig und kann sein Vermögen eigenständig verwalten. In besonderen Ausnahmefällen kann durch Testament oder Stiftung einer dritten Person (z. B. einem Testamentsvollstrecker oder Vormund) die Verwaltung des Kindesvermögens übertragen werden. Die rechtliche Grundlage dafür bildet § 1638 BGB.

Sonderfall: Eigenerwerb im Rahmen von Taschengeldgeschäften

Das durch Taschengeldgeschäfte erlangte Vermögen darf das Kind grundsätzlich eigenständig und ohne Kontrolle der Eltern verwenden (§ 110 BGB). Dazu gehören beispielsweise der Erwerb von Büchern, kleineren technischen Geräten oder anderen Gegenständen im Rahmen des verfügbaren Betrags.


Haftung und Schutz des Kindesvermögens

Haftung der Eltern bei Pflichtverletzungen

Eltern, die gegen die Verwaltungspflichten verstoßen, haften gegenüber dem Kind auf Schadensersatz. Kommt es etwa infolge unsachgemäßer Vermögensdisposition zu Verlusten, kann das Kind bei Eintritt der Volljährigkeit entsprechende Ansprüche geltend machen. Verletzt ein Elternteil seine Vermögensverwaltungsverpflichtungen schwerwiegend, kann auf Antrag des Kindes oder eines Dritten die Entziehung der Vermögenssorge durch das Familiengericht ausgesprochen werden (§ 1666 BGB).

Schutz vor Gläubigern der Eltern

Das Kindesvermögen ist rechtlich vollständig vom Vermögen der Eltern getrennt. Gläubiger der Eltern dürfen auf das Kindesvermögen nicht zugreifen, da es ausschließlich dem Kind gehört. Dieser Vermögensschutz ist ein zentrales Element des Kinderschutzes im deutschen Recht.


Steuerliche Aspekte des Kindesvermögens

Das Vermögen des Kindes wird steuerlich grundsätzlich als eigenständiges Vermögen behandelt. Einkünfte aus Kapitalerträgen, Mieteinnahmen oder anderen Vermögensquellen unterliegen der Einkommensteuerpflicht des Kindes. Für minderjährige Kinder verwalten die Eltern auch diesbezüglich die steuerlichen Belange. Freibeträge, Abzugsmöglichkeiten und spezielle Steuerregelungen wie der Grundfreibetrag oder spezielle Freibeträge für minderjährige Kinder sind hierbei zu beachten.


Kindesvermögen im Sozialrecht

Im Sozialrecht spielt das Kindesvermögen insbesondere bei der Berechnung von Einkommen und Vermögen in Bezug auf Sozialleistungen eine Rolle. So wird das Vermögen des Kindes beispielsweise bei der Berechnung von Leistungen nach dem SGB II (Bürgergeld) und dem BAföG berücksichtigt. Bestimmte Vermögensfreibeträge findet jedoch auch hier zum Schutz des Kindes Anwendung.


Literaturhinweise und weiterführende Rechtsquellen

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 1626 ff., 1638 ff., 1643 ff.
  • Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)
  • Einkommensteuergesetz (EStG)
  • Sozialgesetzbuch (SGB), insbesondere SGB II und SGB VIII

Zusammenfassung

Kindesvermögen umfasst sämtliche eigenen Vermögenswerte eines minderjährigen Kindes und wird rechtlich durch detaillierte gesetzliche Regelungen geschützt. Eltern sind zur sorgfältigen Verwaltung verpflichtet und unterliegen hierbei strengen gesetzlichen und gerichtlichen Kontrollmechanismen. Das Kindesvermögen ist dem Zugriff Dritter entzogen und unterliegt eigenständiger steuerlicher Behandlung. Die Sicherstellung des Vermögenserhalts und -schutzes zur Wahrung der Interessen des Kindes steht im Mittelpunkt der gesetzlichen Ausgestaltung.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Vorgaben regeln die Verwaltung des Kindesvermögens durch die Eltern?

Die Verwaltung des Kindesvermögens durch die Eltern ist im deutschen Recht vor allem in den §§ 1626 ff., 1642 ff. BGB geregelt. Grundsätzlich sind die Eltern als gesetzliche Vertreter des minderjährigen Kindes zur Vermögensverwaltung verpflichtet und befugt. Sie handeln hierbei grundsätzlich gemeinschaftlich (§ 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB) und müssen das Kindesvermögen nach den Grundsätzen einer sorgfältigen und wirtschaftlichen Verwaltung behandeln (§ 1642 BGB). Die Eltern dürfen keine riskanten Geschäfte eingehen und müssen das Vermögen im Interesse des Kindes schützen und fördern. Überschreiten sie dabei ihre Kompetenzen oder gefährden sie das Vermögen, kann das Familiengericht einschreiten, insbesondere wenn mit dem Vermögen erhebliche Risiken verbunden sind (z.B. bei Darlehensaufnahmen, Grundstückskäufen oder -verkäufen). In Einzelfällen können Eltern auch verpflichtet werden, das Vermögen getrennt vom eigenen Vermögen zu halten und regelmäßig Rechenschaft abzulegen, insbesondere bei erheblichen Vermögenswerten.

Welche Geschäfte mit dem Vermögen eines Kindes bedürfen der Genehmigung des Familiengerichts?

Nicht alle Geschäfte, die Eltern im Namen ihres Kindes tätigen, sind genehmigungsfrei. Das Gesetz sieht in § 1643 BGB eine Genehmigungspflicht des Familiengerichts für bestimmte vermögensrechtliche Rechtsgeschäfte vor. Dazu zählen unter anderem Beschränkungen oder Verfügungen über Grundstücke des Kindes, Aufnahme von Darlehen im Namen des Kindes, Bestellung von Sicherheiten (wie Grundschulden oder Hypotheken) auf das Kindesvermögen sowie Beteiligungen an Unternehmen. Ebenso ist die Verfügung über Rechte, die im Grundbuch eingetragen sind, genehmigungspflichtig. Die gerichtliche Genehmigung soll das Kind vor nachteiligen oder riskanten Geschäften schützen und wird nur erteilt, wenn das Gericht das Geschäft als zum Wohl des Kindes dienlich betrachtet.

Wie ist die Haftung der Eltern bei der Verwaltung des Kindesvermögens geregelt?

Eltern haften bei der Verwaltung des Kindesvermögens nach den allgemeinen Grundsätzen über das Vertretungsrecht sowie nach §§ 1664, 1665 BGB. Die Haftung hängt davon ab, ob ihnen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit bei der Wahrnehmung ihrer Pflichten vorzuwerfen ist. Handeln die Eltern fahrlässig, können sie für entstandene Vermögensschäden des Kindes persönlich haftbar gemacht werden. In der Praxis wird die elterliche Verantwortung aber nicht überspannt: Der Maßstab ist die Sorgfalt, die Eltern in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. Kommt es jedoch zu groben Pflichtverletzungen – etwa das eigenmächtige Verwenden von Kindesvermögen für private Zwecke der Eltern – kann das Familiengericht darüber hinaus Maßnahmen bis hin zum (teilweisen) Entzug der Vermögenssorge anordnen.

Besteht eine Pflicht für Eltern, erhaltenes Kindesvermögen separat zu verwalten?

Ja, das Bürgerliche Gesetzbuch verpflichtet Eltern nach § 1638 BGB zur sogenannten Sondervermögensverwaltung, sofern das Vermögen dem Kind zu einem bestimmten Zweck übertragen wurde oder der Übertragende dies bei der Schenkung/Testierung bestimmt hat. In solchen Fällen muss das Vermögen getrennt vom sonstigen Vermögen verwaltet werden. Diese Pflicht kann sich auch aus den Vorschriften des Schenkungsvertrages oder Testaments ergeben. Außerdem ist das Familiengericht berechtigt, auf Antrag vorzuschreiben, dass das Kindesvermögen getrennt zu verwalten ist, insbesondere dann, wenn ein konkretes Risiko der Vermischung besteht und das Vermögen einen höheren Betrag erreicht.

Unter welchen Umständen kann das Familiengericht den Eltern die Vermögenssorge ganz oder teilweise entziehen?

Das Familiengericht kann gemäß § 1666 BGB die Vermögenssorge der Eltern ganz oder teilweise entziehen, wenn das Kindesvermögen durch schuldhaftes oder grob fahrlässiges Verhalten der Eltern gefährdet wird und mildernde Maßnahmen nicht ausreichen, um den Schutz des Vermögens zu gewährleisten. Dies erfolgt insbesondere bei gravierenden Pflichtverletzungen, z.B. bei Veruntreuung, nicht genehmigten riskanten Investitionen oder Missbrauch der Vertretungsmacht zum Nachteil des Kindes. Bei Teilentzug bestellt das Gericht in der Regel einen Ergänzungspfleger, der anstelle der Eltern die Verwaltung übernimmt oder einzelne Rechtsgeschäfte mit dem Kindesvermögen vornimmt. Der vollständige Entzug ist jedoch immer die letzte Maßnahme und setzt eine ernsthafte Gefährdung des Kindesvermögens voraus.

Was ist bei der Verwendung von Einkommen aus dem Vermögen des Kindes zu beachten?

Die Erträge aus dem Kindesvermögen (zum Beispiel Mieteinnahmen, Zinsen, Dividenden) sind grundsätzlich für das Kind zu verwenden. Gemäß § 1649 Abs. 1 Satz 2 BGB können diese Erträge auch zur Deckung des Unterhalts, der Erziehung und Ausbildung des Kindes verwendet werden, solange keine anderweitigen Mittel zur Verfügung stehen. Nicht zulässig ist es hingegen, das angesparte Vermögen selbst für solche Zwecke heranzuziehen; dieses bleibt grundsätzlich unangetastet. Eine Ausnahme kann nur dann gemacht werden, wenn die Eltern nachweislich außerstande sind, den Unterhalt aus eigenem Vermögen oder Einkommen zu leisten. Die Grenze zwischen der zulässigen Nutzung von Einkommen aus dem Vermögen und der unzulässigen Verwendung des Stammvermögens ist hierbei strikt zu beachten.

Ist eine Auskunftspflicht der Eltern über das Kindesvermögen gegenüber Dritten vorgesehen?

Gegenüber dem Kind selbst und dem evtl. eingesetzten Ergänzungspfleger besteht eine umfassende Auskunfts- und Rechenschaftspflicht. Nach § 1662 BGB können Kinder nach Erreichen der Volljährigkeit von ihren Eltern Auskunft und Rechenschaft über die Verwaltung ihres Vermögens verlangen. Gegenüber Dritten wie etwa dem Schenker oder Erblasser bestehen nur dann Auskunftspflichten, wenn diese das Kindesvermögen unter Auflagen an das Kind übertragen haben und eine solche Berichterstattung ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde. Eine generelle Auskunftspflicht gegenüber Dritten existiert jedoch nicht, außer in Verfahren vor dem Familiengericht, wenn die Kindesvermögensverwaltung überprüft wird.