Definition und Rechtsgrundlagen der Kindesannahme
Die Kindesannahme, umgangssprachlich auch Adoption genannt, bezeichnet die rechtliche Begründung eines Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen einer annehmenden Person oder einem Ehepaar und einem minderjährigen Kind, das nicht in einem natürlichen Verwandtschaftsverhältnis zu den Adoptierenden steht. In Deutschland ist die Kindesannahme in den §§ 1741 bis 1772 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) umfassend geregelt und stellt eine Form der Familiengründung mit weitreichenden rechtlichen Folgen dar.
Voraussetzungen der Kindesannahme
Zulässigkeit und Zweck
Die Annahme eines Kindes ist nur zulässig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen den Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht (§ 1741 BGB). Die Kindesannahme dient in erster Linie dazu, dem Kind ein gesichertes Aufwachsen in einer Familie zu ermöglichen.
Annehmende Personen
Adoptieren können Einzelpersonen, Ehepaare sowie in eingetragener Lebenspartnerschaft lebende Paare. Bei gemeinsamer Adoption müssen die Annehmenden entweder miteinander verheiratet sein oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Aufgrund der Gleichstellung in Bezug auf das Adoptionsrecht können auch gleichgeschlechtliche Paare gemeinsam adoptieren.
Einzeladoption und Sukzessivadoption
Eine Einzelperson kann ein Kind allein annehmen, wobei der Ehegatte grundsätzlich zustimmen muss, sofern die Ehe nicht aufgehoben oder geschieden ist. Bei der Sukzessivadoption nimmt zunächst eine Person das Kind an, anschließend kann der Ehepartner das Kind ebenfalls adoptieren. Dies ist auch bei Stiefkindadoptionen ein gängiger Weg.
Zu adoptierendes Kind
Das zu adoptierende Kind muss minderjährig und grundsätzlich nicht mit dem Annehmenden verwandt sein. Eine Adoption Volljähriger ist ebenfalls möglich, unterliegt jedoch anderen gesetzlichen Bedingungen (§ 1770 BGB). Die Einwilligung des Kindes ist ab Vollendung des 14. Lebensjahres zwingend erforderlich (§ 1746 Abs. 1 BGB).
Beteiligung der Eltern
Die Eltern des Kindes müssen grundsätzlich in die Adoption einwilligen. Ihre Einwilligung kann nur ausnahmsweise ersetzt werden, etwa wenn ihnen die elterliche Sorge entzogen wurde oder sie dauerhaft nicht auffindbar sind (§§ 1747, 1748 BGB).
Verfahren der Kindesannahme
Antragsstellung und gerichtliches Verfahren
Die Adoption erfolgt auf Antrag der Annehmenden dessen zuständiges Familiengericht über die Annahme entscheidet. Das Verfahren ist nicht öffentlich und erfordert die Beteiligung des Jugendamtes sowie weiterer beteiligter Stellen (§ 1751 BGB).
Prüfung der Adoptionseignung
Eine zentrale Rolle bei der Prüfung einer Kindesannahme spielt das Jugendamt, welches die Eignung der Annehmenden sowie das Wohl des Kindes eingehend prüft. Dies umfasst Hausbesuche, Gespräche und das Einholen von Berichten zur Lebenssituation.
Wirkung der Annahme
Mit der rechtskräftigen Annahme wird das Kind rechtlich einem leiblichen Kind der Annehmenden gleichgestellt. Das bisherige Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern erlischt in der Regel vollständig, ebenso wie bestehende Unterhalts- und Erbansprüche (§ 1755 BGB).
Namensrecht
Durch die Adoption erhält das Kind in der Regel den Familiennamen der Annehmenden. In Einzelfällen ist auch die Beibehaltung oder Hinzufügung des bisherigen Namens möglich (§ 1757 BGB).
Rechtsfolgen der Kindesannahme
Verwandtschaftsverhältnisse und Erbrecht
Mit der Adoption wird das Kind vollständig in die Familie des Annehmenden integriert. Es entstehen sämtliche Rechte und Pflichten zwischen Kind und Annehmenden, insbesondere auch erbrechtliche Ansprüche (Pflichtteilsrecht, gesetzliches Erbrecht). Das Verwandtschaftsverhältnis zur Ursprungsfamilie erlischt im vollen Umfang.
Unterhaltspflichten
Das adoptierte Kind erhält sämtliche Unterhaltsansprüche gegenüber den Adoptiveltern. Diese haften ebenso wie leibliche Eltern für den Unterhalt des Kindes. Gleichzeitig erlöschen die Unterhaltsansprüche gegen die leiblichen Eltern.
Staatsangehörigkeit
Durch die Adoption eines minderjährigen Kindes durch deutsche Adoptiveltern kann das Kind unter Umständen automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten (§ 6 Abs. 1 StAG).
Formen und besondere Konstellationen der Kindesannahme
Fremdadoption
Die Fremdadoption bezeichnet die Annahme eines völlig fremden Kindes ohne verwandtschaftliche oder stiefverwandtschaftliche Vorbeziehung zu den Annehmenden.
Stiefkindadoption
Bei der Stiefkindadoption adoptiert eine Person das Kind des Ehepartners oder Lebenspartners. Hierbei bleiben die rechtlichen Beziehungen zu einem leiblichen Elternteil erhalten, zu dem keine familienrechtliche Lösung erfolgt ist.
Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare
Seit der Einführung der „Ehe für alle“ im Jahr 2017 sind gleichgeschlechtliche Eheleute in Deutschland berechtigt, ein Kind gemeinsam zu adoptieren. Dies entspricht im Wesentlichen den Grundlagen für verschiedengeschlechtliche Paare.
Internationale Adoption
Die Annahme von Kindern mit ausländischer Staatsangehörigkeit unterliegt zusätzlich zum deutschen Recht auch den Bestimmungen internationaler Übereinkommen, insbesondere dem Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (HAÜ). Es gelten erhöhte Anforderungen, insbesondere eine Kontrolle des Adoptionsverfahrens durch die zentrale Behörde.
Aufhebung der Kindesannahme
Die Aufhebung einer Adoption ist nur in seltenen Ausnahmefällen möglich, insbesondere wenn die Annahme durch Täuschung, Drohung oder Irrtum erwirkt wurde (§ 1760 BGB). Eine Aufhebung erfolgt nur auf Antrag und durch gerichtliche Entscheidung.
Statistik und gesellschaftliche Bedeutung
Adoptionen sind in Deutschland ein relativ seltenes Rechtsinstitut, wobei der Großteil der Verfahren als Stiefkindadoptionen erfolgt. Die Annahme eines Kindes spielt eine bedeutende Rolle im Kinderschutz sowie in der Schaffung von Eltern-Kind-Gemeinschaften bei unerfülltem Kinderwunsch.
Gesetzliche Normen zum Begriff Kindesannahme (Auswahl)
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 1741-1772
- Adoptionsvermittlungsgesetz (AdVermiG)
- Haager Übereinkommen über die internationale Adoption
Die umfassende rechtliche Ausgestaltung der Kindesannahme in Deutschland dient dem Schutz des Kindeswohls und stellt hohe Anforderungen an Eignung der Annehmenden sowie die Form des Verfahrens sicher.
Häufig gestellte Fragen
Wer kann ein Kind im rechtlichen Sinne adoptieren?
Im deutschen Recht ist die Adoption eines Kindes detailliert im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Grundsätzlich können Einzelpersonen sowie Ehepaare gemeinsam adoptieren. Einzelpersonen müssen mindestens 25 Jahre alt sein, während Ehepaare gemeinsam ein Kind adoptieren können, wenn einer von beiden mindestens 25 und der andere mindestens 21 Jahre alt ist. Nicht verheiratete Paare können hingegen nicht gemeinsam adoptieren – hier ist lediglich eine Einzeladoption möglich. Gleichgeschlechtliche Ehepaare haben seit der Einführung der „Ehe für alle“ ebenfalls das gemeinsame Adoptionsrecht. Bestimmte Vorstrafen oder tatsächliche Lebensverhältnisse, die das Kindeswohl gefährden könnten, können zur Ablehnung der Adoption führen. Darüber hinaus ist die Adoption eines Stiefkindes möglich, wobei der leibliche Elternteil zustimmen muss und weitere Voraussetzungen zu beachten sind. Eheähnliche Lebensgemeinschaften oder sonstige dauerhafte Lebensgemeinschaften sind der Ehe rechtlich in Sachen gemeinsamer Adoption nicht gleichgestellt. Das Familiengericht prüft in Zusammenarbeit mit der Adoptionsvermittlungsstelle stets, ob die Adoption dem Wohl des Kindes dient.
Welche rechtlichen Wirkungen hat die Kindesannahme?
Mit der rechtskräftigen Annahme erlangt das adoptierte Kind die rechtliche Stellung eines leiblichen Kindes gegenüber den Adoptiveltern. Dies hat zur Folge, dass sämtliche Rechte und Pflichten, die bisher zu den leiblichen Eltern bestanden, grundsätzlich erlöschen, es sei denn, einer der Annehmenden ist der leibliche Elternteil (z. B. Stiefkindadoption). Die neue Familie unterliegt damit den gesamten familien- und erbrechtlichen Regelungen wie bei einem biologischen Kind: elterliche Sorge, Unterhaltsansprüche, Erb- und Pflichtteilsrechte etc. Eine Ausnahme besteht bei der Stiefkindadoption, hier bleibt das rechtliche Verhältnis zum einen leiblichen Elternteil bestehen. Das Kind erhält in der Regel den Familiennamen der Adoptiveltern. Die Geburtseintragung wird entsprechend ergänzt oder teilweise neu erstellt. Sämtliche gesetzlichen Bindungen an die ursprünglichen Verwandten (insbesondere unterhalts- und erbrechtlicher Art) enden, was für alle Beteiligten weitreichende juristische Konsequenzen hat.
Welche Voraussetzungen müssen für eine Adoption erfüllt sein?
Neben den persönlichen Voraussetzungen der Adoptierenden (Alter, Eignung, volle Geschäftsfähigkeit), müssen rechtliche und tatsächliche Voraussetzungen erfüllt sein. Wesentlich ist das Wohl des Kindes, das stets im Vordergrund steht (§ 1741 BGB). Es muss ein Adoptionsantrag beim Familiengericht gestellt und vorher eine umfassende Eignungsprüfung sowie Beratung durch die Adoptionsvermittlungsstelle erfolgen. Die Zustimmung des Kindes (ab 14 Jahren) sowie der gesetzlichen Vertreter ist erforderlich. Bei minderjährigen Kindern müssen in der Regel auch die leiblichen Eltern zustimmen, Ausnahmen gibt es nur bei dauerhafter Unfähigkeit zur Sorge oder aus schwerwiegenden anderen Gründen nach richterlicher Entscheidung. Ehepaare dürfen nur gemeinsam adoptieren, nicht zusammenlebende Paare nur einzeln. Zusätzlich darf nicht bereits ein Annahmeverhältnis mit einer anderen Person bestehen, es sei denn, es handelt sich um eine Stiefkindadoption.
Welche Rolle spielt das Familiengericht bei der Kindesannahme?
Das Familiengericht ist die entscheidende Instanz bei jeder Kindesannahme. Es prüft nach Antragstellung die Einhaltung sämtlicher gesetzlicher Voraussetzungen. Dazu gehören die Feststellung der persönlichen und familiären Eignung der Annehmenden, das Kindeswohl sowie die ordnungsgemäße Einholung aller erforderlichen Zustimmungen und Gutachten. Das Gericht zieht regelmäßig Berichte der Adoptionsvermittlungsstelle, gegebenenfalls psychologische Gutachten und Stellungnahmen des Jugendamts hinzu. Es führt Anhörungen durch, unter anderem mit dem Kind, den leiblichen Eltern und den Antragstellern, sofern das Alter dies zulässt. Erst wenn das Gericht überzeugt ist, dass die Adoption dem Wohl des Kindes dient und alle Voraussetzungen erfüllt sind, spricht es die Annahme rechtskräftig aus. Mit der gerichtlichen Entscheidung treten die weitreichenden Rechtswirkungen der Adoption in Kraft.
Wie läuft die Zustimmung der leiblichen Eltern rechtlich ab?
Die Zustimmung der leiblichen Eltern ist ein zentrales Element des Adoptionsverfahrens. Sie muss entweder persönlich vor dem Familiengericht oder durch eine öffentliche Beurkundung beim Notar erfolgen. Die Zustimmung kann frühestens acht Wochen nach der Geburt des Kindes erklärt werden, um voreilige Entscheidungen zu vermeiden (§ 1747 Abs. 1 BGB). Wurde die Zustimmung erteilt, ist sie unwiderruflich und kann nicht mehr zurückgezogen werden. In seltenen Ausnahmefällen kann das Familiengericht die elterliche Zustimmung ersetzen, wenn wichtige Gründe wie z. B. das Desinteresse, die Unauffindbarkeit der Eltern oder das Kindeswohl vorliegen. Auch die Zustimmung des Kindes ist erforderlich, sofern es das 14. Lebensjahr vollendet hat und nicht geschäftsunfähig ist (§ 1746 BGB). Zudem bedarf es der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, wenn das Kind minderjährig ist.
Welche Besonderheiten gelten bei der Stiefkindadoption?
Bei einer Stiefkindadoption wird das Kind eines Partners oder einer Partnerin von dessen Ehegatten adoptiert. Die rechtlichen Voraussetzungen unterscheiden sich insoweit, als ein gemeinsames Sorgerecht mit dem noch sorgeberechtigten Elternteil entsteht. Die Bindungen zu dem nicht adoptierenden, leiblichen Elternteil sowie zu dessen Familie enden juristisch gesehen, sofern keine Sonderreglungen (z. B. gemeinsames Sorgerecht) greifen. Für die Stiefkindadoption muss in der Regel auch die Zustimmung des anderen leiblichen Elternteils eingeholt werden. Das Verfahren richtet sich ansonsten aber grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln der Kindesannahme. Erwähnenswert ist, dass diese Form der Adoption das Verwandtschaftsverhältnis insbesondere im Hinblick auf Unterhalt und Erbrecht nachhaltig verändert.
Können minderjährige Kinder abgelehnt werden, wenn sie der Adoption widersprechen?
Ein Kind, das das 14. Lebensjahr vollendet hat, muss der Adoption selbst zustimmen. Ist das Kind noch keine 14 Jahre alt, kann es nicht aktiv widersprechen, hier entscheiden die gesetzlichen Vertreter. Bei älteren Kindern ist, selbst wenn alle anderen Voraussetzungen erfüllt sind, eine Adoption nicht ohne die ausdrückliche Zustimmung möglich. Das Familiengericht kann allerdings feststellen, dass das Kind die Bedeutung seiner Entscheidung nicht erkannt hat oder durch Dritte unangemessen beeinflusst wurde; ein Widerspruch könnte in diesem Fall ggf. durch das Gericht nach § 1746 Abs. 3 BGB ersetzt werden. Das Wohl und die freie Willensbildung des Kindes stehen stets im Mittelpunkt der richterlichen Prüfung.