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Kinderbetreuungskosten


Kinderbetreuungskosten im rechtlichen Kontext

Begriff und Definition

Kinderbetreuungskosten sind Ausgaben, die Eltern oder andere Betreuungspflichtige für die Beaufsichtigung, Betreuung und Erziehung von Kindern tragen, wenn sie dieser Aufgabe entweder teilweise oder vollständig nicht selbst nachkommen können. Die rechtliche Einordnung und Berücksichtigung dieser Kosten findet insbesondere in der Einkommensbesteuerung, im Unterhaltsrecht sowie im Zusammenhang mit Sozialleistungen statt.

Steuerliche Behandlung von Kinderbetreuungskosten

Abzugsfähigkeit nach Einkommensteuergesetz (EStG)

Kinderbetreuungskosten sind nach deutschem Steuerrecht (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG) in gewissem Umfang als Sonderausgaben abzugsfähig. Begünstigt wird der Steuerpflichtige, dessen Kind das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert ist und deshalb außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

Abzugsfähig sind zwei Drittel der nachgewiesenen Aufwendungen, höchstens jedoch 4.000 Euro pro Kind und Jahr. Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit ist, dass es sich tatsächlich um Kosten der Betreuung handelt und Zahlungen unbar erfolgt sind (dokumentiert beispielsweise durch Überweisung). Hierunter fallen Ausgaben für Kindertagesstätten, Tagesmütter, Au-pair-Kräfte oder Hort.

Ausschluss bestimmter Kosten

Nicht als Kinderbetreuungskosten anerkannt werden Aufwendungen für Unterricht (z.B. Musikunterricht, Nachhilfe), reine Freizeitgestaltung oder sportliche Aktivitäten.

Rechtliche Berücksichtigung im Unterhaltsrecht

Düsseldorfer Tabelle und Mehrbedarf

Kinderbetreuungskosten werden im Rahmen des Kindesunterhalts regelmäßig als sogenannter „Mehrbedarf“ betrachtet und können zusätzlich zum Tabellenunterhalt geltend gemacht werden. Mehrbedarf umfasst regelmäßig wiederkehrende, vorhersehbare Ausgaben, die über den üblichen Kindesunterhalt hinausgehen. Dazu zählen zum Beispiel Kosten für die Betreuung in Kindertagesstätten über die Regelzeit hinaus, Hortgebühren und vergleichbare Aufwendungen.

Die Kosten werden anteilig nach den Einkommensverhältnissen beider Elternteile verteilt (§ 1606 Abs. 3 BGB). Einzelfallentscheidungen durch die Gerichte sind hierbei die Regel, wobei individuell zu prüfen ist, ob eine berufliche Veranlassung für die Betreuungskosten vorliegt und in welchem Umfang sie notwendig sind.

Kinderbetreuungskosten bei der Berechnung von Ehegattenunterhalt

Auch im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung im Ehegattenunterhaltsrecht werden Kinderbetreuungskosten als berücksichtigungsfähige Ausgaben anerkannt. Dadurch können sich das für den Unterhalt verfügbare Einkommen und die Höhe des zu zahlenden Unterhalts verändern.

Bedeutung im Sozialrecht

Berücksichtigung beim Elterngeld

Nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) können Kinderbetreuungskosten Einfluss auf die Höhe des Elterngeldes haben, da die Anrechnung von Einkommen während des Bezugs von Elterngeld unter Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen – darunter auch Kinderbetreuungskosten – erfolgt.

Kindergeld und Kinderzuschlag

Kinderbetreuungskosten bleiben bei der Gewährung von Kindergeld und Kinderzuschlag grundsätzlich unberücksichtigt, können aber im Rahmen der Heranziehung öffentlichen Unterhalts (z.B. nach SGB II) Bedeutung erlangen, da sie unter bestimmten Voraussetzungen bei der Berechnung des anrechenbaren Einkommens von Eltern mindernd berücksichtigt werden.

Prozessuale Besonderheiten

Nachweispflichten

Für die steuerliche und sozialrechtliche Absetzbarkeit ist ein schriftlicher Nachweis über die entstandenen Kinderbetreuungskosten zwingend erforderlich. Dies geschieht in der Regel durch Vorlage von Zahlungsbelegen und/oder Verträgen mit der Betreuungsperson oder Einrichtung. Barzahlungen werden steuerlich nicht anerkannt.

Einzelfallprüfung im Familienrecht

Gerichte prüfen im Unterhaltsverfahren regelmäßig im Einzelfall, ob es sich bei geltend gemachten Aufwendungen tatsächlich um notwendige Kinderbetreuungskosten im Sinne des Gesetzes handelt. Hierbei können Themen wie berufliche Notwendigkeit, zumutbare Selbstbetreuung oder die Anrechnung öffentlicher Leistungen (z.B. Beitragszuschüsse) eine Rolle spielen.

Kinderbetreuungskosten im internationalen Kontext

Im EU-Ausland und zahlreichen weiteren Staaten existieren unterschiedliche Regelungen bezüglich der steuerlichen Absetzbarkeit sowie der familienrechtlichen Behandlung von Kinderbetreuungskosten. Die Anerkennung und Höhe der absetzbaren Kosten kann dabei stark variieren.

Zusammenfassung und Ausblick

Kinderbetreuungskosten haben im deutschen Rechtssystem vielfältige Folgen und Berücksichtigungen: Sie sind steuerlich unter bestimmten Voraussetzungen absetzbar, beeinflussen Unterhaltsansprüche, können Einfluss auf das verfügbare Einkommen im Rahmen sozialrechtlicher Leistungsgewährung haben und unterliegen strengen Nachweis- und Prüfungspflichten. Eine korrekte Darstellung und Geltendmachung setzt die Kenntnis der einschlägigen gesetzlichen Regelungen und der aktuellen Rechtsprechung voraus. Weiterführende Entwicklungen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf könnten zukünftig sowohl die steuerliche Förderung als auch die sozialrechtliche Berücksichtigung weiter stärken.

Häufig gestellte Fragen

Wer hat die rechtliche Pflicht zur Übernahme von Kinderbetreuungskosten nach einer Trennung oder Scheidung?

Nach deutschem Recht, insbesondere nach § 1615l BGB sowie § 1626 ff. BGB, besteht grundsätzlich für beide Elternteile eine finanzielle Verantwortung für das Kind, auch hinsichtlich der Kosten der Kinderbetreuung. Die Betreuungskosten zählen jedoch nicht automatisch zu den regulären Unterhaltszahlungen, sondern werden als sogenannte Mehrbedarfskosten behandelt. Mehrbedarf ist definiert als derjenige Aufwand, der regelmäßig zusätzlich zum Lebensbedarf (also über den normalen Unterhalt hinaus) nötig ist und das übliche Maß deutlich übersteigt, z.B. bei Betreuung in einer Kindertagesstätte, Hort oder durch eine Tagesmutter. Der Elternteil, bei dem das Kind lebt, kann den anderen barunterhaltspflichtigen Elternteil anteilig je nach dessen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit an diesen Betreuungskosten beteiligen. Die genaue Kostenverteilung erfolgt üblicherweise nach dem jeweils anrechenbaren Einkommen, sodass der prozentuale Anteil entsprechend variiert. Es ist wichtig zu beachten, dass es sich hierbei nicht um eine freiwillige Leistung handelt, sondern um eine gesetzlich durchsetzbare Verpflichtung, die im Streitfall auch gerichtlich eingeklagt werden kann.

Welche Kinderbetreuungskosten sind rechtlich erstattungsfähig?

Kinderbetreuungskosten, die unter den sogenannten „Mehrbedarf“ fallen, sind erstattungsfähig und können anteilig zwischen den Eltern aufgeteilt werden. Dazu zählen die tatsächlichen Kosten für den Besuch einer Kindertagesstätte, eines Kindergartens, Horts oder für eine Tagesmutter. Ebenso anerkannt sind Kosten für Nachmittagsbetreuung, wenn dies aus beruflichen Gründen notwendig ist. Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören nicht die Verpflegungskosten während des Aufenthalts in der Einrichtung, da diese bereits durch den regulären Kindesunterhalt abgedeckt sind. Nicht anerkannt werden außerdem freiwillige oder nicht notwendige Ausgaben wie z.B. private Musik- oder Sportkurse, sofern diese nicht aus besonderen Gründen erforderlich sind (z. B. bei therapeutischer Notwendigkeit). Die Notwendigkeit und Angemessenheit der Betreuungskosten müssen belegt werden, etwa durch Bescheinigungen des Arbeitgebers oder Nachweise über die Betreuungszeiten und Kosten.

Wie werden die Kinderbetreuungskosten unter den Eltern aufgeteilt?

Die Kosten für die Kinderbetreuung werden grundsätzlich nach dem Verhältnis der beiderseitigen bereinigten Nettoeinkommen der Eltern aufgeteilt. Dies bedeutet, dass zunächst das Einkommen jedes Elternteils berechnet wird, nach Abzug gesetzlich anerkannter Abzüge, wie z.B. berufsbedingter Aufwendungen oder Unterhaltsverpflichtungen für weitere Kinder. Anschließend wird anhand des prozentualen Einkommensverhältnisses die Verteilung der Kosten ermittelt (z.B. trägt ein Elternteil mit 60 % des Gesamteinkommens auch 60 % der Betreuungskosten). Der betreuende Elternteil kann seinen Anteil an der Betreuung bereits durch die Erbringung der Betreuungsleistung selbst abdecken; seinen Zahlbetrag reduzieren sich entsprechend. Im Streitfall kann das Familiengericht die genaue Aufteilung verbindlich bestimmen.

Welche Nachweise müssen für die Kinderbetreuungskosten erbracht werden?

Wer Kinderbetreuungskosten geltend macht, ist verpflichtet, die tatsächliche Anfallung und Notwendigkeit der Aufwendungen detailliert nachzuweisen. Hierzu gehören zunächst die Rechnungen oder Gebührenbescheide der Betreuungseinrichtungen, Zahlungsbelege, ggf. Betreuungsgutscheine oder Verträge mit Tagesmüttern. Ebenso kann eine Bestätigung des Arbeitgebers über die Notwendigkeit von Fremdbetreuung wegen Berufstätigkeit gefordert werden. Auch eine Bestätigung, dass die Betreuung regelmäßig und im beschriebenen Umfang stattfindet, ist erforderlich. Ohne diese Nachweise kann der andere Elternteil oder im Zweifel das Gericht die Beteiligung an den Kosten verweigern oder reduzieren.

Wie lange besteht der Anspruch auf Beteiligung an Kinderbetreuungskosten?

Der Anspruch auf Zahlung oder Erstattung von Kinderbetreuungskosten besteht grundsätzlich solange, wie die Notwendigkeit zur außerhäuslichen Betreuung vorliegt und der betreuende Elternteil darauf angewiesen ist, um einer Erwerbstätigkeit nachzugehen oder das Kindeswohl zu gewährleisten. Dies kann die gesamte Kindergartenzeit betreffen und häufig noch die Hortbetreuung im Grundschulalter; ab einem gewissen Alter, insbesondere ab etwa dem 12. Lebensjahr, wird jedoch von einer fehlenden Notwendigkeit ausgegangen, sofern keine besonderen Umstände vorliegen. Der Anspruch endet auch, wenn ein Elternteil nicht (mehr) nachweisen kann, dass eine Betreuung aufgrund von Erwerbstätigkeit oder Ausbildung erforderlich ist. Die Geltendmachung der Kosten ist außerdem nur für die Zukunft möglich, Rückforderungen für länger zurückliegende Zeiträume sind ausgeschlossen, wenn nicht bereits anderweitig geltend gemacht.

Werden staatliche Leistungen (z.B. Kita-Gutschein, Zuschüsse) bei der Kostenbeteiligung berücksichtigt?

Staatliche Leistungen, wie Kita-Gutscheine oder Zuschüsse für die Kinderbetreuung, werden bei der Ermittlung der erstattungsfähigen Betreuungskosten in Abzug gebracht. Das bedeutet, dass nur die vom betreuenden Elternteil tatsächlich selbst getragenen – also nach Abzug der öffentlichen Zuschüsse verbleibenden – Kosten unter den Eltern aufzuteilen sind. Es besteht keine Verpflichtung, dem anderen Elternteil staatliche Förderungen zugutekommen zu lassen, auf die kein direkter Anspruch besteht. Dabei ist derjenige, der die junge Person im Alltag betreut und beim Bezug von Zuschüssen bevorzugt wird, verpflichtet, deren Entlastung transparent zu machen und die daraus resultierenden geringeren Kosten korrekt im Rahmen der Kostenaufteilung anzugeben.

Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, wenn sich ein Elternteil weigert, seinen Anteil an den Kinderbetreuungskosten zu zahlen?

Kommt der unterhaltspflichtige Elternteil seiner Zahlungsverpflichtung bezüglich der Kinderbetreuungskosten nicht freiwillig nach, so kann der betreuende Elternteil zunächst versuchen, eine außergerichtliche Einigung herbeizuführen – häufig unter Einschaltung des Jugendamtes. Scheitert dies, besteht die Möglichkeit, eine gerichtliche Festsetzung im Rahmen des Familienrechts einzuklagen, beispielsweise mittels Unterhaltsfestsetzungsantrags oder als Bestandteil einer bestehenden Unterhaltsklage. Das Gericht prüft dann die Notwendigkeit der geltend gemachten Kosten sowie die Angemessenheit und entscheidet über die Verpflichtung und Höhe der zu leistenden Zahlungen. Vollstreckungstitel können beantragt werden, sofern eine ausgebliebene Leistung trotz rechtskräftiger Entscheidung verweigert wird.