Begriff und Einordnung des Kaufmanns
Der Begriff Kaufmann bezeichnet im deutschen Wirtschaftsrecht eine Person oder Organisation, die ein Handelsgewerbe betreibt. Er beschreibt keinen Beruf, sondern einen rechtlichen Status. Mit diesem Status sind besondere Rechte, aber auch gesteigerte Pflichten verbunden. Das Regelungssystem, das für Kaufleute gilt, unterscheidet sich vom allgemeinen Zivilrecht und ist auf die Bedürfnisse des Handels ausgelegt: schneller Geschäftsverkehr, klare Vertretungsregeln, verlässliche Registerinformationen und standardisierte Buchführung.
Nicht jede unternehmerisch tätige Person ist Kaufmann. Entscheidend ist die Art und Organisation des Betriebs oder – bei bestimmten Rechtsformen – allein die Wahl der Rechtsform. Aus dem Kaufmannsstatus folgen unter anderem kaufmännische Buchführung, besondere Vertretungsbefugnisse, die Führung einer Firma (Geschäftsname) sowie die Einbindung in das Handelsregister.
Arten des Kaufmanns
Istkaufmann
Als Istkaufmann gilt derjenige, der ein Handelsgewerbe betreibt, das nach Art und Umfang eine in kaufmännischer Weise eingerichtete Geschäftsbetrieb erfordert. Maßgeblich ist ein Gesamtbild der Verhältnisse. Typische Anzeichen für kaufmännische Organisation sind etwa:
- umfangreicher Wareneinkauf und -absatz
- Mehrzahl von Beschäftigten und arbeitsteilige Abläufe
- lager- und logistikintensive Prozesse
- notwendige doppelte Buchführung und geregelte kaufmännische Organisation
- signifikante Umsätze und wiederkehrende, komplexe Geschäfte
Bei einem Istkaufmann besteht die Kaufmannseigenschaft unabhängig vom Handelsregistereintrag. Der Eintrag bezeugt die bereits bestehende Eigenschaft.
Kannkaufmann
Gewerbliche Kleinst- und Kleinbetriebe, die keine kaufmännische Organisation benötigen, sind nicht automatisch Kaufleute. Sie können den Kaufmannsstatus jedoch durch Eintragung in das Handelsregister erlangen. Diese Eintragung begründet die Kaufmannseigenschaft. Ähnliches gilt für land- und forstwirtschaftliche Betriebe: Ohne Eintragung keine Kaufmannsstellung, mit Eintragung Kaufmannsstellung mit allen Rechten und Pflichten.
Formkaufmann
Bestimmte Rechtsformen sind stets Kaufleute, unabhängig von der Größe und Organisation des Betriebs. Dazu zählen insbesondere Kapitalgesellschaften und gleichgestellte Verbände, etwa:
- Gesellschaft mit beschränkter Haftung (einschließlich Unternehmergesellschaft)
- Aktiengesellschaft und Kommanditgesellschaft auf Aktien
- eingetragene Genossenschaft
- Europäische Gesellschaft
Auch offene Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft sind Kaufleute; kaufmannsrechtlich ist die Gesellschaft Trägerin der Rechte und Pflichten, nicht die einzelnen Gesellschafter.
Fiktivkaufmann und Scheinkaufmann
Als Fiktivkaufmann gilt, wer im Handelsregister als Kaufmann eingetragen ist, obwohl die tatsächlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Gegenüber Dritten entfaltet die Eintragung Bindungswirkung. Der Scheinkaufmann liegt vor, wenn jemand durch eigenes Verhalten den Anschein erweckt, Kaufmann zu sein, und Dritte hierauf vertrauen. In beiden Fällen wirken die kaufmännischen Regeln zum Schutz des Geschäftsverkehrs.
Abgrenzungen
Freie Berufe wie beispielsweise Ärzte, Rechtsberater, Architekten oder Künstler sind keine Kaufleute; ihre Tätigkeit unterliegt anderen berufsrechtlichen und zivilrechtlichen Vorgaben. Gewerbliche Kleinstbetriebe ohne kaufmännische Organisation sind ebenfalls keine Kaufleute, solange sie sich nicht eintragen lassen. Körperschaften des öffentlichen Rechts sind grundsätzlich keine Kaufleute, es sei denn, sie betreiben eigenständig Handelsgewerbe in privatrechtlicher Form.
Firma und Handelsregister
Firma: der kaufmännische Name
Die Firma ist der Name, unter dem der Kaufmann im Geschäftsverkehr auftritt und unter dem er klagt und verklagt werden kann. Sie ist nicht mit dem Unternehmen als wirtschaftlicher Einheit gleichzusetzen. Bei der Firmenbildung gelten Grundsätze der Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft sowie das Verbot irreführender Angaben. Der Rechtsformzusatz ist Bestandteil der Firma; bei eingetragenen Einzelkaufleuten wird häufig der Zusatz „e.K.“, „e.Kfm.“ oder „e.Kfr.“ geführt.
Die Firma kann bei Rechtsnachfolge fortgeführt werden. Die Fortführung hat rechtliche Folgen, etwa in Bezug auf die Haftung für bestehende Verbindlichkeiten und die Transparenz gegenüber Geschäftspartnern. Veränderungen der Firma sind im Handelsregister anzumelden und veröffentlicht nachvollziehbar.
Handelsregister: Öffentlichkeit und Verlässlichkeit
Das Handelsregister ist ein öffentliches Verzeichnis über Kaufleute und handelsrechtlich relevante Tatsachen. Es besteht aus Abteilungen für Einzelkaufleute und Personengesellschaften sowie für Kapitalgesellschaften und Genossenschaften. Eingetragen werden unter anderem Firma, Sitz, Inhaber oder Organe, zeichnungsberechtigte Personen (zum Beispiel Prokuristen), Zweigniederlassungen, Eröffnungen und Beendigungen.
Eintragungen sind für den Rechtsverkehr verlässlich. Teils bestätigen sie eine bereits bestehende Rechtslage, teils schaffen sie die Rechtslage erst. Veröffentlichten Eintragungen kann im Geschäftsverkehr grundsätzlich vertraut werden. Nicht eingetragene, aber eintragungspflichtige Tatsachen können Dritten regelmäßig nicht entgegengehalten werden, wenn sie unbekannt sind.
Rechte und Pflichten des Kaufmanns
Buchführung, Jahresabschluss und Aufbewahrung
Kaufleute sind zu einer geordneten Buchführung verpflichtet. Dazu zählen insbesondere die laufende Erfassung der Geschäftsvorfälle, die Aufstellung eines Inventars, eine Eröffnungsbilanz und periodische Abschlüsse. Geschäftsbriefe sowie Buchungsbelege sind über gesetzlich vorgegebene Zeiträume aufzubewahren. Umfang und Tiefe dieser Pflichten unterscheiden sich nach Größe, Art und Rechtsform des Unternehmens und können durch steuerrechtliche Schwellenwerte zusätzlich beeinflusst werden.
Vertretung: Prokura und Handlungsvollmacht
Die Prokura ist eine weitreichende Vertretungsmacht. Sie ermächtigt zu nahezu allen Arten von Rechtsgeschäften, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Bestimmte Grundlagengeschäfte erfordern eine besondere Ermächtigung. Die Erteilung und das Erlöschen der Prokura sind im Handelsregister einzutragen. Interne Beschränkungen wirken gegenüber Dritten grundsätzlich nicht.
Die Handlungsvollmacht ist demgegenüber enger. Sie umfasst die typischen Geschäfte, die in einem bestimmten Geschäftszweig oder in einem konkreten Aufgabenbereich anfallen. Umfang und Grenzen können intern festgelegt und gegenüber Dritten deutlicher begrenzt werden, soweit diese Beschränkungen erkennbar sind.
Handelsbräuche und besondere Regeln für Handelsgeschäfte
Im kaufmännischen Verkehr gelten Handelsbräuche und Verkehrssitten. Dazu zählen eingespielte Gewohnheiten wie das kaufmännische Bestätigungsschreiben: Schweigt ein Kaufmann auf ein bestätigendes Schreiben nach Vertragsverhandlungen, kann dies als Zustimmung gewertet werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Beim Handelskauf über Waren bestehen gesteigerte Pflichten zur Untersuchung und zur unverzüglichen Anzeige von Mängeln. Zudem gelten Besonderheiten bei Lieferfristen, Fixgeschäften und Zinsen.
Geschäftsbriefe und Offenlegung
Kaufleute haben in geschäftlicher Korrespondenz bestimmte Pflichtangaben zu machen. Welche Angaben erforderlich sind, richtet sich nach der Rechtsform und dem Registerstatus. Üblich sind etwa Firma, Rechtsformzusatz, Sitz, Registergericht und Registernummer sowie die vertretungsberechtigten Personen. Diese Anforderungen dienen der Transparenz im Geschäftsverkehr.
Haftung und Unternehmensnachfolge
Der eingetragene Einzelkaufmann haftet grundsätzlich unbeschränkt mit seinem gesamten Vermögen für die Verbindlichkeiten des Handelsgeschäfts. Bei Kapitalgesellschaften ist die Haftung in der Regel auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt; Organe haften nur in gesetzlich vorgesehenen Ausnahmefällen. Bei Personengesellschaften haften die Gesellschafter je nach Gesellschaftstyp unterschiedlich.
Wird ein Handelsgeschäft veräußert oder im Wege der Gesamtrechtsnachfolge fortgeführt, sind besondere Haftungsfolgen zu beachten. Die Fortführung der Firma, die Kontinuität des Geschäftsbetriebs und die Publizität des Handelsregisters spielen hierbei eine Rolle. Bei Betriebsübergängen können außerdem arbeitsrechtliche Wirkungen eintreten, etwa in Bezug auf den Übergang von Arbeitsverhältnissen.
Internationale Bezüge
Der Begriff Kaufmann ist in Deutschland national geprägt. Andere Rechtsordnungen verwenden teilweise andere Kategorien und knüpfen Pflichten und Rechte anders. Im Binnenmarkt der Europäischen Union sind Niederlassungsfreiheit und gegenseitige Anerkennung von Gesellschaften von Bedeutung. Die Frage, welche Regeln auf grenzüberschreitende Sachverhalte Anwendung finden, richtet sich nach internationalem Privatrecht und gegebenenfalls nach europäischen Regelungen.
Häufig gestellte Fragen
Wer gilt als Kaufmann im rechtlichen Sinne?
Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt, dessen Art und Umfang eine kaufmännische Organisation erfordert. Bestimmte Rechtsformen sind stets Kaufleute. Kleingewerbetreibende und land- oder forstwirtschaftliche Betriebe können durch Eintragung im Handelsregister den Kaufmannsstatus erlangen.
Ist ein Kleingewerbetreibender automatisch Kaufmann?
Nein. Ein Kleingewerbetreibender ist nicht automatisch Kaufmann, solange sein Geschäftsbetrieb keine kaufmännische Organisation erfordert. Er kann den Kaufmannsstatus jedoch durch Eintragung im Handelsregister erwerben.
Sind Freiberufler Kaufleute?
Freiberufler wie etwa Ärzte, Architekten oder beratende Berufe sind keine Kaufleute. Ihre Tätigkeiten unterliegen anderen rechtlichen Rahmenbedingungen und nicht den handelsrechtlichen Sonderregeln für Kaufleute.
Was ist der Unterschied zwischen Firma und Unternehmen?
Die Firma ist der Name, unter dem der Kaufmann im Geschäftsverkehr auftritt. Das Unternehmen ist die wirtschaftliche Einheit, also die Gesamtheit von Betriebsmitteln, Verträgen und Organisation. Eine Firma kann fortgeführt werden, auch wenn das Unternehmen auf eine andere Person übergeht.
Welche Bedeutung hat die Prokura?
Die Prokura ist eine weitreichende Vertretungsmacht im Handelsverkehr. Sie berechtigt zu nahezu allen Geschäften, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Ihre Erteilung und ihr Erlöschen werden im Handelsregister vermerkt und dadurch für Dritte erkennbar.
Welche Pflichten bestehen in Bezug auf Buchführung und Aufbewahrung?
Kaufleute müssen Bücher führen, Inventare erstellen, Abschlüsse aufstellen und Geschäftsunterlagen über gesetzlich festgelegte Zeiträume aufbewahren. Umfang und Tiefe dieser Pflichten hängen von Größe, Art und Rechtsform des Unternehmens ab.
Welche Rolle spielt das Handelsregister?
Das Handelsregister macht wesentliche Rechtsverhältnisse von Kaufleuten öffentlich. Eintragungen schaffen teils Rechtslagen, teils bezeugen sie diese. Dritte können sich grundsätzlich auf veröffentlichte Eintragungen verlassen.
Welche Folgen hat der Erwerb eines Handelsgeschäfts für die Haftung?
Beim Erwerb eines Handelsgeschäfts können bestehende Verbindlichkeiten und Rechtsverhältnisse betroffen sein. Die Fortführung der Firma, der Umfang der Übernahme und die Publizität des Handelsregisters beeinflussen die Haftungslage.