Begriff und Einordnung: Kaufmännischer Angestellter
Ein kaufmännischer Angestellter ist eine Person, die in einem Arbeitsverhältnis primär kaufmännische oder verwaltende Tätigkeiten im Unternehmen ausübt. Die Einordnung und Definition dieses Berufsbildes hat im deutschen Arbeitsrecht eine besondere Bedeutung und beeinflusst verschiedene Rechtsgebiete, darunter das Handelsrecht, das Arbeitsrecht sowie das Sozialversicherungsrecht. Kaufmännische Angestellte sind typischerweise in Bereichen wie Buchhaltung, Rechnungswesen, Vertrieb, Einkauf, Personalwesen oder Verwaltung beschäftigt.
Rechtliche Grundlagen
Historische Entwicklung und Definition
Der Begriff des kaufmännischen Angestellten ist historisch wesentlich durch das Handelsgesetzbuch (HGB) geprägt. Ursprünglich in der Angestelltenordnung von 1911 normiert, wurde die gesetzliche Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten später durch das Arbeitsrecht teilweise aufgehoben. Dennoch spielt der Begriff weiterhin in zahlreichen Gesetzen eine Rolle, insbesondere im Bereich kollektivrechtlicher und sozialversicherungsrechtlicher Regelungen.
Handelsrechtliche Einordnung
Kaufmannseigenschaft des Arbeitgebers
Kaufmännische Angestellte sind regelmäßig bei sogenannten Kaufleuten im Sinne des § 1 HGB beschäftigt. Das HGB regelt die Rechte und Pflichten von Kaufleuten, worauf sich auch die Ausgestaltung der Tätigkeitsbereiche ihrer Angestellten auswirkt.
Kaufmännische Verrichtungen
Im Kontext des Handelsrechts wird unter kaufmännischen Tätigkeiten unter anderem verstanden:
- Buchführung und Rechnungslegung
- Bearbeitung von Geschäftsbriefen und Aufträgen
- Warenwirtschaft und Lagerverwaltung
- Kundenbetreuung und Auftragsabwicklung
Die Abgrenzung zu technischen Angestellten, gewerblichen Arbeitnehmern oder leitenden Angestellten erfolgt maßgeblich anhand der Art der Tätigkeit und der Eingliederung in den kaufmännischen Organismus des Unternehmens.
Arbeitsrechtliche Gesichtspunkte
Arbeitsvertragsrecht
Kaufmännische Angestellte stehen in einem Arbeitsverhältnis, das durch einen Arbeitsvertrag geregelt wird. Im Vertrag werden typischerweise Arbeitsinhalte, Vergütung, Arbeitszeit und Nebentätigkeiten beschrieben. Hierbei finden sowohl das Bürgerliche Gesetzbuch (insbesondere §§ 611a ff. BGB) als auch das Handelsgesetzbuch Anwendung.
Kündigungsschutz und Probezeit
Für kaufmännische Angestellte gelten die gesetzlichen Regelungen zum Kündigungsschutz gemäß Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Häufig finden sich Besonderheiten hinsichtlich der Probezeitregelungen und der Fristberechnung bei Kündigungen (§ 622 BGB).
Arbeitszeit und Vergütung
Die Arbeitszeiten und die Vergütung richten sich nach dem Arbeitsvertrag, tarifvertraglichen Bestimmungen sowie den einschlägigen Schutzgesetzen wie dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und dem Mindestlohngesetz (MiLoG).
Tarifrechtliche Aspekte und Betriebsverfassungsrecht
Geltung von Tarifverträgen
Kaufmännische Angestellte im privaten Sektor unterliegen häufig speziellen Tarifverträgen, etwa im Bank- und Versicherungswesen, Groß- und Einzelhandel oder in Industrieunternehmen. Die Tarifverträge regeln Mindestgehälter, Urlaub, Sonderzahlungen und weitere arbeitsvertragliche Details.
Beteiligung an betrieblicher Mitbestimmung
Nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) haben kaufmännische Angestellte umfassende Teilhaberechte durch die Arbeitnehmervertretung (Betriebsrat). Sie sind wahlberechtigt und wählbar zum Betriebsrat und profitieren von dessen Schutzmechanismen, etwa beim Kündigungsschutz.
Sozialversicherungsrechtliche Rahmenbedingungen
Beitragspflicht und Versicherungsstatus
Kaufmännische Angestellte sind regelmäßig sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Sie unterliegen der beitragspflichtigen Versicherung in den Bereichen Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung (§ 1 SGB VI, § 2 SGB V). Vergütungsabhängig können Grenzwerte zur Pflichtversicherung bestehen, etwa im Hinblick auf die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Unfallversicherung
Angestellte sind durch den Arbeitgeber bei der Berufsgenossenschaft gesetzlich unfallversichert (§ 2 SGB VII). Auch Reisetätigkeiten und Dienstfahrten sind im Regelfall unfallversichert.
Abgrenzung und Sonderformen
Abgrenzung zum leitenden Angestellten
Leitende Angestellte weisen Entscheidungsbefugnisse mit erheblichen Weisungsrechten auf. Kaufmännische Angestellte haben in der Regel keine eigenständige Vertretungsmacht oder Arbeitgeberfunktionen. Die arbeitsrechtliche Stellung und die damit verbundenen Rechte können sich somit deutlich unterscheiden.
Unterschied zu gewerblichen Arbeitnehmern
Gewerbliche Arbeitnehmer führen vorwiegend handwerkliche, produktionsbezogene oder technische Arbeiten durch, wohingegen kaufmännische Angestellte administrative, verwaltende und organisatorische Arbeiten leisten. Diese Unterscheidung hat Relevanz bei der Anwendung bestimmter tariflicher oder sozialrechtlicher Regelungen.
Ausbildungsrechtlicher Bezug
Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz
Die Berufsausbildung kaufmännischer Angestellter ist im Berufsbildungsgesetz (BBiG) geregelt. Beispiele für Ausbildungsberufe sind:
- Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement
- Industriekaufmann/-frau
- Bankkaufmann/-frau
- Speditionskaufmann/-frau
Für Auszubildende gelten besondere Schutzvorschriften nach dem BBiG sowie dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG).
Zusammenfassung und Bedeutung in der Praxis
Kaufmännische Angestellte sind essenzielle Träger administrativer, verwaltender und organisatorischer Funktionen in Unternehmen unterschiedlicher Branchen. Ihre rechtliche Stellung wird durch zahlreiche Einzelregelungen bestimmt, die sich aus Handelsgesetzbuch, Arbeitsrecht, Tarifrecht sowie Sozialversicherungsrecht ergeben. Die korrekte rechtliche Einordnung ist für die Anwendung spezifischer arbeits-, tarif- und sozialrechtlicher Bestimmungen von erheblicher Bedeutung.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen gibt es für die Beschäftigung als Kaufmännischer Angestellter?
Für die Beschäftigung als Kaufmännischer Angestellter müssen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen des jeweiligen Landes berücksichtigen. In Deutschland ist grundsätzlich kein bestimmter Ausbildungsgrad gesetzlich vorgeschrieben, um als Kaufmännischer Angestellter tätig zu werden, dennoch verlangen viele Arbeitgeber mindestens eine abgeschlossene kaufmännische Berufsausbildung. Rechtlich bindend ist zudem der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrags gemäß § 2 NachwG (Nachweisgesetz), in dem Arbeitszeit, Vergütung, Tätigkeitsbeschreibung und Kündigungsfristen geregelt sein müssen. Weiterhin gelten die allgemeinen Regelungen des Arbeitsrechts, insbesondere das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG), das Mutterschutzgesetz (MuSchG) sowie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Minderjährige dürfen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) nur unter bestimmten Bedingungen beschäftigt werden. Schließlich sind bei der Einstellung und Beschäftigung von Nicht-EU-Bürgern spezielle Vorschriften zum Aufenthalts- und Arbeitsrecht zu beachten.
Welche gesetzlichen Regelungen gelten für die Arbeitszeit von Kaufmännischen Angestellten?
Die gesetzlichen Bestimmungen zur Arbeitszeit von Kaufmännischen Angestellten ergeben sich vorrangig aus dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Grundsätzlich darf die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten, allerdings kann sie auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, sofern innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden pro Werktag nicht überschritten werden. Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit ist im Allgemeinen unzulässig, es sei denn, der Betrieb fällt unter Ausnahmen gemäß §§ 9 ff. ArbZG. Darüber hinaus sind Ruhepausen und Ruhezeiten gesetzlich geregelt: Nach spätestens sechs Stunden Arbeit ist eine Pause von mindestens 30 Minuten einzulegen. Zwischen zwei Arbeitstagen muss eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden gewährt werden. Teilzeitbeschäftigte und Minijobber haben grundsätzlich die gleichen Rechte hinsichtlich der Arbeitszeit wie Vollzeitkräfte, wobei individuelle Absprachen im Arbeitsvertrag möglich sind, sofern sie nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers von gesetzlichen Vorgaben abweichen.
Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag für Kaufmännische Angestellte?
Der Arbeitsvertrag für Kaufmännische Angestellte begründet ein privatrechtliches Schuldverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Zu den Hauptpflichten des Arbeitnehmers zählt die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben nach Weisung des Arbeitgebers sowie die Einhaltung von Verschwiegenheitspflichten hinsichtlich betrieblicher Belange. Arbeitgeberseitig besteht die Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Vergütung, zur Gewährung von Urlaub entsprechend dem Bundesurlaubsgesetz sowie zur Fürsorgepflicht nach § 618 BGB und § 241 Abs. 2 BGB. Weiterhin gelten Schutzvorschriften nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG), sofern der Arbeitnehmer länger als sechs Monate im Betrieb ist und das Unternehmen mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Zusätzliche Ansprüche können sich aus geltenden Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder individuellen Zusatzvereinbarungen ergeben.
Welche Vorschriften gelten zum Kündigungsschutz bei Kaufmännischen Angestellten?
Für den Kündigungsschutz von Kaufmännischen Angestellten ist primär das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) maßgeblich, sofern das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und der Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Das Gesetz schreibt vor, dass eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein muss, das heißt, sie kann aus personenbedingten, verhaltensbedingten oder betriebsbedingten Gründen erfolgen. Vor einer verhaltensbedingten Kündigung ist zudem in der Regel eine Abmahnung notwendig. Zusätzlich müssen Kündigungsfristen gemäß § 622 BGB eingehalten werden. Sonderkündigungsschutz besteht für bestimmte Personengruppen, etwa für Schwangere, Schwerbehinderte oder Mitglieder des Betriebsrats nach den jeweiligen Spezialgesetzen (Mutterschutzgesetz, SGB IX, BetrVG). Eine fristlose Kündigung ist nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 626 BGB zulässig.
Welche Rolle spielen Tarifverträge für Kaufmännische Angestellte?
Tarifverträge haben in der Arbeitswelt kaufmännischer Angestellter eine erhebliche Bedeutung, sofern der Betrieb tarifgebunden ist oder Tarifverträge durch Bezugnahme im Arbeitsvertrag Anwendung finden. Sie regeln verbindlich Arbeitsbedingungen wie Arbeitszeit, Gehalt, Urlaub, Sonderzahlungen, Kündigungsfristen und weitere Ansprüche. Die Geltung eines Tarifvertrags setzt voraus, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer tarifgebunden sind oder der Tarifvertrag aufgrund einer Allgemeinverbindlicherklärung oder Bezugsklausel Anwendung findet. Tarifverträge gehen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen im Zweifel vor, sofern sie für den Arbeitnehmer günstiger sind. Verstöße gegen Tarifnormen können arbeitsgerichtlich geltend gemacht werden.
Welche besonderen Datenschutzpflichten müssen Kaufmännische Angestellte beachten?
Kaufmännische Angestellte sind besonders häufig mit vertraulichen personenbezogenen Daten von Kunden, Geschäftspartnern und Kollegen betraut. Rechtlich grundlegend ist die Einhaltung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Sie sind verpflichtet, personenbezogene Daten nur im Rahmen der Zweckbindung und unter Berücksichtigung der Datensparsamkeit und Datensicherheit zu verarbeiten. Eine Weitergabe oder Nutzung personenbezogener Daten außerhalb des erlaubten Umfangs stellt eine datenschutzrechtliche Pflichtverletzung dar und kann sowohl arbeits- als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Arbeitgeber sind verpflichtet, Angestellte regelmäßig bezüglich Datenschutzthemen zu schulen und entsprechende technische wie organisatorische Maßnahmen vorzuhalten. Verstöße sind regelmäßig meldepflichtig und können Bußgelder nach sich ziehen.
Welche gesetzlichen Regelungen gelten im Krankheitsfall eines Kaufmännischen Angestellten?
Im Krankheitsfall regelt das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG), dass Kaufmännischen Angestellten bei unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber bis zu sechs Wochen zusteht. Die Arbeitsunfähigkeit ist dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen, während die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung spätestens am vierten Tag der Erkrankung zu erfolgen hat, wobei der Arbeitgeber deren Vorlage bereits ab dem ersten Tag verlangen kann. Nach Ablauf der sechswöchigen Lohnfortzahlung besteht Anspruch auf Krankengeld durch die gesetzliche Krankenversicherung. Im Rahmen des Arbeitsrechts besteht während der Erkrankung grundsätzlich ein besonderer Kündigungsschutz; eine krankheitsbedingte Kündigung ist jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen, muss aber strengen arbeitsgerichtlichen Anforderungen genügen. Weitere Schutzvorschriften ergeben sich ggf. aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen.