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Kassenärztliche Bundesvereinigung

Begriff und Stellung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ist die bundesweite Dachorganisation der regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen. Sie ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und Teil der ärztlichen Selbstverwaltung im System der gesetzlichen Krankenversicherung. Ihr Auftrag ist es, die Rahmenbedingungen der ambulanten Versorgung mitzugestalten, bundesweit zu koordinieren und verbindliche Vorgaben mitzuentwickeln, die für Vertragsärztinnen und -ärzte sowie Vertragspsychotherapeutinnen und -psychotherapeuten gelten.

Aufgaben und Funktionen

Sicherstellung und Versorgungsauftrag

Die KBV koordiniert bundesweit jene Aufgaben, die eine einheitliche ambulante Versorgung erfordern. Während die konkrete Sicherstellung der Versorgung vor Ort den regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen obliegt, sorgt die KBV für bundeseinheitliche Regelungen, Verfahren und Standards, damit Patientinnen und Patienten unabhängig vom Wohnort vergleichbare Zugänge zur vertragsärztlichen Versorgung erhalten.

Vertrags- und Vergütungsordnung

Die KBV verhandelt mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen bundesweite Verträge und Regelwerke, die Struktur, Abrechnung und Dokumentation der vertragsärztlichen Leistungen ordnen. Sie wirkt in Gremien mit, die den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) fortentwickeln und damit die Bewertungslogik ärztlicher Leistungen im ambulanten Bereich bestimmen. Dadurch erhalten die regionalen Vertragsparteien eine verbindliche Grundlage für die Vergütung.

Qualität und Richtlinienarbeit

Die KBV ist im Gemeinsamen Bundesausschuss vertreten, in dem bundesweit gültige Richtlinien zur Qualität und zum Umfang der Versorgung beraten und beschlossen werden. Sie bringt die Perspektive der ambulanten Versorgung ein, arbeitet an Qualitätssicherungsprogrammen mit und unterstützt die Umsetzung qualitativ gesicherter Verfahren in Praxen.

Digitale Infrastruktur und Standards

Die KBV wirkt an der Ausgestaltung digitaler Anwendungen in der ambulanten Versorgung mit, etwa bei Vorgaben für Praxisverwaltungssysteme, sicheren Kommunikationsdiensten oder elektronischen Nachweisen. Ziel ist die rechtssichere und praxistaugliche Nutzung digitaler Infrastrukturen, die zugleich den Schutz sensibler Gesundheitsdaten gewährleistet.

Rechtsform, Organisation und Organe

Körperschaft des öffentlichen Rechts und Selbstverwaltung

Die KBV ist eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie erfüllt Aufgaben der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen und nimmt dabei sowohl Interessen der vertragsärztlichen Versorgung wahr als auch hoheitlich geprägte Aufgaben, die ihr durch das Sozialrecht übertragen sind.

Organe: Vertreterversammlung und Vorstand

Die Willensbildung erfolgt über zwei zentrale Organe: die Vertreterversammlung und den Vorstand. Die Vertreterversammlung ist das beschlussfassende Organ und setzt die wesentlichen Leitlinien. Der Vorstand führt die Geschäfte, vertritt die KBV nach außen und setzt die Beschlüsse um. Die Mitglieder der Vertreterversammlung werden aus den regionalen Strukturen entsandt, wodurch die bundesweite Koordination mit der regionalen Verankerung verbunden ist.

Mitgliedschaft und Finanzierung

Mitglieder der KBV sind die regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen. Die Finanzierung erfolgt über Zuweisungen aus dem Bereich der vertragsärztlichen Versorgung nach festgelegten Grundsätzen der Selbstverwaltung. Die Haushaltsführung unterliegt internen und externen Kontrollmechanismen.

Verhältnis zu den Kassenärztlichen Vereinigungen und anderen Akteuren

Bundesweite Koordination

Die KBV koordiniert grundsätzliche Fragen, die alle Kassenärztlichen Vereinigungen betreffen, und schafft einheitliche Vorgaben, die von den regionalen Körperschaften angewendet werden. Dies betrifft insbesondere Abrechnung, Qualitätssicherung, IT-Schnittstellen sowie Rahmen für den Bereitschaftsdienst.

Zusammenarbeit mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen

Mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen verhandelt die KBV bundesweite Verträge und Bewertungsmaßstäbe. Diese Vereinbarungen geben den regionalen Partnern verbindliche Leitplanken vor und sorgen für bundesweite Einheitlichkeit bei Leistungsinhalten, Dokumentationspflichten und Abrechnungsverfahren.

Mitwirkung im Gemeinsamen Bundesausschuss

Als stimmberechtigte Institution wirkt die KBV im Gemeinsamen Bundesausschuss an Richtlinien mit, die den Leistungskatalog, die Qualitätssicherung und indikationsbezogene Vorgaben der Versorgung konkretisieren. Diese Beschlüsse sind für alle Beteiligten im System der gesetzlichen Krankenversicherung verbindlich.

Rechtliche Instrumente und Normsetzung

Bundesmantelverträge und Einheitlicher Bewertungsmaßstab

Der rechtliche Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung wird durch bundesweite Verträge und Bewertungsmaßstäbe strukturiert. Diese definieren Leistungsinhalte, Abrechnungsziffern, Dokumentationspflichten und Vergütungsmodalitäten. Die KBV verhandelt und entwickelt diese Instrumente gemeinsam mit den Kassen auf Bundesebene fort.

Richtlinien, Beschlüsse und deren Bindungswirkung

Im Zusammenwirken mit anderen Trägern der Selbstverwaltung entstehen Richtlinien und Beschlüsse, die für Kassenärztliche Vereinigungen, Vertragsärztinnen und -ärzte sowie Krankenkassen verbindlich sind. Sie wirken wie allgemein geltende Vorgaben innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung und sind von den regionalen Akteuren umzusetzen.

Datenverarbeitung, Transparenz und Aufsicht

Zur Erfüllung ihrer Aufgaben verarbeitet die KBV Daten in geregelten Verfahren, etwa für Abrechnung, Qualitätssicherung und Versorgungsanalysen. Sie ist verpflichtet, Datenschutz und Datensicherheit sicherzustellen und die Öffentlichkeit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben über wesentliche Entscheidungen, Berichte und Ergebnisse der Selbstverwaltung zu informieren.

Aufsicht und Kontrolle

Bundesaufsicht

Die KBV unterliegt der Rechtsaufsicht des Bundes. Diese Aufsicht prüft die Rechtmäßigkeit des Handelns der KBV und kann einschreiten, wenn Beschlüsse oder Maßnahmen nicht mit geltendem Recht vereinbar sind. Weisungen in Sachfragen gehören hingegen nicht zum typischen Instrumentarium der Rechtsaufsicht.

Rechtsschutz und Kontrolle

Entscheidungen der KBV und die von ihr geschlossenen Vereinbarungen können rechtlich überprüft werden. Zudem bestehen interne Kontrollmechanismen, etwa durch die Vertreterversammlung, sowie externe Prüfungen, die der Transparenz und ordnungsgemäßen Mittelverwendung dienen.

Geschichte und Entwicklungslinien

Entstehung und Weiterentwicklung

Die KBV steht in der Tradition der ärztlichen Selbstverwaltung in Deutschland und ist nach dem Zweiten Weltkrieg als bundeseinheitliche Organisation für die vertragsärztliche Versorgung aufgebaut worden. Seither wurde ihre Rolle fortentwickelt, insbesondere im Hinblick auf Qualitätssicherung, Digitalisierung, Transparenz und die bundesweite Koordination komplexer Versorgungsfragen.

Häufig gestellte Fragen zur Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Was ist die rechtliche Stellung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung?

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und Teil der ärztlichen Selbstverwaltung. Sie erfüllt Aufgaben, die ihr vom Gesetzgeber zugewiesen sind, und agiert innerhalb eines rechtlich vorgegebenen Rahmens eigenverantwortlich.

Wer ist Mitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung?

Mitglieder der KBV sind die regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen. Vertragsärztinnen und -ärzte sowie Vertragspsychotherapeutinnen und -psychotherapeuten sind Mitglieder ihrer jeweiligen regionalen Körperschaft und wirken über diese mittelbar auf Bundesebene mit.

Welche Aufgaben hat die KBV im Vergütungssystem der ambulanten Versorgung?

Die KBV verhandelt mit dem Spitzenverband der Krankenkassen bundesweite Regelungen zur Struktur und Bewertung ärztlicher Leistungen. Dazu gehört insbesondere die Mitwirkung an der Fortentwicklung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs, der die Grundlage für die Abrechnung in der vertragsärztlichen Versorgung bildet.

Welche Befugnisse hat die KBV gegenüber den regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen?

Die KBV setzt bundesweite Rahmenvorgaben und koordiniert gemeinsame Prozesse. Die konkrete Umsetzung und Sicherstellung der Versorgung obliegen den regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen, die an die bundeseinheitlichen Beschlüsse und Verträge gebunden sind.

Wie wirkt die KBV an Richtlinien und Standards der Versorgung mit?

Die KBV ist im Gemeinsamen Bundesausschuss vertreten und bringt dort die Perspektive der ambulanten Versorgung ein. Auf dieser Ebene werden Richtlinien zu Leistungsumfang, Qualität und Verfahren beschlossen, die für alle Beteiligten verbindlich sind.

Wer übt die Aufsicht über die KBV aus?

Über die KBV wird die Rechtsaufsicht durch eine Bundesbehörde ausgeübt. Diese überwacht die Rechtmäßigkeit des Handelns der KBV und kann bei Verstößen einschreiten.

Welche Bindungswirkung haben Beschlüsse und Verträge der KBV?

Bundesweite Verträge, Beschlüsse und Richtlinien, an deren Zustandekommen die KBV mitwirkt, sind für Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigungen und die an der Versorgung teilnehmenden Praxen verbindlich und in der Versorgungspraxis anzuwenden.