Legal Lexikon

Kassageschäft


Definition und Grundlagen des Kassageschäfts

Das Kassageschäft ist ein Begriff aus dem Handels- und Wirtschaftsrecht und bezeichnet eine Form des Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäfts, bei dem die Vertragserfüllung (Lieferung bzw. Abnahme und Zahlung) spätestens innerhalb zweier Börsentage nach Vertragsabschluss erfolgt. Kassageschäfte stehen im Gegensatz zu Termingeschäften, bei denen die Erfüllung zu einem im Voraus festgelegten späteren Zeitpunkt stattfindet.

Kassageschäfte spielen insbesondere im Börsen- und Wertpapierhandel, aber auch im Warenhandel eine bedeutende Rolle. Der Begriff „Kassa“ leitet sich vom italienischen Wort „cassa“ für Kasse ab und betont die kurzfristige Abwicklung der Austauschbeziehungen.


Rechtliche Einordnung des Kassageschäfts

Kassageschäft im deutschen Recht

Im deutschen Recht ist das Kassageschäft nicht explizit gesetzlich definiert. Die rechtliche Bewertung erfolgt nach den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), des Handelsgesetzbuchs (HGB) sowie aufgrund spezifischer Regelungen des Börsengesetzes (BörsG) und der Wertpapierhandelsgesetzgebung.

Abgrenzung zum Termingeschäft

Das Kassageschäft unterscheidet sich vom Termingeschäft primär durch den Zeitpunkt der Erfüllung. Während das Kassageschäft eine sofortige oder kurzfristige Leistungserbringung beinhaltet (meist innerhalb von zwei Geschäftstagen), wird beim Termingeschäft ein zukünftiger Erfüllungszeitpunkt vereinbart. Diese Unterscheidung ist insbesondere im Hinblick auf die rechtlichen Folgen und die Anwendbarkeit bestimmter Schutzvorschriften sowie Verbotsnormen relevant, wie sie für Termingeschäfte im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 762 BGB) vorgesehen sind.

Rechtliche Besonderheiten

Kassageschäfte können in verschiedenen Rechtsformen auftreten:

  • Kaufvertrag: Es handelt sich regelmäßig um einen Kaufvertrag im Sinne des § 433 BGB, bei dem Lieferung und Zahlung binnen kürzester Frist fällig sind.
  • Börsengeschäft: Bei börsenmäßig gehandelten Kassageschäften gelten zusätzlich die jeweiligen Börsenordnungen, die genaue Fristen und Abwicklungsvorschriften vorsehen.
  • Außerbörslicher Handel: Auch außerhalb der Börse können Kassageschäfte abgeschlossen werden. Hier finden die allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Handelsgesetzbuchs Anwendung.

Kassageschäft im Bank- und Finanzdienstleistungsrecht

Kassageschäfte bilden einen zentralen Bestandteil des Zahlungsverkehrs und des Wertpapierhandels im Bank- und Finanzdienstleistungsbereich. Sie unterliegen beim Handel mit Wertpapieren den Regelungen der jeweiligen Handelsplätze (Börsenregeln) sowie der Finanzaufsicht, insbesondere der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

Wertpapier-Kassageschäfte

Im Wertpapierhandel ist das Kassageschäft als standardisierter Vorgang ausgestaltet. Die Abwicklung erfolgt gewöhnlich „Settlement“ innerhalb von zwei Geschäftstagen nach dem Handelstag (T+2).

  • Rechtliche Grundlage bietet die Delegierte Verordnung (EU) 2017/389 zur Settlementdisziplin, die für harmonisierte Abwicklungsstandards in der EU sorgt.
  • Aufsichtliche Pflichten bestehen insbesondere in Bezug auf Transparenz und die rechtssichere Ausgestaltung der Transaktionsdokumentation.

Kassageschäfte im Auslandsgeschäft

Außerbörsliche und grenzüberschreitende Kassageschäfte unterliegen zusätzlich ausländischen Rechtsnormen sowie internationalen Handelsbräuchen (wie Incoterms, Uniform Commercial Code in den USA oder UN-Kaufrecht/CISG).


Besonderheiten der Vertragserfüllung beim Kassageschäft

Zeitliche Komponente

Die Lieferung von Ware oder Wertpapieren sowie die Zahlung müssen spätestens innerhalb der branchenüblichen Frist (meist zwei Börsentage, international bis zu fünf Tage) erfolgen. Eine spätere Erfüllung würde das Geschäft zu einem Termingeschäft machen, was rechtliche Folgen, beispielsweise hinsichtlich Risikoverteilung, haben kann.

Risikoübertrag und Eigentumsübergang

  • Kaufrechtliche Regeln: Grundsätzlich geht die Gefahr beim Kassageschäft mit der Übergabe bzw. der Absendung der Ware über (§ 446, § 447 BGB).
  • Börsenhandel: Beim Handel über eine Wertpapierbörse gilt die Abwicklung über zentrale Gegenparteien (Clearingstellen) mit modernen Mechanismen zur Risikominimierung.

Mängelrechte und Gewährleistung

Die allgemeinen kaufrechtlichen Vorschriften über Mängelhaftung und Gewährleistung (§§ 434 ff. BGB) greifen auch beim Kassageschäft, sofern keine abweichenden Vereinbarungen, Handelsbräuche oder Börsenregeln Anwendung finden.


Abgrenzung zu anderen Handelsgeschäften

Kassageschäft und Kommissionsgeschäft

Kassageschäfte sind von Kommissionsgeschäften abzugrenzen, bei denen ein Kommissionär auf eigene Rechnung, aber im Namen eines Dritten handelt (§§ 383 ff. HGB). Das Kassageschäft ist ein Direktgeschäft, bei dem die Vertragspartner direkt verpflichtet sind.

Kassageschäft und Leerverkauf

Ein Leerverkauf kann sowohl als Kassa- wie auch als Termingeschäft ausgestaltet sein, abhängig davon, wann die Lieferung des Verkaufsgegenstands erfolgen muss.

Kassageschäft beim Devisenhandel

Im Devisenhandel bezeichnet das Kassageschäft (Spot-Geschäft) den unmittelbaren Austausch von Währungen zum aktuellen Marktpreis mit kurzer Erfüllungsfrist (in der Regel zwei Bankarbeitstage).


Steuerliche und aufsichtsrechtliche Gesichtspunkte des Kassageschäfts

Ertragsteuerliche Behandlung

Erträge und Verluste aus Kassageschäften sind nach dem deutschen Einkommenssteuerrecht als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) oder Handelsgeschäften zu beurteilen. Die steuerliche Behandlung folgt den allgemeinen Grundsätzen und unterscheidet sich somit von der Behandlung bestimmter Termingeschäfte, für die besondere Vorschriften existieren.

Aufsichtsrechtliche Meldepflichten

Im Rahmen des Wertpapierhandels unterliegen Kassageschäfte den Meldepflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und der europäischen Marktmissbrauchsverordnung (MAR).

Geldwäscheprävention

Besondere Bedeutung kommt der Geldwäscheprävention zu, insbesondere bei Kassageschäften mit hohen Barvolumina, bei denen Melde- und Sorgfaltspflichten nach dem Geldwäschegesetz (GwG) gelten.


Fazit

Das Kassageschäft ist eine grundlegende Vertragsform im Wirtschaftsverkehr, deren rechtliche Ausgestaltung sich an den allgemeinen Vorschriften für Kausalgeschäfte orientiert. Charakteristisch sind die kurzfristige Erfüllungspflicht und die klare Abgrenzung zu Termingeschäften. Kassageschäfte unterliegen – je nach Gegenstand, Handelsplatz und Vertragspartnern – unterschiedlichen rechtlichen Besonderheiten, insbesondere im Handels-, Börsen-, Bank-, Aufsichts- sowie Steuerrecht. Ihre rechtliche Einordnung und Behandlung sorgt in der Praxis für Rechtssicherheit und Effizienz im Handelsverkehr.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Anforderungen gelten für die Dokumentation von Kassageschäften?

Die Dokumentationspflichten bei Kassageschäften sind in Deutschland insbesondere durch die Abgabenordnung (AO) und das Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt. Jede Bargeldbewegung muss nachvollziehbar aufgezeichnet und für die Dauer der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen (grundsätzlich zehn Jahre) aufbewahrt werden. Seit dem 1. Januar 2017 besteht nach § 146a AO zudem die Pflicht zur Nutzung einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) bei elektronischen Kassensystemen, um Manipulationen zu verhindern. Dazu müssen alle Geschäftsvorfälle einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufgezeichnet werden. Die Daten müssen jederzeit unverzüglich lesbar gemacht werden können und für Betriebsprüfungen zur Verfügung stehen. Wird gegen diese Dokumentationspflichten verstoßen, drohen empfindliche steuerliche Sanktionen bis hin zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen.

In welchem Umfang unterliegen Kassageschäfte der Kassen-Nachschau durch die Finanzbehörden?

Die Kassennachschau gemäß § 146b AO ermöglicht es den Finanzbehörden, während der üblichen Geschäftszeiten ohne Vorankündigung die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung zu überprüfen. Dies betrifft sowohl elektronische als auch offene Barkassen und kann jederzeit erfolgen, wenn Kasseneinnahmen- und ausgaben erfasst werden. Die Beamten haben das Recht, die TSE, Kassendaten, Belege und sonstige Unterlagen einzusehen sowie einen Probekassenabschluss zu verlangen. Die Kassen-Nachschau dient der Identifizierung von Manipulationen und Unregelmäßigkeiten, wobei Dokumentationsmängel oder nicht ordnungsgemäß geführte Kassenbücher unmittelbar zu einer regulären Betriebsprüfung führen können. Die Mitwirkungspflichten des Unternehmers sind hierbei umfassend, eine Verweigerung kann schwerwiegende Folgen nach sich ziehen.

Welche steuerrechtlichen Pflichten bestehen bei Kassageschäften?

Kassageschäfte sind steuerlich relevant und unterliegen sowohl der Umsatz- als auch der Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuer. Jede einzelne Bargeldtransaktion muss vollständig aufgezeichnet und zeitnah verbucht werden, damit die Einnahmen korrekt für die Steuererklärung erfasst werden können. Insbesondere spielt die Einzelaufzeichnungspflicht nach § 146 Abs. 1 AO eine entscheidende Rolle: Jeder Geschäftsvorfall muss einzeln dokumentiert werden, um eine Nachvollziehbarkeit für die Finanzbehörden zu gewährleisten. Ausnahmen von dieser Pflicht (z. B. bei bestimmten Branchen mit anonymen Massengeschäften) sind enge Ausnahmen, deren Voraussetzungen sehr strikt gehandhabt werden. Bei Verstößen gegen steuerrechtliche Pflichten drohen erhebliche Konsequenzen, darunter Steuernachzahlungen, Bußgelder oder gar Steuerstraftatbestände.

Welche gesetzlichen Anforderungen bestehen bei offenen Ladenkassen?

Bei Verwendung einer offenen Ladenkasse, d. h. einer Kasse ohne elektronische Aufzeichnungsmöglichkeit, müssen die Geschäftsvorfälle mittels eines Kassenberichts täglich festgehalten werden. Dies bedeutet, dass zu Geschäftsschluss der tatsächliche Kassenbestand gezählt wird und durch den Abgleich mit den dokumentierten Ein- und Ausgaben die Tageseinnahmen festgestellt werden. Für jeden Eintrag ist die Belegpflicht zu beachten und alle Aufzeichnungen müssen manipulationssicher, unveränderbar und lückenlos geführt werden. Nachträgliche Änderungen sind unzulässig und führen bei Betriebsprüfungen häufig zu Hinzuschätzungen. Auch bei offenen Ladenkassen gelten – wie bei elektronischen Kassen – die zehnjährige Aufbewahrungspflicht für Kassenberichte und Belege.

Welche Sanktionen drohen bei Verstößen gegen die Kassenführungspflichten?

Verstöße gegen die gesetzlichen Vorschriften zur Kassenführung werden streng sanktioniert. Hierzu zählen insbesondere Verstöße gegen die Einzelaufzeichnungspflicht, unvollständige beziehungsweise nicht ordnungsgemäße Kassenbuchführung oder die Nutzung nicht gesetzeskonformer Kassensysteme. Die Finanzbehörden können bei festgestellten Mängeln im Rahmen einer Außenprüfung Hinzuschätzungen der Einnahmen vornehmen, was zu erheblichen Steuernachforderungen führen kann. Darüber hinaus drohen Bußgelder, aber auch strafrechtliche Konsequenzen wie Anzeigen wegen Steuerhinterziehung (§ 370 AO). Die Schwere der Sanktionen orientiert sich am Ausmaß des Verstoßes und der Höhe der nicht ordnungsgemäß aufgezeichneten Umsätze.

Welche Besonderheiten gelten für die Archivierung von Kassendaten?

Kassendaten müssen gemäß § 147 AO und den Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) unveränderbar und vollständig für die Dauer von zehn Jahren archiviert werden. Elektronische Kassensysteme müssen daher die Möglichkeit bieten, alle relevanten Daten (darunter Einzelaufzeichnungen, Programmierprotokolle und weitere steuerlich relevante Informationen) revisionssicher zu speichern. Die Daten sind bei einer Betriebsprüfung im Originalformat vorzulegen, und zwar so, dass sie maschinell ausgewertet werden können (IDEA-Format). Werden diese Vorgaben nicht erfüllt, drohen Nachschätzungen und steuerliche Sanktionen. Die Unveränderbarkeit muss technisch gewährleistet sein, insbesondere durch die TSE.

Welche Anforderungen gelten beim Wechsel der Kassensoftware oder beim Systemwechsel?

Ein Systemwechsel – beispielsweise die Einführung einer neuen Kassenlösung oder die Außerbetriebnahme einer alten Kasse – unterliegt hohen rechtlichen Anforderungen. Unternehmer sind verpflichtet, alle Daten des alten Systems vollständig, korrekt und revisionssicher über die gesamte gesetzliche Aufbewahrungsfrist zu archivieren und bei Nachfragen jederzeit zugänglich zu machen. Dies umfasst sämtliche Geschäfts- und Kassenvorfälle, Programmierungsprotokolle und relevante Belegdaten. Die Alt- und Neusysteme müssen sodass ein durchgängiger Nachweis aller Geschäftsereignisse möglich ist, aufbewahrt werden. Die ordnungsgemäße Dokumentation des Übergangs (z. B. Kassensturz, letzte und erste Buchung, Bestandsübernahmen) ist zwingend erforderlich, um die Nachvollziehbarkeit und Prüfbarkeit für die Finanzbehörden zu gewährleisten.

Welche Anforderungen bestehen im Hinblick auf die Belegausgabepflicht?

Seit dem 1. Januar 2020 besteht nach § 146a Abs. 2 AO eine allgemeine Belegausgabepflicht für Kassensysteme. Das bedeutet, bei jedem Kassenvorgang muss dem Kunden ein Beleg, entweder in Papierform oder elektronisch, ausgestellt werden. Der Beleg muss bestimmte Pflichtangaben enthalten, darunter den vollständigen Namen und die Anschrift des Unternehmens, das Datum und die Uhrzeit des Vorgangs, die Transaktionsnummer, die Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder der erbrachten Leistungen sowie die Seriennummer des Kassensystems oder der TSE. Verstöße gegen die Belegausgabepflicht können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden und ziehen Bußgelder nach sich. Ausnahmen sind nur in wenigen Einzelfällen möglich, etwa auf Antrag für bestimmte Branchen mit vielen Kleinbetragsgeschäften.