Was ist ein Kassageschäft?
Ein Kassageschäft ist ein Kauf- oder Verkaufsgeschäft, das auf unmittelbare oder kurzfristige Erfüllung gerichtet ist. Gemeint ist der Abschluss eines Vertrags, bei dem Lieferung und Zahlung entweder sofort oder innerhalb einer im jeweiligen Markt üblichen sehr kurzen Frist erfolgen. Im Wertpapier- und Devisenhandel entspricht dies typischerweise einer Abwicklung innerhalb von ein bis zwei Bank- oder Handelstagen. Im Warenhandel ist die Übergabe regelmäßig zeitnah oder am gleichen Tag geschuldet.
Kernelemente und Abgrenzung
Prägend für das Kassageschäft sind die zeitnahe Erfüllung und der bestehende Marktpreis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Spot-Preis). Davon abzugrenzen sind Termingeschäfte, bei denen die Leistungserbringung erst zu einem späteren, fest vereinbarten Termin erfolgt und die wirtschaftlich anders bewertet werden.
Typische Anwendungsfelder
Kassageschäfte kommen in verschiedenen Bereichen vor:
- Wertpapiere (z. B. Aktien, Anleihen) mit Marktstandard T+2 in vielen Jurisdiktionen
- Devisenhandel mit marktüblichen Spot-Valutierungen (häufig T+2; in einigen Währungspaaren kürzer)
- Waren- und Rohstoffhandel bei physischer Lieferung
- Energie- und Emissionszertifikate, soweit sie auf kurzfristige Lieferung gerichtet sind
Rechtliche Einordnung
Entstehung des Vertrags und Pflichten
Das Kassageschäft kommt durch übereinstimmende Willenserklärungen über Kaufgegenstand, Menge, Preis und zeitnahe Erfüllung zustande. Die Hauptpflichten bestehen in der Lieferung des Vertragsgegenstands und der Zahlung des Kaufpreises. Üblich ist die Erfüllung Zug um Zug, also die gleichzeitige Erbringung von Lieferung und Zahlung.
Erfüllung und Abwicklung (Settlement)
Die Abwicklung richtet sich nach den Gepflogenheiten des jeweiligen Marktes. Bei Wertpapieren erfolgt die Eigentumsübertragung regelmäßig durch Umbuchung über zentrale Verwahrstellen und Clearing-Systeme. Im Warenhandel erfolgt die Erfüllung durch Übergabe der Sache oder der entsprechenden Lieferdokumente. Die vertragliche Vereinbarung zur Erfüllungsfrist (z. B. am Handelstag oder innerhalb von ein bis zwei Tagen) ist maßgeblich; Handelsusancen und Börsenregeln können ergänzend wirken.
Gefahr-, Eigentums- und Preisrisiko
Das Risiko des zufälligen Untergangs und der Preisänderung knüpft an die vertraglich vereinbarte Erfüllung und Eigentumsübertragung an. Zwischen Vertragsschluss und Settlement bestehen Marktpreis- und Gegenparteirisiken. Mit Erfüllung gehen Besitz und regelmäßig auch das Eigentum sowie die wirtschaftlichen Chancen und Lasten auf die empfangende Partei über, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist.
Verzug, Nichterfüllung und Rechtsfolgen
Kommt eine Partei in Verzug, stehen der anderen Partei Ansprüche auf Erfüllung und unter den gesetzlichen Voraussetzungen Schadensersatz zu. Im Handelsverkehr sind Deckungskäufe oder -verkäufe zur Schadensberechnung gebräuchlich. Bei wesentlicher Pflichtverletzung können Rücktrittsrechte in Betracht kommen. Vertragsstrafen und standardisierte Schadensberechnungen können in Börsen- und Clearingordnungen oder in individuell einbezogenen Bedingungen vorgesehen sein.
Besonderheiten im Wertpapier- und Devisenhandel
Im Wertpapierhandel ist die Abwicklung durch zentrale Gegenparteien, Verwahrstellen und Standardzyklen organisiert. Für Devisen ist der Spot-Handel durch marktübliche Valutadaten und Cut-off-Zeiten geprägt. Corporate Actions (z. B. Dividenden) sind zeitlich demjenigen zurechenbar, der bei Stichtag als Inhaber verbucht ist; im Kassageschäft entscheidet deshalb der Abwicklungszeitpunkt über die Berechtigung.
Kassamarkt versus Terminmarkt
Der Kassamarkt betrifft Geschäfte mit zeitnaher Erfüllung zum aktuellen Marktpreis. Der Terminmarkt bezieht sich auf künftige Erfüllung, häufig mit Absicherungs- oder Spekulationszweck. Rechtlich unterscheiden sich die Risikoprofile, die Anforderungen an Sicherheiten und die aufsichtsrechtliche Behandlung. Kassageschäfte gelten im Regelfall nicht als Derivate; Ausnahmen können sich aus vertraglichen Ausgestaltungen ergeben.
Beteiligte, Handelsplätze und Dokumentation
Börslicher Handel
An Börsen werden Kassageschäfte nach den Regeln des jeweiligen Marktes abgeschlossen. Diese enthalten Vorgaben zur Ausführung, Preisbildung, Handelszeit, Settlement-Zyklen, Abrechnungsfristen und zur Behandlung von Störungen. Die Einbeziehung der Börsenordnung führt zu verbindlichen Standards für alle Teilnehmer.
Außerbörslicher Handel (OTC)
Außerbörsliche Kassageschäfte beruhen auf individuellen Vereinbarungen. Marktstandards, Handelsbräuche und Branchenbedingungen spielen eine wichtige Rolle. Dokumentation und Bestätigung (z. B. Handelsbestätigungen, Handelsnotizen) dienen dem Nachweis der vereinbarten Konditionen und Erfüllungsmodalitäten.
Rolle von Intermediären
Broker, Kreditinstitute, Handels- und Abwicklungsstellen unterstützen Abschluss und Settlement. Verwahrstellen und Zahlungsdienstleister sorgen für Eigentumsübertragung, Zahlungsfluss und Verbuchung. In zentral geclearten Märkten reduziert eine zentrale Gegenpartei das Gegenparteiausfallrisiko durch Netting und Sicherheitenverwaltung.
Verbraucherschutz- und Aufsichtsaspekte
Geschäfte über Waren und Dienstleistungen
Bei Kassageschäften über Waren mit Verbraucherbeteiligung gelten die allgemeinen Regeln des Verbrauchsgüterkaufs. Bei Fernabsatz können Widerrufsrechte bestehen, sofern keine gesetzlich vorgesehene Ausnahme greift. Lieferfristen, Gefahrübergang, Mängelrechte und Informationspflichten richten sich nach den einschlägigen Vorschriften für Kaufverträge.
Finanzinstrumente
Kassageschäfte in Finanzinstrumenten unterliegen je nach Markt aufsichtsrechtlichen Vorgaben. Geeignetheits- und Angemessenheitsprüfungen, Kostentransparenz und Produktinformationen können einschlägig sein. Für bestimmte Finanzprodukte bestehen Ausschlüsse oder Einschränkungen bei Widerrufsrechten. Informations- und Wohlverhaltenspflichten variieren je nach Vertriebsweg und Produktart.
Steuerliche Grundzüge
Kassageschäfte können steuerliche Folgen auslösen. Bei Finanzinstrumenten kommen Erträge und Veräußerungsgewinne in Betracht. Im Warenhandel sind insbesondere Umsatzsteuer und ertragsteuerliche Effekte relevant. Die Einordnung hängt von Art des Gegenstands, Haltedauer, Vertragsstruktur und der Stellung der Parteien ab.
Internationale Bezüge
Anwendbares Recht und Gerichtsstand
Bei grenzüberschreitenden Kassageschäften sind Rechtswahl, Gerichtsstand und zwingende Schutzvorschriften zu beachten. Fehlt eine Rechtswahl, bestimmen internationale Kollisionsnormen, welches Recht Anwendung findet. Handelsbräuche, standardisierte Lieferklauseln und Marktusancen können ergänzend herangezogen werden.
Clearing, Netting und Endgültigkeit
In internationalen Abwicklungssystemen sichern Netting-Mechanismen und Regeln zur Endgültigkeit von Zahlungen und Übertragungen die Stabilität der Abwicklung. Diese Vorgaben reduzieren das System- und Gegenparteirisiko und bestimmen, ab welchem Zeitpunkt eine Buchung unwiderruflich ist.
Abgrenzungen verwandter Begriffe
Kassakurs und Kassapreis
Der Kassakurs (Spot-Preis) ist der aktuelle Marktpreis, zu dem Kassageschäfte abgeschlossen werden. Er unterscheidet sich vom Terminpreis, der zusätzlich künftige Faktoren wie Finanzierungskosten, Lagerkosten oder erwartete Erträge abbilden kann.
Kassa- und Terminlieferung bei Waren
Bei Waren beschreibt die Kassa-Lieferung die sofortige oder kurzfristige Übergabe. Die Terminlieferung ist auf einen späteren Zeitpunkt gerichtet. Beide Formen können in standardisierten Lieferklauseln konkretisiert sein, die Ort, Zeit und Gefahrübergang regeln.
Häufig gestellte Fragen
Wann gilt ein Geschäft rechtlich als Kassageschäft?
Ein Geschäft gilt als Kassageschäft, wenn Lieferung und Zahlung sofort oder innerhalb der im jeweiligen Markt üblichen, sehr kurzen Frist zu erbringen sind. Maßgeblich ist die vereinbarte zeitnahe Erfüllung zum aktuellen Marktpreis.
Wie lange ist die übliche Erfüllungsfrist im Kassageschäft?
Die Frist richtet sich nach Marktstandard und Vereinbarung. Im Wertpapier- und Devisenhandel sind ein bis zwei Handelstage verbreitet. Im Warenhandel ist oft die sofortige oder tagesnahe Übergabe üblich.
Worin liegt der rechtliche Unterschied zum Termingeschäft?
Beim Kassageschäft erfolgt die Erfüllung zeitnah; beim Termingeschäft zu einem späteren, fixierten Termin. Daraus ergeben sich unterschiedliche Risikoprofile, Abwicklungsmechanismen und aufsichtsrechtliche Einordnungen.
Welche Risiken bestehen zwischen Vertragsschluss und Erfüllung?
Es bestehen insbesondere Gegenparteirisiko und Marktpreisrisiko. Zudem können Abwicklungs- und Betriebsrisiken auftreten, etwa Verzögerungen in Zahlungs- oder Verwahrungssystemen.
Gilt T+2 in jedem Kassageschäft mit Wertpapieren und Devisen?
T+2 ist ein verbreiteter Standard, jedoch nicht einheitlich für alle Märkte und Währungspaare. Abweichungen sind je nach Handelsplatz, Produkt und Marktusance möglich.
Ist ein Widerruf bei Kassageschäften möglich?
Ein Widerruf kann bei Verbrauchergeschäften im Fernabsatz in Betracht kommen, soweit keine Ausnahmen greifen. Für Kassageschäfte mit Finanzinstrumenten sind Widerrufsrechte häufig eingeschränkt oder ausgeschlossen.
Sind Kassageschäfte aufsichtsrechtlich reguliert?
Kassageschäfte in Finanzinstrumenten unterliegen regelmäßig Verhaltens- und Marktregeln. Reine Waren-Kassageschäfte sind in der Regel nicht als Finanzinstrumente ausgestaltet, können jedoch von produkt- oder sektorspezifischen Vorgaben erfasst sein.