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Kapitalmarktinformationen


Begriff und rechtliche Einordnung von Kapitalmarktinformationen

Kapitalmarktinformationen sind sämtliche Informationen, die im Zusammenhang mit dem Kapitalmarkt und der dort angebotenen Finanzinstrumente, Emittenten oder Marktteilnehmer stehen. Sie spielen für die Transparenz, Funktionsfähigkeit und Integrität des Kapitalmarkts eine zentrale Rolle. Im rechtlichen Kontext dienen Kapitalmarktinformationen dazu, Anlegerinnen und Anlegern eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu bieten und den ungleichen Informationsstand zwischen Emittenten und Investoren auszugleichen. Die rechtlichen Regelungen zu Kapitalmarktinformationen sind vielfältig und durch zahlreiche nationale sowie europäische Vorschriften geprägt.


Rechtsquellen

Kapitalmarktrecht im engeren Sinne

Die Grundregeln für die Veröffentlichung, Weitergabe und Handhabung von Kapitalmarktinformationen finden sich vor allem in den folgenden Gesetzen:

  • Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz – WpHG)
  • Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG)
  • Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation – MAR, Verordnung (EU) Nr. 596/2014)
  • Wertpapierprospektgesetz (WpPG)
  • Aktiengesetz (AktG)

Ergänzend regelt die Durchführungsverordnung (EU) 2016/1055 zur MAR Detailpflichten bei der Offenlegung von Insiderinformationen.

Europäische Vorschriften

Insbesondere die MAR hat auf europäischer Ebene umfassende Standards für die Veröffentlichung und den Umgang mit sensitiven sowie kursrelevanten Informationen gesetzt. Sie ist unmittelbar in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union anwendbar und wird durch nationale Vorschriften ergänzt.


Arten von Kapitalmarktinformationen

Ad-hoc-Publizität

Kapitalmarktinformationen, die kursrelevante Tatsachen betreffen und nicht öffentlich sind, werden als Insiderinformationen bezeichnet. Emittenten haben nach Art. 17 MAR die Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung solcher Informationen, es sei denn, die Aufschiebung ist gerechtfertigt und die Vertraulichkeit gewährleistet. Diese Verpflichtung dient dem Schutz vor Insiderhandel und der Wahrung eines gleichmäßigen Informationsniveaus am Markt.

Regelpublizität

Über die Ad-hoc-Publizität hinaus existieren Melde- und Veröffentlichungspflichten, die regelmäßig und unabhängig von besonderen Ereignissen gelten. Diese betreffen insbesondere:

  • Jahresfinanzberichte, Zwischenberichte (§ 114 ff. WpHG)
  • Directors‘ Dealings (Meldepflichten von Eigengeschäften führender Personen gemäß Art. 19 MAR)
  • Stimmrechtsmitteilungen (§§ 33 ff. WpHG)
  • Meldung von Beteiligungsschwellenüberschreitungen

Prospektpflicht und Wertpapierinformation

Das Wertpapierprospektgesetz sieht vor, dass bei öffentlichen Angeboten von Wertpapieren ein Wertpapierprospekt zu veröffentlichen ist, welcher alle notwendigen Informationen für eine sachgerechte Beurteilung der Wertpapiere enthält. Diese Information wird in Form eines Prospekts bereitgestellt und durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) oder andere zuständige Behörden kontrolliert.


Schutz sensibler Informationen

Insiderinformationen und Vertraulichkeit

Insiderinformationen unterliegen bis zur offiziellen Veröffentlichung einer strengen Vertraulichkeitspflicht. Emittenten treffen organisatorische Maßnahmen zur Sicherstellung dieser Vertraulichkeit (§ 19 Abs. 1 MAR). Unbefugte Weitergabe ist untersagt und kann als Insiderhandel (§ 38 WpHG) strafbar sein.

Insiderlisten und Offenlegungspflichten

Emittenten und mit ihnen handelnde Personen führen Insiderlisten gemäß Art. 18 MAR, welche dokumentieren, wer Zugang zu Insiderinformationen hatte. Dies erhöht die Nachvollziehbarkeit im Verdachtsfall und dient der Prävention unrechtmäßiger Informationsnutzung.


Veröffentlichungswege und technische Anforderungen

Kapitalmarktinformationen werden in der Regel zeitnah und über geeignete Medien veröffentlicht. Die baurechtlichen Anforderungen beinhalten:

  • Verwendung europaweiter, verbreitungsstarker Medien
  • Veröffentlichung in einem allgemein zugänglichen Medium und Speicherung auf einer öffentlich zugänglichen Internetseite
  • Übermittlung an die zuständige Aufsichtsbehörde (in Deutschland vor allem die BaFin)

Technische Vorgaben zu Format, Fristen und Sprache sind insbesondere in der Durchführungsverordnung zur MAR sowie im WpHG geregelt.


Sanktionen und Durchsetzung

Verstöße gegen Publizitäts- und Veröffentlichungspflichten können empfindliche Sanktionen nach sich ziehen. Aufsichtsinstitutionen wie die BaFin haben hierfür umfangreiche Befugnisse:

  • Geldbußen (§ 120 WpHG)
  • Zwangsgelder und Anordnungen zur Veröffentlichung unterbliebener Informationen
  • Veröffentlichung der Sanktionen selbst („Naming & Shaming“)

Auch zivilrechtliche Haftungsansprüche etwa von geschädigten Anlegern können im Fall falscher oder irreführender Kapitalmarktinformationen entstehen.


Bedeutung von Kapitalmarktinformationen für Emittenten und Investoren

Kapitalmarktinformationen tragen wesentlich zum Vertrauen in die Integrität der Finanzmärkte bei. Eine offene, transparente und verlässliche Informationspolitik ermöglicht es Investoren, Risiken zutreffend einzuschätzen und Anlageentscheidungen zu fundieren. Für Emittenten sind einheitliche Informationspflichten zugleich Schutz und Verpflichtung, um Wettbewerbsverzerrungen und Haftungsrisiken zu vermeiden.


Zusammenfassung

Kapitalmarktinformationen sind zentral für ein funktionierendes, transparentes und vertrauenswürdiges Kapitalmarktsystem. Sie unterliegen zahlreichen spezifischen Offenlegungspflichten, deren Einhaltung durch umfassende gesetzliche Regelungen und Aufsichtsmechanismen gewährleistet wird. Die publikationspflichtigen Informationen reichen von Ad-hoc-Mitteilungen über regelmäßige Finanzberichte bis zur detaillierten Prospektinformation und schaffen damit die Grundlage für ein faires Marktgeschehen und Anlegerschutz.

Häufig gestellte Fragen

Wann müssen Kapitalmarktinformationen veröffentlicht werden?

Die Verpflichtung zur Veröffentlichung von Kapitalmarktinformationen ist in verschiedenen Rechtsvorschriften geregelt, insbesondere im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), der Marktmissbrauchsverordnung (MAR) sowie im Aktiengesetz (AktG). Emittenten von Wertpapieren, die zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, müssen Insiderinformationen unverzüglich („ohne schuldhaftes Zögern“) und ad hoc veröffentlichen, sobald diese vorliegen und geeignet sind, den Börsenkurs erheblich zu beeinflussen. Darüber hinaus bestehen regelmäßige Berichtspflichten wie Jahres- und Halbjahresfinanzberichte, Quartalsmitteilungen sowie Stimmrechtsmitteilungen bei Veränderungen der Beteiligungsverhältnisse. Verspätungen oder Ausnahmen von der Veröffentlichungspflicht sind nur unter engen, gesetzlich geregelten Voraussetzungen zulässig, etwa zum Schutz eines berechtigten Interesses des Emittenten, wenn dadurch keine Irreführung der Öffentlichkeit droht und die Vertraulichkeit gewährleistet bleibt. Verstöße gegen diese Veröffentlichungspflichten können empfindliche Sanktionen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nach sich ziehen.

Wer unterliegt der Pflicht zur Veröffentlichung von Kapitalmarktinformationen?

Die Veröffentlichungspflicht betrifft vorrangig börsennotierte Gesellschaften, deren Finanzinstrumente – insbesondere Aktien oder Anleihen – zum Handel an einem organisierten Markt innerhalb der Europäischen Union zugelassen sind. Dazu zählen insbesondere Aktiengesellschaften (AG), Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) und in bestimmten Fällen Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), wenn sie Anleihen emittiert haben. Die Pflicht kann sich auch auf Tochterunternehmen erstrecken, sofern sie selbst relevante Finanzinstrumente ausgegeben oder eine zentrale Rolle in einer konzernweiten Ad-hoc-Mitteilung spielen. Daneben sind Organmitglieder – insbesondere der Vorstand und Aufsichtsrat – verpflichtet, Insiderinformationen zu identifizieren und die Veröffentlichung zu veranlassen. Im Einzelfall können auch andere Akteure, wie Großaktionäre, unter bestimmten Voraussetzungen der Meldepflicht betreffend Stimmrechtsanteile unterliegen.

Welche rechtlichen Sanktionen drohen bei Verstößen gegen die Veröffentlichungspflichten?

Verstöße gegen die Veröffentlichungspflichten von Kapitalmarktinformationen sind mit erheblichen rechtlichen Konsequenzen verbunden. Die BaFin kann Ordnungsgelder verhängen, die sich je nach Schwere des Verstoßes gegen Emittenten, Vorstandsmitglieder oder andere Pflichtige richten. Das Bußgeld kann, abhängig von der Art des Verstoßes und der Unternehmensgröße, bis zu mehreren Millionen Euro betragen. Zusätzlich drohen Schadensersatzansprüche von Anlegern, falls der Verstoß nachweislich zu einem Vermögensnachteil geführt hat. In gravierenden Fällen kann auch eine strafrechtliche Verfolgung wegen Insiderhandels oder Marktmanipulation erfolgen, was mit Freiheitsstrafen geahndet werden kann. Zudem können Verstöße zu Reputationsschäden führen, etwa durch die öffentliche Bekanntmachung der Pflichtverletzung (sog. Naming-and-shaming-Prinzip).

Inwieweit dürfen Kapitalmarktinformationen zurückgehalten oder verzögert veröffentlicht werden?

Gemäß Art. 17 Abs. 4 MAR und korrespondierenden Regelungen des WpHG darf die Veröffentlichung einer Insiderinformation ausnahmsweise aufgeschoben werden, sofern der Emittent ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung hat, keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist und die Vertraulichkeit der Information bis zur Veröffentlichung gewährleistet bleibt. Beispiele für berechtigte Interessen können laufende Verhandlungen in M&A-Prozessen oder vorübergehende Unsicherheit über den Eintritt eines entscheidungsrelevanten Ereignisses sein. Der Aufschub ist der BaFin unverzüglich schriftlich mitzuteilen; nachträglich muss der Emittent zudem erklären können, dass die Voraussetzungen für die Verzögerung tatsächlich vorlagen. Eine missbräuchliche Nutzung dieser Ausnahme kann als Ordnungswidrigkeit oder Marktmissbrauch gewertet werden.

Welche formalen Anforderungen bestehen für die Veröffentlichung von Kapitalmarktinformationen?

Für die Veröffentlichung von Kapitalmarktinformationen gelten strenge formale Vorgaben. Die Mitteilung muss klar, präzise und vollständig sein, sodass sie von einem verständigen Durchschnittsanleger nachvollzogen werden kann (§ 114 ff. WpHG, Art. 17 MAR). Sie muss der Öffentlichkeit gleichzeitig und in geeigneter Weise zugänglich gemacht werden – dies erfolgt typischerweise über elektronische Informationsveröffentlichungssysteme, wie etwa ein Ad-hoc-Portal und das Unternehmensregister. Zusätzlich muss die Bekanntmachung mindestens auf Deutsch und in der Regel zusätzlich auf Englisch erfolgen. Veröffentlichungen haben unverzüglich zu erfolgen und dürfen nicht durch vertrauliche Vorabinformationen an ausgewählte Marktteilnehmer unterlaufen werden. Eine nachträgliche Korrektur oder Ergänzung der Mitteilung ist erforderlich, sofern sich herausstellt, dass die publizierte Information unvollständig oder fehlerhaft war.

Wie ist die Rolle der BaFin im Rahmen der Überwachung von Kapitalmarktinformationen ausgestaltet?

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nimmt eine zentrale Überwachungsfunktion hinsichtlich der Einhaltung kapitalmarktrechtlicher Veröffentlichungspflichten ein. Sie prüft die ordnungsgemäße, zeitgerechte und inhaltlich vollständige Veröffentlichung der Informationen durch Emittenten. Die BaFin kann Ermittlungen einleiten, Verdachtsfälle prüfen und im Rahmen ihrer Aufsichtsbefugnisse Auskunftsverlangen stellen. Bei Verstößen ist sie befugt, Bußgelder zu verhängen, die betroffenen Unternehmen öffentlich zu benennen und in schweren Fällen Ermittlungsverfahren an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weiterzuleiten. Die BaFin veröffentlicht zudem statistische Auswertungen und interpretative Leitfäden zur Konkretisierung der rechtlichen Anforderungen für Emittenten und deren Berater.