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Justizbehörden

Begriff und Einordnung von Justizbehörden

Der Ausdruck „Justizbehörden“ bezeichnet im weiteren Sinn alle staatlichen Einrichtungen, die Aufgaben der Rechtspflege wahrnehmen. Dazu gehören vor allem die Gerichte, die Staatsanwaltschaften, die Einrichtungen des Justizvollzugs sowie die Justizverwaltungen in Bund und Ländern. Im engeren verwaltungsrechtlichen Sinn wird mit „Behörde“ eine Stelle verstanden, die Verwaltungsaufgaben wahrnimmt; danach zählen insbesondere die Staatsanwaltschaften, die Justizvollzugsbehörden und die Justizministerien zu den Behörden, während Gerichte Organe der Rechtsprechung sind und regelmäßig nicht als Behörden im technischen Sinn gelten. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden Gerichte jedoch häufig mit umfasst, wenn von „Justizbehörden“ die Rede ist.

Aufgaben und Funktionen

Rechtsprechung durch Gerichte

Die Gerichte entscheiden unabhängig über Rechtsstreitigkeiten, ahnden Straftaten, klären Sachverhalte und wenden das Recht auf den Einzelfall an. Sie gewährleisten wirksamen Rechtsschutz, klären Rechtsfragen und schaffen Rechtssicherheit. In Zivil- und Strafsachen sind die ordentlichen Gerichte zuständig; daneben bestehen besondere Gerichtsbarkeiten für Arbeits-, Verwaltungs-, Sozial- und Finanzsachen.

Strafverfolgung und Strafvollstreckung durch Staatsanwaltschaften

Die Staatsanwaltschaften sind eigenständige Justizbehörden. Sie leiten strafrechtliche Ermittlungen, erheben öffentliche Klage, vertreten diese in der Hauptverhandlung und vollstrecken rechtskräftige strafrechtliche Entscheidungen. Im Ermittlungsverfahren arbeiten sie mit der Polizei zusammen und können dieser Ermittlungsaufträge erteilen. Sie sind an Gesetz und interne Weisungen gebunden; dabei bleibt die richterliche Entscheidungshoheit unberührt.

Justizverwaltung und Justizvollzug

Die Justizministerien des Bundes und der Länder steuern die Justiz organisatorisch und finanziell. Sie üben Dienstaufsicht aus, ohne Einfluss auf richterliche Entscheidungen zu nehmen. Zum Bereich der Justizverwaltung gehören u. a. Personal-, Haushalts-, IT- und Bauangelegenheiten sowie Aus- und Fortbildung. Der Justizvollzug (Straf- und Untersuchungshaft) wird von speziellen Vollzugsbehörden getragen; er dient der sicheren Unterbringung, der Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen und der Resozialisierung.

Vorsorgende Rechtspflege und Register

Teile der vorsorgenden Rechtspflege sind bei Gerichten angesiedelt, etwa Grundbuchämter und Registergerichte. Sie führen öffentliche Register, beurkunden bestimmte Vorgänge und schaffen klare Rechtsverhältnisse im Rechtsverkehr.

Zwangsvollstreckung und Vollstreckungsunterstützung

Zur Durchsetzung zivilgerichtlicher Entscheidungen bestehen Vollstreckungsstrukturen. Dazu zählen gerichtliche Stellen und besondere Vollstreckungsorgane, die Geldforderungen, Herausgabeansprüche oder Räumungen vollziehen. In Strafsachen vollstrecken Staatsanwaltschaften die verhängten Sanktionen.

Aufbau und Organisation

Ebenen von Bund und Ländern

Die Justiz ist in Deutschland überwiegend Aufgabe der Länder. Diese unterhalten Amts-, Land- und Oberlandesgerichte sowie die jeweiligen Staatsanwaltschaften und den Justizvollzug. Auf Bundesebene bestehen oberste Gerichtshöfe für die verschiedenen Gerichtsbarkeiten und das Bundesverfassungsgericht als eigenständiges Verfassungsorgan.

Gerichtsbarkeiten

Die ordentliche Gerichtsbarkeit entscheidet in Zivil- und Strafsachen. Daneben bestehen die Arbeits-, Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit. Jede Gerichtsbarkeit ist mehrstufig aufgebaut, mit Instanzenzug und jeweils eigenem obersten Bundesgericht.

Aufsicht, Unabhängigkeit und Weisungen

Richterinnen und Richter entscheiden unabhängig. Dienstaufsicht betrifft Organisation und Personalfragen, nicht aber den Inhalt einzelner Entscheidungen. Die Staatsanwaltschaften unterliegen einer hierarchischen Struktur mit interner Weisungsbindung; in den Ländern üben die Justizministerien die Fachaufsicht aus. Diese Systematik soll gleichzeitig Einheitlichkeit staatlichen Handelns und die Unabhängigkeit der Rechtsprechung sichern.

Personal und Funktionen

Zum Personalbereich der Justiz zählen u. a. Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, Justizfachangestellte, Wachtmeisterdienste, IT- und Verwaltungsmitarbeitende sowie der Vollzugsdienst in den Anstalten. Notarinnen und Notare nehmen Aufgaben der vorsorgenden Rechtspflege wahr und sind in ein gesondertes öffentlich-rechtliches System eingebunden.

Verfahren und Zusammenarbeit

Ermittlungsverfahren und Rollenverteilung

In Strafsachen führt die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren. Die Polizei unterstützt als Ermittlungseinheit und handelt in diesem Rahmen unter Leitung der Staatsanwaltschaft. Maßnahmen, die in Grundrechte eingreifen, bedürfen regelmäßig einer richterlichen Anordnung, soweit das Gesetz dies vorsieht.

Öffentlichkeit und Transparenz

Gerichtsverhandlungen sind grundsätzlich öffentlich, um Transparenz und Kontrolle zu gewährleisten. Ausnahmen bestehen zum Schutz besonderer Interessen, etwa der Persönlichkeitsrechte oder der Staatssicherheit. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit erfolgt über Gerichts- und Behördenpressestellen; zugleich sind Geheimhaltungspflichten und Datenschutz zu beachten.

Internationale und europäische Zusammenarbeit

Justizbehörden kooperieren über Grenzen hinweg. Dazu zählen Rechtshilfe, Auslieferung und die Mitwirkung in europäischen Netzwerken. Eine besondere Rolle spielt die Europäische Staatsanwaltschaft für bestimmte Straftaten zum Nachteil des EU-Haushalts, die in teilnehmenden Mitgliedstaaten mit delegierten europäischen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten tätig wird. Eurojust unterstützt die Koordinierung grenzüberschreitender Verfahren.

Digitalisierung und elektronische Kommunikation

Die Justiz führt schrittweise elektronische Akten, bietet elektronische Einreichungswege und nutzt digitale Fachverfahren. Ziel ist die Beschleunigung, Nachvollziehbarkeit und sichere Kommunikation. Zugangswege, Formate und Sicherheitsanforderungen sind standardisiert.

Rechte, Pflichten und Kontrolle

Grundrechtsschutz und faires Verfahren

Justizbehörden wahren die Rechte der Beteiligten. Dazu zählen das Recht auf ein faires, zügiges Verfahren, rechtliches Gehör und unabhängige Entscheidung. Rechtsmittelinstanzen sichern die Überprüfbarkeit von Entscheidungen.

Datenschutz, Akteneinsicht und Geheimhaltung

Personenbezogene Daten werden nur im erforderlichen Umfang verarbeitet. Die Einsicht in Akten richtet sich nach Verfahrensart und Rolle der Beteiligten und unterliegt gesetzlichen Grenzen. Justizangehörige unterliegen Verschwiegenheitspflichten; zugleich bestehen Informationsrechte der Öffentlichkeit in klar abgegrenzten Bereichen.

Dienstaufsicht und externe Kontrolle

Organisations- und Verhaltensfragen unterliegen der Dienstaufsicht. Parlamentarische Gremien kontrollieren Haushalts- und Strukturentscheidungen; Rechnungshöfe prüfen Wirtschaftlichkeit. Unabhängige Gerichte kontrollieren hoheitliches Handeln im Rahmen zulässiger Rechtswege.

Abgrenzungen

Unterschied zu Polizeibehörden

Polizeibehörden sind Teil der Exekutive außerhalb der Justiz. In Strafverfahren ermitteln sie unter Leitung der Staatsanwaltschaft; außerhalb strafrechtlicher Verfahren erfüllen sie Gefahrenabwehraufgaben. Die Entscheidung über Schuld und Strafe obliegt ausschließlich den Gerichten.

Unterschied zu allgemeinen Verwaltungsbehörden

Allgemeine Verwaltungsbehörden setzen öffentliches Recht in Sachgebieten wie Bau, Ordnung, Soziales oder Umwelt um. Justizbehörden sind für Rechtsprechung, Strafverfolgung, Vollzug und vorsorgende Rechtspflege zuständig. Die Gerichtsbarkeit kontrolliert die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns.

Begriffsgebrauch: Behörde vs. Gericht

Im technischen Sinn ist ein Gericht keine Behörde. Der Sammelbegriff „Justizbehörden“ wird jedoch häufig als Oberbegriff für alle Einrichtungen im Geschäftsbereich der Justiz verwendet. Die jeweilige Bedeutung ergibt sich aus dem Kontext.

Finanzierung und Ressourcen

Haushaltsgrundlagen

Die Finanzierung erfolgt überwiegend aus den Landeshaushalten, für die Bundesgerichte und übergreifende Einrichtungen aus dem Bundeshaushalt. Mittel fließen in Personal, Gebäude, IT, Sicherheit, Ausbildung und den Justizvollzug. Eine angemessene Ausstattung dient der Funktionsfähigkeit und der Wahrung rechtsstaatlicher Standards.

Häufig gestellte Fragen

Was zählt in Deutschland zu den Justizbehörden?

Zum Bereich der Justiz gehören Gerichte, Staatsanwaltschaften, die Justizverwaltungen von Bund und Ländern sowie die Behörden des Justizvollzugs. In einem weiteren Verständnis werden auch Register- und Grundbuchämter sowie bestimmte Vollstreckungsorgane einbezogen.

Sind Gerichte Behörden?

Gerichte sind Organe der Rechtsprechung und werden im technischen Sinn nicht als Behörden eingeordnet. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden sie jedoch oft unter dem Sammelbegriff „Justizbehörden“ mitverstanden.

Wer übt die Aufsicht über die Staatsanwaltschaft aus?

Die Staatsanwaltschaften sind hierarchisch aufgebaut und unterliegen einer Fach- und Dienstaufsicht innerhalb der Justiz. In den Ländern liegt die Fachaufsicht bei den Justizministerien; richterliche Entscheidungen bleiben hiervon unberührt.

Wie unterscheidet sich die Justiz von der Polizei?

Die Polizei gehört zur allgemeinen Exekutive und erfüllt Gefahrenabwehr- und Ermittlungsaufgaben. In Strafverfahren arbeitet sie unter Leitung der Staatsanwaltschaft. Entscheidungen über Schuld, Strafe und zivilrechtliche Ansprüche treffen ausschließlich die Gerichte.

Wie öffentlich sind Gerichtsverhandlungen?

Verhandlungen sind grundsätzlich öffentlich, um Transparenz zu gewährleisten. Ausnahmen sind aus Gründen des Schutzes personenbezogener Daten, der Jugend oder der Staatssicherheit möglich.

Welche Daten dürfen Justizbehörden verarbeiten?

Verarbeitet werden dürfen nur solche Daten, die für die Aufgabenerfüllung erforderlich sind. Für Einsichtsrechte und Bekanntgaben gelten klare Regeln, die den Schutz der Beteiligten mit dem Transparenzinteresse abwägen.

Wie ist der Justizvollzug organisatorisch eingeordnet?

Der Justizvollzug ist eine eigene Säule innerhalb des Geschäftsbereichs der Justiz. Er wird von Vollzugsbehörden der Länder getragen und setzt gerichtliche Entscheidungen praktisch um.

Welche Rolle spielt die Europäische Staatsanwaltschaft?

Die Europäische Staatsanwaltschaft verfolgt Straftaten zulasten des EU-Haushalts in teilnehmenden Mitgliedstaaten. In Deutschland arbeitet sie mit delegierten europäischen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten sowie mit nationalen Justizstellen zusammen.