Legal Lexikon

Justizbehörden


Begriff und Definition von Justizbehörden

Justizbehörden sind Einrichtungen des Staates, denen gesetzlich übertragene Aufgaben im Bereich der Rechtspflege und der Verwaltung der Justiz obliegen. Sie stellen einen zentralen Bestandteil des Rechtssystems dar und übernehmen in erster Linie hoheitliche Aufgaben auf dem Gebiet der Straf-, Zivil-, Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit. Justizbehörden handeln unabhängig von anderen staatlichen Institutionen und sind in ihrer Tätigkeit an Gesetz und Recht gebunden.

Rechtlicher Rahmen und gesetzliche Grundlagen

Verfassungsrechtliche Einordnung

Justizbehörden sind in Deutschland verfassungsrechtlich durch das Grundgesetz (GG) und weitere einschlägige Gesetze geregelt. Artikel 92 GG bestimmt, dass die „rechtsprechende Gewalt dem Richter“ anvertraut ist. Diese Rechtsprechungsaufgabe wird durch ein differenziertes System von Justizbehörden ausgeübt, die organisatorisch von der Exekutive getrennt sind (Trennungsprinzip von Rechtsprechung und Verwaltung).

Einfachgesetzliche Grundlagen

Die wichtigsten einfachgesetzlichen Vorschriften für die Organisation und Aufgaben der Justizbehörden finden sich im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), in den jeweiligen Landesjustizgesetzen sowie in den spezialgesetzlich geregelten Verfahrensordnungen (z.B. Zivilprozessordnung, Strafprozessordnung, Verwaltungsgerichtsordnung).

Arten und Organisationsstruktur der Justizbehörden

Gerichte

Die Gerichte sind eigenständige Justizbehörden, die in erster Linie mit der rechtsprechenden Gewalt betraut sind. Sie lassen sich in folgende Gerichtsbarkeiten unterteilen:

  • Ordentliche Gerichtsbarkeit: Amtsgerichte, Landgerichte, Oberlandesgerichte, Bundesgerichtshof
  • Arbeitsgerichtsbarkeit: Arbeitsgerichte, Landesarbeitsgerichte, Bundesarbeitsgericht
  • Verwaltungsgerichtsbarkeit: Verwaltungsgerichte, Oberverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht
  • Sozialgerichtsbarkeit: Sozialgerichte, Landessozialgerichte, Bundessozialgericht
  • Finanzgerichtsbarkeit: Finanzgerichte, Bundesfinanzhof

Jedes Gericht ist organisatorisch eine eigenständige Justizbehörde, die neben der Rechtsprechung auch Verwaltungsaufgaben erfüllen kann (z.B. Geschäftsverteilung, Personalangelegenheiten).

Staatsanwaltschaften

Die Staatsanwaltschaften sind eigenständige Justizbehörden, die Teil der Exekutive sind, jedoch organisatorisch eng mit den Gerichten verbunden. Sie sind für die Strafverfolgung, die Strafvollstreckung und die Vertretung öffentlicher Interessen im Strafverfahren verantwortlich und fungieren als „Herrin des Ermittlungsverfahrens“.

Aufgaben der Staatsanwaltschaft

  • Leitung und Überwachung von Ermittlungsverfahren
  • Anklageerhebung bei Gericht
  • Strafvollstreckung und Gnadenverfahren
  • Rechtsschutz in bestimmten Verwaltungsverfahren

Weitere Justizbehörden und Einrichtungen

Justizvollzugsbehörden

Zu den Justizbehörden zählen auch die Verwaltungen der Justizvollzugsanstalten, Bewährungshilfen und Einrichtungen zur Strafvollstreckung. Sie sind mit der Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen im Bereich des Freiheitsentzugs und der Resozialisierung von Straftätern befasst.

Grundbuchämter, Handelsregister und Betreuungsbehörden

Bestimmte Behörden, die mit besonderen Aufgaben im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit betraut sind, zählen ebenfalls zu den Justizbehörden. Dazu gehören Grundbuchämter, Registergerichte und Betreuungsbehörden, die mit der Führung öffentlicher Register sowie der Bestellung und Überwachung von Betreuungen beauftragt sind.

Rechtspflegerdienste

Rechtspfleger sind Bedienstete der Justizbehörden, die Aufgaben der sog. freiwilligen Gerichtsbarkeit übernehmen, wie etwa Nachlassverfahren, Zwangsvollstreckung oder Registersachen.

Zuständigkeit und Organisationsprinzipien

Sachliche und örtliche Zuständigkeit

Justizbehörden erfüllen ihre Aufgaben gemäß den gesetzlichen Vorschriften zu sachlichen und örtlichen Zuständigkeiten. Diese Zuständigkeitsregelungen sichern unter anderem die Einhaltung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) sowie die Unparteilichkeit und Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege.

Autonomie und Verwaltungsaufbau

Die Justizbehörden sind regelmäßig hierarchisch gegliedert. Oberste Justizbehörde des Bundes ist das Bundesministerium der Justiz, in den Ländern die jeweiligen Landesjustizministerien. Die Behörden unterstehen der Dienstaufsicht, sind aber in ihrer rechtsprechenden Tätigkeit unabhängig (Richterliche Unabhängigkeit nach Art. 97 GG).

Personalstruktur und Aufgabenverteilung

Richter und Rechtspfleger

Richter treffen als Organe der rechtsprechenden Gewalt in richterlicher Unabhängigkeit Entscheidungen. Rechtspfleger übernehmen Aufgaben, die ihnen durch das Rechtspflegergesetz (RPflG) übertragen sind und sind ebenfalls an Gesetz und Recht gebunden.

Beamte und Angestellte im Justizdienst

Der Verwaltungsapparat der Justizbehörden besteht zudem aus Beamtinnen und Beamten sowie aus Angestellten, die Verwaltungsaufgaben, Geschäftsstellentätigkeit und Zusatzdienste (z.B. Gerichtsvollzieher, Wachtmeisterei) übernehmen.

Verhältnis zu anderen staatlichen Behörden

Abgrenzung zu Verwaltungsbehörden

Justizbehörden sind begrifflich und funktional von den allgemeinen Verwaltungsbehörden zu unterscheiden. Während Verwaltungsbehörden originär exekutive Aufgaben wahrnehmen, konzentrieren sich Justizbehörden auf rechtsförmliche Streitentscheidungen, Strafverfolgung und spezielle Rechtsdienstleistungen.

Zusammenarbeit mit Polizei und anderen Behörden

Im Strafverfahren kooperieren Justizbehörden, insbesondere die Staatsanwaltschaften, eng mit der Polizei und weiteren Ermittlungsbehörden. Sie leiten Ermittlungen und verfügen über das Recht zur Weisungserteilung.

Rechtsmittel und Kontrolle

Dienstaufsicht und Selbstverwaltung

Die organisatorische Kontrolle der Justizbehörden liegt bei den Landes- bzw. Bundesjustizministerien im Rahmen der Dienstaufsicht. In bestimmten Bereichen existieren Gremien der Selbstverwaltung (z.B. Richterräte, Präsidien), die Mitbestimmungsrechte in der Justizorganisation wahrnehmen.

Rechtsschutz und Legalitätsprinzip

Maßnahmen der Justizbehörden sind grundsätzlich gerichtlich überprüfbar. Das Legalitätsprinzip schreibt insbesondere im Strafrecht vor, dass jede verfolgungsrelevante Straftat zu verfolgen ist; das Opportunitätsprinzip ermöglicht in bestimmten Fällen Ermessensentscheidungen.

Internationale Dimension

Europäische und internationale Zusammenarbeit

Mitgliedstaaten der Europäischen Union arbeiten über zahlreiche Schnittstellen bei der Strafverfolgung und der gegenseitigen Rechtshilfe zusammen (z.B. Europäisches Justiznetzwerk, Eurojust). Internationale Abkommen regeln darüber hinaus Rechtshilfe und Auslieferung.

Literatur

  • Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)
  • Grundgesetz (GG)
  • Rechtspflegergesetz (RPflG)
  • Strafprozessordnung (StPO)
  • Zivilprozessordnung (ZPO)

Weblinks


Hinweis zur Verwendung:
Dieser Artikel dient der Information über den rechtlichen Begriff der Justizbehörden und gibt einen umfassenden Überblick zu Definition, Organisation, Aufgaben, Zuständigkeiten und rechtlichen Grundlagen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Aufgaben und Befugnisse haben Justizbehörden in Ermittlungsverfahren?

Justizbehörden, zu denen insbesondere Staatsanwaltschaften und Gerichte zählen, nehmen im Ermittlungsverfahren eine zentrale Rolle ein. Ihre Aufgaben bestehen darin, Straftaten im Rahmen ihrer Zuständigkeit aufzuklären, die hierfür erforderlichen Ermittlungen zu veranlassen und die Ergebnisbewertung zur Entscheidung über Anklageerhebung oder Einstellung des Verfahrens vorzunehmen. Gemäß Strafprozessordnung (StPO) leitet die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen, kann diese selbst führen oder der Polizei entsprechende Weisungen erteilen. Befugnisse umfassen unter anderem die Anordnung von Durchsuchungen, Beschlagnahmen, Telefonüberwachungen (bei besonders schweren Straftaten), Vorladungen und Vernehmungen von Zeugen sowie die Beantragung von Untersuchungshaft beim zuständigen Gericht. Justizbehörden sind verpflichtet, sowohl belastende als auch entlastende Umstände zu ermitteln (Legalitätsprinzip), wobei Richter insbesondere über Grundrechtseingriffe, wie etwa Haftbefehle oder Wohnungsdurchsuchungen, entscheiden. Überdies obliegt der Justiz die Rechtskontrolle aller ermittelnden Maßnahmen, um die Einhaltung der Verfahrensgrundsätze und Verfassungsrechte sicherzustellen.

Wie sind Justizbehörden in Deutschland organisiert und wie erfolgt ihre Kontrolle?

Die Organisation der Justizbehörden in Deutschland folgt sowohl föderalen Strukturen als auch klaren Hierarchieebenen. An der Spitze jeder Justizverwaltung steht das Bundesministerium der Justiz auf Bundesebene bzw. die jeweiligen Justizministerien der Bundesländer auf Landesebene, unter denen wiederum Staatsanwaltschaften, Gerichte und Sonderbehörden (beispielsweise Jugendgerichtshilfen) angesiedelt sind. Die Kontrolle über Justizbehörden erfolgt durch interne Aufsichtsstrukturen (z. B. Dienstaufsicht der Generalstaatsanwaltschaft über die Staatsanwaltschaften), richterliche Unabhängigkeit im Rahmen der Rechtsprechung und die öffentliche Fachaufsicht durch Justizministerien. Externe Kontrolle findet durch Rechtsmittel, Beschwerden, parlamentarische Kontrollorgane und im Einzelfall auch durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) statt.

Was unterscheidet die Aufgaben der Staatsanwaltschaft von denen der Gerichte innerhalb der Justizbehörden?

Die Staatsanwaltschaft ist eine Ermittlungs- und Anklagebehörde und leitet das Ermittlungsverfahren zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Verfolgung von Straftaten. Sie entscheidet, ob Anklage erhoben, das Verfahren eingestellt oder weitere Ermittlungen angeordnet werden. Demgegenüber haben Gerichte – als unabhängige Justizorgane – die Aufgabe, in Hauptverhandlungen die Sach- und Rechtslage zu prüfen, Urteile zu fällen, richterliche Beschlüsse zu erlassen und über Maßnahmen wie Untersuchungshaft, Durchsuchungen oder Sicherstellungen zu entscheiden. Während die Staatsanwaltschaft also in der „Anklägerrolle“ agiert, sind Gerichte den Grundsätzen der Unabhängigkeit und Neutralität verpflichtet und entscheiden als neutrale Instanz über Anträge und Rechtsmittel.

Inwiefern unterliegen Entscheidungen der Justizbehörden dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit?

Alle Maßnahmen, Entscheidungen und Anordnungen von Justizbehörden müssen sich streng am Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit orientieren. Dies bedeutet vor allem die Bindung an Recht und Gesetz, die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips sowie des Willkürverbots. Die Beachtung der Grundrechte – etwa das Recht auf ein faires Verfahren, das rechtliche Gehör, die Unschuldsvermutung und das Recht auf effektiven Rechtsschutz – ist zwingend. Verfahrensfehler oder Grundrechtsverletzungen können dazu führen, dass Entscheidungen überprüft, abgeändert oder aufgehoben werden, sowohl im Wege von Rechtsmitteln als auch durch Verfassungsbeschwerden.

Welche Rechtsmittel stehen Betroffenen gegen Maßnahmen oder Entscheidungen der Justizbehörden zu?

Zum Schutz vor rechtswidrigen oder fehlerhaften Entscheidungen stehen Betroffenen verschiedene Rechtsmittel und Rechtsbehelfe zur Verfügung. Hierzu zählen insbesondere Beschwerde, Berufung, Revision, Einspruch oder die sofortige Beschwerde – je nach Art der angegriffenen Entscheidung (z. B. Beschluss, Urteil, Strafbefehl). Im Strafverfahren kann grundsätzlich gegen Durchsuchungen, Beschlagnahmen oder Haftbefehle Beschwerde eingelegt werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, im Falle möglicher Verfassungsverstöße Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht zu erheben. In speziellen Fällen kann auch eine Individualbeschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Betracht kommen.

Wie wird die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit innerhalb der Justizbehörden gewährleistet?

Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit ist grundgesetzlich garantiert (Art. 97 GG) und gilt als zentrales Element eines rechtsstaatlichen Systems. Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Weisungen von außen, etwa von der Verwaltung oder politischen Stellen, sind unzulässig. Dienstaufsichtsbefugnisse beschränken sich lediglich auf organisatorische Aspekte, nicht jedoch auf inhaltliche Entscheidungen der Richter. Die Auswahl und Ernennung der Richter erfolgt in einem festgelegten, oft durch Richterwahlausschüsse mitvertretenen Verfahren, um parteipolitische Einflussnahmen zu minimieren.

Welche Rolle spielen Justizbehörden bei der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche?

Justizbehörden, insbesondere Gerichte, sind im Zivilrecht für die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Privatpersonen, Unternehmen oder sonstigen Rechtsträgern zuständig. Sie überprüfen vorgetragene Ansprüche in streitigen Verfahren, treffen rechtskräftige Entscheidungen und sorgen für deren zwangsweise Durchsetzung mittels Gerichtsvollziehern, Pfändungen oder Zwangsvollstreckungen. Über einstweilige Verfügungen oder Arrest können sie zudem vorläufigen Rechtsschutz gewähren. Das Verfahren unterliegt strengen formalen und materiellen Vorgaben, die ein faires und geordnetes Verfahren zwischen den Parteien garantieren.