Begriff und Wesen der juristischen Person
Eine juristische Person ist ein rechtliches Konstrukt, dem die Rechtsordnung eigene Rechtsfähigkeit verleiht. Sie kann, wie eine natürliche Person, Träger von Rechten und Pflichten sein, besitzt jedoch keine physische Existenz, sondern existiert ausschließlich aufgrund gesetzlicher Bestimmungen. Durch die rechtliche Verselbstständigung wird es dem Zusammenschluss von Personen oder der Widmung von Vermögen ermöglicht, am Rechtsverkehr teilzunehmen.
Rechtsgrundlagen und Einteilung
Juristische Personen sind in verschiedenen Rechtsordnungen anerkannt, wobei Umfang und Arten je nach Rechtskreis variieren können. Die grundlegenden Regelungen im deutschen Recht finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und im Handelsgesetzbuch (HGB), ergänzt durch zahlreiche Spezialgesetze.
Unterscheidung: Öffentliches Recht und Privatrecht
Juristische Personen des Privatrechts
Juristische Personen des Privatrechts sind Vereinigungen oder Vermögensmassen, denen das Privatrecht eigene Rechtsfähigkeit zuschreibt. Wesentliche Formen sind:
- Verein (§§ 21 ff. BGB)
- Stiftung (§§ 80 ff. BGB)
- Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH, GmbHG)
- Aktiengesellschaft (AG, AktG)
- Genossenschaft (GenG)
- Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), als Sonderform der GmbH
Juristische Personen des öffentlichen Rechts
Juristische Personen des öffentlichen Rechts dienen vornehmlich öffentlichen Zwecken und werden durch Hoheitsakt begründet. Beispiele sind:
- Körperschaften (z.B. Universitäten, Gemeinden)
- Anstalten (z.B. Rundfunkanstalt)
- Stiftungen des öffentlichen Rechts
Abgrenzung zur rechtsfähigen Personengesellschaft
In der deutschen Rechtsordnung besteht eine klare Unterscheidung zwischen juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften wie der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder Kommanditgesellschaft (KG), die im Gegensatz zu juristischen Personen auf einer Mehrzahl von Gesellschaftern als Träger beruhen und keine eigenständige juristische Persönlichkeit besitzen, sie sind jedoch teilweise rechtsfähig.
Merkmale und Rechtsstellung
Rechtsfähigkeit
Die Rechtsfähigkeit ist das zentrale Merkmal juristischer Personen. Sie ermöglicht diesen, am Rechtsverkehr teilzunehmen, Verträge abzuschließen, Eigentum zu erwerben, vor Gericht zu klagen und verklagt zu werden.
Handlungsfähigkeit und Organe
Da juristische Personen keine natürlichen Handlungen vornehmen können, agieren sie durch ihre Organe. Die Vertretung erfolgt regelmäßig durch natürliche Personen, die entsprechend den gesetzlichen Vorschriften oder den jeweiligen Statuten zugeordnet sind. Beispiele sind der Vorstand beim Verein und bei der Aktiengesellschaft oder die Geschäftsführung bei einer GmbH.
Haftung
Juristische Personen haften grundsätzlich selbst mit ihrem Vermögen für Verbindlichkeiten. Mitglieder oder Gesellschafter haften – von einzelnen Ausnahmen abgesehen, etwa bei rechtswidrigen Eingriffen – nicht persönlich.
Gründung, Entstehung und Beendigung
Gründung
Die Entstehung einer juristischen Person setzt regelmäßig einen Gründungsakt voraus. Dies kann eine Satzung oder ein Gesellschaftsvertrag sein, der die interne Willensbildung, die Vertretung und die Ziele der juristischen Person regelt. Bei mehreren Formen ist ein Eintrag in ein Register (Handelsregister, Vereinsregister, Stiftungsregister) erforderlich.
Entstehung der Rechtsfähigkeit
Die Erlangung der Rechtsfähigkeit ist gesetzlich geregelt. Sie tritt beispielsweise bei Vereinen mit Eintragung in das Vereinsregister und bei Kapitalgesellschaften mit Eintragung in das Handelsregister ein.
Beendigung
Die Beendigung einer juristischen Person erfolgt meist durch Liquidation und anschließende Löschung im entsprechenden Register. Ein Vermögensrest wird nach Maßgabe der Satzung verteilt bzw. öffentlich-rechtlichen Zwecken zugeführt.
Bedeutung im Rechtsverkehr
Juristische Personen nehmen als eigenständige Akteure am Wirtschaftsleben und im sonstigen Rechtsverkehr teil. Sie können Eigentum und andere Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen und sind parteifähig vor Gerichten. Im Steuerrecht gelten sie als eigene Rechtssubjekte und werden eigenständig veranlagt.
Delikts- und Strafrecht
Juristische Personen können selbst keine natürlichen Straftaten begehen, jedoch ordnet das Ordnungswidrigkeitenrecht die Möglichkeit an, gegen sie Geldbußen zu verhängen (§ 30 OWiG). Für unerlaubte Handlungen haften grundsätzlich die handelnden Organe, jedoch kann auch die juristische Person selbst in Anspruch genommen werden (§ 31 BGB).
Internationale Aspekte
Die Rechtsfigur der juristischen Person existiert in vielen nationalen und internationalen Rechtsordnungen, sodass ihre Anerkennung über Staatsgrenzen hinweg geregelt ist. Maßgebliches Anknüpfungskriterium ist zumeist der Sitz der Gesellschaft oder Vereinigung (Sitztheorie bzw. Gründungstheorie).
Zusammenfassung
Die juristische Person ist ein zentrales Konzept der modernen Rechtsordnung, das es ermöglicht, Organisationen und Vermögensmassen mit eigener Rechtspersönlichkeit auszustatten. Sie dient sowohl gemeinwohl- als auch privatwirtschaftlichen Zwecken, begründet eigene Rechte und Pflichten, agiert durch Organe und ist eigenständiger Akteur im Rechtsverkehr. Relevante gesetzliche Grundlagen regeln ihre Entstehung, Organstruktur, Vertretung, Auflösung sowie Haftung im nationalen und internationalen Kontext.
Häufig gestellte Fragen
Welche Rechte und Pflichten kann eine juristische Person im Rechtsverkehr ausüben oder eingehen?
Eine juristische Person besitzt nach deutschem Recht die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Im Rechtsverkehr kann sie daher weitgehend wie eine natürliche Person auftreten. Dazu gehört das Recht, Verträge abzuschließen, zu klagen und verklagt zu werden, Eigentum zu erwerben oder zu veräußern sowie andere vermögensrechtliche und nichtvermögensrechtliche Rechtsgeschäfte vorzunehmen. Allerdings können manche höchstpersönlichen Rechte, wie etwa das Wahlrecht bei politischen Wahlen oder familienrechtliche Angelegenheiten, nicht von juristischen Personen wahrgenommen werden. Zu den Pflichten zählen insbesondere die ordentliche Buchführung, Steuerzahlung, Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, etwa aus dem Arbeitsrecht oder Umweltschutz, und die Beachtung der öffentlich-rechtlichen Vorgaben. Verstöße gegen solche Pflichten können zur Haftung der juristischen Person führen.
Wie wird der Wille einer juristischen Person gebildet und nach außen vertreten?
Der Wille einer juristischen Person wird durch ihre Organe gebildet und nach außen vertreten. Je nach Art der juristischen Person sind dies beispielsweise bei einer GmbH die Geschäftsführung, bei einer Aktiengesellschaft der Vorstand oder bei Vereinen der Vorstand gemäß Satzung. Die Vertretungsmacht dieser Organe ergibt sich in der Regel aus Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung. Handlungen, die von den Organen im Namen der juristischen Person im Rahmen der ihnen zugewiesenen Vertretungsbefugnis vorgenommen werden, sind der juristischen Person unmittelbar zuzurechnen. Eine Haftung kann jedoch entstehen, wenn durch Mitglieder der Organe schuldhaft oder fahrlässig rechtliche Pflichten verletzt werden.
Welche Arten von juristischen Personen werden im deutschen Recht unterschieden?
Im deutschen Recht unterscheidet man primär zwischen juristischen Personen des Privatrechts und des öffentlichen Rechts. Zu den juristischen Personen des Privatrechts gehören insbesondere die Kapitalgesellschaften (wie GmbH, AG, KGaA), eingetragene Vereine (e.V.), Genossenschaften und Stiftungen des Privatrechts. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind Körperschaften, Anstalten und Stiftungen, die durch einen staatlichen Hoheitsakt errichtet wurden, beispielsweise Gemeinden, Universitäten oder öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Die Einteilung ist maßgeblich für die Frage, nach welchen Vorschriften die jeweilige juristische Person organisiert und überwacht wird.
Unter welchen Voraussetzungen entsteht eine juristische Person und wodurch kann sie beendet werden?
Die Entstehung einer juristischen Person setzt in der Regel einen Gründungsakt voraus, der sich nach den jeweiligen gesetzlichen Regelungen richtet. Bei Kapitalgesellschaften wie der GmbH ist zunächst ein Gesellschaftsvertrag notwendig, anschließend wird die Gesellschaft durch Eintragung in das betreffende Register (z. B. Handelsregister) zur juristischen Person. Bei Vereinen ist die Eintragung ins Vereinsregister ausschlaggebend. Die Beendigung einer juristischen Person erfolgt üblicherweise durch einen förmlichen Auflösungsbeschluss, die Durchführung eines Abwicklungsverfahrens (Liquidation) und – je nach Art – die Löschung im entsprechenden Register. Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts richten sich Entstehung und Beendigung nach spezifischen staatlichen oder verwaltungsrechtlichen Vorschriften.
In welchem Umfang haften juristische Personen für das Handeln ihrer Organe oder Mitarbeiter?
Juristische Personen haften grundsätzlich mit ihrem gesamten Vermögen für alle Ansprüche, die durch das Handeln ihrer Organe oder ihrer Mitarbeiter im Rahmen ihrer Tätigkeit entstehen. Nach § 31 BGB wird das Verschulden der Organe der juristischen Person unmittelbar zugerechnet, sodass die juristische Person selbst für Schäden haftet, die durch unerlaubte Handlungen der Organe entstanden sind. Bei juristischen Personen des Privatrechts ist die Haftung in der Regel auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt; eine persönliche Haftung der Mitglieder besteht in den meisten Fällen nicht, es sei denn, das Gesetz ordnet dies ausdrücklich an oder es liegt eine persönliche Haftungserklärung vor.
Wie unterscheidet sich die Besteuerung juristischer Personen von der natürlicher Personen?
Juristische Personen sind grundsätzlich eigenständige Steuersubjekte und unterliegen – wie natürliche Personen – der Besteuerung, insbesondere der Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und zum Teil der Umsatzsteuer. Im Gegensatz zu natürlichen Personen unterliegen sie nicht der Einkommensteuer. Die Besteuerung erfolgt auf der Basis des von der juristischen Person erzielten Gewinns, wobei steuerliche Sondervorschriften, aber auch Begünstigungen oder Steuerbefreiungen (etwa für gemeinnützige Organisationen oder bestimmte Stiftungen) greifen können. Zudem existieren bei der Gewinnermittlung gesonderte Regelungen, etwa Abschreibungsmodalitäten oder Vorschriften zur Verrechnung von Verlusten.