Begriff und Wesen der juristischen Person
Eine juristische Person ist ein rechtlich eigenständiger Zusammenschluss oder Vermögensbestand, dem die Rechtsordnung die Fähigkeit zuspricht, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Sie kann unter eigenem Namen auftreten, Verträge schließen, Eigentum erwerben, klagen und verklagt werden. Kennzeichnend ist die Verselbständigung gegenüber den handelnden Menschen: Organe handeln für die juristische Person, die Rechtsfolgen treffen jedoch grundsätzlich die juristische Person selbst.
Abgrenzung zur natürlichen Person und zur Personengesellschaft
Natürliche Personen sind Menschen. Personengesellschaften (etwa GbR, OHG, KG, Partnerschaftsgesellschaft) können rechtsfähig sein, sind aber keine juristischen Personen. Juristische Personen sind demgegenüber selbstständige Rechtssubjekte mit eigener Rechtspersönlichkeit. Bei Personengesellschaften steht die persönliche Verbundenheit der Gesellschafter im Vordergrund, bei juristischen Personen die verselbständigte Organisation bzw. das verselbständigte Vermögen.
Rechts- und Handlungsfähigkeit
Juristische Personen sind rechtsfähig, sobald die hierfür vorgesehenen Entstehensvoraussetzungen erfüllt sind. Sie handeln nicht selbst, sondern durch ihre Organe oder durch Bevollmächtigte. Rechtshandlungen dieser Vertreter werden der juristischen Person zugerechnet. Die Rechtsfähigkeit umfasst insbesondere Vertrags-, Eigentums- und Parteifähigkeit vor Behörden und Gerichten.
Arten juristischer Personen
Juristische Personen des privaten Rechts
Körperschaften
Hierzu zählen vor allem der eingetragene Verein (e.V.), Kapitalgesellschaften wie Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), Aktiengesellschaft (AG), Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) und die Europäische Gesellschaft (SE), sowie die eingetragene Genossenschaft (eG). Kennzeichnend ist eine mitgliedschaftliche Struktur; die Mitgliederversammlung bzw. Haupt- oder Generalversammlung ist regelmäßig ein zentrales Organ.
Stiftungen
Die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts beruht auf einem dauerhaft gewidmeten Vermögen zur Verfolgung eines Stiftungszwecks. Sie hat keine Mitglieder, sondern Organe (typisch: Vorstand, ggf. Stiftungsrat). Das Vermögen ist verselbständigt; die Stiftung wirkt auf unbegrenzte Dauer, sofern die Satzung nichts anderes vorsieht.
Besondere Ausprägungen
Einige juristische Personen verfolgen Zwecke, die dem Gemeinwohl dienen. Dies kann sich in besonderen steuerlichen Regelungen widerspiegeln. Die rechtliche Einordnung als juristische Person bleibt davon unabhängig.
Juristische Personen des öffentlichen Rechts
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen
Auf öffentlich-rechtlicher Grundlage bestehen etwa Gemeinden, Universitäten, Rundfunkanstalten und andere Selbstverwaltungsträger. Sie erfüllen öffentliche Aufgaben, sind organisatorisch verselbständigt und handeln im Rahmen des öffentlichen und des privaten Rechts.
Organisation und Vertretung
Organe
Juristische Personen benötigen Organe zur Willensbildung und Geschäftsführung. Typisch sind Leitungsorgane (z. B. Geschäftsführung, Vorstand), Überwachungsorgane (z. B. Aufsichtsrat) und das mitgliedschaftliche Beschlussorgan (z. B. Mitgliederversammlung, Hauptversammlung). Die interne Aufgabenverteilung, Kompetenzen und Kontrollen sind in Satzung, Gesellschaftsvertrag oder gesetzlicher Ordnung festgelegt.
Willensbildung und Beschlüsse
Die interne Willensbildung erfolgt durch Beschlüsse der zuständigen Organe nach den vorgesehenen Regeln zu Einberufung, Mehrheiten und Niederschrift. Formfehler können zu Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit führen. Nach außen wirken ausschließlich die hierfür bestellten Vertreter.
Vertretung nach außen
Die juristische Person wird durch ihre vertretungsberechtigten Organe oder Bevollmächtigte (z. B. Prokuristen) repräsentiert. Der Umfang der Vertretungsmacht ergibt sich aus Registereintragungen, Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag und gesetzlichen Vorgaben. Rechtshandlungen der Vertretungsorgane werden der juristischen Person zugerechnet.
Vermögen, Haftung und Verantwortung
Vermögenstrennung
Das Vermögen der juristischen Person ist strikt vom Vermögen ihrer Mitglieder, Gründer oder Organmitglieder getrennt. Ansprüche gegen die juristische Person richten sich grundsätzlich auf deren eigenes Vermögen.
Haftung
Für vertragliche und außervertragliche Verpflichtungen haftet regelmäßig die juristische Person mit ihrem gesamten Vermögen. Mitglieder haften grundsätzlich nicht persönlich, es sei denn, die Rechtsform sieht etwas anderes vor oder es greifen ausnahmsweise besondere Durchgriffskonstellationen bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten.
Deliktische und verwaltungsrechtliche Verantwortung
Verletzt die juristische Person schuldhaft fremde Rechte, kann sie schadensersatzpflichtig sein. Zurechnung erfolgt über das Handeln ihrer Organe oder anderer Repräsentanten. Im Verwaltungs- und Ordnungswidrigkeitenrecht kommen gegen Unternehmen und Verbände empfindliche Geldbußen und Maßnahmen in Betracht.
Strafrechtliche Einordnung
Eine persönliche Schuld im menschlichen Sinn kann nur natürlichen Personen zugerechnet werden. Gleichwohl sieht das Rechtssystem Sanktionen gegen Verbände vor, die strafrechtsnah wirken und insbesondere auf Vermögen und Organisation zielen.
Gründung, Entstehung und Registrierung
Satzung oder Gesellschaftsvertrag
Grundlage ist eine konstitutive Ordnung (Satzung oder Gesellschaftsvertrag). Sie regelt Zweck, Name, Sitz, Organe, Vertretung und interne Abläufe. Bestimmte Rechtsformen erfordern notarielle Beurkundung oder weitere formelle Schritte.
Registereintrag und Entstehungszeitpunkt
Viele juristische Personen entstehen erst mit Eintragung in ein öffentliches Register (z. B. Handels-, Vereins- oder Stiftungsregister). Der Eintrag hat Publizitätswirkung; Dritte dürfen auf die Richtigkeit bestimmter eingetragener Tatsachen vertrauen.
Name, Sitz und Zweck
Juristische Personen führen einen Namen (Firma bei Unternehmen), haben einen Sitz und verfolgen einen festgelegten Zweck. Firma und Name unterliegen Kennzeichnungs- und Unterscheidbarkeitsregeln. Der Satzungszweck prägt den Tätigkeitsrahmen und kann Bedeutung für Aufsicht und Besteuerung haben.
Publizität und Rechnungslegung
Je nach Rechtsform bestehen Pflichten zur Buchführung, Aufstellung und Offenlegung von Jahresabschlüssen sowie zu Bekanntmachungen. Diese gewährleisten Transparenz gegenüber Mitgliedern, Gläubigern und Öffentlichkeit.
Änderungen, Umwandlung und Beendigung
Umwandlung
Juristische Personen können ihre Struktur durch Verschmelzung, Spaltung oder Formwechsel ändern. Dabei bleiben Rechtsverhältnisse durch Gesamtrechtsnachfolge oder Kontinuität geordnet; Gläubiger- und Minderheitenschutz sind zentrale Leitlinien.
Auflösung und Liquidation
Die Beendigung erfolgt in mehreren Phasen: Auflösungsbeschluss oder Auflösungsgrund, Abwicklung (Liquidation) mit Einziehung von Forderungen, Begleichung von Verbindlichkeiten und Verteilung des verbleibenden Vermögens entsprechend der Ordnung. Die Löschung im Register beendet die Rechtspersönlichkeit.
Insolvenz
Juristische Personen sind insolvenzfähig. In der Insolvenz wird das Vermögen zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger verwertet. Organe unterliegen in diesem Zusammenhang besonderen Pflichten zur geordneten Krisen- und Insolvenzbearbeitung.
Besondere Rechtsfragen
Grundrechtsfähigkeit
Inländische juristische Personen können grundrechtlich geschützt sein, soweit die betreffenden Rechte ihrem Wesen nach auf sie anwendbar sind (etwa Meinungs- und Eigentumsfreiheit). Der Umfang für ausländische juristische Personen ist eingeschränkt und richtet sich nach übergeordneten Gewährleistungen und Gleichbehandlungsgrundsätzen.
Erb-, Eigentums- und Vertragsfähigkeit
Juristische Personen können Eigentum halten, Forderungen und Verbindlichkeiten begründen und als Parteien Verträge schließen. Sie sind grundsätzlich erbfähig und können als Erbin eingesetzt oder als Vermächtnisnehmer bestimmt werden; bei Stiftungen ist die Zweckbindung besonders zu beachten.
Internationaler Bezug
Im grenzüberschreitenden Verkehr stellen sich Fragen der Anerkennung, des anwendbaren Rechts und der Vertretung. Innerhalb des Binnenmarkts werden in der Regel ausländische Gesellschaften anerkannt. Bei Tätigkeiten über Grenzen hinweg sind Sitz- und Gründungskonzepte sowie Registerpublizität von Bedeutung.
Governance und Aufsicht
Die interne Ordnung dient der Leitung, Kontrolle und Risikosteuerung. In bestimmten Rechtsformen und Größenklassen bestehen besondere Anforderungen an Überwachung, Transparenz, Vergütung und Berichtswesen. Aufsichtsbehörden und Registergerichte überwachen ausgewählte Aspekte.
Häufig gestellte Fragen
Worin liegt der Unterschied zwischen einer juristischen Person und einer rechtsfähigen Personengesellschaft?
Juristische Personen sind eigenständige Rechtssubjekte mit eigener Rechtspersönlichkeit und klarer Vermögenstrennung. Rechtsfähige Personengesellschaften können ebenfalls Träger von Rechten und Pflichten sein, beruhen jedoch stärker auf der persönlichen Verbundenheit ihrer Gesellschafter und gelten nicht als juristische Personen.
Kann eine juristische Person selbst Verträge schließen und Eigentum erwerben?
Ja. Sie ist vertrags- und eigentumsfähig und tritt unter eigenem Namen auf. Verträge werden durch vertretungsberechtigte Organe oder Bevollmächtigte geschlossen; Rechte und Pflichten treffen die juristische Person.
Wer haftet bei Pflichtverletzungen von Organen?
Nach außen haftet grundsätzlich die juristische Person mit ihrem Vermögen. Organmitglieder haften gegenüber der juristischen Person für Pflichtverletzungen; gegenüber Dritten kommt persönliche Haftung nur in besonderen Ausnahmekonstellationen in Betracht.
Ist eine juristische Person strafbar?
Schuld im persönlichen Sinn trifft natürliche Personen. Gegen Unternehmen und Verbände können jedoch empfindliche Geldbußen und sanktionierende Maßnahmen verhängt werden, die faktisch strafrechtsnah wirken.
Wie entsteht eine juristische Person?
Regelmäßig durch Errichtung einer Satzung oder eines Gesellschaftsvertrags und, soweit vorgesehen, durch Eintragung in ein Register. Mit der wirksamen Entstehung erlangt sie Rechtsfähigkeit.
Kann eine juristische Person Grundrechte geltend machen?
Ja, soweit die betreffenden Rechte ihrem Wesen nach auf sie anwendbar sind, etwa Eigentums- oder Meinungsfreiheit. Der Schutzbereich ist jedoch nicht deckungsgleich mit dem von Menschen und bei ausländischen juristischen Personen eingeschränkt.
Wann endet die juristische Person?
Mit der Beendigung des Abwicklungsverfahrens und der Löschung im Register. Zuvor stehen Auflösung und Liquidation, in deren Rahmen Verpflichtungen erfüllt und Vermögen verteilt werden.
Können juristische Personen erben?
Ja. Juristische Personen können als Erbin eingesetzt oder als Begünstigte eines Vermächtnisses bedacht werden. Der Zweck und die interne Ordnung bestimmen, wie Nachlasswerte verwendet werden dürfen.