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Jugendsozialarbeit


Begriff und rechtliche Grundlagen der Jugendsozialarbeit

Definition der Jugendsozialarbeit

Jugendsozialarbeit ist ein zentraler Bestandteil der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland und beschreibt alle Maßnahmen sozialpädagogischer Unterstützung für junge Menschen, die sich in problematischen Lebenslagen befinden und bei ihrer sozialen Integration sowie beruflichen und gesellschaftlichen Eingliederung auf besondere Hilfe angewiesen sind. Die normative Grundlage und der rechtliche Rahmen der Jugendsozialarbeit finden sich insbesondere in § 13 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) – Kinder- und Jugendhilfe.

Die Jugendsozialarbeit ist darauf ausgerichtet, jungen Menschen die sozialpädagogische Begleitung und Hilfestellung zu bieten, die erforderlich ist, um Benachteiligungen abzubauen und die gesellschaftliche Teilhabe, insbesondere am Arbeitsleben, zu ermöglichen.


Gesetzliche Grundlagen

§ 13 SGB VIII – Jugendsozialarbeit

Im SGB VIII, dem zentralen Gesetzgebungswerk für die Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland, ist die Jugendsozialarbeit eigens in § 13 geregelt. Nach § 13 Absatz 1 SGB VIII umfasst die Jugendsozialarbeit insbesondere Angebote und Hilfen für junge Menschen mit besonderem Förderbedarf zur sozialen Integration und zur Förderung ihrer schulischen und beruflichen Ausbildung sowie ihrer Beschäftigungsfähigkeit.

Wortlaut des § 13 SGB VIII:

(1) Junge Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesen sind, sollen im Rahmen der Jugendsozialarbeit sozialpädagogische Hilfen erhalten, um ihre schulische und berufliche Ausbildung, Eingliederung in die Arbeitswelt und ihre soziale Integration zu fördern.

Diese gesetzliche Vorschrift begründet sowohl einen Förderauftrag für die öffentliche Hand als auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Leistungen durch betroffene junge Menschen.

Aufgabe und Zielsetzung nach SGB VIII

Die gesetzliche Aufgabe der Jugendsozialarbeit ist es, Benachteiligungen gezielt abzubauen und junge Menschen zu sozialer und beruflicher Selbstständigkeit zu befähigen. Hierbei stehen insbesondere folgende Ziele im Mittelpunkt:

  • Abbau sozialer Benachteiligungen
  • Überwindung individueller Beeinträchtigungen
  • Förderung der schulischen und beruflichen Ausbildung
  • Unterstützung bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt
  • Begleitung im Prozess der sozialen Integration

Träger und Finanzierung

Öffentliche und freie Träger der Jugendsozialarbeit

Träger der Jugendsozialarbeit sind überwiegend die öffentlichen Träger der Jugendhilfe (insbesondere Jugendämter) sowie anerkannte freie Träger der Jugendhilfe wie Wohlfahrtsverbände oder Träger der freien Jugendhilfe im Sinne des § 75 SGB VIII.

Die Zusammenarbeit zwischen diesen Trägern ist gemäß § 4 SGB VIII sowie im Rahmen der Gesamtverantwortung nach § 79 SGB VIII rechtlich verbindlich geregelt.

Finanzierung

Die Finanzierung der Jugendsozialarbeit erfolgt im Wesentlichen durch öffentliche Mittel auf Ebene der Kommunen und Länder sowie durch Bundesförderprogramme. Auch Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) können zweckgebunden eingesetzt werden. Ferner besteht gemäß § 74 SGB VIII die Möglichkeit der Förderung anerkannter Träger durch die öffentlichen Jugendhilfeträger.


Aufgabenfelder und rechtliche Anforderungen

Leistungen der Jugendsozialarbeit

Zu den maßgeblichen Leistungen der Jugendsozialarbeit gemäß § 13 SGB VIII zählen insbesondere:

  • Sozialpädagogische Begleitung und Beratung von jungen Menschen
  • Unterstützung bei schulischer oder beruflicher Ausbildung
  • Angebote zur Entwicklung persönlicher und sozialer Kompetenzen
  • Hilfe bei der Integration in Ausbildungs- und Arbeitsverhältnisse
  • Präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Ausgrenzung und sozialer Isolation

Rechtsanspruch und Zugangsvoraussetzungen

Ein individueller Rechtsanspruch auf Leistungen der Jugendsozialarbeit besteht – anders als bei anderen Hilfen zur Erziehung – nicht. Vielmehr handelt es sich um eine Soll-Leistung öffentlicher Träger, die insbesondere für besonders benachteiligte junge Menschen gewährt werden soll.

Über die konkreten Zugangsvoraussetzungen entscheiden die öffentlichen Träger im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei die Zielgruppe der sozial benachteiligten oder individuell beeinträchtigten Jugendlichen im Vordergrund steht.


Jugendsozialarbeit an Schulen

Rechtliche Verankerung

Die rechtliche Verankerung der Jugendsozialarbeit an Schulen erfolgt auf Grundlage von § 13 SGB VIII in Verbindung mit einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie entsprechenden Kooperationsvereinbarungen zwischen Jugendhilfe und Schulträgern.

Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule

Gemäß § 81 SGB VIII sind Jugendhilfe und Schule zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit verpflichtet. Ziel ist es, junge Menschen frühzeitig und niedrigschwellig zu erreichen.

Beispiele für Aufgaben der Jugendsozialarbeit in Schulen sind:

  • Soziale Gruppenarbeit
  • Einzelfallhilfe
  • Konfliktvermittlung und Präventionsangebote
  • Beratung in Krisensituationen

Rechtsprechung und Verwaltungspraxis

Bedeutung der Rechtsprechung für die Leistungsgewährung

Die Verwaltungsgerichte in Deutschland haben sich insbesondere mit den Abgrenzungsfragen zur Jugendhilfe und den Voraussetzungen der Leistungsgewährung im Rahmen der Jugendsozialarbeit beschäftigt. Dabei wurde betont, dass die Ausgestaltung der Angebote an den individuellen Bedarf der Betroffenen angepasst werden muss und ein Anspruch auf Ermessenfehlerfreiheit bei der Leistungsentscheidung besteht.


Verhältnis zu angrenzenden Rechtsbereichen

Abgrenzung zu anderen Hilfen der Kinder- und Jugendhilfe

Die Jugendsozialarbeit unterscheidet sich von anderen Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe wie den erzieherischen Hilfen (§ 27 ff. SGB VIII) oder den Leistungen der Jugendberufshilfe (§ 13 Abs. 3 SGB VIII). Während die erzieherischen Hilfen primär auf die Unterstützung der Erziehung im familiären Kontext abzielen, fokussiert die Jugendsozialarbeit stärker auf die gesellschaftliche Integration und berufliche Eingliederung.

Schnittstellen mit dem SGB III und dem Arbeitsförderungsrecht

Überschneidungen bestehen insbesondere mit dem SGB III (Arbeitsförderungsrecht), etwa im Bereich der Förderprogramme für berufliche Integration. Die Koordination zwischen Jugendhilfe und Agentur für Arbeit ist rechtlich über Kooperationsvereinbarungen geregelt, um parallele oder sich überschneidende Maßnahmen zu vermeiden.


Datenschutz und Schweigepflichten

Datenschutzrechtliche Anforderungen

Jugendsozialarbeit unterliegt den Vorgaben des Datenschutzes nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sowie den entsprechenden landesrechtlichen Datenschutzgesetzen. Personenbezogene Daten dürfen nur im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen erhoben und verarbeitet werden.

Schweigepflicht

Sozialpädagogisches Personal in der Jugendsozialarbeit ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die gesetzliche Schweigepflicht ist in § 65 SGB VIII sowie in landesrechtlichen Vorschriften über die Schweigepflicht von sozialpädagogischen Fachkräften geregelt.


Fazit

Jugendsozialarbeit ist ein komplex geregelter und bedeutender Bestandteil des deutschen Systems der Kinder- und Jugendhilfe. Die Ausgestaltung, Zugänglichkeit und Finanzierung der Leistungen sind detailliert im SGB VIII geregelt und werden in der Verwaltungspraxis unter Berücksichtigung individueller Bedarfe konkretisiert. Ziel ist stets die Befähigung junger Menschen zur gesellschaftlichen und beruflichen Teilhabe sowie zum Abbau von Benachteiligungen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen stellen sicher, dass Jugendsozialarbeit als zentrale Unterstützungsleistung für benachteiligte Jugendliche in Deutschland dauerhaft zur Verfügung steht.

Häufig gestellte Fragen

Inwieweit besteht ein Rechtsanspruch auf Jugendsozialarbeit in Deutschland?

Ein expliziter Rechtsanspruch auf Jugendsozialarbeit ist im deutschen Recht nicht eindeutig normiert, jedoch ergeben sich Verpflichtungen zur Bereitstellung entsprechender Leistungen aus dem SGB VIII (Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe). Nach § 13 SGB VIII haben junge Menschen das Recht auf Angebote der Jugendsozialarbeit, insbesondere wenn sie in sozial benachteiligten Lebenslagen Unterstützung benötigen. Die Jugendämter sind verpflichtet, im Rahmen ihrer Leistungsgewährung geeignete Maßnahmen der Jugendsozialarbeit bereitzustellen, vor allem an Schulen und anderen zentralen Lebensorten von Jugendlichen. Allerdings handelt es sich hierbei meist um sogenannte „Soll-Leistungen“, weswegen das Ermessen der Träger – in Abhängigkeit von Notwendigkeit und verfügbaren Ressourcen – eine Rolle spielt. Dennoch sind entsprechende Anträge von Jugendlichen, Sorgeberechtigten oder Schulen nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen, und eine Ablehnung muss nachvollziehbar begründet werden, sodass im Falle der Ablehnung ein verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz möglich ist.

Welche rechtlichen Grundlagen regeln den Einsatz von Jugendsozialarbeit an Schulen?

Die rechtliche Grundlage für den Einsatz von Jugendsozialarbeit an Schulen ist insbesondere § 13 Abs. 1 SGB VIII, wonach Leistungen zur sozialen Integration junger Menschen erbracht werden sollen, um Benachteiligungen abzubauen und schulischen Erfolg zu fördern. Die Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule ist zudem durch Landesgesetze und Schulgesetze der einzelnen Bundesländer geregelt, hierbei kommt etwa dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) der Länder besondere Bedeutung zu. Darüber hinaus existieren zusätzliche Kooperationsvereinbarungen und Landesspezifische Erlasse, welche das konkrete Zusammenwirken zwischen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe und den Schulbehörden ausgestalten. Datenschutzrechtliche Vorschriften, etwa aus der DSGVO und dem SGB VIII, spielen bei der Arbeit mit sensiblen Schülerdaten ebenfalls eine wichtige Rolle.

Wie ist die Schweigepflicht in der Jugendsozialarbeit gesetzlich geregelt?

In der Jugendsozialarbeit gilt eine besondere Schweigepflicht gemäß § 65 SGB VIII und § 203 Strafgesetzbuch (StGB). Fachkräfte der Jugendsozialarbeit dürfen personenbezogene Daten von Kindern, Jugendlichen und deren Familien grundsätzlich nur dann weitergeben, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig ist und keine schutzwürdigen Interessen der Betroffenen entgegenstehen. Eine Offenbarungspflicht besteht u. a. dann, wenn Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII droht oder eine ausdrückliche Einwilligung der Betroffenen vorliegt. Verstöße gegen die Schweigepflicht können strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen und zu arbeitsrechtlichen Folgen führen. Spezielle gesetzliche Regelungen zum Datenschutz, wie die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), sind ebenfalls strikt zu beachten.

Wer ist im rechtlichen Sinne Träger der Jugendsozialarbeit und welche Pflichten ergeben sich daraus?

Rechtlich gesehen sind die öffentlichen Träger der Jugendhilfe – i.d.R. die örtlichen Jugendämter – für die Gewährleistung und Steuerung der Jugendsozialarbeit verantwortlich (§ 79 SGB VIII). Sie können die Aufgabe durch eigene Einrichtungen wahrnehmen oder an freie Träger der Jugendhilfe delegieren, mit denen vertragliche Vereinbarungen abgeschlossen werden (§ 75 SGB VIII). Daraus ergeben sich u. a. Pflichten zur Angebotsstrukturierung, Bedarfsplanung (§ 80 SGB VIII) und Qualitätssicherung. Freie Träger, die Jugendsozialarbeit realisieren, unterliegen bestimmten gesetzlichen und vertraglichen Auflagen bezüglich Fachkräftequalifikation, Berichterstattung und Kontrolle über die Verwendung öffentlicher Mittel.

Welche Rolle spielt der Datenschutz in der Jugendsozialarbeit?

Der Datenschutz ist in der Jugendsozialarbeit von höchster Bedeutung. Hier greifen die Regelungen der DSGVO und des SGB VIII, insbesondere § 61 ff. SGB VIII. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist nur zulässig, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII erforderlich ist und keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen der Betroffenen entgegenstehen. Besonders bei der Weitergabe von Daten an Dritte (z. B. Schulen, andere Behörden, Polizei) sind die schriftliche Einwilligung oder explizite gesetzliche Erlaubnistatbestände notwendig. Datenschutz-Folgenabschätzungen und die transparente Information der Betroffenen sind essenziell, Verstöße können zu Bußgeldern und weiteren rechtlichen Konsequenzen führen.

Unter welchen Bedingungen kann die Inanspruchnahme von Jugendsozialarbeit abgelehnt werden?

Eine Ablehnung der Jugendsozialarbeit ist nur unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen zulässig. Da es sich meist um eine „Soll-Leistung“ handelt, kann der Träger der öffentlichen Jugendhilfe prüfen, ob im konkreten Fall ein Bedarf vorliegt oder ob vorrangige Leistungen oder Angebote zum Tragen kommen könnten. Die Entscheidung muss jedoch stets nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Berücksichtigung des Kindeswohls getroffen werden. Eine pauschale Ablehnung ohne Einzelfallprüfung wäre rechtswidrig. Gegen eine ablehnende Entscheidung ist der Rechtsweg offen, sodass Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden kann.

Wie kann eine Beschwerde gegen Jugendsozialarbeit rechtlich geltend gemacht werden?

Beschwerden gegen Maßnahmen oder Unterlassungen in der Jugendsozialarbeit können zunächst beim jeweiligen Träger der öffentlichen Jugendhilfe eingereicht werden. Werden diese Beschwerden nicht zur Zufriedenheit der Betroffenen geklärt, besteht die Möglichkeit der förmlichen Fachaufsichtsbeschwerde sowie das Recht auf individuelle Widerspruchs- oder Klageverfahren nach den Regelungen der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Zudem kann bei Datenschutzverletzungen der Landesbeauftragte für Datenschutz eingeschaltet werden. Die rechtliche Grundlage für die Beschwerde bildet dabei insbesondere das SGB VIII in Verbindung mit der VwGO. Jede Maßnahme der Jugendsozialarbeit muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Kindeswohl entsprechen, andernfalls kann gerichtlich Korrektur erwirkt werden.