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Jugendfreiwilligendienste


Jugendfreiwilligendienste

Begriff und rechtlicher Rahmen

Jugendfreiwilligendienste sind gesetzlich geregelte, zeitlich befristete freiwillige Engagementformen junger Menschen, die außerhalb von Beschäftigungsverhältnissen der persönlichen und gesellschaftlichen Weiterbildung sowie dem Gemeinwohl dienen. Sie verfolgen das Ziel, junge Menschen in ihrer sozialen, kulturellen und beruflichen Entwicklung zu fördern und gesellschaftliches Engagement zu stärken. Ihr rechtlicher Rahmen wird insbesondere durch das Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten (JFDG) sowie ergänzende Vorschriften und Regelungen bestimmt.

Geltungsbereich und Arten der Jugendfreiwilligendienste

Gesetzliche Grundlage

Das Jugendfreiwilligendienstegesetz (JFDG) bildet die zentrale gesetzliche Grundlage für Jugendfreiwilligendienste in Deutschland. Es definiert Ziele, Voraussetzungen, Rahmenbedingungen und Verpflichtungen aller Beteiligten.

Arten der Jugendfreiwilligendienste

  • Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ): Engagement im sozialen, kulturellen oder sportlichen Bereich, insbesondere in Einrichtungen der Wohlfahrtspflege, des Gesundheitswesens, der Kinder- und Jugendhilfe sowie im Sport und in Kulturinstitutionen.
  • Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ): Tätigkeit in Einrichtungen, Organisationen und Unternehmen mit ökologischem, landwirtschaftlichem, natur- oder umweltschutzbezogenem Schwerpunkt.
  • Andere anerkannte Formate: Das Gesetz kann neue Jugendfreiwilligendienste aufnehmen oder Sonderformen unter bestimmten Voraussetzungen zulassen (§ 2 JFDG).

Teilnahmevoraussetzungen und Teilnehmerkreis

Altersgrenzen

Jugendfreiwilligendienste richten sich an junge Menschen, die die Vollzeitschulpflicht erfüllt, aber das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 3 Abs. 1 JFDG). Eine erstmalige Wiederholung oder Unterbrechung aus triftigen Gründen ist gesetzlich geregelt.

Zugangsvoraussetzungen

Teilnahmewillige müssen ihre Einsatzbereitschaft durch eine schriftliche Vereinbarung mit einem anerkannten Träger nachweisen. Der Teilnahmebeginn ist in der Regel während eines Kalenderjahres möglich; genaue Fristen werden von den Trägern festgelegt.

Träger, Einsatzstellen und Anerkennung

Trägerstruktur

Anerkannte Träger nach JFDG organisieren die Jugendfreiwilligendienste. Sie stehen unter fachlicher Aufsicht der jeweiligen Landesbehörden und müssen verschiedene Qualitäts- und Eignungskriterien erfüllen (§ 10 ff. JFDG).

Einsatzstellen

Einsatzstellen sind gemeinnützige oder öffentliche Institutionen, die jungen Menschen die aktive Teilnahme an gemeinwohlorientierten Tätigkeiten ermöglichen. Diese müssen von den jeweiligen Trägern überprüft und anerkannt werden, um Qualität und Sicherheit des Einsatzes zu gewährleisten.

Anerkennungsverfahren

Träger unterliegen einem offiziellen Anerkennungsverfahren durch die zuständigen Behörden. Die Anerkennung kann widerrufen werden, falls wesentliche rechtliche Voraussetzungen entfallen oder gegen gesetzliche Grundsätze verstoßen wird.

Rechte und Pflichten der Teilnehmenden

Rechtsstellung

Teilnehmende an Jugendfreiwilligendiensten gelten rechtlich nicht als Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer, dennoch sind mehrheitlich arbeitsrechtliche Schutzvorschriften anzuwenden (§ 19 JFDG). Eine Vergütung findet nicht statt; stattdessen besteht Anspruch auf ein angemessenes Taschengeld sowie Sachleistungen (bspw. Unterkunft, Verpflegung).

Versicherungsschutz

Während des Freiwilligendienstes sind die Teilnehmenden verpflichtend in der gesetzlichen Kranken-, Renten-, Pflege- und Unfallversicherung versichert (§ 17 JFDG). Die Beiträge werden weitgehend vom Träger übernommen.

Urlaubsanspruch und Arbeitszeit

Die wöchentliche Arbeitszeit entspricht in der Regel einer Vollzeitbeschäftigung gemäß des Arbeitszeitgesetzes. Teilnehmende erhalten einen gesetzlich geregelten Urlaubsanspruch, mindestens in Höhe des Bundesurlaubsgesetzes. Da die Teilnahme freiwillig erfolgt, genießen beteiligte Personen erhöhten Schutz vor einer Entlassung. Das Dienstverhältnis kann jedoch durch beide Seiten mit Fristsetzung gekündigt werden.

Mitwirkung und pädagogische Begleitung

Ein bedeutender Bestandteil ist die pädagogische Begleitung der Teilnehmenden. Die Träger müssen ein verbindliches Begleitprogramm sicherstellen, hierzu gehören Seminartage, Reflexionsrunden und Angebote zur Persönlichkeitsentwicklung (§ 5 JFDG).

Finanzierung und Förderung

Finanzierung

Die Finanzierung erfolgt maßgeblich durch Bundesmittel, ergänzend durch Länder, Träger, Einsatzstellen und in Einzelfällen durch eingesetzte Teilnehmende (Eigenbeiträge). Finanzierung und Verwendung der Mittel sind gesetzlich überprüfbar und unterliegen einer strengen Nachweispflicht (§ 15 JFDG).

Förderprogramme

Staatliche und nicht-staatliche Förderprogramme bieten finanzielle und infrastrukturelle Unterstützung für Teilnehmende, insbesondere für sozial und finanziell benachteiligte junge Menschen.

Beendigung und Nachweise

Beendigung des Freiwilligendienstes

Das Dienstverhältnis endet nach Ablauf der maximalen Einsatzdauer von in der Regel zwölf, verlängert auf höchstens 18 Monate (§ 4 JFDG). Vorzeitige Beendigung ist aus wichtigen Gründen (z. B. Erkrankung, Aufnahme Studium/Ausbildung) möglich.

Nachweis und Anerkennung

Die Teilnehmenden erhalten nach Abschluss ein qualifiziertes Zeugnis vom Träger, das Dauer, Art und Ziel der Betätigung bestätigt und ihnen für spätere Bewerbungen und Bildungswege dient (§ 14 JFDG).

Abgrenzung zu anderen Freiwilligendiensten

Jugendfreiwilligendienste unterscheiden sich rechtlich und organisatorisch von weiteren Formen ehrenamtlichen und freiwilligen Engagements, wie dem Bundesfreiwilligendienst oder dem Europäischen Freiwilligendienst. Wesentliche Unterschiede bestehen im Hinblick auf Zielgruppe, rechtlichen Rahmen, Status und Trägerstruktur.

Fazit

Jugendfreiwilligendienste stellen ein umfassend geregeltes, auf gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Förderung junger Menschen ausgerichtetes Engagementformat dar. Mit präzisen gesetzlichen Grundlagen sichert das JFDG die Qualität und Rechtsstaatlichkeit der Einsätze und schafft verlässliche Regelungen für Träger, Einsatzstellen sowie Teilnehmende. Sie bilden eine wichtige Säule im System der Freiwilligendienste und tragen maßgeblich zur Entwicklung von Sozialkompetenzen und Engagementbereitschaft junger Menschen bei.

Häufig gestellte Fragen

Müssen Jugendfreiwilligendienstleistende während ihres Einsatzes sozialversichert werden?

Alle Teilnehmenden eines Jugendfreiwilligendienstes (z. B. FSJ oder FÖJ) sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in der gesetzlichen Unfallversicherung pflichtversichert. Darüber hinaus besteht auch eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1a SGB VI, § 5 Abs. 1 Nr. 1a SGB V, § 20 Abs. 1 Nr. 3 SGB XI). Die Beiträge dafür trägt in der Regel die Einsatzstelle; es gilt eine beitragsfreie Familienversicherung solange die Voraussetzungen nach § 10 SGB V erfüllt sind. Besteht diese Voraussetzung nicht, wird regulär eine eigenständige Mitgliedschaft in der Krankenversicherung begründet. Zusätzlich erstreckt sich der Versicherungsschutz auf arbeitsmedizinische Vorsorge und Haftpflicht gemäß den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften und Verträgen (Dienstvereinbarung). Die Sozialversicherungspflicht gilt für die gesamte Dauer des Dienstes, unabhängig von Arbeitszeit oder Entlohnung.

Haben Jugendfreiwilligendienstleistende einen Anspruch auf Urlaub?

Für Jugendfreiwilligendienstleistende gelten die Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG), sodass sie einen jährlichen Mindesturlaubsanspruch von 24 Werktagen (bei einer Fünftagewoche) haben (§ 3 Abs. 1 BUrlG). Da es sich beim Jugendfreiwilligendienst vielfach um ein sozialpädagogisch begleitetes Bildungsjahr handelt, können tarifliche oder gesetzliche Regelungen (z. B. Jugendarbeitsschutzgesetz § 19) Anwendung finden, nach denen Minderjährige bis zu 30 Werktage Urlaub beanspruchen können. Die konkreten Regelungen zur Urlaubsdauer und -beantragung ergeben sich auch aus dem Vertrag, den die Freiwilligen mit ihrer Einsatzstelle abschließen. Seminartage, die als verpflichtender Bestandteil des Freiwilligendienstes gelten, zählen nicht als Urlaub.

Besteht während des Jugendfreiwilligendienstes Anspruch auf Kindergeld?

Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2d Einkommenssteuergesetz (EStG) besteht während eines Jugendfreiwilligendienstes grundsätzlich Anspruch auf Kindergeld, sofern das Kind das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Hierunter fallen explizit Dienste nach dem Jugendfreiwilligendienstgesetz, beispielsweise das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) oder das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ). Eltern können bei der Familienkasse die Auszahlung des Kindergelds beantragen und müssen hierfür einen gültigen Nachweis des Trägers über die Ableistung des Freiwilligendienstes vorlegen.

Welche arbeitsrechtlichen Ansprüche bestehen bezüglich Arbeitszeit und Mindestlohn?

Jugendfreiwilligendienstleistende stehen in keinem klassischen Arbeitsverhältnis, sondern erhalten ein Taschengeld, das nach oben begrenzt ist (§ 2 Abs. 1 JFDG). Nach § 8 JFDG darf die tägliche Arbeitszeit in der Regel acht Stunden nicht überschreiten. Es gelten auch die Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) bei Minderjährigen, insbesondere in Bezug auf Pausen- und Ruhezeiten. Ein Anspruch auf Mindestlohn besteht ausdrücklich nicht, da der Dienst als Bildungszeit qualifiziert wird (§ 22 Abs. 1 MiLoG), auch wenn sie regulären Beschäftigten ähnlich eingegliedert sind.

Wie ist der Kündigungsschutz im Jugendfreiwilligendienst geregelt?

Im Gegensatz zu regulären Arbeitnehmern genießen Jugendfreiwilligendienstleistende keinen umfassenden Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Allerdings sieht § 16 JFDG spezielle Kündigungsregelungen vor: Beide Vertragsparteien können den Dienst mit einer Frist von vier Wochen kündigen. Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ist jederzeit möglich. Der besondere Schutz für Schwangere nach dem Mutterschutzgesetz sowie für schwerbehinderte Personen nach dem SGB IX gilt jedoch entsprechend, sofern die Voraussetzungen vorliegen.

Welche Pflichten bestehen hinsichtlich Arbeitsunfähigkeit und Attest?

Bei Arbeitsunfähigkeit sind Jugendfreiwilligendienstleistende verpflichtet, ihre Einsatzstelle und – sofern in der Vereinbarung festgelegt – den Träger unverzüglich zu informieren. Sollte die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage dauern, ist spätestens am vierten Tag ein ärztliches Attest vorzulegen (§ 5 EFZG analog, sofern vertraglich vereinbart oder tariflich geregelt). Für Fehltage aufgrund von Krankheit besteht Anspruch auf Fortzahlung des Taschengeldes analog zum Entgeltfortzahlungsgesetz (§ 3 EFZG) für bis zu sechs Wochen.

Sind die Freiwilligen beim Jugendfreiwilligendienst haftpflichtversichert?

Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz ist durch die Einsatzstelle sichergestellt. Zusätzlich empfiehlt sich, dass die Einrichtungen für die Zeit des Freiwilligendienstes eine Haftpflichtversicherung abschließen, die Personen- und Sachschäden abdeckt, die während des Dienstes verursacht werden (§ 2 JFDG i. V. m. den einschlägigen Verwaltungsanweisungen). In manchen Fällen besteht bereits ein Schutz durch staatliche Sammelverträge; andernfalls ist die Haftpflichtversicherung gesondert nachzuweisen oder durch die Einsatzstelle anzubieten. Ein privater Haftpflichtschutz ist in der Regel nicht ausreichend.

Welche Nachweispflichten gibt es nach Beendigung des Jugendfreiwilligendienstes?

Nach erfolgreichem Abschluss des Dienstes erhält der*die Freiwillige gemäß § 11 JFDG ein qualifiziertes Zeugnis, das Art und Dauer des Dienstes sowie die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten beschreibt. Diese Bescheinigung dient als Nachweis für Bildungs- und Bewerbungszwecke. Der Träger ist rechtlich verpflichtet, auf Verlangen ein einfaches oder qualifiziertes Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis ist Voraussetzung z. B. für die Anrechnung als Wartesemester bei Hochschulen oder für Rentenversicherungszeiten.