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Jugendberufshilfe


Begriff und Bedeutung der Jugendberufshilfe

Die Jugendberufshilfe ist ein zentraler Teilbereich der Jugendhilfe in Deutschland und wird im Kontext sozialrechtlicher Regelungen verankert. Ihr Ziel besteht darin, junge Menschen beim Übergang von Schule in Ausbildung und Beruf zu unterstützen, Benachteiligungen abzubauen und die Integration in das Erwerbsleben zu fördern. Damit ist die Jugendberufshilfe ein wesentliches Element öffentlicher Leistungen, um Chancengerechtigkeit und Teilhabe für Jugendliche und junge Erwachsene zu gewährleisten.


Rechtliche Grundlagen der Jugendberufshilfe

Systematische Einordnung im Sozialrecht

Die Jugendberufshilfe ist im System der Kinder- und Jugendhilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) verankert. Die maßgeblichen Vorschriften finden sich insbesondere in folgenden Vorschriften:

  • § 13 SGB VIII: Jugendsozialarbeit
  • § 14 SGB IX: Teilhabe am Arbeitsleben für junge Menschen mit Behinderung (Schnittstellenregelung zur Jugendberufshilfe)
  • Schnittstellen zu weiteren Sozialgesetzbüchern (z.B. SGB II, SGB III, SGB IX)

Zentrale Vorschrift: § 13 SGB VIII

Nach § 13 Abs. 1 SGB VIII sollen junge Menschen, die aufgrund individueller Schwierigkeiten oder sozialer Benachteiligungen besondere Unterstützung bei der sozialen Integration und beruflichen Eingliederung benötigen, im Rahmen der Jugendsozialarbeit gefördert werden. Die Jugendberufshilfe ist dabei eine spezielle Ausprägung der Jugendsozialarbeit, welche schwerpunktmäßig auf die berufliche Integration und Entwicklung ausgerichtet ist.

Zielgruppen

Die Jugendberufshilfe richtet sich primär an:

  • Jugendliche und junge Erwachsene bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres,
  • junge Menschen mit Beeinträchtigungen oder Behinderungen,
  • sozial benachteiligte Jugendliche (z.B. mit Problemen im Elternhaus, Schulabbrecherinnen und -abbrecher, Menschen mit Migrationshintergrund).

Aufgaben und Leistungen

Zu den Aufgaben und Leistungen zählen insbesondere:

  • Beratung und Begleitung beim Übergang Schule – Beruf,
  • sozialpädagogische Förderung (u.a. Bewerbungstrainings, Sozialkompetenztraining),
  • Vermittlung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen,
  • Begleitung während der Ausbildung,
  • Bewältigung individueller und sozialer Problemlagen.

Trägerschaft und Zuständigkeit

Öffentliche und freie Träger

Die Leistungen der Jugendberufshilfe werden sowohl von öffentlichen Trägern (Kommunen, Jugendämter) als auch von freien Trägern (Wohlfahrtsverbände, gemeinnützige Einrichtungen, Vereine) erbracht. Die Zusammenarbeit zwischen Trägern spielt bei der praktischen Umsetzung eine zentrale Rolle.

Zuständigkeiten nach dem SGB VIII

Die Verantwortung für die Umsetzung obliegt grundsätzlich den örtlichen und überörtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe. Sie sind verpflichtet, ein bedarfsgerechtes Angebot sicherzustellen und dabei die Zusammenarbeit mit Trägern der Arbeitsförderung sowie der schulischen und betrieblichen Ausbildung zu koordinieren (§ 81 SGB VIII).


Jugendberufshilfe im Verhältnis zu anderen Leistungen

Schnittstellen zu SGB II, SGB III und SGB IX

Da der Übergang von Jugendlichen in Erwerbstätigkeit oft mit Fragen der Grundsicherung, der Arbeitsförderung und ggf. der Rehabilitation verknüpft ist, bestehen Schnittstellen zu weiteren Sozialgesetzbüchern:

  • SGB II: Grundsicherung für Arbeitssuchende (Leistungen bei Hilfebedürftigkeit, z.B. Eingliederungsleistungen für unter 25-Jährige)
  • SGB III: Arbeitsförderung durch die Bundesagentur für Arbeit (Berufsberatung, Berufsausbildungsbeihilfe, Maßnahmen der Aktivierung und beruflichen Eingliederung)
  • SGB IX: Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (Frühförderung, Leistungen zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation)

Kooperationspflichten der beteiligten Stellen

Die gesetzliche Ausgestaltung sieht Kooperations- und Abstimmungspflichten zwischen Jugendhilfe, Sozialleistungsträgern und anderen relevanten Institutionen, wie Schulen und Ausbildungsbetrieben, vor. Ziel ist eine ganzheitliche Förderung, die nicht nur auf die berufliche Integration, sondern auch auf die persönliche und soziale Entwicklung abzielt.


Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsweg

Zugangsvoraussetzungen zur Jugendberufshilfe

Die Inanspruchnahme der Jugendberufshilfe setzt voraus, dass die betroffenen Jugendlichen Hilfe zur Überwindung ihrer persönlichen, sozialen oder beruflichen Schwierigkeiten benötigen. Ein festes Antragsverfahren, wie bei anderen Sozialleistungen, ist nicht zwingend vorgesehen, jedoch besteht ein einklagbarer Anspruch auf bedarfsgerechte Förderung, soweit die Voraussetzungen erfüllt sind.

Rechtsanspruch und Rechtsschutzmöglichkeiten

Bei ablehnenden Entscheidungen besteht die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen sowie, im Anschluss, den Verwaltungsrechtsweg zu beschreiten. Die Verpflichtung zur Herstellung eines angemessenen Angebots bezieht sich auf die Bedarfe im Einzelfall und kann vor den Verwaltungsgerichten überprüft werden.


Finanzierung der Jugendberufshilfe

Finanzierung durch Kommunen und Länder

Die Finanzierung erfolgt in der Regel durch die Kommunen (örtliche Jugendämter) und wird ggf. durch Landesmittel ergänzt. Projekt-, Programm- und Modellförderungen des Bundes (z.B. im Rahmen von Programmen zur beruflichen Integration Jugendlicher) können die Angebotsstruktur erweitern.

Bedeutung von Drittmitteln und Förderprojekten

Viele freie Träger der Jugendberufshilfe nutzen ergänzend Fördermittel aus Programmen der Europäischen Union (vor allem des Europäischen Sozialfonds), privater Stiftungen oder weiteren staatlichen und nichtstaatlichen Quellen.


Entwicklungen und Herausforderungen

Tendenzen in Gesetzgebung und Praxis

Die Bedeutung der Jugendberufshilfe nimmt angesichts eines sich wandelnden Arbeitsmarktes, zunehmender Jugendarbeitslosigkeit sowie komplexer werdender Sozialstrukturen zu. Gesetzgeberische Reformen zielen verstärkt auf eine inklusive und ganzheitliche Förderung ab, die individuelle Lebenslagen, Bildung, Inklusion und Arbeitsmarktfähigkeit stärker verknüpft.

Herausforderungen in der Praxis

Dazu zählen:

  • Ressourcenknappheit bei öffentlichen Trägern,
  • Bedarf an besserer Vernetzung und Koordination mit anderen Stellen,
  • gestiegene Anforderungen durch diverse Lebenslagen und zunehmende Integrationsherausforderungen (z.B. Migration, Inklusion).

Literatur und Weblinks


Die Jugendberufshilfe soll jungen Menschen eine gleichberechtigte gesellschaftliche und berufliche Teilhabe ermöglichen. Ihre gesetzliche Ausprägung, organisatorische Komplexität und vernetzte Umsetzung machen sie zu einem bedeutenden Bestandteil der sozialen Sicherung und Integration von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland.

Häufig gestellte Fragen

Wer hat einen rechtlichen Anspruch auf Leistungen der Jugendberufshilfe?

Einen rechtlichen Anspruch auf Leistungen der Jugendberufshilfe haben gemäß § 13 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) junge Menschen, die aufgrund sozialer Benachteiligung oder individueller Beeinträchtigung in erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesen sind, um eine schulische oder berufliche Ausbildung bzw. Eingliederung zu erreichen. Anspruchsberechtigt sind damit laut Gesetz zum Beispiel Jugendliche und junge Erwachsene (im Regelfall bis zum 27. Lebensjahr), die ohne diese Hilfen voraussichtlich keine angemessene berufliche Perspektive entwickeln können. Die Inanspruchnahme ist dabei grundsätzlich freiwillig und setzt nicht zwingend eine vorherige Maßnahme der Jugendhilfe voraus. Der Anspruch ist dabei an die Bedingung geknüpft, dass andere, insbesondere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), nachrangig sind und vorrangig in Betracht kommen. Dies bedeutet, dass die Leistungen der Jugendberufshilfe subsidiär zu den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende und anderer Leistungssysteme sind. Stellung und Umfang des Anspruchs werden sowohl durch die individuellen Lebensumstände als auch durch die tatsächliche Verfügbarkeit entsprechender Maßnahmen beeinflusst.

Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Jugendberufshilfe?

Die rechtlichen Grundlagen der Jugendberufshilfe sind primär im § 13 SGB VIII (Achtes Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe) geregelt. Darüber hinaus können weitere §§ des SGB VIII einschlägig sein, insbesondere soweit es um ergänzende Hilfen zur Erziehung (§§ 27 ff.) oder um Kooperationspflichten mit anderen Leistungsträgern (§ 81 ff.) geht. Daneben berühren Vorschriften im SGB II (Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende), SGB III (Arbeitsförderung, insbesondere zur beruflichen Orientierung und Eingliederung) sowie teilweise das SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen) die Umsetzung der Jugendberufshilfe. Einzelne Bundesländer haben zudem eigene Ausführungsgesetze oder Handlungsleitfäden erlassen, die die Details der Umsetzung konkretisieren. Die rechtlichen Normen setzen den Handlungsrahmen für Jugendämter, Träger der freien Jugendhilfe und Kooperationspartner und bestimmen insbesondere die Anspruchsvoraussetzungen, Inhalt und Umfang der Hilfe sowie das Verwaltungsverfahren.

Wie ist das Verfahren zur Inanspruchnahme von Jugendberufshilfe rechtlich ausgestaltet?

Das Verfahren zur Inanspruchnahme von Leistungen der Jugendberufshilfe folgt grundsätzlich den Vorschriften des Sozialverwaltungsverfahrensrechts, insbesondere den Regelungen des SGB X (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz) sowie ergänzend den Verfahrensvorschriften des SGB VIII. Hilfesuchende müssen sich zunächst an das zuständige Jugendamt wenden und einen Antrag auf entsprechende Leistungen stellen. Es folgt eine individuelle Bedarfsermittlung, in deren Rahmen die persönlichen, sozialen und beruflichen Voraussetzungen des jungen Menschen geprüft werden. Das Jugendamt entscheidet durch einen rechtsmittelfähigen Bescheid über Art, Umfang und Dauer der zu gewährenden Leistungen. Gegen ablehnende oder einschränkende Entscheidungen sind Rechtsmittel wie Widerspruch und Klage vor dem Verwaltungsgericht möglich. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens gelten besondere Vorschriften zum Datenschutz und zur Beteiligung der Betroffenen, insbesondere dürfen junge Menschen selbst an der Bedarfsermittlung sowie der Ausgestaltung des Hilfeplans beteiligt werden (Partizipationsgebot gemäß § 8 SGB VIII).

Welche Pflichten treffen die öffentlichen und freien Träger im Rahmen der Jugendberufshilfe rechtlich?

Öffentliche Träger (insbesondere Jugendämter) sind rechtlich verpflichtet, nach Maßgabe des § 79 SGB VIII für eine ausreichende und bedarfsgerechte Ausgestaltung von Angeboten der Jugendberufshilfe zu sorgen. Dazu zählt die Planung, Organisation und Steuerung der erforderlichen Maßnahmen entsprechend dem örtlichen Bedarf. Sie sind gehalten, mit freien Trägern der Jugendhilfe partnerschaftlich zusammenzuarbeiten (§ 4 SGB VIII) und deren Eigenständigkeit zu respektieren. Dabei besteht eine Angebotsverpflichtung, sodass die Leistungen der Jugendberufshilfe kontinuierlich und flächendeckend sichergestellt werden müssen. Freie Träger kommen in der Regel im Wege der Beauftragung durch und im Auftrag des Jugendamtes oder im Rahmen öffentlich geförderter Maßnahmen zum Einsatz. Sie sind an die gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben gebunden, insbesondere was den Datenschutz, Fachkräftequalifikation, Neutralität und Qualität der Leistungen betrifft. Sowohl öffentliche als auch freie Träger unterliegen hierbei der staatlichen Aufsicht (§ 79a SGB VIII).

Wie ist das Verhältnis der Jugendberufshilfe zu Leistungen nach dem SGB II und SGB III geregelt?

Das Verhältnis der Jugendberufshilfe zu den Leistungen des SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) und SGB III (Arbeitsförderung) ist durch das Subsidiaritätsprinzip gekennzeichnet. Das bedeutet, dass die Leistungen der Jugendberufshilfe grundsätzlich nachrangig gegenüber Leistungen der Arbeitsförderung und Grundsicherung sind, also dann eingreifen, wenn die vorrangigen Systeme nicht oder nicht ausreichend greifen oder junge Menschen mit ihren individuellen Problemlagen im Rahmen der dortigen Angebote nicht adäquat betreut werden können. Rechtlich ist eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit der beteiligten Leistungsträger vorgesehen, um Überschneidungen, Doppelversorgungen oder Versorgungslücken zu vermeiden (§ 36b SGB VIII). In besonderen Konstellationen, etwa bei mehrfach beeinträchtigten Jugendlichen oder erheblichen sozialen Problemlagen, kann die Jugendberufshilfe auf Basis einer konkreten Bedarfsermittlung auch parallel zu Leistungen des SGB II/BAMF/Agentur für Arbeit erbracht werden.

Besteht eine rechtliche Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit anderen Institutionen?

Ja, das SGB VIII sieht explizit in § 81 eine Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und Leistungsträgern vor. Die Jugendämter sind demnach zur Kooperation und Koordination mit Trägern der Arbeitsförderung (Agentur für Arbeit, Jobcenter), Schulen, Integrationsfachdiensten, Betrieben, Kammern und weiteren relevanten Akteuren gesetzlich verpflichtet. Ziel ist es, eine umfassende und zusammenhängende Förderung im Übergang von Schule zu Beruf zu gewährleisten. Die rechtliche Grundlage verpflichtet zur Abstimmung bei Planung und Durchführung von Maßnahmen, zur gemeinsamen Entwicklung von Integrationsstrategien und zur Weitergabe relevanter Informationen unter Beachtung des Datenschutzes.

Welche Rechtsmittel stehen bei Ablehnung von Leistungen der Jugendberufshilfe zur Verfügung?

Gegen einen ablehnenden oder einschränkenden Bescheid über die Gewährung von Leistungen der Jugendberufshilfe können die betroffenen jungen Menschen selbst oder deren gesetzliche Vertretung Rechtsmittel einlegen. Das Verfahren beginnt mit einem Widerspruch gemäß § 84 SGG (Sozialgerichtsgesetz), der binnen eines Monats nach Zustellung des Bescheides schriftlich beim zuständigen Jugendamt eingereicht werden muss. Bleibt der Widerspruch erfolglos, steht der Weg zur Klage vor dem Verwaltungsgericht offen. Das Klageverfahren ist kostenfrei, außer in Fällen offensichtlicher Mutwilligkeit. Im Verfahren ist zudem die Prozesskostenhilfe möglich, sofern die wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind. Das Verwaltungsgericht überprüft, ob die Entscheidung des Jugendamtes rechtskonform und insbesondere mit Blick auf den Einzelfall sachgerecht war. Eventuelle Neben- und Folgeverfahren, etwa zur einstweiligen Anordnung bei besonderer Dringlichkeit (§ 123 VwGO), sind ebenfalls möglich.