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Jugend- und Auszubildendenvertretung


Begriff und Rechtsgrundlagen der Jugend- und Auszubildendenvertretung

Die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) ist ein betriebsverfassungsrechtliches Organ, das in Betrieben und Dienststellen besteht, in denen junge Menschen und Auszubildende beschäftigt sind. Die JAV vertritt die Interessen der unter 18-jährigen Beschäftigten sowie der Auszubildenden unter 25 Jahren gegenüber Arbeitgebern und in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat oder dem Personalrat. Die wesentlichen gesetzlichen Grundlagen finden sich im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) für die Privatwirtschaft und im Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) bzw. den Landespersonalvertretungsgesetzen für den öffentlichen Dienst.


Aufgaben und Zuständigkeiten der Jugend- und Auszubildendenvertretung

Vertretung der besonderen Interessen

Die JAV setzt sich für die speziellen Belange junger Beschäftigter und Auszubildender ein. Dazu zählen insbesondere:

  • Überwachung der Einhaltung von Vorschriften zum Jugendarbeitsschutz, zur Berufsausbildung und zu weiteren arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften,
  • Behandlung von Anregungen und Beschwerden,
  • Förderung der Integration junger Menschen im Betrieb.

Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat oder Personalrat

Die JAV nimmt ihre Aufgaben grundsätzlich eigenständig wahr, hat jedoch keine eigenen Mitbestimmungsrechte gegenüber dem Arbeitgeber. Ihre Rechte und Pflichten sind eng mit denen des Betriebsrats/Personalrats verbunden. Die JAV kann Maßnahmen zugunsten junger Beschäftigter beim Betriebsrat beantragen (§ 70 Abs. 1 BetrVG), dessen Unterstützung sie für Beschlussfassungen und Verhandlungsergebnisse benötigt.


Wahl und Zusammensetzung der Jugend- und Auszubildendenvertretung

Voraussetzungen für die Errichtung

Gemäß § 60 Abs. 1 BetrVG ist die Wahl einer JAV in Betrieben mit mindestens fünf Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmern, die entweder unter 18 Jahre alt oder Auszubildende und unter 25 Jahre alt sind, erforderlich. Im öffentlichen Dienst greifen entsprechende Vorschriften in den Personalvertretungsgesetzen.

Aktives und passives Wahlrecht

  • Aktives Wahlrecht: Alle Beschäftigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder zu Beginn der Wahl unter 25 Jahren und Auszubildende sind, können die JAV wählen (§ 61 Abs. 1 BetrVG).
  • Passives Wahlrecht: Wählbar sind alle Beschäftigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
  • Ausnahmen: Mitglieder des Betriebsrats oder Personalrats dürfen nicht gleichzeitig der JAV angehören.

Wahlverfahren

Die Wahl erfolgt in geheimer und unmittelbarer Abstimmung nach den Vorschriften der §§ 60-63 BetrVG. Die Amtszeit beträgt in der Regel zwei Jahre (§ 64 Abs. 1 BetrVG). Näheres zu den Wahlverfahren und dem Wahlvorstand wird durch eine Wahlordnung geregelt.


Rechte und Pflichten der Jugend- und Auszubildendenvertretung

Informations- und Anhörungsrechte

Die JAV hat Anspruch auf rechtzeitige und umfassende Information durch den Betriebsrat oder Personalrat über alle Maßnahmen, die die Jugendlichen und Auszubildenden betreffen (§ 70 BetrVG). Der Betriebsrat muss die JAV über anstehende Entscheidungen unterrichten und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme geben.

Initiativrechte

Die JAV kann beim Betriebsrat Maßnahmen beantragen, die den Jugendlichen oder Auszubildenden zugutekommen. Der Betriebsrat ist verpflichtet, sich mit diesen Anträgen zu beschäftigen und sie dem Arbeitgeber gegenüber zu vertreten.

Teilnahme- und Rederechte

Sitzungen des Betriebsrats, die Belange der Jugendlichen und Auszubildenden zum Gegenstand haben, finden unter Beteiligung der JAV statt. Die JAV kann an allen Besprechungen teilnehmen, die ihre Themen betreffen, und dort eigene Vorschläge und Stellungnahmen einbringen (§ 67 Abs. 4 und § 65 Abs. 2 BetrVG).

Schutzvorschriften für Mitglieder

Mitglieder der JAV genießen besonderen Kündigungsschutz (§ 15 KSchG) und Freistellungen für die JAV-Tätigkeit (§ 65 BetrVG). Der Schutz beginnt mit der Wahl und endet erst mehrere Monate nach dem Ausscheiden aus dem Gremium.


Beendigung und Auflösung der Jugend- und Auszubildendenvertretung

Die Amtszeit endet regelmäßig mit dem Ablauf der Legislaturperiode (zwei Jahre) oder vorzeitig durch Rücktritt der gesamten JAV. Eine Auflösung ist im Fall erheblicher Pflichtverletzungen durch gerichtliche Entscheidung möglich (§ 23 BetrVG).


Förderung und Schulung der JAV-Mitglieder

Mitglieder der JAV haben einen Anspruch auf Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese erforderlich sind, um die Aufgaben sachgerecht erfüllen zu können (§ 65 Abs. 1 BetrVG). Die Kosten trägt der Arbeitgeber.


Zusammenfassung

Die Jugend- und Auszubildendenvertretung stellt ein zentrales Organ zur Wahrung der Rechte und Interessen junger Menschen und Auszubildender im Betrieb dar. Die umfassenden gesetzlichen Regelungen sichern eine effektive Vertretung, weitreichende Informations- und Mitwirkungsrechte sowie einen besonderen Schutz für JAV-Mitglieder. Die JAV ist ein wichtiger Baustein im System der betrieblichen Mitbestimmung und trägt wesentlich zur Förderung der Ausbildungskultur und Integration junger Menschen im Arbeitsleben bei.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist wahlberechtigt und wählbar zur Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV)?

Wahlberechtigt für die Wahl zur Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) sind nach § 60 Abs. 1 BetrVG alle Arbeitnehmer eines Betriebs, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder sich in einer beruflichen Ausbildung befinden und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unabhängig von der Staatsangehörigkeit. Zur Wahl als Mitglied der JAV wählbar sind all jene Beschäftigten, die dem Wahlkreis der JAV angehören, also insbesondere jugendliche Arbeitnehmer und Auszubildende, die am Wahltag das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Nicht wählbar sind jedoch Personen, die dem Betrieb lediglich zur beruflichen Weiterbildung oder als Praktikanten angehören, sofern dies nicht im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses geschieht. Die genaue Feststellung der Wählbarkeit obliegt dem Wahlvorstand unter Beachtung der gesetzlichen Altersgrenzen, wobei Stichtag der Wahltag ist.

Welche Aufgaben und Rechte hat die Jugend- und Auszubildendenvertretung laut Betriebsverfassungsgesetz?

Die Jugend- und Auszubildendenvertretung nimmt gemäß § 70 BetrVG die besonderen Belange der jugendlichen Arbeitnehmer und Auszubildenden im Betrieb wahr. Sie hat das Recht, Maßnahmen, die den Jugendlichen und Auszubildenden dienen, beim Betriebsrat zu beantragen und darauf zu dringen, dass diese Anträge behandelt werden. Ebenfalls gehört es zu ihren Aufgaben, darüber zu wachen, dass geltende Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und Unfallverhütungsvorschriften, die Jugendliche/Auszubildende betreffen, eingehalten werden. Die JAV kann an allen Sitzungen des Betriebsrats beratend teilnehmen, sofern Angelegenheiten besprochen werden, die ihrer Zielgruppe zuzuordnen sind, sie hat aber kein eigenes Stimmrecht im Betriebsrat. Zudem ist sie berechtigt, an Besprechungen mit dem Arbeitgeber teilzunehmen und Vorschläge einzubringen. Für ihre Tätigkeit genießt sie den Schutz vor Benachteiligung und Behinderung aus § 78 BetrVG.

Wie lange dauert die Amtszeit der Jugend- und Auszubildendenvertretung?

Die Amtszeit der Jugend- und Auszubildendenvertretung beträgt grundsätzlich zwei Jahre, wie § 64 Abs. 1 BetrVG im Zusammenhang mit den Vorschriften über die regelmäßige Wahl vorschreibt. Die Wahl der JAV findet alle zwei Jahre regelmäßig in der Zeit vom 1. Oktober bis 30. November statt. Die Amtszeit beginnt mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses und endet mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses der Neuwahl. Eine vorzeitige Beendigung der Amtszeit ist möglich, wenn beispielsweise die Zahl der JAV-Mitglieder nach Ausscheiden unter die vorgeschriebene Mindestzahl sinkt und keine Nachrücker zur Verfügung stehen oder eine Auflösung durch einen entsprechenden Beschluss oder durch das Arbeitsgericht erfolgt. Auch beim Ende des Ausbildungsverhältnisses oder altersbedingtem Überschreiten der Altersgrenze scheidet das jeweilige Mitglied aus der JAV aus.

Wie ist der rechtliche Kündigungsschutz für Mitglieder der JAV geregelt?

Der Kündigungsschutz für JAV-Mitglieder ist im § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sowie in § 103 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt. Während der Amtszeit kann ordentlichen Mitgliedern der JAV nur außerordentlich, also aus wichtigem Grund, gekündigt werden und das auch nur, wenn der Betriebsrat zuvor der Kündigung ausdrücklich zugestimmt hat. Nach dem Ende der Amtszeit besteht ein besonderer Kündigungsschutz für ein Jahr (sogenannter nachwirkender Kündigungsschutz), wobei auch in dieser Zeit eine ordentliche Kündigung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Dies dient dem Schutz vor Benachteiligung wegen der JAV-Tätigkeit und soll sicherstellen, dass sich engagierte Jugendliche und Auszubildende ohne Angst vor Sanktionen für die Interessen ihrer Kolleginnen und Kollegen einsetzen können.

In welchen Fällen kann die Jugend- und Auszubildendenvertretung eine eigene Betriebsversammlung einberufen?

Nach § 71 BetrVG hat die JAV das Recht, einmal im Kalenderhalbjahr eine Jugend- und Auszubildendenversammlung einzuberufen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit einer weiteren Versammlung pro Kalenderhalbjahr, wenn der Betriebsrat dem zustimmt. Zweck dieser Versammlungen ist es, die Jugendlichen und Auszubildenden über ihre Rechte zu informieren, auf Probleme aufmerksam zu machen und den Austausch zu fördern. Die Teilnahme an diesen Versammlungen gilt als Arbeitszeit, und die Versammlungen finden während der Arbeitszeit statt, soweit dem nicht betriebliche Gründe entgegenstehen. Die JAV ist verpflichtet, den Betriebsrat sowie die an der Berufsausbildung beteiligten Personen und ggf. den Arbeitgeber über stattfindende Versammlungen rechtzeitig zu informieren und einzuladen.

Welche Mitbestimmungsrechte stehen der JAV im Unternehmen zu?

Die JAV besitzt keine eigenen Mitbestimmungsrechte wie der Betriebsrat, sie kann aber gemäß § 70 Abs. 2 BetrVG Maßnahmen beim Betriebsrat beantragen und hat ein Initiativrecht bezüglich sämtlicher Angelegenheiten, die Jugendliche und Auszubildende betreffen. Zudem ist sie berechtigt, an Sitzungen des Betriebsrates teilzunehmen, wenn Themen mit Bezug zu ihrer Zielgruppe behandelt werden. Die JAV kann verlangen, dass der Betriebsrat bestimmte Themen auf die Tagesordnung setzt, und die Beschlüsse des Betriebsrates, die Jugendliche und Auszubildende betreffen, werden erst nach Anhörung der JAV gültig. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Betriebsrat und JAV besteht ein Einspruchsrecht der JAV, das zum Einschalten der Einigungsstelle führen kann. Diese Rollen sichern der JAV einen indirekten, aber bedeutenden Einfluss auf betriebliche Entscheidungen im Jugend- und Auszubildendenbereich.