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Jahresrohmiete


Begriff und Bedeutung der Jahresrohmiete

Die Jahresrohmiete ist ein zentraler Begriff im deutschen Miet- und Immobilienrecht sowie im Steuerrecht. Sie definiert die Bruttomieteinnahmen eines Jahres aus einem Mietobjekt, bevor bestimmte Kosten oder Abschreibungen berücksichtigt werden. Die Jahresrohmiete findet vor allem im Kontext von Bewertungsverfahren, steuerlichen Bemessungsgrundlagen und öffentlich-rechtlichen Vorschriften Anwendung.

Definition der Jahresrohmiete

Die Jahresrohmiete bezeichnet die Summe der innerhalb eines Jahres erzielten oder erzielbaren Mieteinnahmen aus einem Grundstück oder einer Immobilie. Grundlage ist hierbei regelmäßig die sogenannte Kaltmiete, d. h. die Miete ohne Nebenkosten. Im Bewertungsrecht spricht man von der „rohen“ Miete, weil weder umlagefähige Betriebskosten noch andere Zu- oder Abschläge einbezogen werden.

Im rechtlichen Sinne ist die Jahresrohmiete oft maßgeblich für steuerliche Bewertungen, Mietpreisbremsen und für die Berechnung diverser Abgaben. Sie ist nicht mit der Jahresnettomiete oder der Jahresmiete zu verwechseln, die weitere Kostenstrukturen berücksichtigen.

Rechtliche Grundlagen der Jahresrohmiete

Anwendung im Bewertungsrecht

Bewertung nach dem Bewertungsgesetz (BewG)

Gemäß § 79 Bewertungsgesetz (BewG) spielt die Jahresrohmiete eine zentrale Rolle bei der Ermittlung von Einheitswerten (z. B. für Erbschaft- und Schenkungsteuer). Hierbei wird die Jahresrohmiete als Bemessungsgrundlage zur Bewertung von bebauten Grundstücken herangezogen.

Relevant ist die ortsübliche Miete, die für vergleichbare Grundstücke bzw. Räume erzielt werden kann. Damit stellt die Jahresrohmiete einen Vergleichswert dar, der in der Regel über Mietspiegel, Sachverständigengutachten oder behördliche Feststellungen zu ermitteln ist.

Maßgeblichkeit im Ertragswertverfahren

Im Rahmen des Ertragswertverfahrens dient die Jahresrohmiete als Ausgangswert zur Bestimmung des Verkehrswertes von Mietimmobilien gemäß Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV). Auch hier werden nicht die tatsächlichen, sondern die nachhaltig erzielbaren Mieten angenommen.

Relevanz im Steuerrecht

Grundsteuer und Einheitsbewertung

Für die Festsetzung der Grundsteuer wird die Jahresrohmiete als Grundlage für die Einheitsbewertung herangezogen (§§ 33 ff. BewG). Die Höhe der Jahresrohmiete ist hierbei ausschlaggebend für die Einheitswertfeststellung, was wiederum die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer darstellt. Das Bewertungsgesetz regelt, dass die Jahresrohmiete nach den tatsächlichen oder den ortsüblichen Mieten zu bestimmen ist.

Gewerbesteuer

Auch bei der Gewerbesteuermessung, insbesondere in Bezug auf den Hinzurechnungsbetrag nach § 8 Nr. 1 GewStG, kann die Jahresrohmiete eine Rolle spielen, wenn Teile der gezahlten Miet- oder Pachtzinsen hinzugerechnet werden müssen.

Bedeutung im Mietrecht

Mietspiegel und Mieterhöhungen

Im Wohnraummietrecht ist die Jahresrohmiete ein wichtiger Referenzpunkt für die Erstellung von Mietspiegeln, die wiederum Grundlage für Mieterhöhungen nach § 558 BGB sind. Auch im Rahmen von Sozialwohnraumförderungen und bei der Überprüfung der Angemessenheit der Miete wird auf die ortsübliche Vergleichsmiete und somit auf die Jahresrohmiete abgestellt.

Besonderheiten im öffentlichen Recht

Kommunale Umlagen und Gebühren

Einige Kommunen binden die Berechnung von Gebühren, beispielsweise für Müllentsorgung oder Straßenerhaltung, an die Höhe der Jahresrohmiete, wenn keine andere Bemessungsgrundlage verfügbar ist.

Ermittlung der Jahresrohmiete

Bestimmung der Mieteinnahmen

Die Ermittlung der maßgeblichen Jahresrohmiete geschieht durch die Addition aller zu erwartenden Mieteinnahmen im Kalenderjahr, basierend auf vertraglich vereinbarten Kaltmieten. Unberücksichtigt bleiben dabei einmalige Sonderzahlungen, Mietausfälle sowie Betriebskostenabschläge.

Die tatsächliche Jahresrohmiete kann von der maßgeblichen, ortsüblichen Jahresrohmiete differieren, insbesondere bei Altverträgen oder Mietpreisbindungen.

Berücksichtigung von Leerstand

Für leerstehende Wohnungen wird typischerweise die Miete angesetzt, die bei ordnungsgemäßer Nutzung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen wäre. Das Bewertungsgesetz und die ImmoWertV sehen vor, dass eine Durchschnittsberechnung auf Basis vergleichbarer Objekte erfolgt.

Einfluss von Modernisierungen und Sanierungen

Modernisierungen und Sanierungen, die einen nachhaltigen Einfluss auf die Miethöhe haben, müssen bei der Festlegung der Jahresrohmiete berücksichtigt werden. Die ortsübliche Vergleichsmiete kann sich somit dynamisch anpassen, etwa bei erheblicher energetischer Sanierung oder Standardhebung.

Abgrenzung zu anderen Mietwertbegriffen

Jahresnettomiete

Im Gegensatz zur Jahresrohmiete bezeichnet die Jahresnettomiete die Summe der Jahreseinnahmen abzüglich Betriebskosten und umlagefähiger Nebenkosten.

Jahresmiete

Die Jahresmiete umfasst häufig zusätzlich zu den Kaltmieten auch bestimmte laufende oder pauschale Kosten, während die Jahresrohmiete als strikt „roher“, das heißt unverfälschter Wert verstanden wird.

Gesetzliche Quellen zur Jahresrohmiete

Wichtige gesetzliche Grundlagen der Jahresrohmiete sind:

  • Bewertungsgesetz (BewG), vor allem §§ 33 ff. und 79 BewG
  • Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV)
  • Einkommensteuergesetz (EStG), insbesondere bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
  • Gewerbesteuergesetz (GewStG)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), speziell §§ 558 ff. zu Mieterhöhungen und Mietspiegel

Zusammenfassung und Bedeutung

Die Jahresrohmiete ist ein für viele Bereiche des deutschen Rechts maßgeblicher Begriff. Sie dient insbesondere im Bewertungsrecht, im Steuerrecht sowie im Mietrecht als zentrale Bezugsgröße für die Wertbestimmung und Bemessung von Grundstücken sowie der Anpassung von Mieten. Die rechtssichere und korrekte Ermittlung der Jahresrohmiete ist sowohl für Behörden und Gerichte als auch für Eigentümer und Mieter von hoher Bedeutung, um Bewertungs-, Besteuerungs- oder mietrechtliche Verfahren ordnungsgemäß durchführen zu können.

Häufig gestellte Fragen

Wie wird die Jahresrohmiete im rechtlichen Kontext ermittelt und welche Bestandteile sind einzubeziehen?

Im rechtlichen Kontext ist die Ermittlung der Jahresrohmiete strikt an die Vorgaben des § 558 Abs. 2 BGB sowie an die dazugehörigen Verordnungen, insbesondere die Berechnungsverordnung (Berechnungsverordnung zu § 19 Abs. 2 Miethöhegesetz) und das Wohnraumförderungsgesetz, gebunden. Die Jahresrohmiete setzt sich aus der vertraglich vereinbarten Nettokaltmiete bezogen auf ein volles Jahr zusammen. Entscheidend ist, dass hierbei sämtliche regelmäßig wiederkehrenden Leistungen des Mieters an den Vermieter zu berücksichtigen sind, soweit sie nicht als Betriebskosten im Sinne der Betriebskostenverordnung (BetrKV) umlagefähig sind. Unberücksichtigt bleibt daher alles, was explizit Betriebskosten darstellt, wie etwa Heizkosten, Wasserkosten oder öffentliche Abgaben. Einmalige Sonderzahlungen, etwa eine Abstandszahlung, bleiben ebenso außen vor. Ebenfalls unberücksichtigt bleiben Vergünstigungen wie Mietnachlässe oder einmalige Zugaben, sofern sie über den gesetzlichen Rahmen hinausgehen. Anders verhält es sich mit ursprünglich gewährten Sachleistungen (z.B. Hausmeisterdienste), die nachweislich einen geldwerten Mietbestandteil darstellen und Bestandteil der jährlichen Gesamtmiete sind. Ferner ist immer auf die tatsächlichen Gegebenheiten im Zeitpunkt der Mieterhöhung (oder der geltenden rechtlichen Fragestellung) abzustellen und nicht auf mietvertragliche Nebenabreden, die gegen zwingendes Mietrecht verstoßen. Das bedeutet, dass auch Vergünstigungen, die ausdrücklich nur für einen bestimmten Zeitraum gewährt werden, im Rahmen der Ermittlung herausgerechnet werden müssen, wenn sie nicht der dauerhaften Mietgestaltung dienen.

Welche rechtliche Bedeutung hat die Jahresrohmiete bei der Berechnung der Mietpreisbremse oder bei Mieterhöhungen?

Die Jahresrohmiete hat eine zentrale Bedeutung im Rahmen mietrechtlicher Vorgaben – insbesondere für die Berechnung von zulässigen Mieterhöhungen nach § 558 BGB (Vergleichsmiete) und im Rahmen der Mietpreisbremse nach § 556d BGB. Bei einer Mieterhöhung wird die aktuelle Jahresrohmiete als Ausgangsbasis herangezogen, um zu prüfen, ob die neue geforderte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete, die durch Mietspiegel, Sachverständigengutachten oder Vergleichswohnungen zu bestimmen ist, überschreitet. Für die Mietpreisbremse ist stets die Ausgangsmiete nach Abzug der umlagefähigen Betriebskosten zu beachten; eine Überschreitung der zulässigen Obergrenze kann ansonsten zu Rückforderungsansprüchen des Mieters führen. Im Rahmen von Förderprogrammen oder sozialem Wohnbau ist die Jahresrohmiete wiederum eine ausschlaggebende Bezugsgröße für die Einhaltung mietrechtlicher Vorschriften und für Förderkonditionen. Auch bei Modernisierungen bleibt die Jahresrohmiete stichtagsbezogen relevant, um zu bestimmen, in welchem Umfang die Miete erhöht werden darf.

Welche Rolle spielt die Jahresrohmiete bei der Berechnung des Wohnwerts für steuerliche Zwecke?

Im Steuerrecht, insbesondere bei der Berechnung der sogenannten „erzielbaren Mieteinnahmen“, gilt die Jahresrohmiete als maßgeblicher Vergleichsmaßstab zur Bestimmung der Angemessenheit von Mietverhältnissen unter nahestehenden Personen (§ 21 EStG, § 9 BewG). Der Gesetzgeber verlangt bei der Ermittlung der steuerlich anzuerkennenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, dass die vereinbarte Miete mindestens 66 % der ortsüblichen Marktmiete, welche auf der Jahresrohmiete basiert, betragen muss, um den vollen Werbungskostenabzug zu ermöglichen. Dabei wird ausschließlich auf die Nettokaltmiete ohne Betriebskosten abgestellt. Übersteigen Sachleistungen oder mietvertragliche Nebenabreden das gewöhnliche Maß, so sind sie getrennt zu behandeln. Die Jahresrohmiete dient somit als Orientierungsgröße, ob ein Mietverhältnis steuerlich in vollem Umfang anerkannt werden kann.

Inwieweit sind freiwillige Zahlungen des Mieters, die nicht ausdrücklich im Mietvertrag vereinbart sind, in die Jahresrohmiete einzubeziehen?

Freiwillige Zahlungen des Mieters, wie etwa Trinkgelder an den Hausmeister oder sonstige Zuschüsse, die nicht vertraglich verpflichtend vereinbart sind, werden im rechtlichen Kontext grundsätzlich nicht zur Jahresrohmiete gerechnet. Entscheidend ist, dass die Zahlung auf einer klaren mietvertraglichen Grundlage beruht und regelmäßig sowie in vorab bestimmter Höhe an den Vermieter geleistet wird. Jegliche Zahlungen, die nicht Bestandteil der mietvertraglichen Hauptleistungspflicht sind oder auf separaten, zivilrechtlich unwirksamen Verpflichtungen beruhen, bleiben bei der Berechnung der Jahresrohmiete außen vor. Auch nachträglich, einvernehmlich vereinbarte Sonderleistungen, die freiwillig und nicht fortlaufend erbracht werden, beeinflussen die Höhe der Jahresrohmiete nicht.

Wann ist der maßgebliche Stichtag für die Ermittlung der Jahresrohmiete und wie werden laufende Veränderungen berücksichtigt?

Rechtlich relevant ist stets der Zeitpunkt der Geltendmachung eines Anspruchs, etwa der Zugang des Mieterhöhungsverlangens beim Mieter, oder ein stichtagsbezogener Bewertungszeitpunkt, wie zum Beispiel der Bewertungsstichtag beim Immobilienverkauf oder der Antragstellung auf Fördermittel. Laufende Veränderungen derselben (z.B. durch Staffelmiete oder Indexmiete) werden zum Stichtag berücksichtigt und etwaige zukünftig bereits vereinbarte Änderungen der Mietstruktur (Staffel, Index) werden nur insoweit einbezogen, als sie am Stichtag bereits rechtswirksam geworden sind. Nachträgliche Veränderungen bleiben für die Bewertung der zurückliegenden Jahresrohmiete regelmäßig unbeachtlich. Rechtlich relevant ist damit der objektive Zustand am gesetzlich vorgegebenen Stichtag.

Welche rechtlichen Folgen kann eine fehlerhafte Berechnung oder Angabe der Jahresrohmiete nach sich ziehen?

Eine fehlerhafte Angabe oder Berechnung der Jahresrohmiete kann unterschiedliche rechtliche Konsequenzen haben: Im Falle von Mieterhöhungen kann die Mieterhöhung dadurch vollständig unwirksam sein, weil die formellen Voraussetzungen gemäß § 558a BGB nicht eingehalten wurden. Im Kontext der Mietpreisbremse können Mieter die zu viel gezahlte Miete zurückverlangen und der Vermieter läuft Gefahr, Rückforderungen sowie Schadensersatz geltend machen zu müssen. Auch im Steuerrecht kann eine zu hoch oder zu niedrig angesetzte Jahresrohmiete dazu führen, dass die steuerliche Anerkennung von Werbungskosten angepasst wird oder Nachzahlungen anfallen. Im sozialen Wohnungsbau wiederum sind Rückforderungen von öffentlichen Mitteln möglich, wenn zu Unrecht Fördermittel gewährt wurden. Daher ist insbesondere aus juristischer Sicht auf eine präzise und regelkonforme Ermittlung der Jahresrohmiete zu achten.