Begriff und Grundzüge des Jagdrechts
Das Jagdrecht ist ein Teilbereich des deutschen öffentlichen Rechts und regelt die Nutzung, Ausübung und Verwaltung der Wildbestände in der freien Natur. Es umfasst die Gesamtheit der Normen, die sich auf die Hege, Bejagung, den Schutz und die Nutzung wildlebender Tiere sowie auf damit verbundene Tätigkeiten und Rechtsverhältnisse beziehen. Das Jagdrecht ist dabei in erster Linie im Bundesjagdgesetz (BJagdG) sowie in den jeweiligen Landesjagdgesetzen der Bundesländer verankert.
Begriffsbestimmung
Gemäß § 1 Absatz 1 BJagdG ist das Jagdrecht das „ausschließliche Recht, auf einem bestimmten Gebiet Wild zu hegen, zu bejagen und sich das Aneignungsrecht an dem Wild zuzueignen“, soweit nicht andere Vorschriften entgegenstehen. Der Gesetzgeber hat das Jagdrecht an den Grundbesitz gebunden – daher wird von einem „an Grund und Boden gebundenen Recht“ gesprochen. Diese Verbindung ist in § 3 BJagdG geregelt.
Quellen des Jagdrechts
Das Jagdrecht basiert vorrangig auf:
- Bundesjagdgesetz (BJagdG)
- Landesjagdgesetze (LJagdG)
- weiteren einschlägigen Vorschriften wie Naturschutzgesetz, Tierschutzgesetz, Waffengesetz und Strafgesetzbuch
Darüber hinaus spielen Durchführungsverordnungen und Verwaltungsvorschriften eine ergänzende Rolle.
Verhältnis zum Eigentumsrecht
Das Jagdrecht bildet eine öffentlich-rechtliche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums gemäß Artikel 14 Grundgesetz. Nach § 3 BJagdG steht das Jagdrecht dem jeweiligen Grundstückseigentümer zu, jedoch ist dessen Ausübung an weitere Voraussetzungen gebunden (z. B. Mindestgröße des Jagdbezirks und Zuordnung zu Jagdgenossenschaften). Die rechtliche Trennung zwischen Jagdrecht selbst und der tatsächlichen Jagdausübung ist von erheblicher Bedeutung.
Gliederung des Jagdrechts
1. Jagdrecht im subjektiven und objektiven Sinne
- Subjektives Jagdrecht: Das Recht, auf einem bestimmten Gebiet die Jagd auszuüben und sich das Aneignungsrecht am Wild zu sichern.
- Objektives Jagdrecht: Die Summe aller öffentlich-rechtlichen Vorschriften und Regelungen zur Jagdausübung und Wildhege.
2. Jagdbezirke und Jagdgenossenschaften
Eigenjagdbezirk
Ein Eigenjagdbezirk entsteht, wenn zusammenhängende Grundflächen eines Eigentümers die gesetzliche Mindestgröße erreichen (in der Regel mindestens 75 ha). Der Eigentümer ist in diesem Fall selbst jagdausübungsberechtigt und kann die Jagdausübung auf Dritte übertragen (Verpachtung).
Gemeinschaftlicher Jagdbezirk und Jagdgenossenschaft
Flächen unterhalb der festgelegten Mindestgröße werden kraft Gesetzes zu gemeinschaftlichen Jagdbezirken zusammengefasst, die in der Verwaltung einer Jagdgenossenschaft stehen. Diese ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Mitglieder die Grundstückseigentümer sind. Die Jagdgenossenschaft kann die Jagdausübung an einen Jagdpächter vergeben.
Rechte und Pflichten des Jagdausübungsberechtigten
Hegepflicht
Der Inhaber des Jagdrechts ist nach § 1 Abs. 2 BJagdG verpflichtet, die Hege zu betreiben. Ziel ist es, einen artenreichen und gesunden Wildbestand zu erhalten sowie Schäden an land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen zu verhindern.
Jagdausübungsrecht
Die praktische Ausübung der Jagd obliegt dem Jagdausübungsberechtigten, der in der Regel Inhaber eines gültigen Jagdscheins, also zur Führung von Jagdwaffen befähigt und rechtlich befugt sein muss.
Verpflichtungen zur Wildschadensverhütung
Das Jagdrecht legt dem Berechtigten verschiedene Pflichten auf, unter anderem zur Schadensverhütung – beispielsweise durch Abschussplanung (Abschussplan für Schalenwild), Maßnahmen gegen Wildschäden und zur Förderung eines ausgeglichenen Wildbestands.
Jagdschein und Zulassungsvoraussetzungen
Die tatsächliche Ausübung der Jagd setzt gemäß § 15 ff. BJagdG den Besitz eines gültigen Jagdscheins voraus. Die Erteilung ist an eine bestandene Jägerprüfung, persönliche Zuverlässigkeit sowie eine entsprechende Haftpflichtversicherung gebunden.
Jagdbare und nicht jagdbare Tierarten
Das Jagdrecht regelt, welche wildlebenden Tiere dem Schutz- und Hegeziel des Jagdrechts unterliegen („Wild“) und somit jagdbar sind. Die Einteilung der Tierarten sowie Aufstellung von Schonzeiten und Mindestabschusszahlen erfolgt durch Gesetz und Rechtsverordnung; nicht jagdbare Arten unterfallen anderen Schutzregimen wie dem Naturschutzrecht.
Eingriffe in das Jagdrecht und Eigentum
Das Jagdrecht steht unter dem Vorbehalt öffentlicher Interessen. So kann es durch behördliche Maßnahmen eingeschränkt oder entzogen werden, etwa im Rahmen von Schutzgebieten (Nationalparke, Biosphärenreservate), Bauvorhaben, Enteignung oder bei Verstößen gegen jagdrechtliche Bestimmungen. Insbesondere Eingriffe zu Zwecken des Umwelt- und Naturschutzes sowie der öffentlichen Sicherheit sind möglich.
Jagdrechtliche Besonderheiten
Jagdpacht
Das Verpachten von Jagdbezirken ist nach Maßgabe des BJagdG und der Landesbestimmungen zulässig. Hierbei ist der Umfang, die Zulassungsvoraussetzungen des Jagdpächters und die Dauer der Jagdpacht gesetzlich geregelt.
Abschussplan und Wildbewirtschaftung
Die Behörde legt für bestimmte Wildarten Abschusspläne fest, um den Wildbestand zu regulieren. Die Nichtbefolgung zieht jagdrechtliche Konsequenzen nach sich, beispielsweise Auflagen und Bußgelder.
Jagdausübungsverbot und Ruhen des Jagdrechts
Das Jagdrecht kann ruhen, etwa infolge von Entzug des Jagdscheins, aus ethischen Gründen (z. B. Verstoß gegen Tierschutz) oder kraft Gesetzes (z. B. in der Kernzone eines Naturschutzgebiets).
Jagd- und Waffenrecht
Das Jagdrecht steht in enger Wechselwirkung mit dem Waffenrecht. Der Erwerb und Besitz von Jagdwaffen ist an das Vorliegen des Jagdscheins und die waffenrechtliche Zuverlässigkeit gebunden. Entsprechende Vorschriften befinden sich im Waffengesetz.
Europarechtliche und internationale Bezüge
Das deutsche Jagdrecht wird durch europa- und völkerrechtliche Bestimmungen beeinflusst, insbesondere durch die FFH-Richtlinie (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie), die EU-Vogelschutzrichtlinie sowie internationale Artenschutzübereinkommen. Diese Bestimmungen können Einschränkungen oder Ausnahmen zu nationalen jagdrechtlichen Vorschriften begründen.
Jagdrechtliche Straf- und Ordnungswidrigkeiten
Verstöße gegen das Jagdrecht können sowohl als Straftaten (z. B. Wilderei, § 292 StGB) als auch als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. Je nach Schwere des Verstoßes drohen Bußgelder, der Entzug des Jagdscheins oder strafrechtliche Sanktionen.
Zusammenfassung
Das Jagdrecht regelt die rechtlichen Rahmenbedingungen von Hege und Bejagung wildlebender Tiere unter besonderer Berücksichtigung des Artenschutzes, der nachhaltigen Nutzung und des Interessenausgleichs zwischen Eigentümern, Jagdausübungsberechtigten und der Allgemeinheit. Es ist durch eine vielschichtige rechtliche Struktur geprägt, die öffentlich-rechtliche, privatrechtliche und strafrechtliche Normen verbindet und maßgeblich von umwelt- und naturschutzrechtlichen sowie internationalen Vorgaben beeinflusst wird.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist nach dem Jagdrecht zur Jagdausübung berechtigt?
Zur Ausübung der Jagd ist in Deutschland grundsätzlich nur derjenige berechtigt, der einen gültigen Jagdschein besitzt. Der Jagdschein ist ein amtliches Dokument, das nach erfolgreich abgelegter Jägerprüfung von der zuständigen Jagdbehörde erteilt wird. Zusätzlich muss der Jagscheininhaber entweder selbst ein eigenes Jagdausübungsrecht innehaben oder von einer dazu berechtigten Person zur Jagdausübung befugt worden sein, beispielsweise als bestätigter Jagdpächter oder als beauftragter Jagdgast mit schriftlicher Jagderlaubnis. Das Jagdausübungsrecht steht in der Regel dem Eigentümer oder Nutzungsberechtigten eines zusammenhängenden Grundbesitzes zu, der eine bestimmte Mindestgröße erreicht (Eigenjagdbezirk ab 75 Hektar, gemeinschaftlicher Jagdbezirk ab 250 Hektar), wobei für die tatsächliche Ausübung des Rechts ein Abschluss einer sogenannten Jagdhaftpflichtversicherung gesetzlich vorgeschrieben ist.
Welche gesetzlichen Regelungen gelten für die Jagdausübung in Schutzgebieten?
Die Ausübung der Jagd in Schutzgebieten unterliegt besonderen Beschränkungen, die sich aus diversen Gesetzen ergeben, darunter das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), Landesnaturschutzgesetze sowie spezielle Verordnungen zu Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebieten. Häufig ist die Jagd dort entweder vollständig untersagt oder nur stark eingeschränkt, beispielsweise durch Schonzeiten, begrenzte Waffenwahl oder Beschränkung auf bestimmte Wildarten. Die jeweiligen Schutzgebietsverordnungen enthalten oft zusätzliche Auflagen, wie etwa die Pflicht zur vorherigen Abstimmung mit der zuständigen Naturschutzbehörde oder besonderen Maßnahmen zur Vermeidung von Störungen schützenswerter Tier- und Pflanzenarten. Verstöße gegen diese Auflagen können nicht nur zu bußgeldrechtlichen, sondern auch zu strafrechtlichen Konsequenzen führen.
Welche Pflichten haben Jagdpächter im Rahmen des Jagdrechts?
Jagdpächter sind nach dem Bundesjagdgesetz und den landesrechtlichen Vorschriften verpflichtet, den ihnen anvertrauten Jagdbezirk ordnungsgemäß zu bewirtschaften. Dazu zählt insbesondere die Verpflichtung zur Hege, die eine nachhaltige Nutzung der Wildbestände sowie die Sicherung von Lebensräumen und Biodiversität vorsieht. Jagdpächter müssen Abschusspläne einhalten, Wildschäden verhindern oder ersetzen und für eine tierschutzgerechte Jagdausübung sorgen. Des Weiteren obliegt ihnen die Einhaltung gesetzlicher Schonzeiten, die Pflicht zur Anzeige erlegten Wildes in bestimmten Fällen, die Fortführung des Reviertagebuches sowie die Verantwortung für Jagdschutzmaßnahmen. Verletzungen dieser Pflichten können zu Sanktionen wie Bußgeldern, Schadensersatzansprüchen oder im Extremfall zum Entzug des Jagdpachtvertrags führen.
Welche Besonderheiten gelten für den Jagdschein auf Probe?
Der sogenannte „Jagdschein auf Probe“ („Jagdschein auf Widerruf“ oder auch „Jungjägerschein“) wird oftmals für erstmalige Inhaber nach Erwerb des Jagdscheins ausgestellt. Er gilt in der Regel ein Jahr und ist an umfangreiche Auflagen geknüpft, darunter die Verpflichtung, unter der Anleitung eines erfahrenen Jägers (Mentors) zu jagen. Ziel ist es, praktische Erfahrungen zu sammeln und die verantwortungsvolle Jagdausübung zu erlernen. Während der Probezeit werden Verstöße gegen jagdrechtliche Vorschriften besonders streng bewertet und können zur sofortigen Entziehung des Jagdscheins führen. Voraussetzung für die Erteilung ist auch in diesem Fall die erfolgreiche Jägerprüfung sowie die Jagdhaftpflichtversicherung.
Wie erfolgt die Festsetzung und Überwachung von Abschussplänen?
Abschusspläne werden auf Grundlage der jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften jährlich erstellt und von den Jagdbehörden genehmigt. Sie sehen für bestimmte Wildarten, insbesondere Schalenwild (wie Reh-, Dam-, Rotwild), Mindest- und Höchstabschusszahlen vor, deren Zielsetzung der Erhalt eines der Landeskultur und dem Bestand angepassten Wildbestandes ist. Die Festsetzung erfolgt häufig unter Berücksichtigung der Wildschadenssituation und der waldbaulichen Zielsetzungen unter Anhörung der Waldbesitzer sowie der Jagdausübungsberechtigten. Die Einhaltung der Abschusspläne überwacht die Jagdbehörde durch Auswertungen erlegten Wildes und gegebenenfalls Stichproben im Revier. Verstöße gegen die Abschussplanvorgaben können verwaltungsrechtliche Maßnahmen zur Folge haben, etwa die Entziehung des Jagdscheins oder Zwangsabschüsse.
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Wilderei und anderen Verstößen gegen jagdrechtliche Vorschriften?
Wilderei, also die illegale, nicht berechtigte Ausübung der Jagd, stellt gemäß § 292 Strafgesetzbuch (StGB) eine Straftat dar, die mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden kann. Zu den Straftaten zählen insbesondere das Jagen ohne Jagdschein, auf fremden Grundstücken ohne Erlaubnis oder außerhalb gesetzlicher Zeiten. Auch Verstöße wie das Erlegen geschützter oder nicht freigegebener Wildarten, Überschreitung gesetzlicher Abschusszahlen oder der Einsatz verbotener Jagdmethoden können straf-, ordnungswidrigkeiten- oder zivilrechtliche Folgen haben. Zusätzlich drohen die Entziehung der jagdrechtlichen Erlaubnisse, die Untersagung der Waffenerlaubnis sowie Schadensersatzforderungen von Geschädigten, beispielsweise für Wildschäden oder widerrechtlich erlegte Tiere.
Welche Regelungen bestehen zum Umgang mit Wildschäden?
Nach dem Bundesjagdgesetz sind Jagdausübungsberechtigte verpflichtet, für Wildschäden an landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Flächen innerhalb ihres Jagdbezirks einzustehen. Die Entschädigungspflicht betrifft insbesondere Schäden durch Schalenwild sowie Kaninchen und Fasane an bestimmten Kulturen. Die Höhe des Schadens wird in der Regel durch einen durch die Gemeinde eingesetzten Wildschadensschätzer festgestellt. Die Haftung trifft zunächst den jeweiligen Jagdausübungsberechtigten, wobei Jagdgenossenschaften (Eigentümergemeinschaft der Grundbesitzer des Jagdbezirks) im Rahmen der gesetzlichen Regelungen als Gesamtschuldner haften können, falls der Jagdpächter ausfällt oder der Schaden nicht vollumfänglich ersetzt wird. Gegen eine festgesetzte Entschädigung kann binnen festgesetzter Fristen Rechtsmittel, insbesondere Klage vor den ordentlichen Gerichten, erhoben werden.