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Investitionsabzugsbetrag


Investitionsabzugsbetrag – Rechtliche Grundlagen und umfassende Erläuterung

Grundlagen des Investitionsabzugsbetrags (§ 7g EStG)

Der Investitionsabzugsbetrag (IAB) ist ein steuerliches Instrument im deutschen Steuerrecht, das Unternehmen und Freiberuflern ermöglicht, bereits vor Durchführung einer geplanten Investition steuermindernde Rücklagen zu bilden. Die rechtliche Grundlage bildet § 7g Einkommensteuergesetz (EStG). Ziel des Investitionsabzugsbetrags ist die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) durch eine Vorverlagerung steuerlicher Vorteile auf den Zeitpunkt der Investitionsabsicht.

Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags

Persönliche Anspruchsberechtigung

Berechtigt zur Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags sind Steuerpflichtige, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielen. Auch Mitunternehmerschaften und bestimmte Personengesellschaften können den IAB geltend machen. Eine Zugangsberechtigung besteht zudem für Einzelunternehmer und vergleichbare Rechtsformen, sofern die steuerlich relevanten Größenklassen nicht überschritten werden.

Betriebliche Größenmerkmale

Die Inanspruchnahme ist an bestimmte betriebliche Größenmerkmale gebunden:

  • Bilanzierende Unternehmen: Der Gewinn darf maximal 200.000 Euro (seit Steuerjahr 2016) pro Betrieb im Wirtschaftsjahr betragen.
  • Einnahmen-Überschuss-Rechner (EÜR): Auch bei EÜR gilt die 200.000-Euro-Grenze.
  • Mitunternehmerschaften und Personengesellschaften: Für die Bestimmung der Schwellen gelten spezielle Zurechnungsregeln.

Funktion, Zweck und Planung der Investition

Die beabsichtigte Investition muss hinreichend bestimmt sein. Nicht ausreichend ist lediglich die allgemeine Absicht oder ein unspezifischer Investitionswunsch. Es muss erkennbar sein, zu welchem Zweck und in welchem Umfang die Investition erfolgen soll. Typischerweise handelt es sich um abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nahezu ausschließlich (mindestens 90 %) betrieblich genutzt werden sollen.

Zeitliche Anforderungen

Die geplante Investition muss spätestens bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres durchgeführt werden. Andernfalls ist der Investitionsabzugsbetrag rückgängig zu machen, was eine Nachversteuerung samt Zinsen nach sich zieht.

Höhe und Bildung des Investitionsabzugsbetrags

Abzugsfähiger Prozentsatz

Nach aktueller Gesetzesregelung kann bis zu 50 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das Wirtschaftsgut steuerlich als Investitionsabzugsbetrag gewinnmindernd abgezogen werden.

Bildung und Auflösung

Der IAB wird im Rahmen der Steuererklärung außerbilanziell gebildet und als Passivposten in einer ergänzenden Steuerbilanz oder als variable Größe beim Überschussrechner dargestellt. Die eigentliche Inanspruchnahme erfolgt im Jahr der Geltendmachung unabhängig vom Investitionszeitpunkt. Bei Realisierung der Investition wird der Betrag auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten angerechnet (Herabsetzung der AfA-Bemessungsgrundlage). Erfolgt keine Investition, ist eine Rückgängigmachung zwingend (§ 7g Abs. 3 EStG).

Weitere Begünstigungen (Sonderabschreibungen)

Neben dem Investitionsabzugsbetrag ermöglicht § 7g Abs. 5 EStG nach Durchführung der Investition zusätzlich Sonderabschreibungen in Höhe von bis zu 20 % der Kosten innerhalb der ersten fünf Wirtschaftsjahre. Damit werden steuerliche Liquiditätsvorteile und eine weitere Steuerstundung gewährt.

Steuerliche Wirkung und bilanziellen Aspekte

Ergebnisveränderung im Jahr der Bildung

Die Bildung des IAB reduziert unmittelbar den zu versteuernden Gewinn und erhöht so die Liquidität des Betriebes im Investitionsjahr. Dies erlaubt eine gezielte Steuerung der Besteuerungszeitpunkte.

Auswirkungen auf die Bilanz

In der Bilanz wird entsprechend § 5 Abs. 1 EStG der IAB außerbilanziell berücksichtigt. Eine buchmäßige Erfassung erfolgt nicht, sondern der Abzug wird lediglich im Rahmen der Steuererklärung angegeben. Bei EÜR-Methoden erfolgt eine gewinnmindernde Berücksichtigung im Rahmen der Gewinnermittlung.

Rückgängigmachung, Fehlerquellen und Nachversteuerung

Wird die begünstigte Investition nicht, nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht rechtzeitig durchgeführt, ist der IAB rückgängig zu machen. Dies führt zu einer entsprechenden Nachversteuerung und ggf. zu Zinsforderungen nach § 233a Abgabenordnung (AO). Fehlerhafte Angaben können zu zusätzlichen steuerlichen Nachteilen, Zinszahlungen und strafrechtlicher Relevanz (z.B. bei unzutreffenden Angaben) führen.

Abgrenzung zu anderen steuerlichen Förderinstrumenten

Der Investitionsabzugsbetrag unterscheidet sich wesentlich von der klassischen Rücklage nach § 6b EStG, welche ausschließlich bei bestimmten Ersatzbeschaffungen von Wirtschaftsgütern gebildet wird. Ebenso ist eine Abgrenzung zu steuerlichen Sofortabschreibungen und anderen Rücklagen im Steuerrecht zu beachten.

Rechtsfolgen bei Mitunternehmerschaften und Gesellschaften

Bei Mitunternehmerschaften wird der IAB grundsätzlich auf Ebene der Gesellschaft gebildet, aber den einzelnen Mitunternehmern entsprechend ihrer Gewinnverteilung zugerechnet. Spezialregelungen gelten, falls vorzeitige Entnahmen oder gesellschaftsrechtliche Veränderungen (Eintritt, Austritt) die Berechnung des Abzugs beeinflussen.

Aktuelle Gesetzeslage und geplante Änderungen

Seit Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2020 gelten erleichterte Voraussetzungen hinsichtlich der nachgewiesenen Nutzung und des Wahlrechts für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags. Gesetzgeberische Änderungen betreffen regelmäßig die maßgeblichen Betragsgrenzen und die Ausweitung beziehungsweise Einschränkung begünstigter Rechtskreise.

Dokumentationspflichten und Nachweiserfordernisse

Unternehmerinnen und Unternehmer sind verpflichtet, dem Finanzamt auf Nachfrage sämtliche Nachweise über die geplante oder erfolgte Investition vorzulegen. Hierzu zählen insbesondere Angebote, Bestellungen, Investitionspläne und Zahlungsbelege. Die Dokumentationspflicht bleibt bis zum vollständigen Nachweis der ordnungsgemäßen Durchführung der Investition bestehen.

Zusammenfassung und Bedeutung im Steuerrecht

Der Investitionsabzugsbetrag ist ein zentrales steuerliches Instrument zur Förderung von Investitionen kleiner und mittlerer Unternehmen im deutschen Steuerrecht. Durch diese Regelung wird Unternehmen zusätzliche Liquidität verschafft, gleichzeitig aber eine Investitionsbindung erzeugt. Aufgrund der komplexen Voraussetzungen, der strikten Fristen und der teils gravierenden Folgen bei Fehlnutzung ist eine sorgfältige Planung und Nachweisführung geboten.


Literaturhinweis:
Weitere Informationen bietet der Gesetzestext des § 7g EStG sowie einschlägige Verwaltungsanweisungen des Bundesministeriums der Finanzen (BMF). Für spezielle Besonderheiten bei der Anwendung empfiehlt sich zudem die Lektüre der jeweils aktuellen BMF-Schreiben zur steuerlichen Förderung von KMU.

Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt die Bildung und Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags aus rechtlicher Sicht?

Die Bildung des Investitionsabzugsbetrags (IAB) erfolgt gemäß § 7g Abs. 1 EStG grundsätzlich im Rahmen der Steuererklärung für das Wirtschaftsjahr, das der geplanten Investition vorangeht, durch außerbilanzielle Hinzurechnung. Die Voraussetzungen, insbesondere die künftige Investitionsabsicht und die Einhaltung der Größenmerkmale, müssen dabei glaubhaft gemacht werden, etwa durch detaillierte Investitionspläne und Nachweise zum Unternehmensstatus. Die Rückgängigmachung des IAB ist rechtsverbindlich vorgeschrieben, wenn die Investition nicht fristgemäß innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums erfolgt oder die angeschafften Wirtschaftsgüter nicht die begünstigten Voraussetzungen erfüllen (insbesondere hinsichtlich betrieblicher Nutzung und Verbleib im Betriebsvermögen). In diesem Fall ist eine außerbilanzielle Korrektur in der Steuerbilanz des Ursprungsjahres vorzunehmen, was zur Nachversteuerung und gegebenenfalls zur Festsetzung von Zinsen nach § 233a AO führt. Der Gesetzgeber verlangt eine enge Überwachung und fristgerechte Dokumentation, um dem Missbrauch durch Nicht-Investition rechtssicher vorzubeugen.

Welche Rechtspflichten bestehen bezüglich der Dokumentation des Investitionsabzugsbetrags?

Rechtlich ist die ordnungsgemäße Dokumentation des Investitionsabzugsbetrags von zentraler Bedeutung. Sie beginnt gemäß § 7g Abs. 1 und Abs. 2 EStG mit der Nachweispflicht gegenüber dem Finanzamt zum Zeitpunkt der Geltendmachung. Hierzu gehören insbesondere Darstellungen zur künftigen Investitionsabsicht, einschließlich einer eindeutigen Bezeichnung des geplanten Wirtschaftsgutes, sowie Angaben zum voraussichtlichen Investitionszeitpunkt und -ort. Nach Umsetzung der Investition muss die tatsächliche Verwendung, insbesondere die betriebliche Nutzung und der Anschaffungszeitpunkt, mit Belegen wie Rechnungen und Zahlungsnachweisen dokumentiert werden. Wird eine Investition nicht oder nur teilweise durchgeführt, muss der Steuerpflichtige dies unverzüglich dem Finanzamt anzeigen, um eine gegebenenfalls erforderliche Rückgängigmachung vorzunehmen. Die Aufbewahrungspflichten für alle relevanten Unterlagen betragen nach § 147 AO zehn Jahre.

Welche rechtlichen Folgen ergeben sich bei unrechtmäßiger Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags?

Erfolgt die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags ohne Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen, etwa weil die Investitionsabsicht nicht ernsthaft oder nachweisbar bestand, drohen erhebliche rechtliche Konsequenzen. Neben der zwingenden Nachversteuerung, die sich durch einen steuerlichen Mehrbetrag für das Ursprungsjahr und mögliche Zinszahlungen nach § 233a AO manifestiert, können auch Bußgelder und Steuerstrafverfahren sowohl nach § 370 AO (Steuerhinterziehung) als auch nach § 378 AO (leichtfertige Steuerverkürzung) eingeleitet werden. Bei tatsächlichen Falschangaben kann zudem der Vorwurf des Subventionsbetrugs (§ 264 StGB) im Raum stehen, insbesondere bei wissentlich falscher Erklärung gegenüber dem Finanzamt. Auch die Rückforderung bereits erfolgter Steuererstattungen ist rechtlich zwingend.

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags erfüllt sein?

Das Gesetz (§ 7g Abs. 1 EStG) stellt strikte rechtliche Anforderungen an die Inanspruchnahme: Der Betrieb muss die Größenmerkmale für kleine und mittlere Unternehmen erfüllen (Betriebsvermögen ≤ 235.000 Euro bei Bilanzierenden, Gewinn ≤ 100.000 Euro bei Einnahmenüberschussrechnung, Umsatz ≤ 800.000 Euro bei bestimmten betrieblichen Formen). Die geplanten Wirtschaftsgüter müssen abnutzbar und beweglich sowie ausschließlich nahezu im Betrieb eingesetzt werden (§ 7g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Weitere Voraussetzung ist eine glaubhafte Investitionsabsicht, die sich auf die künftige Anschaffung oder Herstellung innerhalb des nächsten dreijährigen Zeitraums bezieht. Kümmert sich der Steuerpflichtige nicht eigenständig um die Angaben, wird ein Investitionsabzugsbetrag rechtlich versagt.

Wie erfolgt die rechtliche Behandlung bei Übertragung oder Veräußerung des Betriebs oder Mitunternehmeranteils nach Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags?

Erfolgt nach Inanspruchnahme des IAB eine Übertragung oder Veräußerung des gesamten Betriebs beziehungsweise des Mitunternehmeranteils, ist nach § 7g Abs. 7 EStG eine nachträgliche Korrektur des Abzugs erforderlich, wenn die Investition nicht rechtzeitig im Rahmen des übergebenen Betriebs oder durch den Rechtsnachfolger durchgeführt wird. Wird der Betrieb unentgeltlich übertragen (z.B. im Wege der vorweggenommenen Erbfolge), besteht für den Rechtsnachfolger grundsätzlich die Möglichkeit, in die Verpflichtungen zur Investitionsdurchführung einzutreten; dies bedarf allerdings einer klaren vertraglichen Regelung und Dokumentation, die dem Finanzamt offengelegt werden muss. Im Falle der Veräußerung ohne entsprechende Nachfolgeregelung sind die im Abzugsjahr gewährten Steuervorteile durch eine rückwirkende Erhöhung des Gewinns steuerlich zu neutralisieren.

Welche rechtlichen Besonderheiten gelten bei einer Änderung oder Erweiterung des Investitionsvorhabens nach beantragtem Investitionsabzugsbetrag?

Sofern sich nach Geltendmachung des IAB das Investitionsvorhaben ändert, muss das neue Wirtschaftsgut weiterhin den gesetzlichen Anforderungen des § 7g EStG entsprechen. Eine Änderung ist zulässig, solange das angeschaffte Wirtschaftsgut funktional vergleichbar und betrieblich nutzbar ist. Der Umfang und die Art der Anpassung sind dem Finanzamt frühestmöglich offenzulegen und zu begründen. Wird die Investition auf ein völlig anderes Wirtschaftsgut umgeleitet, das den Begünstigungsvoraussetzungen nicht entspricht, kann der Abzugsbetrag nur mit Korrektur und Nachversteuerung bestehen bleiben. Ferner ist bei erheblich abweichenden Anschaffungskosten eine proportionale Anpassung oder teilweiser Rückgängigmachung rechtlich geboten.

Welche Fristen sind aus rechtlicher Sicht zu beachten, um den Investitionsabzugsbetrag wirksam zu nutzen?

Die maßgebliche Frist gemäß § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG beträgt drei Jahre ab Ende des Wirtschaftsjahres, in dem der Abzugsbetrag gebildet wurde. Erfolgt die tatsächliche Investition nicht innerhalb dieses Dreijahreszeitraums, etwa weil sich das Vorhaben verzögert oder nicht konkretisiert, ist der Abzugsbetrag zwingend rückgängig zu machen und steuerlich zu korrigieren. Eine Fristverlängerung ist rechtlich nicht möglich. Besonderheiten gelten für Betriebsveräußerungen oder -aufgaben: Hier fällt der Vorteil sofort weg, falls die Investition noch nicht durchgeführt wurde, außer der Nachfolger schließt sich vertraglich und steuerlich zur Durchführung der Investition an. Ein Verstoß gegen die Fristen führt nicht nur zur Nachversteuerung, sondern regelmäßig auch zu einer Verzinsung der Steuernachforderung gemäß § 233a AO.