Interventionsklage: Begriff, Bedeutung und Einordnung
Die Interventionsklage bezeichnet eine Klage eines unbeteiligten Dritten, der geltend macht, dass ein laufendes Gerichtsverfahren oder eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme seine eigenen Rechte beeinträchtigt. Ziel ist es, die eigenen Rechte gerichtlich feststellen und gegenüber den bereits Beteiligten durchsetzen zu lassen. Der Begriff ist in der deutschsprachigen Rechtswelt nicht einheitlich verwendet: Je nach Rechtsordnung und Verfahrenssituation kann damit insbesondere die Anfechtung von Vollstreckungsmaßnahmen durch Dritte oder der eigenständige Eintritt eines Dritten in einen bestehenden Rechtsstreit gemeint sein.
Wesenskern
Im Mittelpunkt steht stets, dass eine Person, die bislang nicht Partei des Hauptverfahrens ist, eine eigene, vom Ausgang des Verfahrens oder einer Vollstreckung betroffene Rechtsposition behauptet. Die Interventionsklage dient dazu, diese Position vollständig und unabhängig prüfen zu lassen, statt lediglich mittelbar vom Ausgang fremder Verfahren abhängig zu sein.
Abgrenzung und Terminologie
Interventionsklage im Überblick
Der Ausdruck „Interventionsklage“ wird in der Praxis unterschiedlich verwendet. Üblich sind zwei Erscheinungsformen:
- Intervention in der Zwangsvollstreckung: Ein Dritter klagt gegen Vollstreckungsmaßnahmen, weil der betroffene Gegenstand oder ein Recht hieran seiner Ansicht nach ihm zusteht. In Deutschland ist dafür der geläufige Begriff „Drittwiderspruchsklage“, in Österreich „Exszindierungsklage“; in der Schweiz wird ebenfalls von einer Interventionsklage gesprochen.
- Intervention im Erkenntnisverfahren: Ein Dritter erhebt eine eigene Klage, um in einem bereits schwebenden Rechtsstreit sein vorrangiges Recht an der Streitmaterie feststellen zu lassen. In manchen Rechtsordnungen wird dies als Hauptintervention bezeichnet.
Abgrenzung zur Nebenintervention
Die Nebenintervention ist kein eigener Klageweg, sondern der Beitritt eines Dritten zur Unterstützung einer bestehenden Partei. Der Nebenintervenient macht keine eigenen Ansprüche geltend, sondern unterstützt prozessual. Die Interventionsklage dagegen ist eine eigenständige Klage des Dritten mit dem Ziel, sein eigenes Recht feststellen zu lassen.
Typische Anwendungsfelder
Zwangsvollstreckung in fremdes Eigentum
Wird ein Gegenstand gepfändet, obwohl ein Dritter behauptet, Eigentümer oder Inhaber eines stärkeren Rechts zu sein, kann dieser Dritte mit einer Interventionsklage die Aufhebung oder Einschränkung der Vollstreckung anstreben. Das Gericht klärt dann, wem der Gegenstand oder das betreffende Recht tatsächlich zusteht.
Streit um die bessere Berechtigung in laufenden Verfahren
Erheben zwei Parteien Ansprüche über einen Gegenstand oder ein Recht, kann ein Dritter, der eine noch bessere Berechtigung geltend macht, eine Interventionsklage erheben, um die eigene Rechtsposition gegenüber beiden Parteien klären zu lassen. So wird vermieden, dass eine fremde Entscheidung indirekt zu Lasten des Dritten wirkt.
Beteiligte und Prozessstellung
Wer kann klagen?
Klageberechtigt ist derjenige, der ein eigenes, durch das fremde Verfahren oder die Vollstreckung unmittelbar berührtes Recht plausibel macht. Es handelt sich um eine Person, die bisher nicht Partei des Hauptverfahrens war.
Gegner der Klage
Gegner kann – je nach Konstellation – diejenige Partei sein, die aus einem Titel vollstreckt, oder die Parteien des Hauptverfahrens, deren Rechtsposition der Dritte in Frage stellt.
Voraussetzungen und Ablauf
Typische Voraussetzungen
- Eigene Rechtsposition: Der Dritte muss ein eigenes, schutzwürdiges Recht darlegen, etwa Eigentum, Pfandrechte, Nießbrauch, Lizenzrechte oder andere dingliche und schuldrechtliche Positionen.
- Betroffenheit: Das fremde Verfahren oder eine Vollstreckungsmaßnahme muss dieses Recht konkret beeinträchtigen oder zu beeinträchtigen drohen.
- Klagebefugnis und Rechtsschutzbedürfnis: Es bedarf eines eigenständigen Rechtsschutzinteresses an der gerichtlichen Klärung.
Beweislast
Der klagende Dritte trägt grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen der eigenen Berechtigung. In der Praxis kommen dafür Urkunden, Verträge, Registerauszüge, Besitz- und Übergabebelege oder Zeugenaussagen in Betracht.
Zuständigkeit und Verfahrensgang
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit richtet sich nach der Art der Interventionsklage und dem Streitgegenstand. In Vollstreckungssachen ist regelmäßig das Gericht zuständig, das über die Vollstreckung wacht; bei Interventionen in laufenden Erkenntnisverfahren ist das Gericht zuständig, das über den Hauptstreit entscheidet. Der Verfahrensgang entspricht im Grundsatz einem normalen Zivilprozess mit Klage, Erwiderung, Beweisaufnahme und Entscheidung.
Rechtsfolgen der Entscheidung
Bei Erfolg der Klage
- In der Vollstreckung: Aufhebung oder Beschränkung der Vollstreckungsmaßnahme in Bezug auf das Recht des Dritten; Anerkennung seiner besseren Berechtigung.
- Im Erkenntnisverfahren: Feststellung oder Zuerkennung des vom Dritten beanspruchten Rechts gegenüber den Prozessparteien, ggf. mit Auswirkung auf den Ausgang des Hauptverfahrens.
Bei Abweisung der Klage
Die angegriffene Vollstreckung kann fortgesetzt werden, beziehungsweise der Dritte muss die Rechtsposition der Parteien des Hauptverfahrens hinnehmen. Kostenfolgen treffen in der Regel die unterliegende Partei.
Kosten und Risiken
Die Interventionsklage ist mit Gerichts- und gegebenenfalls Vertretungskosten verbunden. Üblich sind kostentragungsrechtliche Regelungen, nach denen die unterliegende Partei die Kosten zu tragen hat. Zudem bestehen prozessuale Risiken, etwa Beweisprobleme, die Bindung an rechtskräftige Entscheidungen und mögliche nachteilige Kostenentscheidungen.
Verhältnis zu anderen Rechtsbehelfen
Nebenintervention
Die Nebenintervention ist eine bloße Unterstützung einer der Parteien ohne eigene Klage. Sie dient der prozessualen Einflussnahme, nicht der eigenständigen Anspruchsdurchsetzung.
Rechtsbehelfe im Vollstreckungsverfahren
Neben der Interventionsklage existieren verfahrensspezifische Rechtsbehelfe, die sich gegen Art und Weise der Vollstreckung richten. Die Interventionsklage zielt dagegen auf die Klärung der Berechtigung an der Sache oder dem Recht selbst.
Besonderheiten in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Deutschland
Im Bereich der Zwangsvollstreckung ist die Interventionsklage in der Praxis unter dem Begriff „Drittwiderspruchsklage“ bekannt. Bei laufenden Erkenntnisverfahren wird die eigenständige Klage eines Dritten zur Geltendmachung eines besseren Rechts teils als Hauptintervention beschrieben. Die Nebenintervention ist als bloßer Beitritt ohne eigene Klage möglich.
Österreich
Die Anfechtung einer Vollstreckung durch einen Dritten zur Geltendmachung eigenen Rechts ist als „Exszindierungsklage“ geläufig und wird häufig als Interventionsklage bezeichnet. Auch hier existieren Beitrittsmöglichkeiten zu laufenden Verfahren.
Schweiz
Die Interventionsklage ist als eigenständige Klageform etabliert. In Vollstreckungs- und Konkurskonstellationen tritt sie als Drittansprache oder Drittwiderspruch auf; daneben kann ein Dritter seine bessere Berechtigung im laufenden Verfahren eigenständig geltend machen.
Beispiele aus der Praxis
- Ein Fahrzeug wird bei A gepfändet. B behauptet, Eigentümer zu sein, weil er es zuvor erworben und bezahlt hat. B erhebt Interventionsklage, damit die Pfändung in sein Eigentum aufgehoben wird.
- Ein Kunstwerk ist Gegenstand eines Rechtsstreits zwischen Verkäufer und Käufer. Eine Stiftung macht eine vorrangige Eigentumsposition geltend und erhebt Interventionsklage, um ihre Berechtigung feststellen zu lassen.
- Ein Lizenznehmer setzt Ansprüche wegen einer Marke durch. Ein Dritter beansprucht ältere Rechte und klagt, um seine Vorrangstellung feststellen zu lassen und Eingriffe in seine Rechtsposition zu verhindern.
Häufige Missverständnisse
- Die Interventionsklage ist nicht bloß ein Schriftsatz im fremden Prozess, sondern ein eigener Rechtsstreit des Dritten.
- Die Nebenintervention ersetzt nicht die Interventionsklage, wenn eigene Rechte festgestellt werden sollen.
- Die bloße wirtschaftliche Betroffenheit genügt nicht; erforderlich ist eine eigene rechtliche Berechtigung.
- Es können Fristen und besondere Zuständigkeitsregeln gelten, die je nach Konstellation unterschiedlich sind.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist eine Interventionsklage?
Die Interventionsklage ist die eigenständige Klage eines Dritten, der durch ein fremdes Gerichtsverfahren oder eine Vollstreckung in eigenen Rechten betroffen ist und diese Rechte gerichtlich feststellen oder schützen lassen möchte.
Worin unterscheidet sich die Interventionsklage von der Nebenintervention?
Bei der Interventionsklage macht der Dritte eigene Ansprüche geltend und führt einen eigenen Prozess. Die Nebenintervention ist lediglich der Beitritt zur Unterstützung einer bestehenden Partei ohne eigene Anspruchsdurchsetzung.
Wann kommt die Interventionsklage in der Zwangsvollstreckung in Betracht?
Sie kommt in Betracht, wenn ein Dritter behauptet, an einem gepfändeten Gegenstand oder Recht besser berechtigt zu sein als der Schuldner, sodass die Vollstreckung seine Rechtsposition unzulässig beeinträchtigt.
Wer trägt die Beweislast in der Interventionsklage?
Grundsätzlich trägt der klagende Dritte die Beweislast dafür, dass ihm die behauptete Berechtigung zusteht und dass die fremde Maßnahme oder das Verfahren sein Recht berührt.
Welche Kostenrisiken bestehen bei einer Interventionsklage?
Es fallen Gerichts- und gegebenenfalls Vertretungskosten an. Üblicherweise trägt die unterliegende Partei die Kosten; das konkrete Kostenrisiko hängt vom Streitwert und vom Verfahrensverlauf ab.
Kann eine Interventionsklage ein laufendes Verfahren beeinflussen oder aussetzen?
Die Entscheidung über eine Interventionsklage kann den Ausgang eines Hauptverfahrens oder einer Vollstreckung beeinflussen. Ob Verfahren ausgesetzt werden, richtet sich nach den jeweiligen Verfahrensregeln und der Bedeutung der Vorfrage.
Gibt es Unterschiede zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz?
Ja. In Deutschland ist in der Vollstreckung die Bezeichnung „Drittwiderspruchsklage“ gebräuchlich, in Österreich „Exszindierungsklage“, während in der Schweiz die Interventionsklage als Begriff weiter verbreitet ist. Inhaltlich geht es jeweils um den gerichtlichen Schutz der eigenen, besseren Berechtigung.