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Internet-Apotheken


Begriff und rechtliche Einordnung von Internet-Apotheken

Eine Internet-Apotheke ist eine Apotheke, die Arzneimittel und weitere apothekenübliche Waren über das Internet anbietet und vertreibt. Im Vergleich zu herkömmlichen Präsenzapotheken zeichnet sich die Internet-Apotheke durch die Digitalisierung des gesamten Bestellvorgangs bis hin zum Versand der bestellten Medikamente aus. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Betrieb und die Zulässigkeit von Internet-Apotheken sind in Deutschland aufgrund des Schutzes der öffentlichen Gesundheit besonders stringent geregelt.


Zulassungsvoraussetzungen und Apothekenrecht

Voraussetzungen für den Betrieb einer Internet-Apotheke

Voraussetzung für die Eröffnung und den Betrieb einer Internet-Apotheke ist eine gültige Apothekenbetriebserlaubnis (§ 2 Apothekengesetz – ApoG). Nur staatlich konzessionierte Apotheken dürfen den Versandhandel mit Arzneimitteln betreiben. Reine Versandapotheken ohne Präsenzapotheke sind in Deutschland nicht zulässig, d. h., eine Internet-Apotheke muss immer mit einer niedergelassenen Apotheke verbunden sein.

Deutsche Erlaubnis und Versandhandelserlaubnis

Jede Internet-Apotheke mit Sitz in Deutschland benötigt zusätzlich zur Apothekenbetriebserlaubnis eine besondere Versandhandelserlaubnis nach § 11a Apothekengesetz. Diese Erlaubnis wird von den zuständigen Landesbehörden nach Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen ausgestellt. Zu den Voraussetzungen zählen u.a. qualifiziertes pharmazeutisches Personal, geeignete Lagerungsbedingungen, sowie die Einhaltung von Sicherheits- und Datenschutzstandards.

Ausländische Versandapotheken

Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, 19.10.2016, C-148/15 „DocMorris“) dürfen auch aus dem EU-Ausland heraus betriebene Internet-Apotheken Arzneimittel nach Deutschland versenden, sofern sie in ihrem Heimatstaat hierzu befugt sind und die dortigen gesetzlichen Anforderungen dem deutschen Recht vergleichbar sind.


Gesetzliche Grundlage für den Versandhandel

Apothekengesetz (ApoG)

Im Apothekengesetz (§ 11a ApoG) sind die grundlegenden rechtlichen Anforderungen für den Versandhandel mit Arzneimitteln geregelt. Hierunter fallen insbesondere Vorschriften zur Zulässigkeit, zu den Versandbedingungen sowie zur Aufsicht durch die Behörde.

Arzneimittelgesetz (AMG)

Das Arzneimittelgesetz enthält Vorschriften zur Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit zu importierender und gelagerter Arzneimittel, auch im Rahmen des Versandhandels.

Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO)

Die Apothekenbetriebsordnung konkretisiert die Organisation des Versandhandels (§ 17 Abs. 2a ff. ApBetrO) und sieht detaillierte Vorschriften zur Abwicklung, Dokumentation und Notfallvorsorge vor.


Versandfähige Arzneimittel und Einschränkungen

Freiverkäufliche und verschreibungspflichtige Arzneimittel

Internet-Apotheken dürfen grundsätzlich sowohl apothekenpflichtige als auch verschreibungspflichtige Arzneimittel im Versandhandel anbieten. Der Versand verschreibungspflichtiger Medikamente ist allerdings nur gegen Vorlage eines gültigen Rezepts zulässig. Hierfür bestehen spezielle gesetzliche Vorkehrungen, wie die Prüfung des Rezepts und die Plausibilitätskontrolle durch das pharmazeutische Personal.

Verbot des Versandhandels für bestimmte Arzneimittel

Der Versandhandel mit Betäubungsmitteln sowie bestimmten kühlpflichtigen und individuell anzufertigenden Arzneimitteln ist gesetzlich untersagt (§ 17 Abs. 2 Apothekenbetriebsordnung).


Informationspflichten und Beratung

Pflicht zur Beratung und Information

Internet-Apotheken sind verpflichtet, die Kundschaft umfassend über das bestellte Arzneimittel zu beraten. Gemäß § 20 ApBetrO gilt eine umfassende Beratungspflicht auch im Versandhandel. Diese Beratung kann telefonisch, schriftlich oder elektronisch erfolgen. Die Apotheke muss sicherstellen, dass pharmazeutisches Personal erreichbar ist, um zur Medikation, Anwendung, Lagerung und zu möglichen Wechselwirkungen Auskunft zu geben.

Informationspflichten nach dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) und Telemediengesetz (TMG)

Weiter regelt das Heilmittelwerbegesetz (HWG) die werblichen Inhalte auf Apotheken-Websites. Das Telemediengesetz (TMG) stellt Transparenzanforderungen hinsichtlich Impressumspflicht und dem Umgang mit Nutzerdaten auf.


Datenschutz und Datensicherheit

Der Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten unterliegt sowohl der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) als auch besonderen Anforderungen des Apothekenrechts. Die Verarbeitung, Speicherung und Übertragung von Patientendaten müssen durch technische und organisatorische Maßnahmen geschützt werden. Jede Internet-Apotheke ist verpflichtet, Kundendaten ausschließlich zur Auftragsabwicklung zu nutzen und unterliegt der Verschwiegenheitspflicht.


Preisbindung und Wettbewerbsrecht

Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel

Deutsche Apotheken unterliegen gemäß § 78 Arzneimittelgesetz einer strikten Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel. Für Arzneimittel aus EU-Ausland (z. B. niederländische Internet-Apotheken) gilt diese Bindung nach dem EuGH-Urteil von 2016 im grenzüberschreitenden Versandhandel nicht, was zu Wettbewerbsunterschieden führt.

Lauterkeitsrecht und Werbebeschränkungen

Internet-Apotheken unterfallen dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und den Vorgaben des HWG. Dadurch werden unfaire Wettbewerbshandlungen sowie irreführende oder unerlaubte Gesundheitsversprechen sanktioniert.


Aufsicht und Sanktionen

Überwachungspflichten

Die Überwachung von Internet-Apotheken erfolgt durch die zuständigen Aufsichtsbehörden der Länder. Diese Prüfungen betreffen sowohl die Einhaltung der Versandhandels- und Beratungsvorschriften als auch die korrekte Lagerung und den Versand.

Sanktionen

Bei Verstößen gegen Vorschriften des Apotheken- oder Arzneimittelrechts können Bußgelder verhängt, die Versandhandelserlaubnis entzogen oder strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet werden. Auch zivilrechtliche Ansprüche, etwa bei fehlerhafter Arzneimittelabgabe, sind möglich.


Verbraucherschutz und Widerrufsrecht

Widerrufsrecht

Aufgrund der besonderen Natur und der gesetzlichen Regelungen sind Arzneimittel vom gesetzlichen Widerrufsrecht ausgenommen (§ 312g Abs. 2 Nr. 2 BGB). Dies dient dem Schutz der Arzneimittelsicherheit.

Qualitätssicherung

Internet-Apotheken sind zur kontinuierlichen Qualitätssicherung verpflichtet; regelmäßige Kontrollen und Audits sind vorgeschrieben, unter anderem, um die Nachverfolgbarkeit von Arzneimittellieferungen zu gewährleisten.


Internationale Entwicklungen

EU-Regelungen und Kennzeichnungsanforderungen

Seit 2015 gibt es auf EU-Ebene ein einheitliches Logo für den Versandhandel mit Arzneimitteln, das auf den Internetpräsenzen verpflichtend geführt werden muss (Durchführungsverordnung EU Nr. 699/2014). Dieses Logo garantiert, dass es sich um eine zugelassene Versandapotheke handelt.


Zusammenfassung

Internet-Apotheken sind an eine Vielzahl rechtlicher Vorgaben gebunden, die sowohl dem Schutz der Patientensicherheit als auch fairen Marktbedingungen dienen. Das Zusammenspiel aus Apothekengesetz, Arzneimittelgesetz, Apothekenbetriebsordnung, HWG, TMG und DSGVO schafft ein umfassendes Regelwerk zur Sicherstellung von Qualität, Sicherheit, Transparenz und Datenschutz im Versandhandel mit Arzneimitteln. Die kontinuierliche Anpassung an europäische und nationale Entwicklungen prägt den Rechtsrahmen fortlaufend.

Häufig gestellte Fragen

Ist der Versand von verschreibungspflichtigen Medikamenten durch Internet-Apotheken in Deutschland erlaubt?

Der Versand von verschreibungspflichtigen Medikamenten durch Internet-Apotheken ist in Deutschland grundsätzlich erlaubt, unterliegt jedoch strengen gesetzlichen Vorgaben. Versandapotheken benötigen eine behördliche Erlaubnis gemäß § 11a Apothekengesetz (ApoG) und müssen im Versandapothekenregister des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) eingetragen sein. Zudem müssen sie über eine Präsenzapotheke mit eigener Betriebsstätte in Deutschland verfügen. Der Versand darf ausschließlich durch die Apotheke selbst und nicht über Drittanbieter erfolgen. Rezepte müssen im Original vorliegen oder als e-Rezept rechtssicher übermittelt werden; die Abgabe ohne gültige ärztliche Verschreibung ist strafbar (§ 48 Arzneimittelgesetz). Weiterhin unterliegen Internet-Apotheken der Kontrolle der zuständigen Aufsichtsbehörden, etwa bezüglich Lagerung, Beratungspflichten sowie Datenschutz. Ein Versand ins Ausland ist nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, zum Beispiel bei Vorliegen einer entsprechenden Versandhandelserlaubnis aus einem anderen EU-Mitgliedstaat und Erfüllung der Bestimmungen der Arzneimittelverschreibungsverordnung.

Welche Informations- und Beratungspflichten haben Internet-Apotheken gegenüber ihren Kunden?

Internet-Apotheken sind verpflichtet, Kunden umfassend zu informieren und zu beraten, wie dies auch in einer Vor-Ort-Apotheke erfolgt (§ 17 Apothekenbetriebsordnung). Sie müssen auf ihrer Webseite transparent Angaben zur Betriebsstätte, verantwortlichen Personen sowie zur Kontaktaufnahme machen. Vor Abgabe eines Arzneimittels – insbesondere bei rezeptpflichtigen Medikamenten – muss eine pharmazeutische Beratung angeboten werden, wobei der Kunde explizit auf diese Möglichkeit hingewiesen werden muss. Die Beratung erfolgt in der Regel telefonisch, per E-Mail oder über einen gesicherten Chatdienst. Kunden sind über Anwendungsrisiken, Dosierung, Wechselwirkungen und Nebenwirkungen zu informieren. Hinweise auf Selbstmedikation, Gebrauch von Medikamenten außerhalb der Zulassung (Off-Label-Use) oder Kontraindikationen sind ebenfalls relevant. Die Beratungspflicht entfällt nur wenn der Kunde ausdrücklich widerspricht, was jedoch dokumentiert werden muss.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten hinsichtlich Datenschutz und Datensicherheit bei Internet-Apotheken?

Internet-Apotheken unterliegen strengen Datenschutzvorgaben nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Insbesondere die Verarbeitung sensibler Gesundheitsdaten erfordert ein hohes Schutzniveau. Personendaten, Rezeptdaten und etwaige Medikationsprofile dürfen nur zweckgebunden und nach Einwilligung der Kunden verarbeitet werden. Die Apotheke muss technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz vor unbefugtem Zugriff, Missbrauch oder Verlust der Daten nachweisen. Dazu gehören verschlüsselte Übertragung (z. B. SSL/TLS-Verschlüsselung), Zugangsbeschränkungen und regelmäßige Sicherheitsaudits. Zudem muss eine ausführliche Datenschutzerklärung abrufbar sein, in der Art, Umfang und Zwecke der Datenverarbeitung detailliert aufgelistet sind, einschließlich der Rechte der Nutzer (Auskunft, Berichtigung, Löschung, Widerspruch).

Welche Vorgaben gelten für die Werbung von Internet-Apotheken?

Die Werbung für Internet-Apotheken ist durch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelt. Werbung für nicht apothekenpflichtige Arzneimittel ist erlaubt, darf jedoch nicht irreführend sein oder unlautere Methoden verwenden, wie beispielsweise ungesicherte Heilsversprechen. Für verschreibungspflichtige Medikamente ist Werbung gegenüber der breiten Öffentlichkeit grundsätzlich verboten (§ 10 HWG). Preiswerbung ist bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln nicht zulässig, da diese der Preisbindung unterliegen; bei rezeptfreien Arzneimitteln dagegen erlaubt, solange die Werbung nicht irreführend ist. Zugaben, Rabatte oder Prämienaktionen unterliegen ebenfalls gesetzlichen Beschränkungen. Internet-Apotheken müssen zudem Hinweise zu Risiken und Nebenwirkungen nach geltenden Vorschriften in der Werbung aufführen.

Welche Besonderheiten bestehen beim Umgang mit Betäubungsmitteln im Online-Versand?

Der Versand von Betäubungsmitteln über Internet-Apotheken ist in Deutschland weitgehend ausgeschlossen. Nach § 4 Abs. 2 und 3 Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) dürfen Betäubungsmittel grundsätzlich nur im lokalen Apothekenbetrieb abgegeben werden. Ausnahmen sind sehr restriktiv geregelt und betreffen beispielsweise die Belieferung von Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen. Ein Versand an Privatpersonen im Rahmen des Onlinehandels ist jedoch untersagt. Die Verschreibung und der rechtssichere Umgang mit Betäubungsmitteln unterliegen besonders strengen Dokumentationspflichten und sind engmaschig behördlich überwacht.

Welche Regelungen gelten für den Versandhandel von Arzneimitteln innerhalb der Europäischen Union?

Der grenzüberschreitende Versandhandel ist innerhalb der EU zulässig, wenn die versendende Apotheke über eine Versandhandelserlaubnis aus ihrem Herkunftsland verfügt und dort den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Deutsche Kunden können sowohl innerhalb Deutschlands als auch aus dem europäischen Ausland Ware beziehen, sofern die Internet-Apotheke im Versandapothekenregister gelistet ist. Es gilt jedoch das deutsche Arzneimittelgesetz (AMG), sofern das Arzneimittel nach Deutschland geliefert wird. Für verschreibungspflichtige Medikamente gelten die deutschen Vorschriften zu Rezepten und Preisbindung. Einfuhren nicht zugelassener Arzneimittel sind grundsätzlich verboten. Kontrollen erfolgen sowohl durch nationale Aufsichtsbehörden als auch durch europäische Netzwerke wie das Netzwerk für die Überwachung des Arzneimittelhandels.

Welche rechtlichen Risiken bestehen beim Erwerb von Arzneimitteln bei nicht zugelassenen Internet-Apotheken?

Der Erwerb von Arzneimitteln bei nicht zugelassenen oder illegalen Internet-Apotheken birgt erhebliche rechtliche Risiken. Kunden, die wissentlich bei nicht registrierten Anbietern bestellen, handeln unter Umständen selbst ordnungswidrig oder sogar strafbar (§ 96 AMG). Zudem laufen sie Gefahr, gefälschte oder nicht zugelassene Arzneimittel zu erhalten, was erhebliche Gesundheitsgefahren und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Die Rechtslage sieht vor, dass ausschließlich Apotheken mit behördlicher Erlaubnis und Eintrag im Versandapothekenregister Medikamente an Endverbraucher versenden dürfen. Die Bundesbehörden warnen regelmäßig vor dem Bezug von Arzneimitteln aus unseriösen Onlinequellen und kooperieren international zur Bekämpfung illegaler Angebote.