Legal Lexikon

Interimsschein


Begriff und Definition des Interimsscheins

Der Interimsschein ist ein im Wertpapier- und Gesellschaftsrecht verankertes Wertpapier, das dem Inhaber vor der eigentlichen Ausgabe von endgültigen Aktien, Schuldverschreibungen oder anderen Wertpapieren einen provisorischen rechtlichen Anspruch auf Begründung des zukünftigen Mitgliedschafts- oder Forderungsrechts verbrieft. Der Interimsschein dokumentiert, dass der Inhaber im Besitz eines bestimmten Anteils an einer Gesellschaft ist oder eine bestimmte Forderung gegen einen Emittenten hat, obwohl die endgültigen Wertpapiere (z. B. Aktienurkunden oder Schuldverschreibungen) noch nicht ausgestellt wurden.

Interimsscheine dienen insbesondere dazu, einen rechtswirksamen Nachweis der Beteiligung oder Forderung übergangsweise sicherzustellen, wenn die technischen, organisatorischen oder rechtlichen Voraussetzungen zur Ausgabe der endgültigen Wertpapiere noch nicht vorliegen.


Rechtsgrundlagen des Interimsscheins

Gesellschaftsrechtliche Verankerung

Im deutschen Gesellschaftsrecht ist der Interimsschein insbesondere im Zusammenhang mit Aktiengesellschaften geregelt. Die maßgeblichen Vorschriften finden sich in den §§ 9 und 10 Aktiengesetz (AktG):

  • § 10 Abs. 2 AktG sieht vor, dass solange keine Aktienurkunden ausgestellt wurden, ein Interimsschein ausgegeben werden kann.
  • Der Interimsschein bestätigt die Zeichnung und den Erwerb der Aktie(n) sowie die Erfüllung der Einzahlungspflichten, macht also einen bereits erworbenen Anspruch auf Übertragung der späteren Aktienurkunde nachweisbar.

Inhalt und Struktur des Interimsscheins

Ein Interimsschein enthält grundsätzlich folgende Angaben:

  • Name der Gesellschaft und Sitz,
  • Nennbetrag bzw. Stückzahl der vorläufig repräsentierten Wertpapiere,
  • Name des Inhabers, sofern es sich nicht um ein Inhaberpapier handelt,
  • Angabe über die Einzahlung der Einlage (bei Aktien),
  • Hinweis, dass der Schein lediglich vorläufig ist und mit Ausgabe der endgültigen Urkunde einzulösen ist.

Interimsscheine können als Einzelurkunden oder als Sammelurkunden ausgegeben werden.


Funktionen und Bedeutung des Interimsscheins

Nachweis- und Legitimationsfunktion

Im Zeitraum zwischen Einzahlung des gezeichneten Kapitals und Ausstellung der endgültigen Wertpapiere dient der Interimsschein als Beweis für den Anteilserwerb und legitimiert zur Ausübung gesellschaftsrechtlicher Rechte (z. B. Teilnahme an der Hauptversammlung und Stimmrechtsausübung), soweit diese nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung vorgesehen sind.

Verkehrsfähigkeit und Übertragbarkeit

Ob und in welcher Weise Interimsscheine übertragbar sind, richtet sich nach ihrer Ausgestaltung. Inhaber-Interimsscheine können grundsätzlich formlos übertragen werden, Namens- oder Order-Interimsscheine durch Indossament bzw. Umschreibung. Einschränkungen können sich aus der Satzung der betreffenden Gesellschaft oder gesetzlicher Regelungen ergeben.

Bedeutung im Emissionsprozess

Der Interimsschein hat einen besonderen Stellenwert im Emissionsablauf von Wertpapieren. Er ermöglicht es, bereits vor Fertigstellung und Auslieferung der endgültigen Urkunden eine rechtlich gesicherte Position nach außen zu dokumentieren. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn die Herstellung und Zustellung der endgültigen Wertpapiere aus technischen oder administrativen Gründen verzögert wird.


Rechtliche Einordnung und Abgrenzung

Unterschied zum vorläufigen Aktienzertifikat und zu anderen Wertpapieren

Der Interimsschein ist zu unterscheiden von anderen vorläufigen Dokumenten wie dem vorläufigen Aktienzertifikat (Zwischenbescheinigung) oder dem Gewinnanteilschein. Während der Interimsschein das zukünftige Recht auf eine Aktie oder ein anderes Wertpapier verbrieft, bezieht sich das vorläufige Zertifikat auf bestehende, noch nicht ausgegebene Aktien und der Gewinnanteilschein auf die Berechtigung zu Dividendenerträgen.

Rechtsfolgen der Übergabe und Einlösung

Mit Übertragung des Interimsscheins gehen regelmäßig die damit verbrieften Rechte auf den neuen Inhaber über. Mit Ausgabe der endgültigen Wertpapiere ist der Interimsschein einzulösen und verliert seine rechtliche Bedeutung. Die Einlösung erfolgt gegen Aushändigung der endgültigen Urkunde.


Haftungsfragen und Besonderheiten

Haftung für fehlerhafte Interimsscheine

Interimsscheine müssen inhaltlich zutreffend sein. Für Schäden, die auf falschen oder unvollständigen Angaben beruhen, haftet grundsätzlich die ausgebende Gesellschaft nach allgemeinen Grundsätzen des Schadensersatzrechts.

Verlust und Ersatz von Interimsscheinen

Der Verlust eines Interimsscheins kann zu erheblichen Rechtsnachteilen führen. Daher gelten hierfür die Vorschriften über das Kraftloserklärungsverfahren für Wertpapiere gemäß §§ 371 ff. Zivilprozessordnung (ZPO), durch das der Schein für kraftlos erklärt und ein Ersatzdokument ausgegeben werden kann.


Steuerliche Aspekte

Der Interimsschein spielt auch im Steuerrecht eine Rolle: Rechte aus Interimsscheinen unterliegen steuerlich denselben Grundsätzen wie die aus den endgültigen Urkunden resultierenden Rechte. So werden beispielsweise Dividendenansprüche aus Aktieninterimsscheinen wie bei endgültigen Aktien behandelt.


Internationale Bedeutung und Regelungsunterschiede

Auch in anderen Rechtsordnungen existieren ähnliche Regelungsmodelle. Im angloamerikanischen Rechtsraum werden anstelle von Interimsscheinen häufig sogenannte „Temporary Certificates“ (vorläufige Zertifikate) verwendet, die ähnliche Funktionen erfüllen. Die konkrete Ausgestaltung variiert jedoch je nach Rechtsordnung und kann von den deutschen Vorgaben abweichen.


Zusammenfassung

Der Interimsschein ist ein rechtlich bedeutsames Wertpapier im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, das als vorläufiger Beleg und Absicherung für Ansprüche aus neu emittierten Anteilen oder Schuldverschreibungen dient. Zu den zentralen Funktionen gehören die Nachweis-, Legitimations- und Verkehrsfähigkeit, wobei die rechtliche Stellung und Übertragbarkeit maßgeblich von der Ausgestaltung und den gesetzlichen Vorgaben abhängen. Interimsscheine schließen die rechtliche Lücke zwischen der Zeichnung und der endgültigen Ausgabe von Wertpapieren, sichern die Rechte der Anteilseigner und ermöglichen den geregelten Übergang zu den endgültigen Wertpapierurkunden.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtliche Bedeutung hat der Interimsschein im Verhältnis zum späteren Originalwertpapier?

Der Interimsschein stellt im rechtlichen Sinne ein vorläufiges Wertpapier dar, das anstelle des endgültigen Originalwertpapiers – etwa einer Aktie, Anleihe oder eines sonstigen handelbaren Papiers – ausgestellt wird. Er verbrieft für den Inhaber alle wesentlichen Rechte, die mit dem jeweiligen Wertpapier verbunden sind, und ist somit ein Wertpapier eigener Art. Seine rechtliche Bedeutung liegt darin, dass er übergangsweise die Eigentumsrechte, insbesondere die Teilnahme- und Vermögensrechte (wie Dividenden- bzw. Zinsansprüche sowie Stimmrechte), sichert, bis das endgültige Wertpapier ausgeliefert wird. Nach der Ausstellung und Aushändigung des Originalwertpapiers verliert der Interimsschein seine rechtliche Wirkung und ist vom Inhaber zurückzugeben oder einzuziehen.

Welche gesetzlichen Grundlagen regeln die Ausstellung und Nutzung von Interimsscheinen?

Im deutschen Recht werden Interimsscheine in mehreren Vorschriften erwähnt, wobei maßgeblich Aktiengesetz (§ 10 Abs. 5 AktG) und Wertpapiergesetze herangezogen werden. Sie können von Emittenten ausgegeben werden, wenn das endgültige Wertpapier noch nicht erstellt werden konnte. Das Aktiengesetz schreibt beispielsweise vor, dass nach Eintragung einer Kapitalerhöhung neue Aktien durch Interimsscheine verbrieft werden können, bis die endgültigen Aktienurkunden ausgegeben werden. Der Interimsschein muss die wesentlichen Angaben zum verbrieften Recht, etwa die Art des Wertpapiers, die Anzahl der Anteile, die Emittentin sowie die vorübergehende Funktion, enthalten.

Welche Rechte und Pflichten entstehen für den Inhaber eines Interimsscheins?

Der Inhaber eines Interimsscheins besitzt im Grundsatz die gleichen Vermögensrechte wie der spätere Inhaber des Originalwertpapiers. Hierzu zählen insbesondere Dividenden- und Bezugsrechte sowie das Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung und Stimmabgabe, soweit das jeweilige Wertpapier dies vorsieht. Die rechtliche Verpflichtung des Inhabers besteht darin, den Interimsschein nach Ausstellung des Originalwertpapiers zurückzugeben. Kommt er dem nicht nach, kann dies zum Verlust der verbrieften Rechte oder zu Schadensersatzforderungen führen. Ferner muss der Inhaber mit einer beschränkten Verkehrsfähigkeit rechnen, da Interimsscheine oft von einer Übertragbarkeit ausgeschlossen oder auf Namen ausgestellt sind.

Welche Übertragbarkeitsregelungen gelten für Interimsscheine rechtlich?

Rechtlich gesehen unterscheidet sich die Übertragbarkeit von Interimsscheinen je nach Ausgestaltung und nationalem Recht. Im Regelfall werden sie – ähnlich wie Namensaktien – entweder per Indossament oder durch Zession übertragen. Es können jedoch Beschränkungen vorgesehen sein, insbesondere, wenn im Gesellschafts- oder Emissionsvertrag eine Übertragungsbeschränkung explizit genannt wird. Folglich ist der Interimsschein nicht immer ein Inhaberpapier mit freier Übertragbarkeit, sondern kann durch formelle oder zusätzliche satzungsgemäße Auflagen beschränkt sein.

Welche Risiken bestehen aus rechtlicher Sicht im Umgang mit Interimsscheinen?

Aus rechtlicher Sicht bestehen Risiken vor allem im Bereich des gutgläubigen Erwerbs und bei der Einlösung gegenüber dem Emittenten. Da Interimsscheine ein vorläufiges Dokument darstellen, können Fälschungs- oder Missbrauchsrisiken höher sein. Ferner ist es möglich, dass Ansprüche, die auf dem Interimsschein beruhen, verjähren, wenn der Inhaber nicht fristgerecht die Umwandlung in das endgültige Wertpapier verlangt oder vornimmt. Weiterhin besteht die Gefahr, dass bei Verlust oder Diebstahl des Interimsscheins umfangreiche Legitimations- und Sperrverfahren durchlaufen werden müssen.

Wie wird der Austausch des Interimsscheins gegen das endgültige Wertpapier rechtlich abgewickelt?

Zur Umwandlung des Interimsscheins in das endgültige Wertpapier verpflichtet sich der Emittent, mit der Fertigstellung oder Schaffung des Originalpapiers, letzteres an den Interimsscheininhaber auszugeben und den Interimsschein einzuziehen. Dies erfolgt meist gegen Vorlage und Rückgabe des Interimsscheins; die rechtliche Grundlage regelt in der Regel die Satzung, der Wertpapierprospekt oder die emissionsrechtliche Bestimmung. Bis zum Austausch bleibt der Interimsschein das einzige Dokument, mit dem der Inhaber seine Rechte nachweisen kann. Nach erfolgtem Umtausch verliert der Interimsschein jegliche rechtliche Wirkung.

Welche Rechtsfolgen ergeben sich im Fall der Vernichtung oder des Verlusts eines Interimsscheins?

Geht ein Interimsschein verloren oder wird er vernichtet, gelten die Vorschriften über Kraftloserklärungen von Wertpapieren analog (§§ 371 ff. FamFG). Der Inhaber muss ein Aufgebotsverfahren beantragen, in dessen Verlauf der lostige Interimsschein für ungültig erklärt wird. Erst danach kann dem Berechtigten vom Emittenten ein Ersatzdokument oder das endgültige Wertpapier ausgehändigt werden. Während des Verfahrens kann der Inhaber rechtlich an der Ausübung bestimmter Rechte gehindert sein, sofern nicht ausreichende Sicherheiten gestellt werden. Die rechtliche Haftung bei missbräuchlicher Inanspruchnahme bleibt davon unberührt.