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Integrationsgesetz


Grundlagen des Integrationsgesetzes

Das Integrationsgesetz ist eine bedeutende Rechtsnorm im Bereich des Aufenthalts- und Ausländerrechts, mit deren Hilfe die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund, insbesondere von Geflüchteten und Asylsuchenden, in die Gesellschaft gefördert und geregelt werden soll. Das Integrationsgesetz regelt wesentliche Rahmenbedingungen und Maßnahmen, um die gesellschaftliche, wirtschaftliche und rechtliche Teilhabe von Zugewanderten gezielt zu unterstützen. Maßgeblich ist in Deutschland das Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939), das zahlreiche Änderungen und Ergänzungen bestehender Rechtsvorschriften vornahm.

Gesetzliche Zielsetzung und Systematik

Das Integrationsgesetz hat das Ziel, Menschen, die dauerhaft oder für längere Zeit in Deutschland leben, zu motivieren und zu verpflichten, an Maßnahmen zur Integration teilzunehmen. Neben Förderangeboten etabliert das Gesetz auch klare Anforderungen für die Rechtsstellung von Zugewanderten und verknüpft integrationspolitische Anreize und Sanktionen.

Historischer Hintergrund

Das Integrationsgesetz wurde im Jahr 2016 im Kontext der gestiegenen Zahl an Asylsuchenden und Geflüchteten im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise eingeführt. Es zielte darauf ab, Integrationsmaßnahmen verbindlicher zu gestalten und eine bessere Steuerung von Zuwanderung und Integration zu ermöglichen. Den Auftakt bildete der Integrationskurs gemäß § 43 Aufenthaltsgesetz, dessen Teilnahme durch das Gesetz erweitert und verpflichtender geregelt wurde.


Rechtlicher Anwendungsbereich des Integrationsgesetzes

Wesentliche Regelungsinhalte

Das Integrationsgesetz umfasst eine Vielzahl von Regelungen, die überwiegend als Änderungen in bestehende Gesetze – insbesondere das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und das Asylgesetz (AsylG) – eingefügt wurden. Kernbereiche sind:

  • Integrationskurse: Verbindliche Teilnahme an Integrationskursen für bestimme Gruppen von Ausländerinnen und Ausländern (§§ 43 ff. AufenthG).
  • Wohnsitzzuweisung: Verpflichtung von anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten, ihren Wohnsitz in einer bestimmten Gemeinde oder einem bestimmten Bundesland zu nehmen (§ 12a AufenthG).
  • Arbeitsförderung und Arbeitsmarktintegration: Erleichterter Zugang zum Arbeitsmarkt, Praktikums- und Ausbildungsförderung, z.B. durch erleichterte Erteilung einer Ausbildungsduldung (§ 60a Abs. 2 Satz 4 ff. AufenthG).
  • Sanktionen: Reduktion oder Entzug sozialer Leistungen bei Verstößen gegen Integrationspflichten.
  • Sicherer Aufenthaltsstatus: Möglichkeit der Erteilung eines sicheren und langfristigen Aufenthaltstitels nach erfolgreicher Integration (§ 25b AufenthG).

Integrationspflicht und rechtliche Konsequenzen

Das Integrationsgesetz normiert eine Integrationspflicht. Zugewanderte sind verpflichtet, zumutbare Integrationsangebote zu nutzen, insbesondere am Integrationskurs oder an berufsfördernden Maßnahmen teilzunehmen. Bei verweigerter oder abgebrochener Teilnahme können aufenthaltsrechtliche und leistungsrechtliche Konsequenzen drohen, wie Leistungskürzungen oder die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis.


Einzelne Kernbereiche des Integrationsgesetzes im Detail

Integrationskurs: Inhalte und Teilnahmeverpflichtung

Zielgruppen und Verpflichtungsgrundlagen

Der Integrationskurs (§ 43 AufenthG) richtet sich insbesondere an neu eingereiste Ausländerinnen und Ausländer mit dauerhafter Bleibeperspektive sowie an bestimmte Personengruppen mit bereits längerem Aufenthalt. Die Teilnahmeverpflichtung ist im Einzelfall abhängig von Herkunft, Status und individuellem Förderbedarf (§ 44a AufenthG).

Rechtsfolge der Verpflichtung

Wer zur Teilnahme am Integrationskurs verpflichtet wird, muss diesen innerhalb eines bestimmten Zeitraums beginnen und abschließen. Bei nicht gerechtfertigter Nichtteilnahme drohen unter anderem aufenthaltsrechtliche Nachteile und Kürzungen von Sozialleistungen.

Kursinhalte

Der Integrationskurs besteht aus einem Sprachkurs (600 Stunden) und einem Orientierungskurs (100 Stunden), der Rechtsordnung, Geschichte und Kultur thematisiert.

Wohnsitzregelung und Wohnsitzzuweisung (§ 12a AufenthG)

Die Wohnsitzzuweisung dient der gleichmäßigen Verteilung und sozialen Integration von Schutzberechtigten. Die Zuweisung kann auf Antrag aufgehoben werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass eine nachhaltige Integration, insbesondere durch eine Erwerbstätigkeit oder Ausbildung, erfolgt ist.

Arbeitsmarktzugang und Ausbildungsduldung

Um den Wechsel in den Arbeitsmarkt zu erleichtern, beinhaltet das Integrationsgesetz Erleichterungen wie praxistaugliche Regelungen zu Praktika und zur sogenannten „3+2-Regelung“: Geduldeten im laufenden Ausbildungsverhältnis kann der Aufenthalt für die Dauer der Ausbildung sowie für zwei anschließende Jahre gesichert werden.

Leistungsrechtliche Maßnahmen

Bei Nichtteilnahme an Integrationsmaßnahmen können gesetzliche Einschränkungen bei Sozialleistungen eintreten, insbesondere nach Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und Sozialgesetzbuch II (SGB II).


Auswirkungen und Bewertung

Rechtspolitische Bedeutung

Das Integrationsgesetz ist ein Schlüsselelement deutscher Migrations- und Integrationspolitik. Es setzt auf das Prinzip „Fördern und Fordern“ und versucht, Integration verbindlich zu gestalten. Die rechtliche Verankerung verbindlicher Maßnahmen hat maßgeblichen Einfluss auf die Aufenthalts- und Lebensperspektiven Zugewanderter.

Rechtsfolgen bei Verstößen

Verstöße gegen Pflichten aus dem Integrationsgesetz können zu empfindlichen aufenthalts- oder leistungsrechtlichen Nachteilen führen. Insbesondere kann der Zugang zu Aufenthaltstiteln erschwert oder das Leistungsniveau reduziert werden.

Wechselwirkungen zu anderen Rechtsgebieten

Das Integrationsgesetz steht in engem Zusammenhang mit dem Aufenthalts-, Asyl-, Sozial- und Arbeitsrecht. Anpassungen im Integrationsgesetz wirken sich regelmäßig auf diese Rechtsgebiete aus und bedingen wechselseitige Gesetzesänderungen.


Literatur und Weblinks

  • Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG)
  • Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939)
  • Ausführungen des Bundesministeriums des Innern zum Integrationsgesetz
  • Asylgesetz (AsylG)
  • Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)
  • Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II)

Das Integrationsgesetz stellt ein zentrales, vielschichtiges Instrument zur Steuerung und Förderung von Integration in Deutschland dar. Es schafft verbindliche rechtliche Rahmenbedingungen und ermöglicht zugleich individuelle und gesellschaftliche Teilhabeperspektiven für Menschen mit Migrationshintergrund.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist vom Integrationsgesetz betroffen?

Vom Integrationsgesetz sind in erster Linie Personen betroffen, die als Drittstaatsangehörige – also nicht aus EU-/EWR-Staaten oder der Schweiz stammend – rechtmäßig und dauerhaft in Deutschland leben möchten. Darüber hinaus richtet sich das Gesetz an anerkannte Flüchtlinge, subsidiär Schutzberechtigte sowie Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive. Es regelt Pflichten und Rechte hinsichtlich der Integration, insbesondere bezüglich Teilnahme an Integrations- und Sprachkursen, Wohnsitzauflagen sowie Arbeitsförderung. Arbeitgeber, Träger von Integrationsmaßnahmen sowie Behörden sind mittelbar ebenfalls von den Vorgaben des Integrationsgesetzes betroffen, soweit sie Aufgaben zur Umsetzung erhalten. Das Integrationsgesetz schafft damit einen verbindlichen Rahmen für die Integration aufenthaltsberechtigter Ausländer, während es für Asylbewerber je nach Status differenzierte Regelungen gibt.

Welche rechtlichen Pflichten entstehen durch das Integrationsgesetz?

Durch das Integrationsgesetz werden insbesondere für Drittstaatsangehörige rechtliche Verpflichtungen begründet. Hierzu zählt vorrangig die Teilnahmepflicht an Integrationskursen nach § 44 AufenthG, sofern ein entsprechender Bedarf besteht. Wer zur Teilnahme verpflichtet wird, muss den Kurs regelmäßig besuchen und seinen Mitwirkungspflichten nachkommen. Auch kann eine Verpflichtung zur Teilnahme an weiterführenden berufsbezogenen Sprachkursen (gemäß § 45a AufenthG) bestehen. Darüber hinaus kann Wohnsitzauflage nach § 12a AufenthG angeordnet werden, wodurch die betroffene Person verpflichtet ist, ihren Wohnsitz in einem bestimmten Gebiet zu nehmen. Verstöße gegen diese Pflichten können ordnungsrechtliche Konsequenzen wie Bußgelder oder aufenthaltsrechtliche Nachteile, beispielsweise beim Erhalt einer Niederlassungserlaubnis, nach sich ziehen.

Inwiefern beeinflusst das Integrationsgesetz den Zugang zum Arbeitsmarkt?

Das Integrationsgesetz hat wichtige arbeitsmarktbezogene Regelungen geschaffen. Es führt Möglichkeiten zur frühzeitigen Arbeitsmarktintegration ein, indem etwa Arbeitsverbote für bestimmte Gruppen gelockert und Vorrangprüfungen für Arbeitsaufnahmen reduziert wurden. Für Asylbewerber und Geduldete mit guter Bleibeperspektive kann dadurch nach wenigen Monaten eine Erwerbstätigkeit ermöglicht werden. Arbeitserlaubnisse werden gemäß den Vorgaben des Aufenthaltsgesetzes (§ 4a und § 18 AufenthG) unter Berücksichtigung integrationspolitischer Erwägungen erteilt. Darüber hinaus fördert das Integrationsgesetz spezielle Programme zur beruflichen Qualifizierung und Praktika, um ein schnelleres Ankommen im Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Arbeitgeber profitieren durch erleichterten Zugang zu entsprechenden Arbeitskräften, müssen aber weiterhin aufenthalts- und arbeitsrechtliche Vorgaben beachten.

Was regelt das Integrationsgesetz hinsichtlich Wohnsitzauflagen?

Ein wesentlicher Bestandteil des Integrationsgesetzes ist die Einführung der Wohnsitzauflage (§ 12a AufenthG). Anerkannten Schutzberechtigten und bestimmten anderen Aufenthaltstitel-Inhabern kann durch rechtlichen Verwaltungsakt untersagt werden, an einem bestimmten Ort zu wohnen oder aber dazu verpflichtet werden, ihren Wohnsitz in einem konkret genannten Bundesland oder einer Kommune zu nehmen. Die Anwendung der Wohnsitzregelung dient der gleichmäßigen Verteilung und Vermeidung von sozialen Brennpunkten sowie der besseren Integration vor Ort. Ausnahmen sind vorgesehen, wenn ein Beschäftigungsverhältnis nachgewiesen werden kann oder die Integration besonders fortgeschritten ist. Verstöße gegen die Auflage können aufenthaltsrechtliche Auswirkungen, etwa die Versagung bestimmter Aufenthaltstitel, zur Folge haben.

Welche Konsequenzen drohen bei Nichtbefolgung der Maßnahmen nach dem Integrationsgesetz?

Das Integrationsgesetz sieht bei Verletzung von Mitwirkungs- und Teilnahmepflichten sowohl ordnungsrechtliche als auch aufenthaltsrechtliche Konsequenzen vor. So können bei unentschuldigter Nichtteilnahme an Integrationskursen Bußgelder nach § 98 Abs. 1 Nr. 10a AufenthG verhängt werden. Weiterhin kann die Nichtteilnahme gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 8 AufenthG die weitere Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis erschweren. Auch beim Bezug existenzsichernder Sozialleistungen (z. B. nach SGB II) drohen Leistungskürzungen nach SGB II, sofern integrationsfördernde Maßnahmen ohne triftigen Grund nicht wahrgenommen werden. Die Verpflichtung zur Mitwirkung umfasst auch die eigenständige Anmeldung und das regelmäßige Erscheinen zu Integrationsmaßnahmen.

Welche Rechte erhalten Personen durch das Integrationsgesetz?

Neben Pflichten schafft das Integrationsgesetz für Aufenthaltstitel-Inhaber und bestimmte Asylbewerber konkrete Rechtsansprüche, etwa auf einen Platz in einem Integrationskurs (§ 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG) oder auf berufsbezogene Sprachförderung. Darüber hinaus statuiert das Gesetz eine Beratungspflicht der Behörden und gewährt Betroffenen Rechtsmittel gegen Anordnungen oder Sanktionen nach den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften. Die Erfüllung integrationsbezogener Auflagen kann Integrationserleichterungen nach sich ziehen, etwa eine vorzeitige Erteilung einer Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG) oder Privilegien bei der Zuwanderung von Familienangehörigen.