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Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) ist eine rechtlich selbstständige, gemeinnützige Stiftung des privaten Rechts mit Sitz in Köln. Es erstellt wissenschaftliche Bewertungen zur Wirksamkeit, zum Nutzen und zu den Risiken medizinischer Verfahren und Arzneimittel. Diese Bewertungen dienen als Entscheidungsgrundlage für die Selbstverwaltung des Gesundheitswesens, insbesondere für den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Das IQWiG trifft selbst keine Versorgungs- oder Erstattungsentscheidungen, sondern liefert unabhängige, methodisch nachvollziehbare Gutachten und Berichte.

Aufgaben und Funktion im Gesundheitswesen

Nutzenbewertungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten

Ein wesentlicher Auftrag des IQWiG ist die frühzeitige Nutzenbewertung neuer Arzneimittel nach Markteintritt. Dabei werden vorgelegte Studiendaten systematisch geprüft und mit bereits verfügbaren Behandlungsoptionen verglichen. Auch für Medizinprodukte und diagnostische Verfahren erstellt das IQWiG Bewertungen, sofern es beauftragt wird.

Bewertung nichtmedikamentöser Verfahren und Diagnostik

Das IQWiG bewertet darüber hinaus nichtmedikamentöse Behandlungen wie Operationen, Psychotherapien, Rehabilitationsmaßnahmen oder Screeningprogramme. Ziel ist, die Evidenzlage zur Wirksamkeit, zum Nutzen und zu potenziellen Schäden transparent darzustellen.

Gesundheitsinformationen für die Öffentlichkeit

Das Institut stellt allgemeinverständliche Gesundheitsinformationen bereit. Diese beruhen auf denselben wissenschaftlichen Grundsätzen wie die Fachberichte und sollen sachlich, ausgewogen und frei von Interessen Dritter sein.

Rechtsstellung und Organisation

Rechtliche Einbindung und Unabhängigkeit

Das IQWiG ist organisatorisch und inhaltlich unabhängig. Es arbeitet auftragsbezogen, vor allem für den G-BA, in Einzelfällen auch für das Bundesministerium für Gesundheit. Die Unabhängigkeit wird durch eine Stiftungskonstruktion, transparente Methoden und Regeln zum Umgang mit Interessenkonflikten gesichert.

Organe und wissenschaftliche Beratung

Die Arbeit des Instituts wird durch eine Geschäftsführung geleitet und durch wissenschaftliche Gremien beraten. Externe Fachleute können in Verfahren hinzugezogen werden, müssen jedoch Interessenkonflikte offenlegen. Beteiligungsmöglichkeiten für Betroffene und Verbände sind in den Verfahrensordnungen vorgesehen.

Finanzierung und Aufsicht

Die Finanzierung erfolgt überwiegend über Mittel, die dem IQWiG auftragsbezogen durch den G-BA bereitgestellt werden. Für einzelne Aufträge kann eine Finanzierung durch das Bundesministerium für Gesundheit erfolgen. Sponsoring oder projektbezogene Zahlungen durch Unternehmen, deren Produkte bewertet werden, finden nicht statt. Die Stiftung unterliegt der staatlichen Stiftungsaufsicht des Sitzlandes; der G-BA übt keine fachliche Weisung über Inhalte der Berichte aus.

Verfahren und Methodik

Auftragserteilung und Themenwahl

Themen werden in der Regel vom G-BA ausgewählt und als Auftrag an das IQWiG übermittelt. Die Themenwahl folgt dem Bedarf der gesetzlichen Krankenversicherung und der Versorgung. Das Bundesministerium für Gesundheit kann in Einzelfällen ebenfalls Aufträge vergeben.

Ablauf der Berichterstellung

Typisch ist ein mehrstufiges Verfahren: Zunächst wird der Bewertungsrahmen festgelegt (Fragestellung, Vergleichstherapie, Endpunkte). Darauf folgen Recherche, Bewertung und eine vorläufige Darstellung der Ergebnisse in einem Vorbericht. Nach einem strukturierten Stellungnahmeverfahren mit Anhörung wird der Abschlussbericht veröffentlicht. Die angewandten Methoden sind in institutseigenen Methodendokumenten niedergelegt und öffentlich zugänglich.

Transparenz, Beteiligung und Interessenkonflikte

Transparenz ist ein Kernelement der Arbeit: Vorberichte, Kommentare und Abschlussberichte werden veröffentlicht; Verfahrensschritte und Bewertungsmaßstäbe sind dokumentiert. Interessenkonflikte von Mitarbeitenden und externen Mitwirkenden werden abgefragt, bewertet und offen gelegt. In Stellungnahmeverfahren können Unternehmen, Verbände, die Patientenvertretung und weitere Beteiligte ihre Sicht einbringen.

Verhältnis zu anderen Akteuren

Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA)

Der G-BA ist das zentrale Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen. Er beauftragt das IQWiG, nutzt dessen Berichte und trifft darauf aufbauend Entscheidungen über den Einsatz medizinischer Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung, über Richtlinien und weitere Regelungen. Entscheidungen liegen somit beim G-BA, nicht beim IQWiG.

Hersteller, Leistungserbringer und Krankenkassen

Hersteller liefern im Rahmen von Bewertungsverfahren Dossiers und Daten. Leistungserbringer und Krankenkassen sind über ihre Verbände in Stellungnahme- und Anhörungsverfahren beteiligt. Die Ergebnisse des IQWiG können Auswirkungen auf Erstattungsfragen, Richtlinieninhalte und Preisverhandlungen haben.

Abgrenzung zu anderen Einrichtungen

Das IQWiG ist von Einrichtungen der Qualitätssicherung zu unterscheiden, etwa vom Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG), das primär mit der Messung und Sicherung von Versorgungsqualität befasst ist. Das IQWiG konzentriert sich demgegenüber auf Nutzenbewertungen und evidenzbasierte Informationen.

Bedeutung der IQWiG-Berichte

Auswirkungen auf Entscheidungen und Erstattung

Berichte des IQWiG bilden eine zentrale Grundlage für Entscheidungen des G-BA über Nutzenbewertungen, Richtlinien und die Einordnung von Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie fließen zudem in Verhandlungen über Erstattungsbeträge für neue Arzneimittel ein.

Rechtliche Bindungswirkung

Die Berichte des IQWiG haben keine unmittelbare Außenwirkung gegenüber Versicherten, Leistungserbringern oder Unternehmen. Rechtlich verbindlich sind erst die darauf aufbauenden Entscheidungen des G-BA und die daraus folgenden Regelungen.

Datenschutz und Vertraulichkeit

Das IQWiG verarbeitet wissenschaftliche Daten unter Beachtung von Datenschutz und Geheimnisschutz. Personenbezogene Daten werden nur in zulässigem Umfang und zweckgebunden verwendet; Veröffentlichungen erfolgen in der Regel anonymisiert oder aggregiert. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden geschützt, gleichzeitig wird größtmögliche Transparenz der Bewertungsgrundlagen angestrebt.

Internationale Einbindung und Entwicklungen

Das IQWiG arbeitet im europäischen und internationalen Netzwerk der Nutzenbewertung (Health Technology Assessment) mit. Die weitere Verzahnung mit europäischen Bewertungsverfahren gewinnt an Bedeutung, um methodische Standards zu harmonisieren und Doppelarbeiten zu vermeiden. Nationale Zuständigkeiten für Entscheidungen bleiben dabei bestehen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Stellung hat das IQWiG im deutschen Gesundheitssystem?

Das IQWiG ist eine unabhängige, rechtlich selbstständige Stiftung. Es erstellt wissenschaftliche Bewertungen für die Selbstverwaltung des Gesundheitswesens und hat keine Entscheidungsbefugnis über die Versorgung.

Wer beauftragt und finanziert das IQWiG?

Überwiegend beauftragt der Gemeinsame Bundesausschuss das IQWiG und stellt die Mittel bereit. In Einzelfällen erteilt auch das Bundesministerium für Gesundheit Aufträge. Eine projektbezogene Finanzierung durch Unternehmen, deren Produkte bewertet werden, erfolgt nicht.

Hat das IQWiG Entscheidungsbefugnisse?

Nein. Das IQWiG erstellt Gutachten und Berichte. Entscheidungen über Erstattung und Richtlinien trifft der Gemeinsame Bundesausschuss.

Wie läuft ein Bewertungsverfahren ab und welche Beteiligungsrechte gibt es?

Typisch sind Auftrag, Festlegung des Bewertungsrahmens, Vorbericht, Stellungnahmen mit Anhörung und Abschlussbericht. Unternehmen, Verbände und die Patientenvertretung können sich im Stellungnahmeverfahren einbringen.

Wie wird Unabhängigkeit und der Umgang mit Interessenkonflikten sichergestellt?

Interessenkonflikte werden systematisch offengelegt und bewertet, Mitwirkende können bei Befangenheit ausgeschlossen werden. Methoden und Verfahrensschritte sind öffentlich dokumentiert.

Welche Rechtsfolgen haben IQWiG-Berichte für Erstattung und Versorgung?

Sie bilden die Grundlage für Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses und beeinflussen Richtlinien sowie Erstattungsbeträge. Eine unmittelbare Rechtswirkung gegenüber außenstehenden Dritten entfalten die Berichte nicht.

Welche Möglichkeiten der Überprüfung bestehen?

Inhaltlich werden Berichte im Stellungnahme- und Beschlussverfahren überprüft. Rechtlich können Betroffene Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses überprüfen lassen; IQWiG-Berichte selbst sind keine anfechtbaren Entscheidungen.

Wie werden Daten- und Geheimnisschutz gewahrt?

Personenbezogene Daten werden geschützt und in Veröffentlichungen in der Regel anonymisiert. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden vertraulich behandelt; gleichzeitig werden Bewertungsmethoden und Ergebnisse transparent gemacht.