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Insolvenzverwalter


Begriff und Stellung des Insolvenzverwalters

Der Insolvenzverwalter ist eine vom Insolvenzgericht eingesetzte natürliche Person, die in Deutschland im Rahmen eines eröffneten Insolvenzverfahrens die Aufgabe übernimmt, die Insolvenzmasse zu sichern, zu verwalten und zu verwerten. Die Funktion des Insolvenzverwalters ist im Kern durch die Insolvenzordnung (InsO) geregelt und nimmt eine zentrale Rolle im Insolvenzverfahren ein, da er sowohl die Interessen der Gläubiger wahrt als auch diejenigen des Schuldners berücksichtigt.


Bestellung und Auswahl des Insolvenzverwalters

Voraussetzungen der Bestellung

Gemäß § 56 InsO kann zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wer

  • geschäftskundig,
  • unabhängig vom Schuldner und den Gläubigern ist
  • und über die notwendige persönliche und fachliche Eignung für die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens verfügt.

Das Insolvenzgericht wählt den Insolvenzverwalter meist nach pflichtgemäßem Ermessen aus. Es berücksichtigt dabei auch Vorschläge der Gläubiger und des Schuldners, ist aber nicht an diese gebunden.

Verfahren der Bestellung

Die Bestellung erfolgt durch gerichtlichen Beschluss mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 27 InsO). Vorläufig kann bereits im Eröffnungsverfahren ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt werden, dessen Aufgabenbereich und Befugnisse vom Gericht festgelegt werden.


Aufgaben und Pflichten des Insolvenzverwalters

Der Insolvenzverwalter hat weitreichende gesetzlichen Pflichten, die sich insbesondere aus den §§ 80 ff. InsO ergeben.

Verwaltung und Verfügung über die Insolvenzmasse

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht zur Verwaltung und Verfügung über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 InsO). Er übernimmt damit die tatsächliche und rechtliche Kontrolle über das Vermögen des Schuldners.

Sicherung und Erhalt der Masse

Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, die Insolvenzmasse im Interesse der Gläubiger zu sichern und zu erhalten (§ 22 InsO). Dazu kann das Einfrieren von Bankkonten genauso gehören wie das Einziehen offener Forderungen und die Sicherstellung von Vermögensgegenständen.

Verwertung der Insolvenzmasse

Zur Befriedigung der Gläubiger verwertet der Verwalter die Insolvenzmasse (§ 159 InsO). Dies kann durch Verkauf, Übertragung oder Versteigerung von Vermögensgegenständen geschehen. Die Erlöse werden nach den gesetzlichen Regeln verteilt.

Erstellung des Vermögensverzeichnisses und Berichts

Der Insolvenzverwalter hat ein vollständiges Vermögensverzeichnis (Inventar) des Schuldners zu erstellen und einen Bericht über die wirtschaftliche Lage sowie die Fortführungsaussichten zu verfassen (§ 151, § 156 InsO). Diese Berichte sind Grundlage für die Entscheidungen der Gläubigerversammlung.

Prüfung und Feststellung von Forderungen

Die angemeldeten Forderungen der Gläubiger werden durch den Insolvenzverwalter geprüft und im Prüfungstermin vorgelegt (§ 176 InsO). Er trägt Sorge dafür, dass nur berechtigte Forderungen Berücksichtigung finden.

Verfahrensrechtliche Stellung und Entscheidungsbefugnisse

Der Insolvenzverwalter ist berechtigt, Ansprüche, die zur Masse gehören, geltend zu machen und strittige Forderungen zurückzuweisen oder anzuerkennen. Er kann zudem Anfechtungstatbestände prüfen und gegebenenfalls Anfechtungsklagen erheben (§ 129 ff. InsO).


Rechte und Pflichten in besonderen Verfahrensarten

Eigenverwaltung

In bestimmten Fällen steht dem Schuldner im Rahmen der Eigenverwaltung die eigenständige Verwaltung seines Vermögens zu (§ 270 InsO). In diesem Fall wird ein sog. Sachwalter bestellt, dessen Aufgabenbereiche im Gegensatz zum Insolvenzverwalter vorrangig die Überwachung betreffen.

Schutzschirmverfahren

Im Rahmen des Schutzschirmverfahrens nach § 270b InsO kann ebenfalls ein Sachwalter gewählt werden. Der Insolvenzverwalter im klassischen Sinne kommt hier lediglich im Falle der Ablehnung des Verfahrens zum Zuge.


Aufsicht und Kontrolle

Der Insolvenzverwalter unterliegt während des gesamten Insolvenzverfahrens der Aufsicht des Insolvenzgerichts (§ 58 InsO). Zudem besteht eine Berichtspflicht gegenüber dem Gläubigerausschuss und der Gläubigerversammlung. Für Verfehlungen können Haftungsansprüche der Gläubiger gegen den Insolvenzverwalter persönlich bestehen (§ 60 InsO).


Vergütung des Insolvenzverwalters

Die Vergütung des Insolvenzverwalters ist im Gesetz über die Vergütung der Insolvenzverwalter (InsVV) geregelt. Sie besteht grundsätzlich aus einem prozentualen Anteil an der verteilten Insolvenzmasse sowie einer Aufwandsentschädigung. Die Höhe wird vom Insolvenzgericht festgesetzt.


Haftung des Insolvenzverwalters

Der Insolvenzverwalter haftet persönlich für Schäden, die durch schuldhafte Pflichtverletzung im Rahmen seiner Tätigkeit verursacht werden (§ 60 InsO). Dazu zählen insbesondere Verstöße gegen Sicherungs-, Verwaltungs- oder Informationspflichten. Ansprüche können sowohl von Gläubigern als auch von Dritten geltend gemacht werden.


Beendigung der Tätigkeit des Insolvenzverwalters

Das Amt des Insolvenzverwalters endet regelmäßig durch die Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens. Eine frühere Abberufung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich, etwa bei groben Pflichtverletzungen oder auf Antrag der Gläubigerversammlung (§ 59 InsO).


Literatur und weiterführende Rechtsprechung

Das insolvenzrechtliche Amt des Verwalters ist Gegenstand umfangreicher Literatur und Rechtsprechung. Wesentliche Gerichtsentscheidungen, etwa des Bundesgerichtshofs (BGH), präzisieren regelmäßig die Pflichten, Rechte und Haftungsmaßstäbe.


Zusammenfassung

Der Insolvenzverwalter nimmt im deutschen Insolvenzverfahren eine Schlüsselstellung ein. Er ist mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet und trägt die Verantwortung für die ordnungsgemäße Abwicklung der Insolvenzmasse im Sinne der Gläubigergesamtheit. Seine Tätigkeit ist durch ein engmaschiges Netz aus gesetzlichen Vorgaben, gerichtlicher Kontrolle und Haftungsregelungen bestimmt, die transparente und effektive Insolvenzverfahren sicherstellen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Aufgaben hat ein Insolvenzverwalter im Rahmen eines Insolvenzverfahrens?

Der Insolvenzverwalter hat im Insolvenzverfahren die zentrale Aufgabe, das Vermögen des Schuldners zu sichern, zu verwalten und bestmöglich zu verwerten. Zu seinen Hauptpflichten gehört es, die Insolvenzmasse zu erfassen, zu inventarisieren und gegen etwaige unzulässige Verfügungen des Schuldners oder Dritter zu schützen. Der Insolvenzverwalter überprüft zudem bestehende Verträge, setzt diese gegebenenfalls fort oder kündigt sie im Interesse der Gläubigergemeinschaft. Im Rahmen seiner Verwertungspflicht sorgt er für die optimale Nutzung bzw. Liquidation der Vermögenswerte, um eine möglichst hohe Befriedigungsquote für die Gläubiger zu erreichen. Neben der Prüfung von Anfechtungsmöglichkeiten und der Geltendmachung insolvenzrechtlicher Ansprüche ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, die Gläubigerversammlung und das Insolvenzgericht regelmäßig zu informieren. Er erstellt Berichte, legt Rechnungen vor und holt die Zustimmung für besonders wichtige Maßnahmen ein. Seine Tätigkeit ist durch das Insolvenzrecht (vor allem die Insolvenzordnung – InsO) und die Weisungen des Insolvenzgerichts streng reguliert. Er vertritt den Schuldner gerichtlich und außergerichtlich und kann im Fall der Unternehmensinsolvenz auch als faktischer Geschäftsführer agieren. Für sein Handeln haftet der Insolvenzverwalter persönlich und ist an die Belange der Gläubigergesamtheit gebunden; er ist zur Unparteilichkeit und Verschwiegenheit verpflichtet.

Wie wird ein Insolvenzverwalter bestellt und welche rechtlichen Voraussetzungen muss er erfüllen?

Die Bestellung des Insolvenzverwalters erfolgt durch das Insolvenzgericht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Gericht wählt eine geeignete Person, in der Regel einen erfahrenen Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater, die über die notwendige Sachkunde und persönliche Eignung verfügen muss. Nach § 56 InsO soll der Insolvenzverwalter insbesondere unabhängig sein und keine Interessenkonflikte aufweisen. Er darf zum Beispiel nicht zum Kreis der Gläubiger oder des Schuldners gehören oder unmittelbar in das Unternehmen des Schuldners involviert sein. Die Auswahlkriterien sind gesetzlich nicht abschließend definiert, jedoch wird auf Fachkenntnis, praktische Erfahrung, persönliche Integrität und organisatorische Leistungsfähigkeit großer Wert gelegt. Die Bestellung bedarf keiner Zustimmung der Gläubiger, jedoch können diese im weiteren Verfahrensverlauf einen Wechsel beantragen, sofern berechtigte Zweifel an der Eignung bestehen.

Wie haftet der Insolvenzverwalter für Pflichtverletzungen im Amt?

Für Pflichtverletzungen während seiner Amtsausübung haftet der Insolvenzverwalter grundsätzlich persönlich. Nach § 60 InsO ist er dazu verpflichtet, alle Aufgaben mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Verwalters zu erfüllen. Kommt es durch vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzungen zu einem Schaden an der Insolvenzmasse oder an den Gläubigern, kann er auf Schadensersatz verklagt werden. Typische Pflichtverletzungen sind etwa die unsachgemäße Verwertung von Massegegenständen, das Unterlassen notwendiger Sicherungsmaßnahmen oder Verstöße gegen Berichtspflichten. Die Haftung ist grundsätzlich verschuldensabhängig; bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz haftet der Insolvenzverwalter auch unbeschränkt mit seinem Privatvermögen. Die Haftung kann auf Antrag des Verwalters oder Beteiligter durch das Insolvenzgericht eingeschränkt werden, wenn die Pflichtverletzung nur geringfügig war und ein Gesamtschaden vermieden wurde.

Wer überwacht die Tätigkeit des Insolvenzverwalters?

Die Tätigkeit des Insolvenzverwalters unterliegt einer umfassenden rechtlichen Kontrolle durch verschiedene Instanzen. Primär beaufsichtigt das Insolvenzgericht den Verwalter, kontrolliert seine Berichte, prüft die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben und genehmigt besonders bedeutsame Maßnahmen wie zum Beispiel Veräußerungen von Betriebsvermögen mit erheblichem Wert. Außerdem haben die Gläubiger über den Gläubigerausschuss oder, falls ein solcher nicht gebildet wurde, über die Gläubigerversammlung ein Mitwirkungs- und Kontrollrecht. Diese Gremien können dazwischen Bericht erstatten lassen, sich zur Geschäftsführung äußern, Anweisungen erteilen oder auch einen Wechsel des Verwalters beantragen. Im Einzelfall kann das Insolvenzgericht auf Anregung der Gläubiger oder von Amts wegen disziplinarische Maßnahmen ergreifen oder den Verwalter seines Amtes entheben.

Inwieweit ist der Insolvenzverwalter zur Neutralität verpflichtet?

Der Insolvenzverwalter ist strikt zur Neutralität verpflichtet. Diese Neutralität ergibt sich aus seiner Stellung als unabhängiges Organ des Insolvenzverfahrens, das ausschließlich den Interessen der Gläubigergesamtheit sowie der ordnungsgemäßen Abwicklung des Verfahrens verpflichtet ist. Er darf keine Partei begünstigen, nicht im eigenen Interesse oder im Einzelinteresse eines Gläubigers beziehungsweise des Schuldners handeln. Eine Neutralitätsverletzung kann zur Abberufung oder zu Schadenersatzansprüchen führen. Die gesetzliche Grundlage dieser Neutralitätsverpflichtung findet sich insbesondere in § 56 InsO sowie in allgemeinen Verwaltungsvorschriften und der einschlägigen Rechtsprechung.

Welche Vergütung erhält der Insolvenzverwalter und wie wird diese festgelegt?

Die Vergütung des Insolvenzverwalters richtet sich nach den Bestimmungen der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV). Die Vergütung ist vorrangig eine prozentuale Quote am Wert der Insolvenzmasse, d.h. am echten Verwertungserlös der zur Masse gehörenden Werte. Daneben sind Zuschläge oder Abschläge möglich, abhängig von der Schwierigkeit, dem Umfang und der Dauer der Tätigkeit sowie von besonderen personellen oder wirtschaftlichen Umständen. Die konkrete Festsetzung der Vergütung erfolgt durch das Insolvenzgericht nach Abschluss des Verfahrens oder großer Verfahrensabschnitte auf Antrag des Verwalters, wobei die Gläubiger ein Beschwerderecht haben. Darüber hinaus können Auslagen und notwendige Kosten gesondert erstattet werden.

Unter welchen Voraussetzungen kann ein Insolvenzverwalter abberufen oder ersetzt werden?

Ein Insolvenzverwalter kann gemäß § 59 InsO aus wichtigem Grund vom Insolvenzgericht abberufen werden. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere dann vor, wenn der Verwalter seine Pflichten grob verletzt, die Unabhängigkeit oder Neutralität nicht gewährleistet ist oder gravierende Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung auftreten. Auch schwerwiegendes Misstrauen der Gläubigerversammlung kann im Einzelfall zur Abberufung führen. Die Abberufung kann auf Antrag eines Gläubigers, des Schuldners oder von Amts wegen erfolgen. Die Entscheidung des Gerichts ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Das Gericht bestellt im Falle der Abberufung unverzüglich einen neuen Insolvenzverwalter.