Begriff und rechtliche Definition der Inneren Gewässer
Innere Gewässer bezeichnen im rechtlichen Kontext jene Gewässer in unmittelbarem Anschluss an das Festland, die landwärts der Basislinie liegen, welche zur Bestimmung des Küstenmeers eines Staates dient. Der Begriff ist in verschiedenen internationalen Abkommen sowie im nationalen Recht exakt definiert. Zu den Inneren Gewässern zählen Buchten, Häfen, Binnenmeere, Flussmündungen und andere küstennahe Wasserflächen, die vollständig unter der Souveränität eines Küstenstaates stehen.
Die rechtliche Basislinie zur Abgrenzung der Inneren Gewässer wird gemäß Artikel 5 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (United Nations Convention on the Law of the Sea, UNCLOS) in der Regel durch die Niedrigwasserlinie entlang der Küste bestimmt. Bereiche jenseits dieser Linie gehören zu weiteren Meereszonen, insbesondere dem Küstenmeer (Territorialgewässer).
Rechtliche Grundlagen
Internationales Recht
Die wesentliche Rechtsgrundlage bildet das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ/UNCLOS), insbesondere die Artikel 8, 9 und 10, welche die rechtliche Behandlung der Inneren Gewässer und deren Abgrenzung zu Hochsee- und Küstenmeerzonen regeln.
Artikel 8 UNCLOS
Artikel 8 UNCLOS definiert Innere Gewässer als sämtliche Gewässer, die landwärts der Basislinie liegen. Sie stehen unter der vollen Souveränität des Küstenstaates, dies schließt die Wassersäule, den Meeresboden einschließlich Untergrund und den darüber liegenden Luftraum mit ein.
Signifikanz der Küstenstaatensouveränität
Das volle Souveränitätsrecht ermöglicht es dem Küstenstaat, jedwede Tätigkeit zu regulieren beziehungsweise zu verbieten, darunter Einfahrt, Ankerung und sämtliche Nutzungen durch Schiffe, einschließlich militärischer und ziviler Fahrzeuge.
Nationales Recht
In Deutschland ist die Definition und rechtliche Stellung der Inneren Gewässer insbesondere im Seeaufgabengesetz (SeeAufgG) und im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) geregelt. Ergänzt werden diese durch zahlreiche landesspezifische Wasserrechtsbestimmungen.
Seeaufgabengesetz (SeeAufgG)
Das Seeaufgabengesetz regelt, welche Bereiche als Innere Gewässer im Bundesgebiet gelten und wie diese überwacht und administriert werden.
Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
Das Wasserhaushaltsgesetz enthält Bestimmungen zu Gewässerschutz, Nutzung, Unterhaltung sowie zur Zuständigkeit der Wasserbehörden bei Inneren Gewässern.
Abgrenzung zu anderen Gewässerzonen
Küstenmeer und Hohe See
Die Inneren Gewässer unterscheiden sich vom Küstenmeer, das sich seewärts der Basislinie bis maximal 12 Seemeilen erstreckt, und der Hohen See, die jenseits der Ausschließlichen Wirtschaftszone (bis maximal 200 Seemeilen) beginnt. Während im Küstenmeer ein Recht auf friedliche Durchfahrt völkerrechtlich garantiert ist, gilt dieses Durchfahrtsrecht für die Inneren Gewässer nur in engen internationalen Meerengen und unter sehr engen Voraussetzungen.
Hafenanlagen und Flussmündungen
Auch große Hafenkomplexe, die landwärts der Basislinie liegen, werden zu den Inneren Gewässern gezählt und unterliegen vollständig dem nationalen Recht des Küstenstaates. Gleiches gilt für Flussmündungen und von der See abgetrennte Buchten.
Rechtswirkungen und Souveränität
Kontrolle, Nutzungsrechte und Zugang
Küstenstaaten besitzen das ausschließliche Recht, den Zugang und die Nutzung der Inneren Gewässer zu kontrollieren, zu bewirtschaften und zu reglementieren. Das kann Fahrverbote, Einfahrtsgenehmigungen, Fischerlaubnisse oder Umweltauflagen umfassen.
Durch die umfassende Souveränität können innerstaatliche Verwaltungsakte und Gesetze über die Nutzung der Gewässer vollzogen werden. Dies umfasst unter anderem:
- Verwaltung und Überwachung der Schifffahrt
- Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen
- Polizeiliche und sicherheitsbezogene Überwachung
- Festlegung von Nutzungsrechten, Fischfang, Sand- und Kiesabbau
Durchfahrtsrechte und Schiffsfahrt
Ein völkerrechtliches Durchfahrtsrecht besteht nur in besonderen Ausnahmefällen, wie bei historischen internationalen Schiffahrtswegen oder bei internationalen Übereinkommen. Andernfalls benötigen fremde Schiffe eine ausdrückliche Genehmigung des Küstenstaates, um Innere Gewässer zu befahren oder zu nutzen.
Sonderformen und spezifische Regelungen
Historische Buchten und Gewässer
Bestimmte Buchten und Wasserregionen genießen nach völkerrechtlicher Praxis den Status „historischer Innerer Gewässer“. Dieser wird zuerkannt, wenn ein Küstenstaat seit langer Zeit traditionelle Hoheitsrechte ausübt und diese von anderen Staaten anerkannt werden.
Internationale Verträge und Abkommen
Neben UNCLOS können bilaterale oder multilaterale Abkommen weitere Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit Inneren Gewässern statuieren, etwa in Bezug auf Grenzgewässer, Wasserqualität oder Nutzung.
Umweltschutz und Wasserwirtschaft
Umweltschutzrechtliche Aspekte
Im Kontext Umweltrecht gelten für Innere Gewässer spezifische europäische und nationale Umweltnormen, etwa nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Diese verpflichten zur Erreichung eines „guten Zustands“ der Inneren Gewässer und verlangen Maßnahmen zum Schutz vor Verschmutzung, Übernutzung und Überbauung.
Wasserwirtschaftliche Nutzung
Die Nutzung der Inneren Gewässer zur Trinkwassergewinnung, Energieerzeugung, Fischerei oder Naherholung erfolgt auf Grundlage nationaler Gesetze und bedarf meist einer wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung, die mit Auflagen zum Erhalt des ökologischen Gleichgewichts versehen werden kann.
Zusammenfassung
Innere Gewässer bilden einen umfassend geregelten Rechtsbegriff, welcher sowohl im internationalen als auch im nationalen Recht klar abgegrenzt und differenziert behandelt wird. Die Souveränität des Küstenstaats ist beinahe uneingeschränkt, lediglich historische Rechte oder internationale Verträge können Ausnahmen gewähren. Die rechtliche Bedeutung der Inneren Gewässer erstreckt sich auf Verwaltung, Umweltschutz, Schifffahrt und Nutzung, wobei jeweils detaillierte Vorschriften Anwendung finden. Durch die Vielschichtigkeit der Rechtsnormen ist die Einordnung und Behandlung innerer Gewässer ein zentrales Thema des Wasser-, Umwelt- und Seerechts.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist für die Verwaltung und Überwachung innerer Gewässer in Deutschland rechtlich zuständig?
Die Verwaltung und Überwachung innerer Gewässer in Deutschland obliegt je nach Gewässertyp und -größe unterschiedlichen staatlichen Ebenen. Grundsätzlich sind die Bundesländer für die meisten inneren Gewässer zuständig, insbesondere für kleinere Flüsse, Seen und Bäche. Die Zuständigkeiten ergeben sich dabei aus dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) sowie den jeweiligen Landeswassergesetzen. Große schiffbare Bundeswasserstraßen fallen hingegen in die Zuständigkeit des Bundes und werden durch die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) überwacht. Die konkrete Verwaltung umfasst Genehmigungen von Eingriffen, Überwachung der Wasserqualität, Erteilung von Wasserrechten, Durchsetzung von Schutzvorschriften sowie Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Reinhaltung. Ergänzend können kommunale Behörden (z.B. Umweltämter) zuständig sein, vor allem bei Maßnahmen des Hochwasserschutzes oder der Abwasserbeseitigung. Die rechtlichen Grundlagen liegen neben dem WHG auch in spezialgesetzlichen Regelungen wie dem Flussgebietsmanagement und europarechtlichen Vorgaben, etwa der Wasserrahmenrichtlinie.
Welche rechtlichen Genehmigungen werden für bauliche Veränderungen an inneren Gewässern benötigt?
Für bauliche Veränderungen an inneren Gewässern, wie etwa Uferbefestigungen, Brückenbau, Wehre oder Entnahmen, ist in Deutschland grundsätzlich eine wasserrechtliche Genehmigung erforderlich. Die Rechtsgrundlage hierfür bildet das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) in Verbindung mit den jeweiligen Landeswassergesetzen. Je nach Art und Umfang des Eingriffs kann eine wasserrechtliche Erlaubnis, Bewilligung oder eine Planfeststellung notwendig sein. Das Verfahren beinhaltet regelmäßig eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und die Beteiligung von Fachbehörden sowie ggf. der Öffentlichkeit. Zusätzlich müssen weitere umweltrechtliche Vorgaben, wie etwa das Naturschutzrecht und das Bauplanungsrecht, berücksichtigt werden. Die Genehmigung soll sicherstellen, dass die Belange des Gewässerschutzes, der Hochwassersicherheit, der Schiffbarkeit und der Allgemeinheit gewahrt bleiben.
Wer trägt die Haftung bei Umwelt- oder Gewässerschäden an inneren Gewässern?
Die Haftung für Umwelt- oder Gewässerschäden an inneren Gewässern ergibt sich aus verschiedenen gesetzlichen Regelungen, vor allem dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und dem Umweltschadensgesetz (USchadG). Verursacher, beispielsweise Firmen, Landwirte oder Privatpersonen, haften für unmittelbare und mittelbare Schäden an Gewässern, etwa durch Einleitung schädlicher Stoffe oder unerlaubte bauliche Maßnahmen. Die Haftung ist grundsätzlich verschuldensunabhängig, das heißt, bereits die Verursachung eines Schadens kann zu einer Haftung führen (Gefährdungshaftung). Daneben können auch Kosten für Maßnahmen zur Schadensbeseitigung und zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands auferlegt werden. Das Umweltrecht verpflichtet zudem zur sofortigen Meldung und zur Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden. Kommunen oder die öffentliche Hand können in die Haftung genommen werden, wenn sie ihrer Kontroll- und Verkehrssicherungspflicht nicht ausreichend nachkommen.
Welche Pflichten haben Anlieger und Eigentümer innerer Gewässer nach deutschem Recht?
Anlieger und Eigentümer innerer Gewässer haben vielfältige Pflichten nach deutschem Wasserrecht. Zentrale Verpflichtung ist die sogenannte Unterhaltungspflicht, nach § 40 WHG sowie den Landeswassergesetzen, die vorsieht, dass der ordnungsgemäße Zustand des Gewässers und seiner Ufer erhalten bleibt. Dazu zählen die Entfernung von Abfällen, Sicherung und Pflege der Ufer, Freihaltung des Gewässerlaufs sowie die Einhaltung von Schutzzonen. Weiterhin haben sie zu dulden, dass Gewässerunterhaltung und wasserbauliche Maßnahmen zum Schutz der Allgemeinheit durchgeführt werden. Sie dürfen keine Stoffe unerlaubt einleiten, den Wasserhaushalt nicht nachteilig beeinflussen und müssen Gefahren für die Allgemeinheit verhindern. Bei Zuwiderhandlung können sie für Schäden haftbar gemacht werden. Häufig bestehen zudem Meldepflichten bei Veränderungen oder Gefahrenlagen.
Welche rechtlichen Vorgaben bestehen für den Schutz der Wasserqualität in inneren Gewässern?
Der Schutz der Wasserqualität innerer Gewässer wird durch nationale und europäische Vorschriften geregelt. Zentrale Bedeutung hat die EU-Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG), die durch das deutsche Wasserhaushaltsgesetz (WHG) umgesetzt wird. Ziel ist es, einen guten ökologischen und chemischen Zustand aller Gewässer zu erreichen. Hierzu dienen Überwachungsprogramme, Grenzwerte für Schadstoffeinleitungen, Anforderungen an Abwasserentsorgung sowie Sonderauflagen für die Landwirtschaft (Düngegesetz, Pflanzenschutzgesetz). Es bestehen restriktive Einleitungsbestimmungen für Industrie und Gewerbe, verbunden mit der Pflicht zur Vorbehandlung und Genehmigungspflicht. Die Kommunen überwachen darüber hinaus regelmäßig die Wasserqualität, teils ergänzt durch Schutzgebiete mit speziellen restriktiven Regelungen. Verstöße können mit Bußgeldern, Sanierungsauflagen und im Extremfall durch Stilllegung von Anlagen sanktioniert werden.
Welche Vorschriften gelten für die öffentliche Nutzung innerer Gewässer, insbesondere für Freizeit und Fischerei?
Die öffentliche Nutzung innerer Gewässer ist von verschiedenen rechtlichen Beschränkungen geprägt, um einerseits die Zugänglichkeit und Erholungsfunktion zu gewährleisten, andererseits den Schutz der Gewässer sicherzustellen. Grundsätzlich ist das Gemeingebrauchsrecht geregelt, das bestimmten Nutzungen wie Baden, Bootsverkehr und Angeln erlaubt, soweit keine Verbote bestehen und die Gewässerordnung dies zulässt. Für besonders geschützte Gebiete oder sensible Gewässerabschnitte können Nutzungseinschränkungen oder saisonale Sperrungen bestehen, meist aus Gründen des Naturschutzes, Hochwasserschutzes oder zur Sicherung der Wasserqualität. Die Ausübung der Fischerei ist genehmigungspflichtig (Fischereischein, Fischereirecht) und unterliegt besonderen Hege- und Schonzeitbestimmungen. In Städten regelt häufig die kommunale Gewässersatzung Ort und Art der erlaubten Freizeitnutzung. Verstöße gegen Nutzungsregeln können als Ordnungswidrigkeit oder, im Falle von Umweltschäden, auch strafrechtlich verfolgt werden.
Was ist bei der Durchführung von Veranstaltungen oder dem Ableiten von Wasser aus inneren Gewässern rechtlich zu beachten?
Veranstaltungen an oder auf inneren Gewässern, wie etwa Wassersportereignisse, Feste oder Demonstrationen, bedürfen in der Regel einer ausdrücklichen Genehmigung durch die zuständige Wasserbehörde und ggf. weitere Erlaubnisse nach Versammlungsrecht, Naturschutz- oder Polizeirecht. Der Veranstalter hat dabei Auflagen zum Gewässer- und Umweltschutz sowie zur Verkehrssicherheit zu erfüllen, etwa zur Müllentsorgung, Lärmminderung und zur Vermeidung von Wasserverunreinigungen. Für das Ableiten oder Entnehmen von Wasser ist eine wasserrechtliche Erlaubnis notwendig, die nur unter bestimmten Voraussetzungen und nach Prüfung der Auswirkungen auf den Wasserhaushalt erteilt wird. Insbesondere die Mindestwasserführung, der ökologische Zustand und konkurrierende Wasseransprüche sind zu berücksichtigen. Genehmigungen sind zeitlich begrenzt und können mit Auflagen für Rückbaumaßnahmen oder Ausgleichspflichten verbunden sein.