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Innerdienstliche Anordnung


Definition und Begriff der innerdienstlichen Anordnung

Die innerdienstliche Anordnung ist ein Begriff des deutschen Verwaltungsrechts und bezeichnet eine Weisung, die von einer dienstvorgesetzten Stelle im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses gegenüber ihren Bediensteten erlassen wird. Sie dient der Regelung, Lenkung und Organisation dienstlicher Abläufe innerhalb einer Behörde oder einer öffentlichen Institution. Im Gegensatz zu sonstigen dienstlichen Bestimmungen entfaltet sie ihre Wirkung ausschließlich im Verhältnis zwischen Dienststelle und den ihr unterstellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Innerdienstliche Anordnungen regeln insbesondere dienstliche Verhaltensweisen, Arbeitsmethoden, organisatorische Abläufe, zeitliche oder inhaltliche Vorgaben sowie die Verwendung bestimmter Arbeitsmittel. Sie stellen ein Führungsinstrument dar, mit dem Dienstvorgesetzte sowohl gesetzliche als auch organisatorische Anforderungen praktisch umsetzen und die Aufgabenerfüllung innerhalb der Verwaltung steuern.

Rechtsgrundlagen der innerdienstlichen Anordnung

Gesetzliche Grundlagen

Die rechtliche Grundlage der innerdienstlichen Anordnung findet sich im Allgemeinen Verwaltungsrecht. Wesentliche Regelungen ergeben sich einerseits aus Arbeits- und Dienstrecht, insbesondere aus:

  • § 35 BeamtStG (Beamtenstatusgesetz) – Weisungsbefugnis von Vorgesetzten gegenüber Beamten,
  • § 106 GewO (Gewerbeordnung) – Direktionsrecht des Arbeitgebers im Arbeitsverhältnis,
  • einschlägigen Landesbeamtengesetzen sowie
  • bereichsspezifischen Verwaltungsvorschriften.

Innerdienstliche Anordnungen stehen stets im Kontext des geltenden Rechts und dürfen geltende Gesetze, Tarifverträge sowie andere verbindliche Normen nicht verletzen.

Abgrenzung zu anderen Verwaltungsakten und Weisungen

Im Unterschied zum Verwaltungsakt, der auf eine Außenwirkung gegenüber Bürgerinnen und Bürgern oder Dritten gerichtet ist, entfaltet die innerdienstliche Anordnung ausschließlich innerdienstliche Wirkung. Sie ist keine allgemeine Rechtsnorm (wie eine Dienstvorschrift oder Verwaltungsvorschrift), sondern adressiert einen bestimmten Personenkreis innerhalb einer Verwaltungseinheit.

Anders als bloße Hinweise oder Empfehlungen ist die innerdienstliche Anordnung für die betroffenen Bediensteten verbindlich. Sie unterscheidet sich ferner von Außenverfügungen, welche Rechte oder Pflichten außerhalb der Verwaltung begründen.

Arten und Inhalte innerdienstlicher Anordnungen

Anwendungsbereiche

Innerdienstliche Anordnungen kommen insbesondere in folgenden Bereichen zur Anwendung:

  • Regelung von Dienstzeiten, Urlaubs- und Krankheitsmeldungen,
  • Festlegung von Arbeitsabläufen und Zuständigkeiten,
  • Einführung oder Änderung von IT-Systemen, Büroorganisation, Aktenführung,
  • Bestimmungen zur Dienstkleidung, Verhaltensanweisungen im Dienstbetrieb,
  • Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz,
  • Verhaltensanweisungen bei besonderen Vorfällen (z.B. Notfällen, Alarmproben).

Formen

Innerdienstliche Anordnungen können schriftlich, elektronisch oder mündlich ergehen. Die schriftliche Form hat vor allem bei organisatorischen Maßnahmen oder wiederkehrenden Regelungen eine besondere Bedeutung. Mündliche Anordnungen sind im Dienstalltag bei kurzfristigen Einzelfälle üblich.

Eine spezielle Form stellen sogenannte Dienstanweisungen dar. Diese sind regelmäßig schriftlich dokumentiert und langfristig gültig. Einzelanordnungen können sich auf einen konkreten, einmaligen Sachverhalt beziehen.

Rechtswirkungen und Befolgungspflicht

Weisungsgebundenheit

Für Beschäftigte im öffentlichen Dienst besteht grundsätzlich eine Pflicht zur Befolgung innerdienstlicher Anordnungen im Rahmen ihrer arbeits- oder beamtenrechtlichen Pflichten. Diese Weisungsgebundenheit ergibt sich unmittelbar aus dem Dienstverhältnis sowie den Dienstpflichten nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen, insbesondere im Beamtenrecht (§ 35 BeamtStG) und dem Arbeitsrecht (§ 106 GewO).

Grenzen der Bindung

Die Gehorsamspflicht findet ihre Grenzen insbesondere in folgenden Fällen:

  • Die innerdienstliche Anordnung verstößt gegen höherrangiges Recht oder die guten Sitten,
  • die Anordnung ist objektiv unmöglich,
  • sie ist offensichtlich unverhältnismäßig oder willkürlich,
  • sie verletzt Mitbestimmungsrechte der Personalvertretung (z.B. nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz oder dem jeweiligen Landespersonalvertretungsgesetz).

In diesen Fällen kann eine Pflicht zur Befolgung entfallen oder eine Ablehnung im Rahmen der Remonstration erfolgen.

Remonstration und Rechtsschutz

Beschäftigte sind im Rahmen der sogenannten Remonstrationspflicht gehalten, Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit einer innerdienstlichen Anordnung gegenüber der vorgesetzten Dienststelle vorzubringen. Insbesondere im Beamtenrecht verlangt § 36 BeamtStG, dass bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit zunächst die Vorgesetzten informiert werden müssen. Bestätigt der oder die Vorgesetzte die Anordnung, besteht grundsätzlich eine weitere Befolgungspflicht, es sei denn, die Weisung ist strafbar oder offensichtlich rechtswidrig.

Gegen rechtswidrige innerdienstliche Anordnungen können Betroffene unter bestimmten Voraussetzungen Rechtsmittel einlegen, etwa durch Klage vor den Verwaltungsgerichten (sogenannte Fortsetzungsfeststellungsklage oder beamtenrechtliche Konkurrentenklage).

Mitbestimmung und Beteiligung der Personalvertretung

Zahlreiche innerdienstliche Anordnungen unterliegen nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) oder vergleichbaren Landesgesetzen der Mitbestimmung oder Mitwirkung des Personalrats. Typische mitbestimmungspflichtige Maßnahmen sind beispielsweise:

  • Regelungen der Arbeitszeit,
  • Einführung technischer Einrichtungen,
  • Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen.

Eine ohne die erforderliche Beteiligung des Personalrats erlassene innerdienstliche Anordnung kann rechtswidrig sein und unterliegt einer Anfechtung.

Besondere Anwendungsbereiche

Polizei und Militär

Im polizeilichen und militärischen Bereich nehmen innerdienstliche Anordnungen eine besondere Stellung ein. Sie sind regelmäßig in Form von Befehlen, Dienstanweisungen oder Verfügungen ausgestaltet und spielen eine zentrale Rolle bei der Einsatz- und Befehlsführung. Hier gelten zum Teil besondere Regelungen hinsichtlich der Befehlsverweigerung und der Remonstration (§ 11 Soldatengesetz sowie entsprechende polizeigesetzliche Vorschriften).

Verwaltung und Justiz

Auch in der Verwaltung und Justiz gewährleisten innerdienstliche Anordnungen einen geordneten Ablauf des Dienstbetriebs. Hier werden insbesondere Geschäftsverteilungspläne, organisatorische Anordnungen zur Prozessführung sowie Verhaltensvorgaben für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig über innerdienstliche Anordnungen umgesetzt.

Folgen der Nichtbefolgung

Die schuldhafte Verletzung einer innerdienstlichen Anordnung kann disziplinarrechtliche oder arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Denkbar sind:

  • Abmahnungen,
  • Disziplinarmaßnahmen,
  • im Wiederholungsfall auch nationale oder beamtenrechtliche Kündigungen bzw. Entlassungen.

Die Angemessenheit der Sanktionen ist stets im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung der Schwere der Pflichtverletzung sowie der Rechtmäßigkeit der Anordnung zu beurteilen.

Zusammenfassung

Eine innerdienstliche Anordnung ist ein wesentliches Mittel zur Steuerung, Organisation und Sicherstellung eines geordneten Dienstbetriebs in Verwaltungen und öffentlichen Institutionen. Sie ist verbindlich, sofern sie im Rahmen der geltenden Gesetze und Mitbestimmungsrechte erlassen wird. Im Falle von Rechtsverstößen oder offensichtlicher Unrechtmäßigkeit ist eine Remonstration geboten. Die Nichtbefolgung rechtmäßiger Anordnungen kann zu dienstrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Sanktionen führen. Innerdienstliche Anordnungen sind somit ein zentrales Element des innerbehördlichen Managements und der Verwaltungspraxis in Deutschland.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine wirksame innerdienstliche Anordnung gegeben sein?

Für die Wirksamkeit einer innerdienstlichen Anordnung müssen im rechtlichen Kontext mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss die Anordnung auf einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage basieren, etwa durch das allgemeine Weisungsrecht des Dienstherrn, das im jeweiligen Beamtengesetz oder Tarifvertrag verankert ist. Die Anordnung muss ferner bestimmt, klar und unmissverständlich formuliert werden, sodass der Adressat eindeutig erkennen kann, was von ihm gefordert wird. Sie darf nicht gegen höherrangiges Recht, wie etwa Grundrechte, Verwaltungsvorschriften oder arbeitsvertragliche Regelungen verstoßen. Außerdem muss die Anordnung im Rahmen des dienstlichen Interesses liegen und verhältnismäßig sein; das heißt, sie muss geeignet, erforderlich und angemessen zur Erreichung des verfolgten Ziels sein. Schließlich ist bei bestimmten Maßnahmen gegebenenfalls auch eine Beteiligung des Personal- oder Betriebsrates erforderlich, was bei Nichtbeachtung die Anordnung rechtswidrig machen kann.

Unter welchen Umständen kann eine innerdienstliche Anordnung rechtlich angefochten werden?

Eine innerdienstliche Anordnung kann rechtlich angefochten werden, wenn sie gegen geltendes Recht verstößt oder die Rechte des Betroffenen verletzt. Mögliche Anfechtungsgründe sind insbesondere Verstöße gegen das Übermaßverbot (Verhältnismäßigkeit), Verstoß gegen höherrangiges Recht, etwa Grundrechte (z.B. Persönlichkeitsrecht), fehlende oder mangelhafte Ermächtigungsgrundlage, willkürliche oder sachfremde Motive sowie ein Verstoß gegen Beteiligungsrechte von Interessenvertretungen (etwa Personalrat oder Betriebsrat). Zudem können Ermessensfehler, wie etwa Ermessensüberschreitung oder Ermessensmissbrauch, Anlass zur rechtlichen Anfechtung geben. Die Anfechtung erfolgt in der Regel durch Widerspruch im öffentlichen Dienst oder Klage vor dem Verwaltungs- oder Arbeitsgericht, wobei Fristen und Formvorschriften strikt zu beachten sind.

Welche Mitbestimmungsrechte bestehen bei der Erteilung einer innerdienstlichen Anordnung?

Die Mitbestimmungsrechte bei einer innerdienstlichen Anordnung richten sich nach den gesetzlichen Grundlagen des jeweiligen Mitbestimmungsorgans, insbesondere dem Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) oder dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Bestimmte Anordnungen, die die Arbeitszeit, Versetzungen, Ordnungsverhalten oder Sicherheit und Gesundheitsschutz betreffen, unterliegen regelmäßig der Mitbestimmungspflicht des Personal- oder Betriebsrats. Der Dienstherr oder Arbeitgeber ist in diesen Fällen verpflichtet, die innerdienstliche Anordnung erst nach Durchführung und Abschluss des Beteiligungsverfahrens zu erlassen. Die Nichtachtung dieser Rechte kann die Anordnung rechtswidrig machen und dazu führen, dass betroffene Beschäftigte die Wirksamkeit der Anordnung bestreiten können.

Welche Folgen hat die Nichtbefolgung einer rechtmäßigen innerdienstlichen Anordnung?

Die Nichtbefolgung einer rechtmäßigen innerdienstlichen Anordnung kann im rechtlichen Kontext Konsequenzen bis hin zu Disziplinarmaßnahmen oder arbeitsrechtlichen Sanktionen nach sich ziehen. Im Beamtenverhältnis kommt insbesondere eine Disziplinarmaßnahme wie ein Verweis, eine Geldbuße oder in schweren Fällen die Entfernung aus dem Dienst infrage. Im Arbeitnehmerverhältnis kann die Missachtung einer rechtmäßigen Weisung eine Abmahnung oder – bei wiederholtem oder schwerwiegendem Verstoß – eine ordentliche oder sogar außerordentliche Kündigung zur Folge haben. Die Voraussetzung ist jeweils, dass die Anordnung rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig und klar formuliert wurde. Gleichzeitig kann der betroffene Mitarbeiter ein Leistungsverweigerungsrecht nur dann geltend machen, wenn er sich auf die Rechtswidrigkeit der Anordnung berufen kann.

Gibt es für innerdienstliche Anordnungen eine Formvorschrift?

Grundsätzlich unterliegen innerdienstliche Anordnungen, soweit gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, keiner bestimmten Formvorschrift. Sie können daher sowohl mündlich als auch schriftlich, schriftformersetzend per E-Mail oder in elektronischer Form erteilt werden. Zu empfehlen – und in sensiblen oder weitreichenden Fällen auch rechtlich ratsam – ist jedoch die Schriftform, da sie im Streitfall die Beweisführung sowohl hinsichtlich des Inhalts als auch des Zugangs erheblich erleichtert. Für bestimmte Arten von Anordnungen (wie z.B. Versetzungen, Abordnungen oder bestimmte arbeitszeitrechtliche Maßnahmen) sieht das Gesetz oder die einschlägige Tarifvereinbarung jedoch ausdrücklich Schriftform vor, um Verbindlichkeit und Nachvollziehbarkeit sicherzustellen.

Wie verhält sich eine innerdienstliche Anordnung zu bestehenden Tarifverträgen und Gesetzen?

Innerdienstliche Anordnungen stehen nicht über Tarifverträgen oder Gesetzen. Sie dürfen diesen nicht widersprechen und müssen sich stets innerhalb des geltenden Rechtsrahmens bewegen. Tarifverträge regeln spezifische Bereiche des Arbeitsverhältnisses, wie etwa Arbeitszeiten, Entgelt oder Urlaub, und gehen einzelvertraglichen oder einseitigen Anordnungen im Konfliktfall in der Regel vor; das sogenannte Günstigkeitsprinzip kann jedoch in bestimmten Fällen Abweichungen zulassen. Gesetze, insbesondere solche mit zwingendem Charakter (z.B. Mutterschutzgesetz, Arbeitszeitgesetz, Grundgesetz), sind ebenfalls bindend und schränken das Weisungsrecht hinsichtlich innerdienstlicher Anordnungen ein. Eine Anordnung, die tarifliche oder gesetzliche Vorschriften missachtet, ist nichtig und kann im Streitfall gerichtlich aufgehoben werden.

Welche Rolle spielt das sogenannte „billige Ermessen“ bei innerdienstlichen Anordnungen?

Das Prinzip des „billigen Ermessens“ spielt eine zentrale Rolle bei der rechtlichen Bewertung innerdienstlicher Anordnungen. Nach § 106 Gewerbeordnung (GewO) und entsprechender beamtenrechtlicher Vorschriften muss der Arbeitgeber oder Dienstherr bei Ausübung seines Weisungsrechts sowohl die betrieblichen Interessen als auch die berechtigten Belange und schutzwürdigen Interessen des Beschäftigten angemessen gegeneinander abwägen. Eine Anordnung, die einseitig und ohne Rücksichtnahme auf die Situation des Betroffenen erfolgt oder unverhältnismäßig in dessen Rechtsposition eingreift, entspricht nicht dem Gebot des billigen Ermessens und ist deshalb gerichtlich angreifbar. Die Gerichte prüfen im Konfliktfall stets, ob eine sachgerechte Abwägung aller Umstände des Einzelfalls erfolgt ist.