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Innengesellschaft


Begriff und Grundlagen der Innengesellschaft

Die Innengesellschaft ist eine besondere Erscheinungsform der Personengesellschaften im deutschen Gesellschaftsrecht, die sich dadurch auszeichnet, dass das Gesellschaftsverhältnis ausschließlich im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern besteht. Das heißt, die Gesellschaft tritt nach außen nicht in Erscheinung und ist Dritten gegenüber nicht oder kaum wahrnehmbar. Die Innengesellschaft ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nicht ausdrücklich geregelt, findet jedoch an verschiedenen Stellen rechtliche Anerkennung und Anwendung. Sie zählt zu den so genannten „Geheimgesellschaften“.

Allgemeines Konzept

Das Wesensmerkmal der Innengesellschaft besteht darin, dass sie keine eigene Rechtspersönlichkeit im Verhältnis zu Dritten entfaltet. Dritte nehmen die Existenz der Gesellschaft häufig nicht wahr, da im Außenverhältnis ausschließlich die einzelnen Gesellschafter oder einer von ihnen Rechtsgeschäfte abschließen und Vermögenswerte halten. Die Innengesellschaft ist daher das Gegenstück zur Außengesellschaft, wie der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), welche für Dritte erkennbar auftritt.

Rechtsnatur und Abgrenzung

Abgrenzung zu anderen Gesellschaftsformen

Die Innengesellschaft steht im Gegensatz zur Außengesellschaft, die auf den Abschluss von Rechtsgeschäften nach außen gerichtet ist und gegenüber Dritten als Gesellschaft auftritt. Die reine Innengesellschaft bleibt demgegenüber vollständig auf das Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern beschränkt.

  • Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR): Die GbR kann als Innengesellschaft ausgestaltet sein, tritt dann aber im Unterschied zur „normalen“ GbR nicht nach außen auf.
  • Stille Gesellschaft: Eine besondere Ausprägung ist die „stille Gesellschaft“ (§§ 230 ff HGB), die als gesetzlich geregelte Innengesellschaft gilt. Hier erlangt die Gesellschaft auch keine eigene Außenwirkung.
  • Innenausgestaltung von Gesellschaften: Auch andere Gesellschaften (z.B. OHG, KG) können innengesellschaftliche Regelungen enthalten, treten jedoch grundsätzlich gegenüber Dritten als Gesellschaft auf.

Gesellschaftsvertrag

Der Gesellschaftsvertrag der Innengesellschaft ist grundsätzlich formfrei und bedarf keiner öffentlichen Registrierung oder Firmierung. Maßgebend sind die Regelungen der §§ 705 ff. BGB, soweit keine speziellen Vorschriften greifen oder dispositive Abreden getroffen werden. Da eine Außendarstellung fehlt, konzentriert sich der Gesellschaftszweck auf Tätigkeiten, die ausschließlich zwischen den Beteiligten Wirkungen entfalten.

Erscheinungsformen und Anwendungsbereiche

Typische Anwendungsfälle

Innengesellschaften kommen in vielen Konstellationen vor, etwa:

  • Stille Gesellschaft: Beteiligung eines stillen Gesellschafters am Handelsgewerbe eines Kaufmanns ohne Außenwirkung.
  • Treuhandverhältnisse: Bildung einer Innengesellschaft zur gemeinsamen Vermögensverwaltung, bei der ein Treuhänder im eigenen Namen auftritt, wirtschaftlich aber eine gesellschaftliche Bindung besteht.
  • Gelegenheitsgesellschaften: Beispielsweise bei einfachen Arbeitsgemeinschaften oder „Konsortien“ zur Durchführung eines einzelnen Projektes ohne Außenauftritt.

Abgrenzung zu anderen Gemeinschaftsformen

Nicht jede innere Zusammenarbeit begründet eine Innengesellschaft. Reine Zweckgemeinschaften ohne gesellschaftsrechtliche Bindung (z. B. Fahrgemeinschaften) fallen ebenso wenig unter den Begriff wie Gemeinschaften zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten (wie die Erbengemeinschaft).

Rechtliche Rahmenbedingungen

Rechte und Pflichten der Gesellschafter

Die Gesellschafter der Innengesellschaft sind zur Förderung des vereinbarten Gesellschaftszwecks verpflichtet und teilen sich die entstehenden Rechte und Pflichten entsprechend der Abrede oder, bei fehlender Regelung, im Sinne der § 722 BGB (Gewinn- und Verlustgemeinschaft). Da die Gesellschaft nicht nach außen auftritt, haften die Gesellschafter ausschließlich im Innenverhältnis untereinander.

  • Gewinn- und Verlustbeteiligung: Entsprechende Beteiligung nach Gesellschaftsvertrag oder, mangels Vereinbarung, im gesetzlichen Verhältnis.
  • Vermögensverwaltung: Vermögen wird im Regelfall durch einen oder mehrere Gesellschafter auf deren Namen, aber für Rechnung aller Gesellschafter verwaltet.

Vertretung und Geschäftsführung

Im Unterschied zu Außengesellschaften erfolgt die Geschäftsführung ausschließlich im Innenverhältnis. Eine Außenvertretung besteht regelmäßig nicht. Rechtshandlungen werden – soweit erforderlich – von einem Gesellschafter im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft oder der Gesellschaftergemeinschaft vorgenommen.

  • Treuhänderische Verwaltung: Ein Gesellschafter kann mit der treuhänderischen Verwaltung von Gesellschaftsvermögen oder Durchführung von Rechtsgeschäften beauftragt werden.
  • Kontoführung: Bankkonten oder andere Vermögenswerte werden regelmäßig auf den Namen eines Gesellschafters geführt.

Haftung

Die Gesellschafter haften für die sich aus dem Gesellschaftsverhältnis ergebenden Pflichten ausschließlich im Innenverhältnis. Gegenüber Dritten besteht keine Haftungsverknüpfung mit der Gesellschaft als solcher, da diese nicht nach außen auftritt. Sollte ein Gesellschafter im Außenverhältnis Verpflichtungen eingehen, trifft ihn ausschließlich die persönliche Haftung; ein Ausgleich im Innenverhältnis erfolgt nach gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen.

Steuerliche Behandlung

Innengesellschaften werden aus steuerlicher Sicht wie „normale“ Personengesellschaften behandelt, sofern sie gemeinsame Einkünfte erzielen. Dies betrifft insbesondere die

  • Feststellung der Einkünfte: Steuerliche Zurechnung erfolgt anteilig nach Gesellschaftsanteilen.
  • Stille Gesellschaft: Bei der typisch stillen Gesellschaft werden Einkünfte dem Inhaber des Handelsgeschäfts und dem stillen Gesellschafter nach deren Beteiligungsquote zugerechnet.

Eine innengesellschaftliche Vereinbarung zur Verwaltung von Vermögenswerten wirkt sich auf die Zurechnung der Einkünfte steuerrechtlich in entsprechender Weise aus.

Auflösung und Auseinandersetzung

Die Auflösung einer Innengesellschaft richtet sich nach den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen:

  • Ablauf der vereinbarten Zeit,
  • Erreichen oder Unmöglichkeit des Gesellschaftszwecks,
  • einvernehmliche Aufhebung durch die Gesellschafter,
  • Kündigung durch einen Gesellschafter, sofern keine abweichenden vertraglichen Regelungen bestehen.

Die anschließende Auseinandersetzung über das Gesellschaftsvermögen erfolgt nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags und den gesetzlichen Vorgaben der §§ 730 ff. BGB.

Bedeutung und Zusammenfassung

Die Innengesellschaft stellt eine flexible und diskrete Gestaltungsmöglichkeit gemeinsamer unternehmerischer oder vermögensverwaltender Aktivitäten dar, ohne dass eine rechtliche Selbstständigkeit nach außen entsteht. Sie ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn eine Beteiligung Dritter anonym oder im Hintergrund erfolgen soll, oder ein gemeinsamer Zweck ohne öffentliche Gesellschaftsbildung verfolgt wird. Im deutschen Recht ist die Innengesellschaft eine anerkannte und in verschiedensten gestaltbaren Formen vorkommende Organisationsstruktur.

Quellenhinweis: Für tiefergehende Informationen sind die entsprechenden Vorschriften des BGB, HGB sowie die relevante Literatur zur Gesellschaftsform heranzuziehen.

Häufig gestellte Fragen

Wer kann Gesellschafter einer Innengesellschaft sein?

Gesellschafter einer Innengesellschaft können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein. Grundsätzlich bestehen keine spezifischen gesetzlichen Vorgaben, die bestimmte Personengruppen ausschließen würden. Es ist ebenfalls möglich, dass eine andere Gesellschaft (beispielsweise eine GbR, OHG, KG oder eine Kapitalgesellschaft wie eine GmbH oder eine AG) als Gesellschafter auftritt. Entscheidend ist dabei, dass die beteiligten Personen oder Gesellschaften rechtsfähig sind und somit befugt sind, Rechtsgeschäfte einzugehen. Minderjährige und beschränkt geschäftsfähige Personen bedürfen jedoch, wie im allgemeinen Zivilrecht, zur Beteiligung die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter. Besondere Qualifikationen oder eine bestimmte Anzahl an Gesellschaftern sind nicht vorgeschrieben. Die Innengesellschaft ist also hinsichtlich der Personenzusammensetzung sehr flexibel und kann individuell durch die Parteien gestaltet werden.

Wie erfolgt der Abschluss des Gesellschaftsvertrags bei einer Innengesellschaft?

Der Gesellschaftsvertrag einer Innengesellschaft unterliegt grundsätzlich den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über Gesellschaftsverträge (§§ 705 ff. BGB). Für den Vertragsabschluss ist keine besondere Form vorgeschrieben, daher kann der Vertrag grundsätzlich formfrei, also mündlich oder durch konkludentes (schlüssiges) Verhalten, abgeschlossen werden. Eine schriftliche Fixierung empfiehlt sich jedoch zu Beweiszwecken und zur Klarstellung der Rechtsverhältnisse zwischen den Gesellschaftern. Besondere Formen sind nur dann einzuhalten, wenn das Gesellschaftsvermögen Vermögenswerte umfasst, die ihrerseits formbedürftig übertragen werden müssen, beispielsweise Grundstücke gemäß § 311b BGB. Der Gesellschaftsvertrag regelt Zweck, Beiträge der Gesellschafter, Gewinn- und Verlustbeteiligung und vor allem das interne Verhältnis der Gesellschafter zueinander.

Welche rechtliche Stellung hat die Innengesellschaft im Außenverhältnis?

Die Innengesellschaft tritt im Außenverhältnis grundsätzlich nicht in Erscheinung, sondern agiert ausschließlich im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern. Sie ist nach herrschender Meinung keine eigene Rechtspersönlichkeit und gilt nichteinmal als teilrechtsfähig wie beispielsweise die BGB-Gesellschaft. Im Außenverhältnis wirkt nur der sogenannte „außen auftretende Gesellschafter“, der sämtliche Rechtsgeschäfte im eigenen Namen, aber für Rechnung der Innengesellschaft mit Dritten abschließt. Die Folgen dieser Geschäfte treffen somit ausschließlich diesen Gesellschafter beziehungsweise sein Vermögen; Dritte haben regelmäßig keine Kenntnis von der Existenz einer Innengesellschaft. Die übrigen (stummen) Gesellschafter bleiben nach außen anonym und auch nicht haftbar.

Wie ist die Haftung in der Innengesellschaft rechtlich ausgestaltet?

Haftungsrechtlich ist ausschließlich der im Außenverhältnis handelnde Gesellschafter verpflichtet und berechtigt. Die übrigen Gesellschafter, also die im Innenverhältnis Beteiligten, haften nicht unmittelbar gegenüber Dritten, da diese von ihrer Existenz regelmäßig keine Kenntnis haben. Im Innenverhältnis – also zwischen den Gesellschaftern – kann allerdings eine abweichende Haftungsregelung vereinbart werden. In der Praxis bedeutet das, dass der außen auftretende Gesellschafter zwar nach außen alleine haftet, aber im Innenverhältnis von seinen Mitgesellschaftern entsprechende Ausgleichsansprüche geltend machen kann, insbesondere wenn dies im Gesellschaftsvertrag so geregelt wurde.

Welche Pflichten und Rechte bestehen zwischen den Gesellschaftern einer Innengesellschaft?

Die Rechte und Pflichten der Gesellschafter einer Innengesellschaft ergeben sich in erster Linie aus dem Gesellschaftsvertrag sowie aus den gesetzlichen Vorschriften der §§ 705 ff. BGB. Typische Pflichten sind die Leistung eines vereinbarten Beitrags (z. B. Geld, Sachen oder Dienstleistungen) und die Förderung des gemeinsamen Zwecks. Anders als in anderen Gesellschaftsformen ist die Geschäftsführung meist auf den außen auftretenden Gesellschafter beschränkt. Die übrigen Gesellschafter haben in der Regel nur Kontroll- und Mitwirkungsrechte im Innenverhältnis, sofern sie nicht ausdrücklich zur Mitgeschäftsführung berechtigt sind. Ansprüche auf Gewinnbeteiligung richten sich nach vertraglicher Regelung, mangels einer solchen nach dem gesetzlichen Regelfall (§ 721 BGB).

Wie erfolgt die Beendigung einer Innengesellschaft und was sind die rechtlichen Folgen?

Die Beendigung der Innengesellschaft richtet sich grundsätzlich nach den allgemeinen Vorschriften des Gesellschaftsrechts, insbesondere den §§ 723 ff. BGB. Die Auflösung kann durch Erreichen oder Wegfall des Gesellschaftszwecks, durch Gesellschafterbeschluss, durch Kündigung eines Gesellschafters oder durch Zeitablauf erfolgen. Nach Auflösung besteht die Gesellschaft bis zur vollständigen Abwicklung (Liquidation) fort. Der außen auftretende Gesellschafter ist verpflichtet, die laufenden Geschäfte ordnungsgemäß zu beenden und das Vermögen entsprechend der vereinbarten Aufteilungsmodalitäten an die Gesellschafter zu verteilen. Nach außen bestehen weiterhin nur Ansprüche gegen bzw. Verpflichtungen gegenüber dem außen auftretenden Gesellschafter.

Ist die Innengesellschaft beim Handelsregister anzumelden?

Die Innengesellschaft ist kein kaufmännisches Unternehmen und besitzt keinen vollumfänglichen Gesellschaftscharakter nach § 705 BGB, der eine Offenlegung im Handelsregister erfordern würde. Auch im Falle gewerblicher Tätigkeit besteht keine Eintragungspflicht, da die Innengesellschaft ausschließlich „innen“, also im Verhältnis der Gesellschafter untereinander, wirkt und nach außen nicht als eigenständiges Rechtssubjekt auftritt. Eine Anmeldung im Handelsregister ist somit rechtlich nicht vorgesehen und auch nicht erforderlich. In steuerlicher Hinsicht kann jedoch eine Anzeige beim Finanzamt erforderlich sein, wenn durch die Innengesellschaft Einkünfte erzielt werden.