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Inkassobüro


Definition und rechtliche Einordnung eines Inkassobüros

Ein Inkassobüro ist eine Unternehmung, deren Hauptaufgabe im gewerblichen Forderungseinzug liegt. Im Rahmen der Inkassotätigkeit übernehmen diese Unternehmen die Einziehung offener Forderungen für Dritte, die üblicherweise aus Kauf-, Werk- oder Dienstleistungsverträgen resultieren. Diese Einziehung erfolgt außergerichtlich und bei Bedarf auch im gerichtlichen Mahn- und Vollstreckungsverfahren. Die Tätigkeit erfordert eine besondere Erlaubnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG).

Abgrenzung zu anderen Dienstleistern

Das Inkassounternehmen ist rechtlich strikt von Rechtsanwaltskanzleien, Wirtschaftsauskunfteien und Schuldnerberatungen abzugrenzen. Während beispielsweise Anwälte umfassende rechtliche Vertretung in sämtlichen Rechtsangelegenheiten leisten dürfen, beschränkt sich das Inkassounternehmen auf die Einziehung konkreter Forderungen und die damit unmittelbar zusammenhängenden Tätigkeiten im Bereich der außergerichtlichen und gerichtlichen Mahnverfahren.

Rechtliche Grundlagen und Zulassungsvoraussetzungen

Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) und Erlaubnispflicht

Die gewerbsmäßige Einziehung fremder oder abgetretener Forderungen gilt als Rechtsdienstleistung im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG). Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 RDG bedarf sie einer behördlichen Erlaubnis. Die Erlaubnis wird durch die Landesjustizverwaltungen erteilt, sofern die persönliche Zuverlässigkeit, besondere Sachkunde sowie geordnete wirtschaftliche Verhältnisse des Antragstellers vorliegen.

Umfang der Inkassobefugnis

Die Tätigkeit ist grundsätzlich auf die Einziehung unbestrittener Forderungen begrenzt. Die Erlaubnis nach dem RDG gestattet dabei insbesondere:

  • Prüfung der Forderung auf Rechtmäßigkeit
  • Kontaktaufnahme mit dem Schuldner und Zahlungsaufforderungen
  • Vereinbarung von Zahlungsplänen
  • Durchführung des gerichtlichen Mahnverfahrens bis zur Zwangsvollstreckung

Bei bestrittenen Forderungen oder komplexeren rechtlichen Auseinandersetzungen sind – ausnahmsweise – Maßnahmen erlaubt, soweit sie zur Einziehung der Forderung erforderlich sind und keine andere Form der Rechtsdienstleistung darstellen.

Aufsicht und Registrierung

Inkassounternehmen unterstehen der Aufsicht durch die jeweilige Landesjustizverwaltung. Gemäß § 12 RDG sind Unternehmen mit Inkassoerlaubnis in das Rechtsdienstleistungsregister einzutragen. Das Register ist öffentlich einsehbar und dient der Kontrolle ordnungsgemäßer Tätigkeit.

Ablauf und Methoden des Inkassoprozesses

Beauftragung

Die Tätigkeit beginnt mit dem Inkassovertrag zwischen Gläubiger und Unternehmen. Dieser Inkassovertrag regelt insbesondere Art, Umfang und Kosten des Forderungseinzugs.

Maßnahmen des außergerichtlichen Inkassos

Zu den typischen außergerichtlichen Maßnahmen zählen:

  • Prüfung und Klassifizierung der Forderung
  • Kontaktaufnahme mit dem Schuldner (Schriftverkehr, Telefoninkasso)
  • Übermittlung von Zahlungsfristen und Zahlungsplänen
  • Verhandlung mit dem Schuldner über Ratenzahlungen
  • Bonitätsprüfung und Sachstandsermittlung

Gerichtliches Mahn- und Vollstreckungsverfahren

Bei Erfolglosigkeit der außergerichtlichen Maßnahmen kann das Inkassounternehmen im Auftrag des Gläubigers einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides (gerichtliches Mahnverfahren) stellen. Im Weiteren kann, nach Erlass eines Vollstreckungsbescheides, die Zwangsvollstreckung durch einen Gerichtsvollzieher eingeleitet werden. Die Befugnis zur Einleitung und Überwachung dieser Verfahren richtet sich nach den Vorgaben des RDG.

Umgang mit bestrittenen Forderungen

Bestrittet der Schuldner die Forderung, ist das Unternehmen verpflichtet, den Gläubiger auf die Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung hinzuweisen oder – bei entsprechender Beauftragung und Einverständnis – den Forderungseinzug zu beenden und den Fall zur individuellen Klärung an die zuständigen Stellen (z. B. Gerichte) weiterzugeben.

Pflichten, Verhaltensregeln und Sanktionen

Informations- und Nachweispflichten

Unternehmen sind verpflichtet, dem Schuldner sämtliche relevanten Informationen, wie die Forderungsgrundlage, Höhe der Forderung sowie die Berechtigung zur Forderungsbeitreibung, transparent mitzuteilen. Auf Anforderung müssen Gläubiger eine genaue Forderungsaufstellung und Zahlungsnachweise vorlegen.

Grenzen zulässiger Inkassomethoden

Die Einforderung von Forderungen unterliegt strengen rechtlichen Vorgaben. Unzulässig sind unlautere Methoden nach § 4a UWG, Drohungen, unangemessener Druck, falsche Angaben zur Konsequenz einer Nichtzahlung oder das Vortäuschen nicht existenter Rechte. Unerlaubte Maßnahmen können Bußgelder, zivilrechtliche Unterlassungsansprüche und Schadensersatzforderungen zur Folge haben.

Gebühren und Kosten

Die Abrechnung der Vergütung erfolgt innerhalb gesetzlich festgelegter Grenzen. Inkassounternehmen dürfen nur solche Kosten verlangen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich sind (§ 4 Abs. 5 RDG, § 280 BGB). Eine missbräuchliche Berechnung von überhöhten Gebühren ist unzulässig und kann zur Rückforderung führen.

Datenschutz und Geheimhaltung

Alle erhobenen und verarbeiteten personenbezogenen Daten unterliegen den Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Es bestehen weitreichende Informations- und Löschungspflichten gegenüber betroffenen Personen.

Verbraucherrechte und Rechtsschutzmöglichkeiten

Informationsanspruch des Schuldners

Der Schuldner hat das Recht, umfassend über die geltend gemachte Forderung informiert zu werden. Jede Zahlungsaufforderung muss eine genaue Aufstellung der Hauptforderung, Zinsen sowie sämtliche berechneten Inkassokosten enthalten. Forderungsbestritte sind unverzüglich weiterzuleiten.

Schutz vor unzulässigem Forderungseinzug

Betroffene, die unzulässig oder durch unlautere Methoden zur Zahlung aufgefordert werden, können sich sowohl an Verbraucherzentralen als auch an die Aufsichtsbehörden wenden. Zivilrechtliche Schutzmechanismen stehen ebenfalls zur Verfügung, um sich gegen unberechtigte Forderungen zur Wehr zu setzen.

Meldung und Sanktionierung von Verstößen

Verstöße gegen gesetzliche Vorgaben können bei den zuständigen Aufsichtsstellen gemeldet werden. Das Rechtsdienstleistungsgesetz sieht als Sanktion insbesondere die Untersagung der Tätigkeit, Bußgelder sowie Schadenersatzansprüche gegen das Inkassounternehmen vor.

Literatur, Rechtsgrundlagen und Weblinks

Wichtige Rechtsquellen:

  • Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
  • Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
  • Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
  • Rechtsdienstleistungsregister (öffentlich einsehbar)

Weiterführende Links:


Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen, Abläufe und Schutzmechanismen im Zusammenhang mit dem Begriff Inkassobüro. Durch eine detaillierte Darstellung bietet die Seite einen maximalen Informationsnutzen für alle, die sich rechtlich fundiert über Inkassounternehmen informieren möchten.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen muss ein Inkassobüro in Deutschland erfüllen?

Inkassobüros, die in Deutschland Forderungen einziehen möchten, unterliegen der gesetzlichen Regulierung. Zentrale Vorschrift ist § 10 Abs. 1 Nr. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). Demnach benötigen Inkassounternehmen eine behördliche Registrierung nach § 10 RDG, bevor sie Inkassodienstleistungen anbieten oder durchführen dürfen. Für die Registrierung müssen Zuverlässigkeit, besondere Sachkunde und eine bestehende Berufshaftpflichtversicherung nachgewiesen werden. Ohne Registrierung ist das Betreiben von Inkasso gesetzlich verboten und kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Darüber hinaus sind sie verpflichtet, sich transparent gegenüber Schuldnern und Gläubigern zu verhalten und keine unlauteren Geschäftspraktiken wie etwa Drohungen oder unsachliche Druckausübung zu nutzen. Eine Missachtung dieser Regeln kann zivilrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Welche Rechte hat ein Inkassobüro gegenüber dem Schuldner?

Ein Inkassobüro kann lediglich die ursprüngliche Forderung im Namen des Gläubigers außergerichtlich geltend machen und zur Zahlung auffordern. Es besitzt keine weitergehenden Zwangsbefugnisse wie beispielsweise Gerichtsvollzieher oder Vollstreckungsorgane. Das Inkassobüro darf keine Konten pfänden oder Lohn abtreten lassen; hierfür muss ein gerichtlicher Titel vorliegen, der im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden kann. Inkassounternehmen sind verpflichtet, dem Schuldner die Anspruchsgrundlage sowie die Höhe und Zusammensetzung der Forderung aufgeschlüsselt mitzuteilen. Auf Verlangen des Schuldners müssen sie Nachweise erbringen. Falsche Androhungen strafrechtlicher Schritte oder unzulässige Maßnahmen wie der Hausbesuch ohne Einwilligung können rechtliche Konsequenzen für das Inkassobüro nach sich ziehen.

Welche Kosten dürfen Inkassobüros geltend machen?

Inkassokosten sind in ihrer Höhe durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und die Rechtsprechung begrenzt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) darf das Inkassobüro dem Schuldner höchstens die Kosten in Rechnung stellen, die auch ein Rechtsanwalt bei einer gleichartigen Tätigkeit verlangen könnte. Überhöhte Inkassokosten sind unzulässig und können von Schuldnern zurückgewiesen werden. Zudem dürfen zusätzliche Kosten, wie zum Beispiel Adressermittlungen oder Mahnauslagen, nur verlangt werden, wenn sie tatsächlich angefallen, erforderlich und nachweisbar sind. Unangemessene Pauschalen oder Bearbeitungsgebühren sind rechtlich nicht durchsetzbar.

Ist ein Inkassoschreiben rechtlich bindend?

Ein Inkassoschreiben stellt zunächst lediglich eine Zahlungsaufforderung dar, hat jedoch keine unmittelbare rechtliche Bindungswirkung im Sinne eines Vollstreckungstitels. Das Schreiben bietet dem Schuldner die Möglichkeit, die Forderung außergerichtlich zu regulieren. Erst wenn ein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet wird und ein Vollstreckungsbescheid oder Urteil ergeht, entstehen unmittelbar rechtlich durchsetzbare Pflichten. Wird auf ein Inkassoschreiben nicht reagiert, droht jedoch die gerichtliche Geltendmachung samt möglichen Mehrkosten, etwa Gerichts- und Anwaltsgebühren.

Unter welchen Umständen darf ein Inkassobüro mit einem Schufa-Eintrag drohen?

Inkassobüros dürfen erst dann die Übermittlung negativer Informationen an Auskunfteien (z.B. Schufa) ankündigen oder androhen, wenn die formellen Voraussetzungen der §§ 31 ff. Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) erfüllt sind. Insbesondere muss der Schuldner zuvor mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden sein und seit der ersten Mahnung mindestens vier Wochen vergangen sein. Zudem muss der Schuldner rechtzeitig auf die bevorstehende Meldung hingewiesen werden, damit er noch Gelegenheit zur Begleichung der Forderung hat. Eine sofortige oder unangekündigte Androhung eines Schufa-Eintrags durch das Inkassobüro verstößt gegen geltendes Datenschutzrecht und kann abgemahnt oder geahndet werden.

Dürfen Inkassobüros persönliche Besuche bei Schuldnern durchführen?

Inkassobüros dürfen grundsätzlich persönliche Besuche ankündigen und durchführen, allerdings nur unter strikter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte nach dem Grundgesetz. Hausbesuche müssen zuvor angekündigt und das Betreten der Wohnung ist nur mit Einwilligung des Schuldners zulässig. Ein Zwang zum Einlass besteht nicht. Zudem ist jegliche Form von Belästigung, Einschüchterung oder körperlichem Druck gesetzlich untersagt. Ein Verstoß gegen diese Vorgaben kann zivilrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen und berechtigt den Schuldner, sich an die Aufsichtsbehörde zu wenden.

Wie kann sich ein Schuldner gegen unzulässige Inkassoforderungen wehren?

Ein Schuldner, der Zweifel an der Berechtigung oder Höhe einer Inkassoforderung hat, kann diese mit einem formalen Widerspruch zurückweisen. Das Inkassobüro ist sodann verpflichtet, die Forderung und deren Rechtsgrundlage nachzuweisen. Bestehen berechtigte Zweifel oder ist die Forderung unberechtigt, sollte der Schuldner keine Zahlungen leisten und ggf. rechtlichen Rat einholen. Überhöhte oder nicht gerechtfertigte Inkassokosten müssen nicht bezahlt werden. Zudem kann der Schuldner die Bundesrechtsanwaltskammer oder die zuständige Aufsichtsbehörde informieren, wenn das Inkassobüro unzulässige Druckmittel oder Drohungen einsetzt. Hilfestellung bieten auch Verbraucherzentralen.